Der erste Brief an Timotheus
Die Ordnung im Hause Gottes
In diesem Teil des Briefes stellt der Apostel den Charakter des Hauses Gottes (2,1–4), das Zeugnis der von diesem Haus ausgehenden Gnade Gottes (2,5–7), das angemessene Verhalten der Männer und Frauen, die dieses Haus bilden (2,8–15), die notwendigen Voraussetzungen für solche, die in diesem Haus einen Dienst ausüben wollen (3,1–13) und zum Schluss das Geheimnis der Gottseligkeit (3,14–16) vor.
Das Haus Gottes, ein Haus des Gebets für alle Nationen (2,1 bis 4)
(vgl. Jes 56,7; Mk 11,17)
Vers 1: Das Haus Gottes ist dadurch gekennzeichnet, dass es ein Ort des Gebets ist. Die Ersuchen, die zu Gott aus seinem Haus emporsteigen, geschehen als Flehen oder eindringliche Fürbitten für spezielle Nöte, die in besonderen Umständen eintreten; als Gebete, der Ausdruck allgemeiner Wünsche, angebracht zu allen Zeiten; als Fürbitten, dies deutet an, dass sich der Gläubige in einer solchen Nähe zu Gott befindet, dass er sich für andere verwenden kann; und zuletzt als Danksagungen, was von der Gewissheit des Herzens von der Güte Gottes spricht, in welcher er seine Freude darin findet, auf die Gebete seines Volkes zu antworten.
Im Epheser-Brief, der die Wahrheit von der Versammlung in ihrer himmlischen Berufung vorstellt, werden wir aufgefordert, für alle Heiligen mit Ausharren zu flehen (Eph 6,18). Hier, wo die Versammlung als das Gefäß des Zeugnisses von der Gnade Gottes gesehen wird, werden wir ermahnt, für „alle Menschen“ zu beten.
Vers 2: Wir werden insbesondere aufgefordert, für Könige und alle, die in Hoheit sind, zu beten – für solche, die eine Stellung innehaben, in der sie die Welt zum Guten oder zum Schlechten beeinflussen können. Es handelt sich nicht einfach nur um „den König“ oder um „unseren König“, für den wir beten sollen, sondern „für Könige“. Dies setzt voraus, dass wir uns unserer Verbundenheit mit dem Volk Gottes auf der ganzen Erde als Bestandteile des Hauses Gottes, und der wahren Stellung der Versammlung in heiliger Absonderung von der Welt und ohne Beteiligung in Politik und Regierung bewusst sind. Wohl in der Welt, aber nicht von der Welt hat die Versammlung das hohe Vorrecht, Gebete, Fürbitten und Danksagungen für solche auszusprechen, die noch nicht einmal für sich selbst beten.
Der Apostel führt zwei Gründe an, warum wir für alle Menschen beten sollen. Als erstes werden wir im Blick auf das Volk des Herrn auf der ganzen Erde ermahnt, für Könige und alle, die in Hoheit sind, zu bitten. Wir sollen darum bitten, dass die souveräne Güte Gottes die Herrscher dieser Welt so leitet, dass sein Volk „ein ruhiges und stilles Leben führen möge in aller Gottseligkeit und würdigem Ernst“. Es ist offensichtlich die Absicht Gottes, dass sein Volk beim Hindurchziehen durch diese feindlich gesinnte Welt ein ruhiges Leben führen soll, ohne geltend zu machen, dass es Bürger dieser Welt sei; in Stille, indem es davon absieht, sich an den Auseinandersetzungen dieser Welt zu beteiligen; in Gottseligkeit, die in alle Umstände des Lebens Gott hineinbringt; und in praktischem Ernst vor den Menschen. Lange Jahre zuvor sandte der Prophet Jeremia einen Brief an das Volk Gottes in der babylonischen Gefangenschaft und forderte es auf, den Frieden dieser Stadt, in welcher sie gefangen gehalten wurden, durch Gebet zu Gott zu suchen, „denn“, sagte der Prophet, „ in ihrem Frieden werdet ihr Frieden haben“ (Jer 29,7). In der gleichen Gesinnung sollen wir auch den Frieden dieser Welt suchen, damit das Volk Gottes Frieden habe.
Verse 3 und 4: Dann wird der zweite Grund für die Gebete des Volkes Gottes für alle Menschen genannt. Für alle Menschen zu beten „ist gut und angenehm vor unserem Heiland-Gott, welcher will, dass alle Menschen errettet werden“. Wir sollen also nicht nur im Blick auf das Wohlergehen aller Heiligen beten, sondern auch im Blick auf das Heil und den Segen aller Menschen.
Die Welt mag zu Zeiten das Volk Gottes verfolgen und danach trachten, den ganzen Hass ihrer Herzen gegen Gott an ihm abzureagieren. Wenn wir unseren Weg nicht im Selbstgericht gehen, wird eine solche Behandlung unser Fleisch zu Ärger und Vergeltung aufwecken. Hier lernen wir, dass es „gut und angenehm vor unserem Heiland-Gott“ ist, den Menschen gegenüber so zu handeln und zu empfinden, wie Gott selbst es tut – in Liebe und Gnade. Deshalb sollen wir für alle Menschen beten; nicht einfach nur für solche, die gut und richtig reagieren, sondern auch für solche, die ihre Beleidigungen an uns auslassen (Lk 6,28). Wir sollen nicht dafür beten, dass die Verfolger des Volkes Gottes das vergeltende Gericht überrascht, sondern dafür, dass sie in souveräner Gnade errettet werden.
Das Haus Gottes, ein Zeugnis von der Gnade Gottes (Verse 5 bis 7)
Das Haus Gottes ist nicht bloß ein Ort, von welchem Gebete zu Gott emporsteigen, sondern auch der Ort, von dem aus ein Zeugnis zu den Menschen ausgeht. Gott wird zu gegebener Zeit in Gericht mit den Gottlosen handeln und handelt auch sogar in der jetzigen Zeit in seinen Regierungswegen mit solchen, die sich der Gnade Gottes und den Dienern seiner Gnade entgegenstellen, wie z.B. in dem Gericht über Herodes oder in der Blindheit, die über Elymas kam (Apg 12,23; 13,6–11). Mehr noch, in besonders ernsten Fällen wird Gott in seinen Regierungswegen auch mit solchen handeln, die dem Haus Gottes angehören – zur Aufrechterhaltung der Heiligkeit seines Hauses. Dies wird uns in dem schrecklichen Gericht, das über Ananias und Sapphira kam, und auch in seinem Handeln in seinen Regierungswegen mit einigen aus der Versammlung in Korinth, die im Gericht hinweggenommen wurden, gezeigt (Apg 5,1–10; 1. Kor 11,30–32). Solche Fälle jedoch sind das Ergebnis des unmittelbaren Eingreifens Gottes. Das Haus Gottes als solches soll ein Zeugnis für Gott als Heiland-Gott sein, welcher wünscht, „dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“.
Der „Wille“ Gottes in dieser Stelle hat keinen Bezug zu den Ratschlüssen Gottes, die sich alle mit vollkommener Sicherheit erfüllen werden. Hier wird das Angebot Gottes an alle ausgedrückt. Gott stellt sich hier als der Heiland-Gott vor, der will, dass alle errettet werden. Doch wenn der Mensch errettet werden will, kann das nur durch den Glauben, der die Wahrheit anerkennt, geschehen. Von dieser Wahrheit ist das Haus Gottes der Pfeiler und die Grundfeste (3,15). So lange die Versammlung auf der Erde ist, ist sie der Zeuge und die Stütze der Wahrheit. Wenn die Versammlung hinweggenommen sein wird, wird der Mensch sofort in Gottlosigkeit und Abfall verfallen und einer Wirksamkeit des Irrwahns hingegeben werden.
Vers 5: Zwei große Wahrheiten werden uns nun vorgestellt, auf deren Grundlage Gott in souveräner Gnade mit dem Menschen handeln kann. Erstens: Da ist ein Gott; zweitens: Da ist ein Mittler.
Dass es nur einen Gott gibt, war schon vollständig geoffenbart, bevor Christus kam. Die Einheit Gottes ist die große, grundlegende Wahrheit des Alten Testaments. Es war das große Zeugnis an das Volk Israel, wie wir lesen: „Höre, Israel: Der HERR, unser Gott, ist ein HERR“ (5. Mo 6,4). Und dies war auch das große Zeugnis, das von Israel an alle Nationen ausgehen sollte, wie wir lesen: „Alle Nationen mögen sich miteinander versammeln... dass man es höre und sage: Es ist wahr! Ihr seid meine Zeugen, spricht der HERR, und mein Knecht, den ich erwählt habe: damit ihr erkennt und mir glaubt und einseht, dass ich derselbe bin (der unveränderlich in sich selbst Bestehende). Vor mir wurde kein Gott gebildet, und nach mir wird keiner sein. Ich bin der HERR, und außer mir ist kein Heiland (Jes 43,9–11).
Das Christentum, in dem die große Wahrheit von der Einheit Gottes vollkommen aufrechterhalten wurde, zeigt darüber hinaus noch die ebenso wichtige Wahrheit, dass da ein Mittler zwischen Gott und Menschen ist. Diese letztere Wahrheit ist die kennzeichnende Wahrheit des Christentums.
Drei große diesen Mittler kennzeichnende Merkmale werden uns vorgestellt. Als erstes: Er ist einer. Wenn Gott einer ist, dann ist es ebenso wichtig, an der Einheit des Mittlers festzuhalten. Da ist ein Mittler, und kein anderer. Das Papsttum und andere verderbte religiöse Systeme der Christenheit leugnen diese Wahrheit und tun der Herrlichkeit dieses einen Mittlers Abbruch, indem sie die Jungfrau Maria und andere heiliggesprochene Männer und Frauen als Mittler vorstellen.
Zweitens ist dieser Mittler ein Mensch, damit Gott den Menschen kundgemacht werden konnte. Der Mensch kann sich nicht von sich aus zu Gott erheben; aber Gott kam in seiner Liebe herab zu dem Menschen. Jemand hat gesagt: „Christus ist in die tiefsten Tiefen hinabgestiegen, damit es keinen Menschen geben möge – und wäre es auch der elendste – der nicht fühlen könnte, dass Gott in seiner Güte sich ihm genaht hat, ja, dass er zu ihm herabgekommen und deshalb durchaus zugänglich für ihn ist. Die Liebe Gottes hat in dem traurigen Zustand der Menschen nur eine Gelegenheit gefunden, sich völlig zu offenbaren und zu zeigen, dass es kein Bedürfnis gibt, dem er sich entzogen hätte oder dem er nicht hätte begegnen können (JND, Betrachtungen über das Wort Gottes, Band 6: Galater bis Philemon, Seite 355).
Verse 6 bis 7: Drittens gab dieser Mittler sich selbst zum Lösegeld für alle. Wenn Gott sich auch als Heiland-Gott erklärt, welcher will, dass alle Menschen errettet werden, so musste doch seiner Heiligkeit entsprochen und seine Herrlichkeit aufrechterhalten werden. Dies ist in dem Sühnungswerk Christi vollständig geschehen. Die Majestät Gottes, seine Gerechtigkeit, Liebe, Wahrheit und alles was er ist, sind durch das vollbrachte Werk Christi verherrlicht worden. Er ist die Sühnung für die ganze Welt (1. Joh 2,2). Es ist alles vollbracht, was getan werden musste. Sein Blut steht auch dem niederträchtigsten und gemeinsten Sünder, wer es auch sein mag, zur Verfügung. Deshalb wird durch das Evangelium der Welt verkündigt: „Wer da will, der komme“. In dieser Hinsicht können wir sagen, dass Christus für alle gestorben ist; er gab sich selbst als Lösegeld für alle, als Sündopfer, das für alle zur Verfügung steht, die da kommen wollen. Er hat für jeden den Tod geschmeckt (Heb 2,9).
Dies sind die großen Wahrheiten, die „zu seiner Zeit“ verkündigt werden sollten – die Gnade Gottes, die allen Menschen Vergebung und Errettung auf der Grundlage des Werkes Christi, der sich selbst zum Lösegeld für alle gab, verkündigen lässt. Diese gegebenen Zeiten waren gekommen, als Christus in die Herrlichkeit aufgefahren war und der Heilige Geist auf die Erde herabgekommen war, um in der Mitte der Gläubigen zu wohnen und sie zu einer Behausung Gottes zusammenzufügen. Von diesem Haus sollte das Zeugnis ausgehen, und der Apostel war das von Gott benutzte Werkzeug, um Gnade zu predigen und dadurch den Nationen eine Tür des Glaubens aufzutun (Apg 14,27). Deshalb kann er von sich als einen Prediger, einem Apostel und einem Lehrer der Nationen in Glauben und Wahrheit sprechen.
Das geziemende Verhalten der Männer und Frauen, die dieses Haus bilden (Verse 8 bis 15)
In dem einleitenden Teil dieses Kapitels haben wir gesehen, dass das Haus Gottes ein Ort des Gebets für alle Menschen ist. (Vers 1), dass es ein Zeugnis von dem Gnadenangebot Gottes an alle Menschen ist (Vers 4), und dass es ein Zeugnis von dem einen Mittler, dem Menschen Christus Jesus, ist, der sich selbst gab zum Lösegeld für alle (Vers 6).
Wenn nun der große Zweck des Hauses von solcher Art ist, folgt daraus, dass in diesem Haus Gottes nichts erlaubt ist, was entweder seitens der Männer oder seitens der Frauen dieses Zeugnis beeinträchtigen könnte. Deshalb fährt der Apostel damit fort, ausführliche Anweisungen für das Verhalten dieser Gruppen zu geben. Hinsichtlich dieses Zeugnisses von der Gnade Gottes wird nicht nur eine gewisse Anzahl von Gläubigen, die an einem besonderen Zeugnis interessiert sind und sich miteinander zum Dienst verbunden haben, in Erwägung gezogen. Es handelt sich nicht nur um eine Gruppe von Verkündigern, die sich dem Evangeliums- oder Missionsdienst hingegeben haben. Die folgenden Anweisungen richten sich an alle Heiligen, die ein gemeinsames Teil an dem Zeugnis haben, das von dem Haus Gottes ausgeht.
Vers 8: Als erstes spricht der Apostel von den Männern im deutlichen Gegensatz zu den Frauen. Die Männer im Hause Gottes sollen durch Gebet gekennzeichnet sein. Der Apostel redet hier vom öffentlichen Beten, und bei solchen Gelegenheiten steht nur den Männern das Recht, zu beten, zu. Zudem beinhaltet diese Unterweisung nicht einen Gedanken von einer berufenen Klasse, die andere im Gebet anführt. Öffentliches Beten ist nicht auf Älteste oder Gnadengaben beschränkt, denn beten wird in der Schrift nie als eine Frage von Gaben behandelt. Es sind die Männer, die beten sollen, und die einzige Einschränkung ist die, dass der richtige moralische Zustand gewahrt werden muss. Solche, die andere im öffentlichen Gebet anführen, sollen durch Heiligkeit gekennzeichnet sein und ihre Gebete sollen frei von Zorn und zweifelnden Überlegungen sein. Der Mann, der sich bewusst ist, dass in seinem Leben ungerichtetes Böses vorhanden ist, ist nicht in dem Zustand, öffentlich beten zu können. Außerdem soll das Gebet ohne Zorn sein. Diese Ermahnung verurteilt zutiefst die Angewohnheit, andere im Gebet auf versteckte Weise anzugreifen. Hinter solchen Gebeten steckt immer Zorn oder böse Absicht. Darüber hinaus soll das Gebet noch in der Einfalt des Glaubens und nicht mit zweifelnden, menschlichen Überlegungen geschehen.
Verse 9 bis 14: Die Frauen sollen durch bescheidenes Äußeres (JND: anständiges Auftreten und Kleidung; katastole = äußere und innere Haltung, die sich auch in der Kleidung ausdrückt) gekennzeichnet sein. Diese bessere Übersetzung lässt deutlich erkennen, dass die Frauen nicht nur in ihrer Kleidung, sondern in ihrem allgemeinen Auftreten durch Schamhaftigkeit, die vor aller Unanständigkeit zurückschreckt, und durch Sittsamkeit, die zu besonderer Sorgsamkeit in Worten und Wandel führt, gekennzeichnet sein sollen. Sie sollen sich davor hüten, ihr Haar, das Gott der Frau als Schmuck und Herrlichkeit gegeben hat, als Ausdruck der natürlichen Eitelkeit des menschlichen Herzens zu benutzen. Frauen sollen nicht danach trachten, durch Herausputzen mit Gold oder Perlen oder kostbarer Kleidung die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Noch einmal, die Frauen tun gut daran, sich immer wieder zu erinnern, dass sie dieser Schriftstelle buchstabengetreu gehorsam sind, und nicht diese Gesinnung vermissen lassen, indem sie eine Schwäche für besondere Gewänder haben und dadurch die Aufmerksamkeit auf sich lenken.
Frauen, die sich zur Gottesfurcht bekennen, sollen nicht durch Vortäuschung einer besonderen Geistlichkeit, sondern durch gute Werke gekennzeichnet sein. Ihre Stellung im Christentum ist schicklich und schön: Sie wird in diesen guten Werken gefunden, von denen viele nur durch eine Frau ausgeführt werden können.
In den Evangelien sehen wir, wie Frauen mit ihren Möglichkeiten Christus dienen können (Lk 8,3). Maria wirkte ein gutes Werk an dem Herrn, als sie sein Haupt mit der sehr kostbaren Salbe salbte (Mt 26,7–10). Dorkas tat ein gutes Werk, indem sie Kleider für die Armen machte (Apg 9,36–39). Maria, die Mutter von Johannes-Markus, öffnete ihr Haus für viele, die sich zum Gebet versammelten (Apg 12,12). Lydia, deren Herz der Herr aufgetan hatte, tat ein gutes Werk, als sie ihr Haus den Dienern des Herrn öffnete (Apg 16,14+15). Priscilla tat ein gutes Werk, als sie mit ihrem Ehemann dem Apollos half, den Weg Gottes genauer kennen zu lernen (Apg 18,26). Phöbe von Kenchräa war vielen ein Beistand gewesen (Röm 16,1+2). Andere Schriftstellen zeigen uns, dass gottesfürchtige Frauen der Heiligen Füße waschen können, den Leidenden helfen können, Kinder auferziehen können und den Haushalt führen können. Hier lernen wir, dass im Hinblick auf die Öffentlichkeit eine Frau in der Stille lernen soll. Sie soll sich keine Autorität über den Mann anmaßen.
Der Apostel führt zwei Gründe für die Unterwürfigkeit der Frau unter den Mann an. Erstens hat Adam den hervorragenden Platz, weil er vor Eva gebildet wurde.
Der zweite Grund ist der, dass nicht Adam betrogen wurde, sondern die Frau. Adam war schuldiger als die Frau, denn er sündigte mit Wissen. Trotzdem zeigt die durch den Apostel hier ausgedrückte Wahrheit die Schwachheit der Frau darin, dass sie betrogen wurde. Adam hätte in der Tat seine Autorität wahren und die Frau zum Gehorsam anleiten müssen. Sie dagegen, die in ihrer Schwachheit verführt worden war, drängte sich an den Platz der Autorität und verführte den Mann zum Ungehorsam. Die christliche Frau erkennt dies an und achtet sorgfältig darauf, dass sie an dem Platz der Unterwürfigkeit und Stille bleibt.
Vers 15: Eva musste ihrer Übertretung wegen leiden; die christliche Frau dagegen wird finden, dass die Barmherzigkeit Gottes seine gerechten Regierungswege übersteigt, wenn das verheiratete Ehepaar in Glauben und Liebe und Heiligkeit mit Sittsamkeit bleiben wird. Wie wir schon vorher gesehen haben, ist das Bleiben in der gesunden Lehre weitestgehend von einem guten moralischen Zustand abhängig (1,5+6); hier sehen wir nun, dass zeitliche Barmherzigkeit verbunden ist mit einem guten geistlichen Zustand.
Die Aufsicht in der Versammlung Gottes (3,1 bis 13)
Vers 1: Der Apostel hat von der Stellung von Mann und Frau in dem Haus Gottes und dem dazugehörenden geziemenden Zustand gesprochen. Dies bereitet den Weg für die Unterweisung über die Aufsicht in der Versammlung Gottes. Der Apostel sagt: „Wenn jemand nach einem Aufseherdienst trachtet, so begehrt er ein schönes Werk“.
In der Ansprache des Apostels an die Ältesten von Ephesus werden uns drei Dinge als kennzeichnend für die Aufsicht in der Versammlung Gottes vorgestellt. Als erstes müssen die Aufseher auf sich selbst und auf die ganze Herde Acht haben. Sie sollen danach streben, dass ihr eigener Wandel und der Wandel des Volkes des Herrn dem Herrn würdig sei. Als zweites sollen sie die Versammlung Gottes hüten. Sie achten nicht nur auf den praktischen Wandel des Volkes Gottes, sondern sie suchen auch nach dem Wohlergehen ihrer Seelen, damit sie in die Vorrechte und Segnungen des Christentums eintreten und ihre Seelen in der Wahrheit Fortschritte machen. Als drittes sollen sie über die Herde wachen, damit sie vor den Angriffen des Feindes von außen und von dem Verderben, das innerhalb des christlichen Kreises durch verkehrte Männer, die die Jünger hinter sich her abzuziehen versuchen, auftritt, bewahrt bleibt (Apg 20,28–31).
Solcher Art ist der Dienst des Aufsehers, und der Apostel spricht davon als von einem schönen Werk. So gibt es also das Zeugnis von der Gnade Gottes, das von dem Haus Gottes ausgehen soll, und der Apostel hatte davon als „gut und angenehm vor unserem Heiland-Gott“ gesprochen. Und dann gibt es die Sorge für solche, die das Haus Gottes bilden, damit ihr Verhalten dem Haus Gottes angemessen sei, und auch diese Sorge für die Seelen ist „ein schönes Werk“.
Es ist wichtig zu beachten, dass der Apostel hier nicht von Gaben spricht, sondern von örtlichen Diensten der Aufsicht in der Versammlung. Die Christenheit hat die Gaben mit den Diensten oder Verantwortlichkeiten durcheinander geworfen. In der Heiligen Schrift werden sie klar unterschieden. Die Gaben werden von dem verherrlichten Haupt gegeben und in der Versammlung „gesetzt“ (1. Kor 12,28; Eph 4,8–11). Die Ausübung der Gaben kann sich also nicht auf eine örtliche Versammlung beschränken. Der Aufseherdienst dagegen ist rein örtlich.
Darüber hinaus gibt es in dieser Unterweisung keinen Hinweis auf eine Ordination (Weihe) einzelner zu diesem Dienst. Timotheus und Titus hatten wohl von dem Apostel den Auftrag, Älteste zu ernennen oder anzustellen (Titus 1,5), aber es gibt keine Anweisung für Älteste, Älteste zu berufen, oder für die Versammlung, Älteste zu wählen.
Die Tatsache, dass diese Diener von dem Apostel beauftragt waren, Älteste anzustellen, beweist, dass es in den Tagen des Apostels Versammlungen gab, in denen es keine berufenen Aufseher gab. Es fehlte dort an berufenen Ältesten aus Mangel an apostolischer Autorität (direkt oder indirekt), solche zu berufen. Die Schrift macht also deutlich, dass es keine offiziell berufenen Ältesten geben kann, es sei denn, ein Apostel oder ein von ihm Beauftragter würde sie anstellen. Es zeigt sich also, dass, wenn Menschen Älteste berufen oder Diener weihen, sie ohne Ermächtigung durch die Schrift handeln.
Dies lässt aber nicht darauf schließen, dass der Aufseherdienst nicht mehr ausgeübt werden kann, oder dass niemand mehr da ist, der in den Tagen des Niedergangs für einen solchen Dienst geeignet ist. Der Aufseherdienst war nie nötiger als in unseren Tagen; und wer die schriftgemäße Befähigung zu diesem Dienst besitzt, kann dem Volk des Herrn in der jeweiligen örtlichen Versammlung in Einfalt dienen. Wir tun auch gut daran, solche anzuerkennen, indem wir immer die Eindringlichkeit der Worte des Apostels im Sinn behalten: „Wenn jemand nach einem Aufseherdienst trachtet, so begehrt er ein schönes Werk“. Der Apostel spricht nicht von jemandem, der nach einem Amt strebt, um in dieser Position Autorität auszuüben, sondern von dem Wunsch, dieses „gute Werk“ auszuüben. Das Fleisch liebt Ämter und Stellungen und Autoritäten, schreckt aber vor dem Dienst zurück. Wenn wir dies vor uns haben, müssen wir gestehen, dass es nur wenige gibt, die dieses Begehren haben, von dem der Apostel hier spricht.
Verse 2 und 3: Die Merkmale, durch die sich solche auszeichnen sollten, werden uns deutlich vorgestellt. Jemand hat gesagt: „Die Anweisungen für die Aufseher und auch für die Diener sind sozusagen nicht um ihrer selbst willen erlassen; sie zeigen uns den Charakter, den Gott wertschätzt und bei seinem Volk sucht“. (F.W.G.).
Der moralische Charakter des Aufsehers muss über jeden Vorwurf erhaben sein. Er muss der Mann einer Frau sein; eine Voraussetzung, die sich besonders an solche richtet, die dem Heidentum und dessen Mehrehen entstammen. Ein bekehrter Mann, der zwar nicht zu verwerfen war, weil er mehr als eine Frau besaß, war für den Aufseherdienst nicht geeignet. Darüber hinaus muss ein Aufseher nüchtern sein in seinem Urteil, besonnen in seinen Worten, sittsam in seinem Verhalten und gastfrei. Er muss in der Lage sein, lehren zu können; dies schließt nicht unbedingt mit ein, dass er die Gabe eines Lehrers haben muss, aber er muss die Fähigkeit besitzen, anderen in ihren geistlichen Übungen helfen zu können. Ein Aufseher soll nicht dem Wein ergeben sein oder zu gewalttätigen Handlungen neigen; im Gegensatz dazu soll er gelinde sein, nicht streitsüchtig und frei von Geldliebe.
Verse 4 und 5: Weiter muss der Aufseher jemand sein, der dem eigenen Haus wohl vorsteht und seine Kinder in Unterwürfigkeit hält; eine Ermahnung, die deutlich zeigt, dass ein Aufseher nicht nur ein Ältester sein muss, der verheiratet ist und einen eigenen Haushalt hat, sondern auch Kinder haben soll.
Vers 6: Der Aufseher soll kein Neuling sein. Ein junger Christ kann von dem Herrn gebraucht werden, um schon bald nach seiner Bekehrung anderen zu predigen; doch es wäre offenkundig falsch, wenn ein solcher den Platz eines Aufsehers einnehmen würde; es würde wahrscheinlich dazu führen, das er in das Gericht des Teufels verfällt. Das Gericht des Teufels war, wie jemand treffend ausgedrückt hat, „das er sich selbst bei dem Gedanken an seine Wichtigkeit erhob“ (JND).
Vers 7: Schließlich muss der Aufseher noch ein gutes Zeugnis von denen haben, die draußen sind, da er sonst in Schmach und in den Fallstrick des Teufels fällt. Der Fallstrick des Teufels will den Gläubigen in einen vor der Welt zweifelhaften und fragwürdigen Zustand verführen, sodass er sich nicht länger mit fragwürdigen Zuständen unter den Heiligen beschäftigen kann.
Vers 8: Weiterhin stellt uns der Apostel die notwendigen Voraussetzungen für die Diakone vor. Ein Diakon ist jemand, der dient. Aus Apg 6 lernen wir, dass diese besondere Aufgabe mit „Tische bedienen“ beschrieben wird. Der Zusammenhang macht deutlich, dass sich dies auf das Begegnen der körperlichen und zeitlichen Bedürfnisse der Versammlung bezieht – im Gegensatz zu dem Dienst des Aufsehers, der es besonders mit dem Begegnen der geistlichen Nöte zu tun hat. Trotzdem ist es dennoch notwendig, dass der Diakon geistliche Eigenschaften haben soll. Für den Dienst der Diakone in der frühen Versammlung von Jerusalem wurden solche ausgewählt, die Männer von gutem Zeugnis waren, voll Heiligen Geistes und Weisheit (Apg 6,3). Hier lernen wir nun, dass sie, wie die Aufseher, würdig sein sollen, nicht doppelzüngig, nicht dem Wein oder der Geldliebe ergeben.
Vers 9: Weiter sollen sie sich dadurch auszeichnen, dass sie das Geheimnis des Glaubens in reinem Gewissen bewahren. Die richtige Lehre zu bewahren ist nicht genug. Ein starres Festhalten an der Lehre ohne ein reines Gewissen ist ein Anzeichen dafür, dass die Wahrheit nur wenig Macht über ihren Besitzer ausübt, wie kraftlos wird daher der Einfluss solcher auf andere sein.
Vers 10: Darüber hinaus sollen die Diakone solche sein, die erprobt worden sind und durch Erfahrung bewiesen haben, dass sie in ihrem eigenen Verhalten untadelig sind. Nur solche sind dann auch in der Lage, sich in der richtigen Weise mit Angelegenheiten zu beschäftigen, die notgedrungen in ihrem Dienst vor sie kommen werden.
Verse 11 und 12: Auch die Frauen der Diakone sollen würdig sein, nicht verleumderisch und in allen Dingen treu. Ihr Charakter wird deshalb besonders erwähnt, weil der Dienst der Diakone, der es mit zeitlichen Nöten zu tun hat, den Frauen besondere Gelegenheiten geben könnte, Schaden anzurichten, wenn sie nicht in allen Dingen treu sind. Wie die Aufseher, so sollen auch die Diakone Mann einer Frau sein, die ihren Kindern und dem eigenen Haus wohl vorstehen. Wieder lassen diese Ausführungen darauf schließen, dass der Diakon kein junger Mann mehr ist, sondern verheiratet ist und Kinder hat – also ein Mann mit Erfahrungen.
Vers 13: Für den Fall, dass jemand denken könnte, der Dienst eines Diakons sei dem Aufseherdienst gegenüber minderwertig, betont der Apostel ausdrücklich, dass solche, die wohl gedient haben, sich eine schöne Stufe und viel Freimütigkeit, die in Christo Jesu ist, erwerben. Es ist oft hervorgehoben worden, dass diese Wahrheit in auffallender Weise in der Geschichte Stephanus illustriert wird (Apg 6,1–5.8–15).
Das Geheimnis der Gottseligkeit (Verse 14 bis 16)
Verse 14 und 15: Der Apostel beendet diesen Teil seines Briefes, indem er deutlich herausstellt, was der Grund für das Schreiben dieser Dinge war: Timotheus sollte wissen, wie man sich verhalten soll im Haus Gottes.
Wir werden darüber belehrt, dass das Haus Gottes die Versammlung des lebendigen Gottes ist. Es ist nicht länger ein Gebäude aus materiellen Steinen wie in den Tagen des Alten Testaments, sondern eine Gemeinschaft von lebendigen Steinen – Gläubigen. Es wird von allen Gläubigen gebildet, die zu einem bestimmten Zeitpunkt auf der Erde leben. Nie wird eine örtliche Versammlung allein das Haus Gottes genannt.
Weiterhin ist es die Versammlung des lebendigen Gottes. Der Gott, der inmitten seines Volkes wohnt, ist nicht wie die toten Bilder, welche die Menschen verehren; diese können weder sehen noch hören (Ps 135,15–17). Dass unser Gott ein lebendiger Gott ist, ist eine Wahrheit von gesegneter, aber auch feierlich ernster Bedeutung. Es ist aber auch eine Tatsache, die wir sehr leicht vergessen können. Etwas später schreibt uns der Apostel, dass wir arbeiten und geschmäht werden, „weil wir auf den lebendigen Gott hoffen“ (4,10). Der lebendige Gott ist ein Gott, dessen Freude es ist, sein Volk zu erhalten und zu segnen; dennoch, wenn die seinem Haus geziemende Heiligkeit nicht aufrechterhalten wird, vermag er auch in ernsten Regierungswegen deutlich zu zeigen, dass er der lebendige Gott ist. So tat er es auch bei Ananias und Sapphira, die die Wahrheit der Worte erfuhren, dass es „furchtbar ist, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen“ (Heb 10,31).
Darüber hinaus lernen wir, dass das Haus Gottes der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit ist. Der Pfeiler stellt den Gedanken des Zeugnisses vor, die Grundfeste ist das, worauf es sich stützt. Es wird nicht gesagt, dass das Haus Gottes die Wahrheit ist, sondern Pfeiler oder Zeuge der Wahrheit. Christus auf der Erde war „die Wahrheit“ (Joh 14,6); wir lesen auch: „Dein Wort ist Wahrheit“ (Joh 17,17). Wie sehr die Versammlung in ihrer Verantwortlichkeit auch versagt haben mag, es bleibt die Tatsache bestehen, dass sie, von Gott auf der Erde gebildet und eingesetzt, der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit ist. Gott hat kein anderes Zeugnis auf dieser Erde. In den Tagen des Verfalls mögen es nur einige wenige sein, die die Wahrheit aufrechterhalten, während die große Masse darin versagt, ein Zeugnis zu sein, und von Christus aus seinem Munde ausgespieen werden wird (Off 3,16).
Es ist wichtig, daran zu erinnern, dass die Versammlung nicht den Auftrag hat, die Wahrheit zu lehren, sondern von der Wahrheit zu zeugen, die schon im Wort Gottes gefunden wird. Die Versammlung kann auch nicht die Autorität für sich in Anspruch nehmen, zu entscheiden, was Wahrheit ist. Das Wort ist die Wahrheit und beinhaltet seine eigene Autorität.
Vers 16: Wenn wir gesehen haben, dass die Versammlung das Haus Gottes – des lebendigen Gottes – und der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit ist, wie wichtig ist es dann doch, zu wissen, wie wir uns in diesem Haus Gottes zu verhalten haben. Im Blick auf gottesfürchtige Gläubige spricht der Apostel von dem Geheimnis der Gottseligkeit oder dem Geheimnis des richtigen Verhaltens. Jemand hat hierzu geschrieben: „Diese Stelle wird oft so ausgelegt und angeführt, als würde hier von dem Geheimnis der Gottheit oder dem Geheimnis der Person Christi gesprochen. Aber es handelt sich hier um das Geheimnis der Gottseligkeit, oder um das Geheimnis, durch welches alle wahre Gottseligkeit hervorgebracht wird – der göttliche Ursprung alles dessen, was bei dem Menschen wirklich fromm genannt werden kann“ (JND). Dieses Geheimnis der Gottseligkeit wird in der wahren Frömmigkeit erkannt, der Welt gegenüber ist es aber noch nicht geoffenbart. Das Geheimnis der Gottseligkeit – des gottseligen Lebens – liegt darin, wie er sich in und durch die Person Christi geoffenbart hat. In dieser wunderschönen Stelle wird uns also Christus vorgestellt, wie er den Menschen und den Engeln Gott geoffenbart hat. In Christus war Gott im Fleisch offenbart gewesen; die absolute Heiligkeit Christi wird daran erkannt, dass er im Geiste gerechtfertigt wurde. Wir sind durch den Tod (und die Auferstehung) Christi gerechtfertigt; Er wurde über den Tod hinaus vollkommen versiegelt und gesalbt – der Beweis seiner wesenhaften Heiligkeit. Weiter wurde Gott in Christus als Mensch von den Engeln gesehen; in Christus wurde er der Welt bekannt gemacht und von ihr geglaubt; und zuletzt wird uns das Herz Gottes in der gegenwärtigen Stellung Christi in der Herrlichkeit gezeigt.
Von all diesem wird als dem Geheimnis der Gottseligkeit gesprochen, weil diese Dinge dem Ungläubigen unbekannt sind. Ein solcher kann zwar den äußerlichen Zustand, der aus der Gottseligkeit entspringt, schätzen, aber der Unglaube kennt die verborgenen Quellen der Gottseligkeit nicht. Dieses Geheimnis ist nur dem wahrhaft Frommen bekannt. Dieses Geheimnis liegt in der Kenntnis Gottes verborgen, und die Kenntnis Gottes ist dem Frommen in Christus geoffenbart worden.