Die Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus

Die Ereignisse nach dem Tausendjährigen Reich

„Und wenn die tausend Jahre vollendet sind, wird der Satan aus seinem Gefängnis losgelassen werden und wird ausgehen, um die Nationen zu verführen, die an den vier Ecken der Erde sind, den Gog und den Magog, um sie zum Krieg zu versammeln, deren Zahl wie der Sand des Meeres ist. Und sie zogen herauf auf die Breite der Erde und umzingelten das Heerlager der Heiligen und die geliebte Stadt“ (Off 20,7–9). Das ist die letzte Kraftanstrengung Satans. Nachdem er tausend Jahre gebunden gewesen ist, beginnt er, sobald er aus seinem Gefängnis losgelassen wird, aufs Neue sein trauriges Werk. Und ach! Die Völker der Erde lassen sich nochmals durch ihn verführen und versammeln sie wie der Sand des Meeres an Zahl, um gegen das Heerlager der Heiligen und die geliebte Stadt Krieg zu führen.

„Wie ist das möglich?“ ist man unwillkürlich versucht zu fragen. „Tausend Jahre lang haben die Völker die Herrlichkeit Christi gesehen und sich der Segnungen seiner friedlichen Regierung erfreut. Jahr für Jahr sind sie nach Jerusalem hinaufgezogen, um das Laubhüttenfest zu feiern, und nun, sobald Gott dem Teufel wieder freie Hand lässt, werfen sie sich aufs Neue in die Arme des Lügners und treten auf gegen Gott und seinen Gesalbten? Das ist doch ganz undenkbar!“ – Und doch ist es so, lieber Leser! Das Wort Gottes sagt es uns klar und deutlich. Ach! Das menschliche Herz ist unverbesserlich böse und schlecht. Weder die Bannflüche des Gesetzes, noch die furchtbaren Gerichte zur Zeit des Endes, noch die reichen Segnungen des 1000-jährigen Reiches vermögen den Menschen zu verbessern oder etwas anderes aus ihm zu machen, als was er ist: Fleisch. – „Arglistig ist das Herz, mehr als alles, und verdorben ist es; wer mag es kennen?“ (Jer 17,9).

Eine weitere Erklärung für die besprochene unglaubliche Tatsache finden wir wohl in folgender Erwägung: Es wird im 1000-jährigen Reich mit vielen Völkern ähnlich gehen, wie es jetzt oft in der Welt zugeht. Wenn ein mächtiger König ein Land erobert, so unterwirft sich ihm seine Bevölkerung, nicht weil sie den neuen Gebieter liebt und ihm gern dienen will, sondern weil es in ihrem Interesse liegt, und weil sie die Macht und den Zorn des Eroberers fürchtet. Ebenso werden im 1000-jährigen Reich viele Völker sich nur deshalb der Herrschaft des Herrn Jesus und der seinen unterwerfen, weil sie Nutzen davon haben und seinen starken Arm fürchten. Zugleich werden sie (wenigstens anfänglich) froh und dankbar sein, nach den schrecklichen Tagen der Endgerichte wieder ruhig aufatmen zu können und nicht länger mehr von Blutvergießen, Hungersnot und Seuchen zu hören. Ihre Herzen aber bleiben fern von Christus, und sobald deshalb der Teufel wieder zum Vorschein kommt und von neuem seine verführerische Macht offenbart, stellen sie sich willig unter seinen Befehl und lassen sich noch einmal zum Kampf gegen den Herrn verleiten. Einen schlagenderen Beweis von der unheilbaren Bosheit der menschlichen Natur könnte es nicht geben. Obwohl unter der gerechten Regierung Christi alles vereinigt sein wird, was den Menschen verändern und verbessern könnte: der Teufel ist gebunden, der Fluch ist von der Erde weggenommen, die Leidenschaften werden im Zaum gehalten, überall herrschen Friede und Eintracht, Ungerechtigkeit und Gewalttat sind verbannt, die Erkenntnis des Herrn erfüllt alle Länder usw. usw. – bleibt dennoch der Mensch derselbe, der er von jeher war, ein Liebhaber der Sünde, ein Feind Gottes und ein bereitwilliger Sklave Satans. Sobald die günstigen Umstände sich ins Gegenteil verwandeln, beweist der Mensch, dass innerlich keine Veränderung mit ihm vorgegangen ist. Um Gott dienen und Ihn lieben zu können, muss er erneuert werden, eine ganz neue Schöpfung werden. Die Möglichkeit einer Verbesserung oder Veredlung der menschlichen Natur besteht nur in der Phantasie der Menschen. Aber wie kann denn jene Erneuerung stattfinden? Gott sei ewig gepriesen! Das was für den Menschen unmöglich war, hat Gott in Christus möglich gemacht. „Wenn jemand in Christus ist, da ist eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden“ (2. Kor 5,17). Der Herr gebe allen den Seinigen ein klares Verständnis über diese Wahrheit, damit sie einsehen möchten, wie töricht alle Anstrengungen zur Verbesserung der menschlichen Natur sind, sei es in ihnen oder in anderen.

Kehren wir nach dieser kurzen Abschweifung zu unserer Betrachtung zurück. Die Völker, verführt durch Satan, ziehen also hinauf auf die Breite der Erde und umzingeln das Heerlager der Heiligen und die geliebte Stadt. Aber ach! Es dient nur dazu, um ihre völlige Ohnmacht zu offenbaren und ihr Verderben zu beschleunigen. „Feuer kam von Gott aus dem Himmel herab und verzehrte sie. Und der Teufel, der sie verführte, wurde in den Feuer- und Schwefelsee geworfen, wo sowohl das Tier ist als auch der falsche Prophet; und sie werden Tag und Nacht gepeinigt werden von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (Off 20,9.10). Das ist der schreckliche Schluss der Geschichte Satans. Er findet seinen Platz in dem Feuer, das für ihn und seine Engel bereitet ist, um dort gepeinigt zu werden von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Dann folgt ein anderes Bild von ernster, ergreifender Wirkung. „Und ich sah einen großen weißen Thron und den, der darauf saß, vor dessen Angesicht die Erde entfloh und der Himmel, und keine Stätte wurde für sie gefunden“ (V. 11). Wenn der Herr Jesus, dem der Vater das ganze Gericht gegeben hat (Joh 5,22), auf dem großen weißen Thron sitzen wird, um die Toten zu richten, so werden Erde und Himmel entfliehen. Obwohl der Zustand der Erde im 1000-jährigen Reich überaus herrlich sein wird, so ist er doch nicht ewig, er wird ein Ende haben. Er kann nicht ewig sein, denn die sichtbaren, geschaffenen Dinge sind zeitlich und vergänglich. Mag auch der Fluch von der Erde weggenommen sein und die ganze Schöpfung sich der Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes erfreuen, so ist es doch immer noch dieselbe Erde, die wir jetzt bewohnen. Wir erwarten aber einen neuen Himmel und eine neue Erde. Der erste Himmel und die erste Erde müssen vergehen. Im Hebräerbrief lesen wir deshalb auch: „Jetzt aber hat er verheißen und gesagt: „noch einmal werde ich nicht allein die Erde erbeben lassen, sondern auch den Himmel. Aber das „noch einmal“ deutet die Verwandlung der Dinge an, die erschüttert werden als solche, die gemacht sind, damit die, die nicht erschüttert werden, bleiben“ (Kap. 12, 26.27). An die Stelle der gegenwärtigen Erde und des jetzigen Himmels, die durch die Sünde verunreinigt sind, werden ein neuer Himmel und eine neue Erde treten. Himmel und Erde werden entfliehen, und keine Stätte wird mehr für sie gefunden werden. Wie dieses Entfliehen des Himmels und der Erde vor sich gehen wird, hat uns Petrus im 3. Kapitel seines zweiten Briefes mitgeteilt: „Die jetzigen Himmel aber und die Erde sind durch dasselbe Wort aufbewahrt für das Feuer, behalten auf den Tag des Gerichts und des Verderbens der gottlosen Menschen … Es wird aber der Tag des Herrn kommen wie ein Dieb, an dem die Himmel vergehen werden mit gewaltigem Geräusch, die Elemente aber im Brand werden aufgelöst und die Erde und die Werke auf ihr werden verbrannt werden.“

Das ist der Schluss der Geschichte der Erde. Sie wird mit allem, was auf ihr ist, mit all jenen gewaltigen Bauwerken, die für die Ewigkeit aufgetürmt zu sein scheinen, ein Raub der Flammen werden, und mit ihr wird der Himmel, d.h. der geschaffene, mit der Erde in Verbindung stehende Himmel, die „Ausdehnung“ (1. Mo 1,6–8), vergehen. Ob und inwieweit das ganze Sonnen- und Planetensystem, zu dem unsere Erde gehört, von jenem Gericht mitbetroffen werden wird, darüber gibt uns das Wort Gottes keinen Aufschluss, aber wir dürfen wohl annehmen, dass es in Mitleidenschaft gezogen werden wird. Bezüglich des Mondes lesen wir in Psalm 72,7, wo von den Segnungen und Herrlichkeiten des 1000-jährigen Reiches die Rede ist: „Fülle von Frieden wird sein, bis der Mond nicht mehr ist“.

Doch gehen wir weiter: „Und ich sah die Toten, die Großen und die Kleinen (d. h. die Geringen), vor dem Thron stehen“ (V. 12). Der auf dem großen weißen Thron sitzt, spricht das Urteil über die Toten. Wir haben früher gesehen, dass alle Gläubigen, von der Schöpfung an bis zum Beginn der Regierung Christi auf der Erde, entweder vor oder bei Beginn dieser Regierung aus den Toten auferstehen werden. Sie gehören der ersten Auferstehung, der Auferstehung „des Lebens“ oder „der Gerechten“ an. Aus unserer Betrachtung über das 1000-jährige Reich ist ferner hervorgegangen, dass die Feinde Christi, die Er bei seiner Erscheinung zum Gericht auf Erden lebend vorfinden wird, im Beginn seiner Herrschaft von Ihm gerichtet und in das ewige Feuer geworfen werden. Sie erscheinen daher nicht mehr vor dem großen weißen Thron. Sie sind schon gerichtet und befinden sich bereits an dem Ort ihrer ewigen Bestimmung. Ebensowenig werden die Gläubigen, die während des 1000-jährigen Reiches gelebt haben, vor diesem Thron erscheinen. Sie werden, ohne zu sterben, verwandelt werden, um mit den bereits verherrlichten Heiligen den neuen Himmel und die neue Erde zu bewohnen. 1

Auf welche Personen wird sich denn das Gericht vor dem großen weißen Thron erstrecken? Auf alle Ungläubigen, die von der Schöpfung an bis zu dem Ende aller Dinge gestorben sind. Schon in Off 20,5 lasen wir: „Die Übrigen der Toten wurden nicht lebendig, bis die tausend Jahre vollendet waren.“ Auf das Machtwort des Sohnes Gottes hin werden sie alle aus ihren Gräbern hervorkommen und vor seinem Richterstuhl stehen müssen. Dies ist die zweite Auferstehung oder die Auferstehung „des Gerichts“. Der Überwinder über Tod und Teufel, der zweite Mensch, durch den „die Auferstehung der Toten“ gekommen ist (1. Kor 15,21), wird dem Tod seine Beute entreißen. Alles wird Ihm unterworfen sein. Jedes Knie wird sich vor Ihm beugen, der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge wird bekennen, dass Jesus Christus Herr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters (Phil 2). Die Engel und die Gläubigen werden es tun mit freudiger Willigkeit und dankbarem Herzen, die Teufel und die Gottlosen unfreiwillig und mit ohnmächtigem Zähneknirschen.

„Und ich sah die Toten, die Großen und die Kleinen, vor dem Thron stehen, und Bücher wurden geöffnet; … Und die Toten wurden gerichtet nach dem, was in den Büchern geschrieben war, nach ihren Werken.“ Die viel verbreitete Meinung, dass die Ungläubigen nur um ihres Unglaubens willen gerichtet würden, ist also durchaus unrichtig. Diese und andere Stellen (vgl. z. B. Pred 12,14; 2. Kor 5,10; Eph 5,6; Kol 3,6 u. a.) beweisen unwidersprechlich, dass ein jeder gerichtet werden wird nach seinen Werken. Doch außer jenen göttlichen Gedächtnisbüchern ist noch ein anderes Buch da, das Buch des Lebens. Auch dieses wird geöffnet, doch nur um zu zeigen, dass die Namen derer, die vor dem großen weißen Thron stehen, nicht darin gefunden werden. „Und wenn jemand nicht geschrieben gefunden wurde in dem Buch des Lebens, so wurde er in den Feuersee geworfen.“ In dieser Beziehung ist das Gericht für alle, die vor jenem erschreckenden Thron erscheinen müssen, gleich. Wer nicht in dem Buch des Lebens geschrieben gefunden wird, ist für ewig verloren und wird in den Feuersee geworfen. Dagegen ist das Maß der Strafe, ähnlich wie der Lohn bei den Gläubigen, verschieden. Ein jeder wird nach der Größe seiner persönlichen Verantwortlichkeit, nach seinen Werken, gerichtet werden. Dem einen wird es daher am Tag des Gerichts erträglicher ergehen als dem anderen. Der eine wird mit vielen, der andere mit wenigen Schlägen geschlagen werden (Mt 11,22–24; Lk 12,47.48). Wahrlich, der Richter der ganzen Erde wird recht tun, und ein jeder wird anerkennen müssen, dass er nur empfängt, was seine Taten wert sind.

„Und das Meer gab die Toten, die in ihm waren, und der Tod und der Hades gaben die Toten, die in ihnen waren, und sie wurden gerichtet, jeder nach seinen Werken. Und der Tod und der Hades wurden in den Feuersee geworfen. Dies ist der zweite Tod, der Feuersee“ (Verse 13 und 14). Nicht einer wird dem göttlichen Gericht entrinnen, nicht einer wird vergessen oder übergangen werden. Auch die ins Meer versenkten oder von ihm verschlungenen Toten werden wieder erscheinen, und zwar mit einem Leib, der ewiglich bestehen wird. Schrecklicher Gedanke! Ewig leben zu müssen in dem Feuer, das nicht erlischt, den Tod herbeizusehnen und nicht sterben zu können, unaufhörlich gequält zu werden von dem Wurm, der nicht stirbt – fürwahr, man erbebt unwillkürlich bei dem Gedanken daran und fühlt ein wenig von dem schrecklichen Ernst der Worte: „Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen!“ (Heb 10,31).

Ja, auch die unsichtbare Welt wird gezwungen werden, ihre Bewohner herauszugeben. „Der Tod und der Hades gaben die Toten, die in ihnen waren.“ Tod und Hades bezeichnen die beiden Zustände, in die der Mensch bei seinem Abscheiden aus dieser Welt versetzt wird. Er stirbt: sein Leib verfällt dem Tod und verwest, seine unsterbliche Seele geht in den Hades und wartet dort auf die Stunde der Auferstehung, in der Leib und Seele wieder vereinigt und unverweslich, unsterblich vor Gott dargestellt werden sollen. Der Hades (= der Unsichtbare) ist also der Ort, oder richtiger der Zwischenzustand, in dem die Seelen der Gestorbenen sich bis zum Auferstehungstage befinden. Im Hades kann sowohl Freude als auch Pein sein. Lazarus und der reiche Mann waren beide im Hades. Der eine wurde getröstet, der andere gepeinigt. Wir haben schon früher darauf hingewiesen, dass die durch Jesum Entschlafenden nicht sogleich ins Vaterhaus gehen, sondern „bei Jesus“ auf die Entrückung der Braut warten. Sie befinden sich im Hades, in jenem „Zwischenzustand“, aber sie sind in vollkommener Ruhe und in ungestörtem Glück. Ebenso gehen die im Unglauben Sterbenden nicht sogleich in die Hölle, sondern in den Hades, (der für sie aber schon ein Ort der Qual ist,) um dort zu bleiben, bis der Herr Jesus sie aus ihren Gräbern hervorruft, Leib und Seele miteinander vereinigt und sie dann vor den großen weißen Thron stellt, wo sie endgültig gerichtet, d. h. in den Feuersee, die Hölle, geworfen werden. Damit verlieren dann auch Tod und Hades ihre Macht und ihr Dasein. Sie werden ebenfalls in den Feuersee geworfen. Der zweite Tod verschlingt gleichsam den ersten.

Durch dieses Gericht geht das Wort des Apostels in Erfüllung: „Er (Christus) muss herrschen, bis Er alle Feinde unter seine Füße gelegt hat“ (1. Kor 15,25). Satan, der die Macht des Todes hatte, befindet sich selbst im „zweiten Tod“, dem Feuersee. Die Lebendigen wie die Toten sind gerichtet, und der Tod, der letzte Feind, ist hinweggetan. Die Ratschlüsse Gottes bezüglich dieser Erde und des Menschen sind erfüllt. Gott hat alles den Füßen des Sohnes des Menschen unterworfen. Gesetzt über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird, nicht allein in diesem Zeitalter, sondern auch in dem zukünftigen, hat Christus geherrscht bis zur Vernichtung des letzten Feindes, des Todes. Dann kommt das Ende, wie wir in 1. Kor 15,24 lesen, „wenn er das Reich dem Gott und Vater übergibt, wenn er weggetan haben wird alle Herrschaft und alle Gewalt und Macht“. Wenn die tausend Jahre irdischer Segnung vorübergegangen sind und alles zur Vollendung gebracht ist, was Gott im Blick auf diese Schöpfung zur Vollendung bringen wollte, wenn Himmel und Erde, so wie sie heute sind, aufgehört haben werden zu bestehen, wenn der Herr alle Feinde, selbst den Tod, besiegt und zum Schemel seiner Füße gelegt hat, so wird Er das Ihm übertragene Reich, die seinen Händen anvertraute Herrschaft und Gewalt dem Vater zurückgeben. „Wenn er aber sagt, dass alles unterworfen sei, so ist es offenbar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat. Wenn ihm aber alles unterworfen sein wird, dann wird auch der Sohn selbst dem unterworfen sein, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott alles in allem sei“ (Verse 27 und 28).

Dies letztere bezieht sich selbstverständlich auf Christus, als Mensch betrachtet. Wenn Er, das fleischgewordene Wort, der Mensch Christus Jesus, der Sohn Gottes, sich alles unterworfen hat, wird das Königtum, das Er als Mensch innehatte, aufhören. Die vermittelnde Regierung des Menschen verschwindet und geht in der Oberherrschaft Gottes des Vaters auf. Ich brauche kaum zu sagen, dass Christus als Gott niemals aufhören wird zu regieren. Aber seine Regierung als Sohn des Menschen, die Herrschaft, die Er als der Erstgeborene aller Schöpfung für eine bestimmte Zeit über alles das, was Gott gemacht hat, ausüben wird, wird ihr Ende erreichen. Als der, der von Gott erhöht war über alle Herrschaft und alle Gewalt und Macht, wird Er sich Gott aufs Neue unterwerfen, damit Gott alles in allem sei. Er wird in Herrlichkeit den Platz der Unterwerfung einnehmen, so wie Er es einst in Gnade auf Erden getan hat. Dementsprechend wird auch in Off 21,1–8, wo von derselben Zeit die Rede ist, Christus, das Lamm, gar nicht mehr erwähnt. Er behält selbstredend als Mensch, indem Er zugleich Gott ist, eins mit dem Vater, ewiglich seinen Platz als Haupt der ganzen erlösten Familie, aber die Regierung des Menschen in seiner Person, die Ihm, als dem auferstandenen Menschen, übertragen ist, hört auf.

Untersuchen wir jedoch den eben genannten Schriftabschnitt, Off 21,1–8, noch etwas näher. Wir finden in dieser Stelle, wie schon früher angedeutet, eine kurze, aber treffende Beschreibung von dem ewigen Zustand, sowie von der bezüglichen Stellung, die die Kirche Christi und die übrigen Erlösten in der Ewigkeit einnehmen werden. Man könnte nun fragen, wer und was uns berechtigt, die ersten acht Verse dieses Kapitels als eine Beschreibung der Ewigkeit, und den Rest als Darstellung der Herrlichkeit der Versammlung während des 1000-jährigen Reiches zu betrachten. Wir meinen aber, dass dies aus der Darstellung selbst deutlich hervorgehe. Der Inhalt der ersten acht Verse kann sich schon deshalb nicht auf das 1000-jährige Reich beziehen, weil in diesem Reich noch Tod, Trauer, Geschrei und Schmerz sein werden. Ferner führt uns der erste Vers unzweideutig in den ewigen Zustand ein. Der Prophet sieht einen neuen Himmel und eine neue Erde, denn der erste Himmel und die erste Erde waren vergangen, und das Meer ist nicht mehr. Wenn im Alten Testament im Blick auf das 1000-jährige Reich gleichfalls von einem neuen Himmel und einer neuen Erde gesprochen wird, so können wir darunter nur die Erneuerung des ersten Himmels und der ersten Erde verstehen, eine Wiederherstellung des Alten, nicht aber etwas ganz Neues. Es wird dann eben noch nicht alles neu gemacht sein. Andererseits kann der übrige Teil des Kapitels, vom neunten Vers bis zum Schluss, nicht die Herrlichkeit der himmlischen Stadt während der Ewigkeit beschreiben, weil es in der Ewigkeit keine Völker und Könige mehr geben wird, die vermittelst ihres Lichtes wandeln, und auch keine Blätter mehr nötig sein werden zur Heilung der Nationen.

In Verbindung mit dem 1. Vers unseres Kapitels lesen wir in 2. Pet 3,13: „Wir erwarten aber nach seiner Verheißung neue Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt.“ Im 1000-jährigen Reich herrscht die Gerechtigkeit auf Erden. Sie kann noch nicht dort wohnen, weil die Sünde noch da ist. In dem neuen Himmel und auf der neuen Erde aber gibt es keine Sünde, also auch keine Gelegenheit mehr für die Gerechtigkeit zu herrschen. Sie wohnt dort, sie hat dort ihre Heimat, weil Gott dort wohnt. Alles was an diese alte Erde mit ihrer Sünde und ihrem Fluch erinnern könnte, ist für ewig hinweggetan. Gott ruht mit Wonne in seiner neuen Schöpfung. Die ewige Sabbatruhe ist angebrochen, die nie mehr gestört werden wird.

„Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, aus dem Himmel herabkommen von Gott, bereitet wie eine für ihren Mann geschmückte Braut.“ Das neue Jerusalem ist, wie aus Vers 9 hervorgeht, die Kirche Christi. Sie kommt aus dem Himmel hernieder von Gott, von Ihm selbst herrlich geschmückt für Christus, ihren Mann, und Johannes hört mit lauter Stimme aus dem Himmel her über sie sagen: „Siehe, die Hütte Gottes bei den Menschen!“ So behält die Kirche ewiglich ihren besonderen Platz als die Hütte Gottes, das was sie jetzt schon im Geist ist (Eph 2,22). Gott wird in ihr weilen in einem besonderen Sinn. Sie ist die Hütte Gottes bei den „Menschen“, den glückseligen Bewohnern der neuen Erde. Diese werden nur „Menschen“ genannt, nicht mehr „Juden“ oder „Nationen“, und Gott selbst „wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und Gott selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott“. Jeder Unterschied, aber auch jede Schwachheit und Unvollkommenheit ist dann verschwunden, denn „das Erste ist vergangen“. Es ist, wie gesagt, keine Rede mehr von Juden und Nationen, von Königen und Völkern, wie im 1000-jährigen Reich, wo die Juden noch über die Nationen herrschen, und Gott der Gott Israels heißen wird. In der Ewigkeit ist jeder derartige Unterschied aufgehoben. Die Bewohner der neuen Erde bilden alle miteinander das Volk Gottes, und Gott ist ihr Gott. Nur die Kirche Christi behält stets ihren besonderen und herrlichen Platz. Sie wird nie aufhören, die Frau des Lammes zu sein, und wenn Gott in der Ewigkeit bei den Menschen wohnen wird, so wird die Kirche das bewunderungswürdige Vorrecht genießen, die Wohnung oder die Hütte Gottes zu bilden. Darum sagt Paulus in Eph 3: „Dem aber, der über alles hinaus zu tun vermag, … nach der Kraft, die in uns wirkt, ihm sei die Herrlichkeit in der Versammlung in Christus Jesus auf alle Geschlechter des Zeitalters der Zeitalter hin! Amen.“

„Und Gott wird jede Träne von ihren Augen abwischen, und der Tod wird nicht mehr sein; … denn das Erste ist vergangen“ (V. 4). Welch ein herrlicher, glückseliger Zustand! Jede Quelle von Trauer und Elend ist auf immerdar versiegt! Nicht nur die Folgen der Sünde, sondern auch die Sünde selbst ist auf ewig verschwunden. Gott selbst wird jede Träne abwischen von den Augen der seinen. Wie eine zärtliche Mutter ihr weinendes Kind tröstet und mit sanfter Hand seine Tränen abwischt, so wird Gott selbst seine Erlösten trösten und sie in die vollen, ewigen Segnungen der neuen Schöpfung einführen. Das Erste ist vergangen, alles ist neu geworden. „Und der, der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu.“

Den Schluss des vorliegenden Schriftabschnittes bildet ein ernstes, ergreifendes Warnungswort: „Den Feigen aber und Ungläubigen und mit Gräueln Befleckten und Mördern und Hurern und Zauberern und Götzendienern und allen Lügnern – ihr Teil ist in dem See, der mit Feuer und Schwefel brennt, welches der zweite Tod ist“ (V. 8). Lasst uns den Ernst dieser Worte wohl beachten! Zu derselben Zeit, da Gott alles in allem sein und alles neu gemacht haben wird, werden die Ungläubigen ihr Teil in dem See finden, der mit Feuer und Schwefel brennt. Gott ist Liebe, sicherlich! Aber Er ist auch Licht. Und diese beiden Wahrheiten werden uns hier gleichzeitig vorgestellt. In Liebe kommt Er hernieder, um bei seinem Volk zu wohnen, macht aller Schwachheit und allem Elend ein Ende und wischt jede Träne von den Augen seiner Geliebten ab. Aber in Übereinstimmung mit der Tatsache, dass Er auch Licht ist, und gar keine Finsternis in Ihm, dass Er also das Böse nicht sehen kann, sondern es in vollkommener Gerechtigkeit strafen muss, bleibt auch dann, wenn die Gerechtigkeit in der neuen Schöpfung wohnt, wenn alles Böse und alle Sünde entfernt ist, das Teil der Gottlosen in dem  Feuersee. Möchten doch alle, die der Irrlehre von der Endlichkeit der Verdammnis oder gar von der Vernichtung der Gottlosen das Wort reden, bedenken, dass hier von der Ewigkeit gesprochen wird! Ja, es gibt in der Ewigkeit eine Strafe für alle, die Christus verworfen haben, eine Strafe, die ebenso unendlich ist wie die Seligkeit der Erlösten. Das schreckliche Los all jener Unglücklichen, die die Zeit der Gnade versäumt haben, ist der zweite Tod, „die Hölle, das unauslöschliche Feuer, wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt“ (Mk 9,47.48). Gottes Zorn bleibt auf ihnen (Joh 3,36). Schreckliche Wahrheit für alle, die Jesus noch nicht kennen! O möchten sie doch noch heute, am Tag des Heils, bedenken, was zu ihrem Frieden dient! Möchten sie auf die göttliche Gnadenstimme lauschen, die selbst in der vorliegenden Stelle noch so freundlich und gewinnend ihnen zuruft: „Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende. Ich will dem Dürstenden aus der Quelle des Wassers des Lebens geben umsonst.“

Und du, mein lieber Leser, der du bereits des Herrn Eigentum bis, o wandle treu mit Ihm, der dich um einen so teuren Preis erworben und dich für eine solche Zukunft bestimmt und bereitet hat! Diene Ihm mit der ganzen Hingebung, deren dein Herz fähig ist, und suche Ihm noch manche Seele zuzuführen als Lohn seiner Schmerzen und Mühsale! „Die Zeit ist gedrängt.“ – Ja, „noch eine ganz kleine Zeit, und „der Kommende wird kommen und nicht ausbleiben““.

Fußnoten

  • 1 Das Wort Gottes macht uns allerdings keine nähere Mitteilung über diese Verwandlung, wir dürfen sie aber als selbstverständlich voraussetzen. Denn jene Gläubigen gehören Christus nicht nur an für die tausend Jahre irdischer Segnung, sondern für die ewige Herrlichkeit. Wenn daher Himmel und Erde vergehen und die gottlosen Bewohner der Erde vor oder bei diesem letzten gewaltigen Ereignis umkommen werden, müssen die dann noch hienieden lebenden Gläubigen verwandelt und in den Himmel entrückt werden. Sie werden ohne Zweifel, gleich den Gläubigen, die der Herr bei seiner ersten Wiederkunft auf dieser Erde vorfindet, einen neuen Leib empfangen und, ohne den Tod zu sehen, in die Herrlichkeit der neuen Schöpfung versetzt werden.
Nächstes Kapitel »« Vorheriges Kapitel