Philipper 2,1-11
Vers 5-8
Seine Gesinnung: Demut und Gehorsam
Die Verse 5-11, die wir jetzt vor uns haben, sind Verse von allergrößter Tiefe und Bedeutung. Sie beinhalten Wahrheiten, die wir nicht ausloten können und vor denen wir jetzt und in Ewigkeit bewundernd und anbetend stehen bleiben. Der Herr möge wirklich Gnade schenken, dass wir jetzt keine ungeziemenden und unpassenden Worte wählen, wenn es um diese erhabene und anbetungswürdige Person geht.
„Diese Gesinnung sei in euch“ (Vers 5). Zunächst möchte ich etwas über die Gesinnung des Herrn Jesus sagen: Wenn man über die Gesinnung des Herrn Jesus nachdenkt, stellt man fest, dass sie sich auf verschiedene Weise zeigt. Hier stehen zwei Erscheinungsformen im Vordergrund, und zwar Demut und Gehorsam. Nicht nur Demut! Die Demut finden wir zu Beginn, den Gehorsam am Ende dieses Abschnitts (Vers 8). Allein diese beiden Dinge sind wichtig genug, besehen zu werden. Ich sage noch einmal: Nicht nur Demut! Warum sage ich das? Weil man auch mit diesem Vers wiederum einseitige Denkweisen begründen kann, wenn man andere Erscheinungsformen der Gesinnung außer Acht lässt, z.B. den Gehorsam. Gehorsam bedeutet, dem Wort Gottes gehorsam zu sein. Auch darin zeigt sich die Gesinnung des Herrn. Ich mache noch einen größeren Bogen - auch wenn die beiden folgenden Gedanken jetzt nicht direkt in diesem Vers enthalten sind - um das Bild etwas abzurunden. Oft wird folgendermaßen argumentiert: Wenn man jemanden als Mitbruder oder Mitschwester kennen gelernt hat, der oder die vielleicht (wie wir meinen) zu viel von sich hält, dann sagen wir: „Du weißt doch: ‚Diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christus Jesu war.'“ Oder ich empfinde ein Unrecht bzw. ich meine, ungerecht behandelt zu werden, und sage daraufhin dem anderen: „Diese Gesinnung sei doch in dir, die in Christus Jesu war. Er hat doch anderen kein Unrecht getan, ihnen nicht gedroht usw.“ Das stimmt wohl, aber was gehörte außerdem zur Gesinnung des Herrn? Dass er in Johannes 2 die Wechsler und Kaufleute aus dem Tempel vertrieb. Von ihm wird gesagt: „Der Eifer um dein Haus hat mich verzehrt“ (Ps 69,10). Auch das gehörte zur Gesinnung des Herrn. Das heißt, die Gesinnung des Herrn umfasst sowohl die Wahrung des Guten als auch die Ablehnung des Bösen. Ich sage das deshalb, um im Blick auf seine Gesinnung nicht einseitig zu werden. In unserem Abschnitt gehören Demut und Gehorsam zu seiner Gesinnung.
Die Aussage „die auch in Christus Jesu war“ bezieht sich auf die Zeit, in der der Herr Jesus diese Gesinnung offenbart hat, also die Zeit seines Lebens auf der Erde. Da hat er gezeigt, welche Gesinnung in ihm war. Man konnte sie sehen und wahrnehmen. Sie blieb nicht im Verborgenen.
Christus Jesus in Gestalt Gottes
Nun wird einiges von dem Herrn Jesus gesagt. Bevor wir auf Einzelheiten eingehen, sei vorab noch gesagt: Wir finden in diesem Abschnitt nicht das Sühnungswerk des Herrn Jesus. Wir finden hier nicht die drei Stunden der Finsternis, in denen er den Zorn Gottes über die Sünde beschwichtigt hat und die Grundlage gelegt hat, auf der Gott in Gerechtigkeit und Gnade gegenüber dem Menschen handeln konnte. In diesem Werk ist er absolut allein. Da kann ihn niemand nachahmen, da steht er einmalig vor uns, jetzt und in Ewigkeit. Hier finden wir das Werk des Herrn Jesus als Vorbild für uns. Es sind herrliche Stellen in Gottes Wort, die uns sein Werk so vorstellen und es gibt ihrer nicht sehr viele. Aber es gibt eben doch einige Stellen, wo das Werk des Herrn Jesus in einer Art und Weise gezeigt wird, dass Charakterzüge, Wesenszüge von ihm darin offenbar werden. Es wird uns dort seine Haltung vorgestellt, in der er das Werk vollbracht hat und die für uns nachahmenswert ist.
Das erste, was hier von ihm gesagt wird, ist, dass er „in Gestalt Gottes“ war. Darüber müssen wir etwas nachdenken. In Gestalt Gottes zu sein bedeutet nichts anderes als wesenhaft Gott zu sein. Wenn wir in Vers 6 und 7 zweimal das Wort „Gestalt“ finden - „Gestalt Gottes“ und „Knechtsgestalt“ - dann handelt es sich im Grundtext um ein ganz anderes Wort als z.B. das Wort „Gestalt“ am Ende von Vers 7. Die Anmerkung in der überarbeiteten Bibel macht auch darauf aufmerksam: Bezüglich „Gestalt“ am Ende von Vers 7 spricht die Anmerkung von einer „äußeren Erscheinung (im Griech. ein anderes Wort als in V.6)“. Der Ausdruck „Gestalt Gottes“ lässt uns nicht an eine äußere Erscheinungsform denken, sondern an seine ewige Existenz, sein Bestehen an sich nach Wesen und Natur, wie die Anmerkung zu Vers 6 es auch deutlich macht. Als die Juden einmal sagten: „Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt und hast Abraham gesehen?“, da sagt er: „Ehe Abraham wurde, bin ich“ (Joh 8,57.58). Das ist mit dieser Aussage hier gemeint. Der Herr Jesus war in Gestalt Gottes von Ewigkeit her und er blieb es, als er Mensch wurde. Wenn es hier heißt, dass er in Gestalt Gottes war, meint das nicht, dass er diese Gestalt aufgegeben hätte, als er als Mensch auf diese Erde kam. Er blieb Gott. Auch als er Mensch wurde und als solcher auf die Erde kam, blieb er ewig Gott. Gott kann seine Gottheit nicht aufgeben. Gott kann nie weniger sein als das, was er ist; er bleibt Gott. Dieser Gott, dieser Christus Jesus, war in Gestalt Gottes, was außerdem zeigt, dass er der Sohn Gottes ist, der ewige Sohn. Derjenige, der als Mensch Jesus auf diese Erde kam, ist der, der in Gestalt Gottes war und ist. Im Blick auf seine ewige Gottheit möchte ich noch eine andere Stelle anführen, nämlich Johannes 17,5: „Und nun verherrliche du, Vater, mich bei dir selbst mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war“. Das ist eine Beschreibung der Gestalt Gottes!
Es nicht für einen Raub achtend, Gott gleich zu sein
Anschließend lesen wir von ihm, dass er „es nicht für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein“ (V.6b). Warum nicht? Dafür gibt es eine ganz einfache Antwort: Weil er Gott war, musste er dies nicht rauben. Es wird nun klar werden, dass diese Aussage im Gegensatz zu dem steht, was ein anderer Mensch getan hatte, nämlich Adam. Wir denken hier unwillkürlich an 1. Mose 3, wo die Schlange zu Eva gesagt hat: „Ihr werdet durchaus nicht sterben, sondern Gott weiß, dass an dem Tag, da ihr davon esst, eure Augen aufgetan werden und ihr sein werdet wie Gott erkennend Gutes und Böses“ (1. Mo 3, 4-5). Adam war nicht Gott, aber er wollte wie Gott sein. Das war Raub! Er wollte etwas besitzen, was er nicht besaß. Der Herr Jesus musste es nicht rauben; er war der ewige Gott. Er musste es nicht für einen Raub achten, Gott gleich zu sein. An dieser Wahrheit wollen wir mit allen Fasern unseres Herzens festhalten: Der Herr Jesus ist Gott gleich, er ist Gott! Es hat in der Geschichte der Menschen bis in unsere Tage schon immer den Gedanken gegeben, dass es unter den Personen der Gottheit eine Rangordnung gibt. Dieser Gedanke ist absolut falsch! Ich möchte niemand verletzen oder korrigieren, aber die Ausdrücke „erste, zweite und dritte Person der Gottheit“ halte ich für nicht so glücklich gewählt, weil damit ganz schnell der Gedanke verbunden werden könnte, dass eine Rangordnung in der Gottheit bestehe: Der Sohn dem Vater untergeordnet und dann der Heilige Geist auch noch dem Sohn untergeordnet… Das ist falsch! Gott, der Sohn, ist nicht weniger Gott als Gott, der Vater, und Gott, der Heilige Geist, ist nicht weniger Gott als Gott, der Sohn. Drei Personen der Gottheit, völlig Gott seiend.
Seine Entäußerung und seine Erniedrigung
Er hat sich selbst zu nichts gemacht (V.7). Auch das können wir nicht buchstäblich nachahmen. Warum nicht? Wir können uns nicht mehr zu nichts machen, weil wir bereits nichts sind! Galater 6,3 sagt dies eindeutig: „Wenn jemand meint, etwas zu sein, da er doch nichts ist, so betrügt er sich selbst.“ Aber der Herr Jesus hat sich - wie die Anmerkung sagt - selbst „entleert“ oder „entäußert“ und „Knechtsgestalt“ angenommen.
An dieser Stelle möchte ich mit einer anderen Erklärung zu diesem Abschnitt einmal etwas kritischer umgehen: Immer wieder hört und liest man, dass wir in diesem Abschnitt sieben Stufen der Erniedrigung des Herrn Jesus haben. Mir gefällt diese Erklärung überhaupt nicht. Man kann sie natürlich in diese Verse hineinkonstruieren. Aber ich darf mich hier mal wieder auf die sehr geschätzten Schreiber aus dem 19. Jahrhundert berufen. Ihre Erklärungen sind sehr einleuchtend: Es gibt in diesem Abschnitt zwei Stufen. Die erste Stufe ist die, dass Gott sich entäußert. Gott macht sich zu nichts. Die zweite Stufe ist die, dass sich der Mensch Jesus Christus erniedrigt. Als Gott hat sich der Herr entäußert und als Mensch hat er sich erniedrigt. Es fällt auf, dass in diesem Abschnitt zwei Mal das Wort „indem“ auftaucht. Das ist eine Hilfe für uns. In Vers 7 heißt es: „Sich selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm, indem er in Gleichheit der Menschen geworden ist.“ Nachdem er dann als Mensch beschrieben wurde, heißt es in Vers 8: „Sich selbst erniedrigte, indem er gehorsam wurde bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz“. Also: Indem er in Gleichheit der Menschen geworden ist, hat er sich entäußert oder entleert, und indem er als Mensch gehorsam wurde bis zum Tod am Kreuz, hat er sich erniedrigt. Ich habe Hemmungen, im Zusammenhang mit der ersten Stufe von Erniedrigung zu sprechen, weil Gott sich nicht erniedrigen kann. Gott bleibt immer Gott. Selbst wenn er Mensch wird, bleibt er Gott. Er kann als Gott nicht niedriger werden, aber er hat sich zu nichts gemacht.
Er machte sich selbst zu nichts
Wir wollen uns noch ein wenig anschauen, was dieser Ausdruck bedeutet. Wir lesen in 2. Korinther 8,9, dass er, „da er reich war, um euretwillen arm wurde.“ In Jesaja 53,2 heißt es: „Er hatte keine Gestalt und keine Pracht; und als wir ihn sahen, da hatte er kein Aussehen, dass wir ihn begehrt hätten.“ Ich komme noch einmal auf die Stelle in Johannes 8 zurück: „Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt“ (Vers 57). Der Herr Jesus war erst 30 Jahre alt. So entstellt war sein Aussehen. Er hat sich zu nichts gemacht. Er hat sich gleichsam unter dem Deckmantel eines Knechtes gezeigt und dadurch seine Gottheit etwas verborgen, aber nicht aufgegeben. Er ist allerdings nicht in einer äußerlich sichtbaren göttlichen Herrlichkeit und Offenbarung der Macht Gottes erschienen. Wenn er so erschienen wäre, dann hätte er alles vernichtet, was sich ihm in den Weg gestellt hätte. Dennoch offenbarte er von Zeit zu Zeit seine göttliche Herrlichkeit. Johannes sagt in Kapitel 1,14: „Und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater.“ Aber es sei noch einmal erwähnt, dass dies etwas verborgen unter dem Mantel der Knechtsgestalt geschah. Welch ein wunderbarer Herr!
Er nahm Knechtsgestalt an
Auch dieses Wort meint nicht eine äußere Erscheinungsform, sondern er ist dem Wesen nach Knecht geworden, indem er in Gleichheit der Menschen geworden ist. Indem er also Mensch wurde, nahm er gleichzeitig Knechtsgestalt an. Wir denken an dieser Stelle immer an einen buchstäblichen Sklaven im Altertum, denken an seine äußere Gestalt und Erscheinungsform. Ein Bruder hat einmal geschrieben, dass, wenn der Herr Jesus in einem königlichen Palast geboren worden und in dieser Form als Mensch gekommen wäre, das immer noch Knechtsgestalt gewesen wäre. Der Mensch ist Knecht unabhängig von der Position, in der er sich befindet. Er ist immer Knecht im Verhältnis zu Gott.
Nun kam der Herr Jesus auf diese Erde und wurde Knecht und blieb Knecht. Wenn wir an die Knechtsgestalt denken, so ist diese natürlich nur durch seine Menschwerdung möglich geworden, aber im Vordergrund steht der dienende Knecht. Er war und blieb der gebietende Gott, aber jetzt war er seinem Wesen nach der dienende Knecht. Der Herr Jesus war nicht gekommen „um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.“ Das hat er auf Golgatha bewiesen. Aber damit endet sein Knechtsein nicht. Der Herr Jesus ist immer noch in Knechtsgestalt. So, wie er ewig Gott bleibt, so bleibt er ewig Knecht, nachdem er es einmal geworden ist. Hast du diesen Gedanken einmal überdacht? Er ist von unendlicher Schönheit. Er war nicht nur Knecht, als er auf der Erde war und sein Leben gab; er ist jetzt immer noch Knecht. Was macht er als solcher nach Johannes 13? Er wäscht unsere Füße! Das ist Knechtsein. Wenn wir einmal bei ihm in der Herrlichkeit sein werden, dann wird er sich uns zu Tisch legen lassen und wird uns bedienen (Lk 12,37). Das ist Knechtsein auf ewig. Dann wird sich erfüllen, was in 2. Mose 21 von dem hebräischen Knecht gesagt wird: Er wollte nicht frei ausgehen, sondern sich aus Liebe zu seiner Frau und zu seinen Kindern das Ohr mit einer Pfrieme durchbohren lassen, um ewig zu dienen (2. Mo 21, 6). Das ist unser Herr! Der ewige Gott, der er war und ist und ewig sein wird, wurde Mensch, nahm die Gestalt eines Knechtes an und wird sie ewig behalten. „Diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christus Jesus war.“ Sind wir bereit, die Stellung eines Dienenden einzunehmen, anstatt zu gebieten? „Denn wer ist größer, der zu Tisch Liegende oder der Dienende? Nicht der zu Tisch Liegende? Ich aber bin in eurer Mitte wie der Dienende“ (Lk 22,27). Ich hoffe, dass wir den Entschluss in unseren Herzen haben, dieses vollkommene Vorbild nachzuahmen.
Niemand erkennt den Sohn als nur der Vater
Nun könnte jemand fragen: Wie war es möglich, dass er in einer Person gleichzeitig Gott und Knecht war, Gottes Gestalt und Knechtsgestalt hatte. Aber das kann man nicht erklären. Wir stellen fest, dass er sowohl das eine als auch das andere war, aber erklären können wir das nicht. Ich möchte dazu Matthäus 11,27 anführen: „Und niemand erkennt den Sohn als nur der Vater, noch erkennt jemand den Vater als nur der Sohn und wem irgend der Sohn ihn offenbaren will.“ Wenn es also um den Vater geht, dann erkennt der Sohn den Vater, aber auch wir erkennen den Vater, weil der Herr Jesus uns ihn offenbar gemacht hat. Wenn es aber um den Sohn geht, heißt es: „Niemand erkennt den Sohn als nur der Vater.“ Da fehlt nun der Zusatz: „Wem der Vater ihn offenbaren will.“ Genauso ist es: Den Sohn zu erkennen übersteigt jetzt und in Ewigkeit unser Auffassungsvermögen. Auch im Himmel werden wir den Sohn in dieser hier beschriebenen Herrlichkeit nie erkennen, als Gott und Mensch in einer Person. Wir werden diese Person ewig anbetend bewundern.
Den ersten Zustand verlassen
Nun möchte ich zu den Versen 6 und 7 noch einen weiteren sehr wichtigen Gedanken ergänzen. Die Tatsache, dass jemand Mensch wurde und Knechtsgestalt annahm, nachdem er vorher kein Mensch war, beweist, dass nur Gott das Recht dazu hatte. Es ist nichts Außergewöhnliches, dass ein Mensch von einem Menschen geboren wird. Da kann nichts anderes geboren werden, als ein Mensch. Aber die Tatsache, dass Gott Mensch wurde, das steht nur Gott zu. Wenn ein Geschöpf den Zustand verändert, in dem es geschaffen wurde, ist das Sünde. Der Herr Jesus ist nicht geschaffen worden. Ich mache diesen Vergleich deshalb, um zu zeigen, dass es etwas gibt, was nur der Gottheit, aber niemals dem Menschen, zusteht. Ich möchte dazu zwei Stellen anführen: „Und Engel, die ihren ersten Zustand nicht bewahrt, sondern ihre eigene Behausung verlassen haben (…) der Hurerei ergaben und anderem Fleisch nachgingen“ (Judas 6). Wenn Engel ihren Zustand verlassen, dann ist es Sünde und wenn Menschen ihn verlassen, ist es ebenso Sünde. Wir kennen die Sünde der Sodomie. Aber Gott allein, nur er, konnte Mensch werden, wie es hier von dem Herrn Jesus beschrieben wird.
In Gleichheit der Menschen
Wir haben schon gesehen, was es bedeutet, Knechtsgestalt anzunehmen. Ich möchte jetzt aber noch deutlicher zeigen, wie das geschehen ist. Das steht ganz klar im zweiten Teil von Vers 7: „Und Knechtsgestalt annahm, indem er in Gleichheit der Menschen geworden ist, und in seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden.“ Indem er also Mensch wurde, nahm er gleichzeitig Knechtsgestalt an. Ich habe schon erwähnt, dass wir in Verbindung mit dem Ausdruck „Knechtsgestalt“ nicht so sehr an die Umstände des menschlichen Lebens denken müssen, wie sie uns jetzt gleich in den nächsten Versen vorgestellt werden, wo es um die „Gleichheit der Menschen“ geht, sondern an seine dienende Stellung, die er eingenommen hat. Die konnte er natürlich nur einnehmen, nachdem er Mensch geworden war. Also beinhaltet der Ausdruck „Knechtsgestalt“ sehr wohl, dass er Mensch wurde, aber er zeigt uns nicht die schwierigen äußeren Umstände, in denen Menschen sich befinden, sondern diese dienende Stellung, die er einmal eingenommen hat und behält.
Jetzt kommen wir zu der Erklärung des Ausdruckes „Gleichheit der Menschen“. Dieser Ausdruck beschreibt auch nicht seine äußere Gestalt, sondern dass er wirklich Mensch war, und zwar nach Geist, Seele und Leib. Dabei bleiben wir jetzt einen Augenblick stehen; das macht uns den Herrn Jesus unendlich groß. Er war wirklich Mensch mit einem menschlichen Leib, jedoch ohne Sünde. Diese Ausnahme möchte ich gleich zu Beginn hervorheben. In Römer 8,3 lesen wir, dass Gott „seinen eigenen Sohn in Gleichgestalt (Anm.: „Gleichheit“) des Fleisches der Sünde und für die Sünde“ sandte und „die Sünde im Fleisch verurteilte.“ Er war zwar in Gleichgestalt des Fleisches der Sünde, aber - wie der Hebräerbrief sagt (Kap. 4,15) - ohne Sünde. Dennoch war er wahrer Mensch mit einem menschlichen Leib. Das bedeutet, dass er Schmerzen empfand, als er gefoltert, gegeißelt und geschlagen wurde. Man hat völlig falsche Vorstellungen, wenn man sagt: „Er war ja Gott. Das hat ihm gar nichts ausgemacht, wenn man ihm die Hände und die Füße mit Nägeln durchbohrte.“ Das ist falsch! Er hatte einen menschlichen Leib und er hat unendlich gelitten. Er empfand diesen körperlichen Schmerz, den man ihm zufügte, als man seine Hände und seine Füße durchbohrte, als man ihm mit einem Rohr auf das Haupt schlug, nachdem man ihn mit einer Dornenkrone gekrönt hatte. Er muss in den Psalmen sagen: „Pflüger haben auf meinem Rücken gepflügt, haben lang gezogen ihre Furchen“ (Ps 129,3). Was hat der Herr Jesus gelitten in diesem seinem menschlichen Leib.
Er hatte auch eine menschliche Seele. Er hat Empfindungen gehabt, wie sie ein Mensch hat. Darf ich mal an seine Einsamkeit erinnern? Die Psalmen sagen über ihn: „Und niemand fragt nach meiner Seele“ (Ps 142,4). Wie einsam ist der Herr Jesus gewesen! „Ich gleiche dem Pelikan der Wüste, bin wie die Eule der Einöden“ (Ps 102,6). Als er in seiner Einsamkeit niemanden fand, der sich für seine Situation interessierte, da war es sehr wohltuend für ihn, als er auf dem Weg nach Gethsemane in Johannes 12 ein Haus fand, wo man ihn aufnahm. Wie muss das Balsam für seine Seele gewesen sein, in dem Haus der Geschwister zu sein, wo man ihn liebte. Wir unterschätzen oft diese Empfindungen des Herrn Jesus, die er als Mensch unter dem Spott und dem Hass seiner Geschöpfe hatte. Er hatte auch Angst: „Jetzt ist meine Seele bestürzt und was soll ich sagen?“ (Joh 12,27). Er war Mensch, er kannte Leid und hatte selbst Trauer erlebt. Er hat am Grab des Lazarus geweint. Es stimmt, dass er dort den Tod als die Folge der Sünde gesehen und deshalb geweint hat. Aber in Johannes 11,33 steht: „Als nun Jesus sie weinen sah und die Juden weinen, die mit ihr gekommen waren, seufzte er tief im Geist und erschütterte sich“. Er hatte Mitleid mit den Trauernden. Als der eingeborene Sohn einer Witwe in Lukas 7 zu Grabe getragen wurde, da war er tief im Geist erschüttert. Er war wirklich Mensch! Er hatte Hunger, wie Menschen Hunger haben. Es hungerte ihn, als er von der Frucht des Feigenbaums essen wollte, aber er fand keine Frucht an ihm. Er hätte doch eine Frucht aus dem Erdboden herauswachsen lassen können, um davon zu essen, ohne sich bücken zu müssen. Das hat er nicht getan.
Er hatte Durst. Als er in Johannes 4 nach Samaria kam, da bat er die Frau um Wasser. Hätte der Heiland nicht auf dem Weg von Jerusalem nach Samaria eine Wasserquelle hervorspringen lassen können? Er war doch Gott. Er hatte doch dem Volk Israel in der Wüste einen Felsen gegeben, aus dem er Wasser hervorbrachte. Aber er tat es nicht, weil er als abhängiger Mensch nichts tat, was nicht der ausdrückliche Wille seines himmlischen Vaters gewesen wäre. Wie groß wird uns der Heiland in diesem Abschnitt. Es ist wahr, dass der Abschnitt uns gegeben worden ist, um uns das Vorbild zu zeigen, dessen Gesinnung wir nachahmen sollen. Das ist die Zielrichtung und doch haben wir hier gleichsam die Herrlichkeit einer Blüte vor uns, die sich vor unseren Blicken entfaltet und die wir nur staunend bewundern können.
Er wurde auch müde. Als er in einem Schiff auf einem Kopfkissen lag und schlief, zeigt sich uns darin seine menschliche Schwachheit. „Der Hüter Israels, nicht schläft, noch schlummert er“ sagt uns das Alte Testament, aber jetzt war er Mensch geworden und hatte sich allen Umständen des Menschseins unterworfen. Das bedeutet der Ausdruck „in Gleichheit der Menschen geworden.“ Anbetungswürdiger Herr!
Gott wurde Mensch,
o welch' Erbarmen,
Du, Sein Volk,
bete staunend an.“
Anschließend heißt es dann in Vers 7: „Und in seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden.“ Jetzt finden wir zum ersten Mal in diesem Abschnitt ein Wort für Gestalt, dass wirklich die äußere Gestalt des Menschen meint. Das heißt, er war nicht nur wirklich Mensch, sondern er sah auch aus wie ein Mensch. Äußerlich nicht von anderen Menschen zu unterscheiden. Nicht mit einem Heiligenschein, wie oft auf Bildern dargestellt. In Johannes 1,26 wird bei der Taufe im Jordan über ihn gesagt: „Mitten unter euch steht einer, den ihr nicht kennt.“ Keiner kannte ihn. So sehr war er „in seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden.“
Seine freiwillige und gehorsame Erniedrigung
In Vers 8 kommen wir jetzt zu seiner Erniedrigung. Bisher haben wir die erste Stufe betrachtet, dass Gott sich entäußerte und sich zu nichts machte oder entleerte und Mensch wurde. Jetzt kommen wir zur zweiten Stufe. Diese Stufe wird mit den Worten „sich selbst erniedrigte, indem er gehorsam wurde bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz“ beschrieben. Es wird nun ausgeführt, wie er das tat. Das Wort „indem“ kommt zum zweiten Mal in diesem Abschnitt vor. Er erniedrigte sich als Mensch bis zum Tod am Kreuz. Bevor wir jedoch in der Erklärung der einzelnen Worte weitergehen, wollen wir noch eine weitere Herrlichkeit vor uns entfalten. Wir haben zu Beginn von Vers 8 gelesen, dass er „sich selbst erniedrigte“, das heißt, er hat es freiwillig getan! Genauso, wie er sich selbst geopfert hat, so hat er auch sich selbst freiwillig erniedrigt. Gleichzeitig steht hier aber, dass er gehorsam wurde bis zum Tod am Kreuz. Ich möchte also die Freiwilligkeit und den gleichzeitigen Gehorsam seiner Handlung betonen. Das können wir nicht zusammenbringen. Wieder erstrahlt in diesen Formulierungen die Herrlichkeit seiner Person. Freiwillig konnte er es tun, weil er Gott war. Wenn ein Mensch „freiwillig“ sein Leben gibt, ist es Sünde. Ein Mensch darf sein Leben nicht abgeben.
Aber als Mensch stand er unter dem Gebot des Vaters. Wieder finden wir hier Herrlichkeiten des Herrn Jesus, die wir nie verstehen können. Die bekannteste Stelle zu diesem Gedanken ist Johannes 10,17-18 wo diese beiden Seiten ebenfalls betont werden: „Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse, damit ich es wiedernehme. Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir selbst.“ Das ist freiwilliges Handeln. An der gleichen Stelle steht aber auch: „Dieses Gebot habe ich von meinem Vater empfangen.“ Das ist Gehorsam. Ich kann das nicht erklären. Ich will nur mal den Versuch einer kleinen Erklärung machen, denn dann haben wir auch eine gewisse Anwendungsmöglichkeit auf uns:
Wir haben oft das Problem, dass wir etwas tun sollen, was wir nicht tun wollen. Ich spreche jetzt vom täglichen Leben, wo wir als Kindern gegenüber den Eltern, Arbeitnehmern gegenüber den Arbeitgebern, vielleicht auch als Bürger unseres Landes gegenüber der Obrigkeit, Gebote erfüllen müssen, die wir lieber nicht erfüllen würden. Wir sträuben uns vielleicht dagegen, müssen es aber doch tun. So ist es bei dem Herrn Jesus nie gewesen! Das, was er freiwillig tun wollte, war gleichzeitig der Wille des Vaters, weil der Wille des Vaters nie im Widerspruch zu seinem Willen stand. Er ist gekommen, um „allezeit das Gott Wohlgefällige zu tun.“ Da gab es keine Dissonanz. Außerdem ist der Herr Jesus sozusagen die Verkörperung des neuen Lebens. In Epheser 4,24 heißt es: „Und angezogen habt den neuen Menschen.“ Der Herr Jesus ist nicht der neue Mensch, denn er ist nie geschaffen worden. Er ist aber - in Ehrfurcht gesagt - der Prototyp des neuen Menschen. In ihm wird deutlich, was der neue Mensch ist. Der neue Mensch will nun freiwillig nur den Willen Gottes tun. Dieser Wille ist für ihn gleichzeitig ein Gebot. Das neue Leben liebt es, nichts anderes zu tun, als das, was Gott will, nämlich seine Gebote zu erfüllen. Das ist nun übertragbar auf uns, wenn wir nach Gottes Willen leben. Wenn wir Probleme haben, den Willen Gottes zu tun, dann immer nur deshalb, weil wir nicht den neuen Menschen wirken lassen, sondern weil wir das Fleisch wirken lassen, die alte Natur. Dann kommt etwas hervor, was gegen Gott ist. Wenn aber das neue Leben tätig wird, so ist es immer mit dem Willen Gottes in Übereinstimmung. So haben wir hier den Herrn vor uns: Freiwillig und gehorsam erniedrigte er sich, „indem er gehorsam wurde bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz.“
Gehorsam bis zum Tod
Jetzt möchte ich noch mal eine Gegenüberstellung zu dem ersten Menschen machen. Wir haben das schon einmal gemacht und dabei gesehen, dass der erste Mensch Gott etwas rauben wollte, was er nicht hatte. Er wollte Gott gleich sein. Das musste der Herr Jesus nicht tun, weil er Gott war. Die zweite Gegenüberstellung zu dem ersten Adam ist nun diese: Der erste Adam war ungehorsam bis zum Tod. Ihm wurde gesagt: „Denn an dem Tag, da du davon isst, musst du sterben“ (1. Mo 2,17), und er hat davon gegessen! Er wurde also ungehorsam bis zum Tod. Aber der zweite Mensch, der Mensch vom Himmel, wurde gehorsam bis zum Tod. Welch ein Unterschied zu dem ersten Menschen! Er hat Gott durch sein Werk alles das zurück gebracht, was durch den Ungehorsam des ersten Menschen verloren gegangen war. Wie groß ist unser Heiland!
Aber ich möchte noch etwas zu dem Ausdruck „er wurde gehorsam“ sagen: Die Formulierung macht deutlich, dass er es vorher nicht gewesen war. Das ist nicht schockierend. Er war nämlich auch nie ungehorsam gewesen. Aber er war deshalb vor seiner Menschwerdung nicht gehorsam gewesen, weil er die Stellung des Gehorsamen nie gekannt hatte. In Hebräer 5,8 lesen wir dazu: „Obwohl er Sohn war, an dem, was er litt, den Gehorsam lernte.“ Bevor der Herr Jesus Mensch wurde und Knechtsgestalt annahm, war er in der Ewigkeit Gott, der ewige Sohn, gewesen und Gott der Sohn gehorcht nicht Gott dem Vater. Unter den Personen der Gottheit gibt es keinen Gebietenden und keinen Gehorchenden. Der Herr Jesus hat in der Ewigkeit nichts mit Gehorsam zu tun gehabt; da gab es keinen Gehorsam. Zum ersten Mal ist von Gehorsam die Rede, als der erste Mensch geschaffen wurde. Da gab Gott ihm ein einziges Gebot: „Vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen, davon sollst du nicht essen“ (1. Mo 2,17). Das war nichts anderes als ein Test, eine Prüfung für Adam in seinem unschuldigen Zustand. Adam hat aber schmählich versagt. In diesem Zusammenhang ist zum ersten Mal von Gehorsam die Rede. Als nun der Herr Jesus Mensch wurde, musste er in dieser Stellung als Mensch lernen, was es bedeutet, gehorsam zu sein, weil er vorher nie etwas davon gekannt hatte. Bei uns ist das etwas ganz anderes. Wir müssen auch Gehorsam lernen, aber nicht aus dem gleichen Grund wie der Herr Jesus. Wir müssen lernen, aufzuhören, ungehorsam zu sein. Wir müssen aufhören, unseren Eigenwillen tun zu wollen und lernen, uns dem Willen eines anderen unterzuordnen. So müssen wir Gehorsam lernen. Der Herr Jesus aber musste ihn lernen, weil er vor seiner Menschwerdung nicht in der Stellung eines Gehorchenden war. So hat er auf seinem Weg den Gehorsam gelernt, ohne ein einziges Mal ungehorsam gewesen zu sein. Man könnte dazu viele Beispiele anführen. Ein Beispiel finden wir in Johannes 11, wo Lazarus krank geworden war und die Schwestern den Herrn rufen ließen. Er blieb aber noch zwei Tage, wo er war. Warum kam er nicht sofort? Weil er Gehorsam gelernt hatte. Der Vater hatte ihm noch nicht gesagt, dass er zu ihnen gehen sollte und deshalb blieb er dort.
Jedes Wort, das er sprach, hat er nur deshalb geredet, weil der Vater ihm in diesem Augenblick gab, es auszusprechen. „Und das Wort, das ihr hört, ist nicht mein, sondern des Vaters, der mich gesandt hat“ (Joh 14,24). So gehorsam war er, und das ohne Unterbrechung!
Gehorsam bis zum Tod am Kreuz
Diese Erniedrigung auf dem Weg des Gehorsams ging „bis zum Tod am Kreuz.“ Das war der schmählichste Platz, den ein Mensch auch nur einnehmen konnte. Was ist das Kreuz? Das Kreuz ist der Platz der allergrößten Schande und Verachtung. Der Herr Jesus hat die Schande nicht achtend das Kreuz erduldet (vgl Heb 12,2). Er hat sich selbst geopfert und völlig aufgegeben. Als er nun so dort hing, sagte einer der Räuber über ihn: „Dieser aber hat nichts Ungeziemendes getan“ (Lk 23,41), das heißt - anders übersetzt - „nichts getan, was nicht am Platz gewesen wäre.“ Das bedeutet, dass der Herr Jesus während seines 33-jährigen Lebens auf der Erde nichts getan hat, was nicht in dem jeweiligen Augenblick den allerhöchsten Ausdruck der Zustimmung Gottes gefunden hätte. Was der Herr Jesus auf dem Weg, der am Kreuz endete, ununterbrochen für Gott gewesen ist, war nicht mehr zu überbieten. Lasst uns ein wenig mehr unter dem Kreuz verweilen und diese Person betrachten, die sich in einer solchen Haltung, inneren Einstellung und Hingabe an Gott aus Liebe und Gehorsam für ihn verzehrt hat.
Warum lesen wir Philipper 2,6-11 beim Brotbrechen?
Bevor wir die Betrachtung mit Vers 9 fortsetzen, möchte ich noch einen Gedanken anschneiden, der in Verbindung mit diesem Abschnitt öfters überdacht worden ist. Ich habe schon gesagt, dass wir in diesem Abschnitt nicht das Erlösungswerk für uns finden. Es geht hier nicht darum, dass wir durch dieses Werk die Vergebung unserer Sünden erlangt haben (obwohl das so ist!). Es geht hier auch nicht darum, dass Sühnung geschehen ist gegenüber Gott. Dennoch lesen wir diese Stelle öfters in der Stunde des Brotbrechens. Die Frage ist nun: Ist das berechtigt, sie zu lesen? Wenn sie nichts mit der Erlösung oder dem Sühnungswerk zu tun hat, warum lesen wir sie dann? Ich freue mich, dass wir sie lesen. Wir lesen sie als einen Ausdruck unserer anbetenden Gedanken und Empfindungen. Wir kennen doch den Liedervers:
„Was können wir Dir dafür bringen,
Gott, welchen Weihrauch nimmst du an?“
Wir denken dabei über die Gabe nach, die Gott uns in seinem Sohn gegeben hat. Aber dann fährt der Liederdichter fort mit seiner Antwort:
„O, lass uns Dir von Jesu singen,
Er allein dich erfreuen kann!“
Ich hoffe - wenn auch in aller Schwachheit - etwas vermittelt zu haben von der Größe dieser Person. Ich möchte noch an 1. Mose 45,13 erinnern, wo Joseph zu seinen Brüdern, bevor sie wieder nach Israel zurückreisen, sagt: „Und berichtet meinem Vater alle meine Herrlichkeit in Ägypten und alles, was ihr gesehen habt.“ Wollen wir nicht auch, nachdem wir solche Eindrücke von der Herrlichkeit des Herrn Jesus empfangen haben, gleichsam zurückkehren und Gott dem Vater etwas erzählen von den Herrlichkeiten seines Sohnes, die wir in dieser Stelle gefunden haben? Deswegen lesen wir diese Stelle am Sonntagmorgen. Wie gesagt, sie ist der Ausdruck unserer anbetenden Gedanken über Christus. Die höchste Form christlicher Anbetung ist nicht, in Ekstase zu fallen, sondern hohe und erhabene Gedanken über Christus zu haben und gleichsam zum Vater zu sagen: „Sieh, o Gott, und schaue an das Antlitz deines Gesalbten.“ Dann vereinen wir uns mit Gott in den Gedanken, die er über seinen Sohn hat. Das ist Anbetung in höchster Form.