Betrachtungen über das fünfte Buch Mose
Mose redet zum Gewissen des Volkes
Was bewirken Wunder?
„Und Mose rief ganz Israel und sprach zu ihnen: Ihr habt alles gesehen, was der HERR vor euren Augen im Land Ägypten getan hat, an dem Pharao und an allen seinen Knechten und an seinem ganzen Land: die großen Prüfungen, die deine Augen gesehen haben, jene großen Zeichen und Wunder. Aber der HERR hat euch nicht ein Herz gegeben, zu erkennen, und Augen, zu sehen, und Ohren, zu hören, bis auf diesen Tag“ (V. 1–3).
Das ist eine ernste Sprache. Die erstaunlichsten Zeichen und Wunder können vor uns geschehen und das Herz doch unberührt lassen. Vielleicht üben sie eine vorübergehende Wirkung auf unser Gemüt und unsere Gefühle aus. Aber wenn das Gewissen nicht in das Licht der göttlichen Gegenwart und das Herz nicht durch die Macht des Geistes Gottes unter den Einfluss der Wahrheit gebracht wird, so werden keine bleibenden Ergebnisse erzielt werden. Nikodemus folgerte aus den Wundern, die der Herr getan hatte, dass Er ein Lehrer sein müsse, der von Gott gekommen war. Aber das genügte nicht. Er musste die tiefe und wunderbare Bedeutung der wichtigen Worte kennenlernen: „Ihr müsst von neuem geboren werden“ (Joh 3,7). Ein auf Wunder gegründeter Glaube macht den Menschen ohne Zweifel verantwortlich, aber er lässt ihn ungerettet und ungesegnet. Wir lesen in Johannes 2,23.24: „Es glaubten viele an seinen Namen, als sie seine Zeichen sahen, die er tat. Jesus selbst aber vertraute sich ihnen nicht an.“ Da war kein göttlich gewirkter Glaube vorhanden. Es bedarf eines neuen Lebens, einer neuen Natur, und diese Dinge können nicht durch Zeichen und Wunder erzeugt werden. Wir müssen durch das Wort und den Geist Gottes wiedergeboren werden. Das neue Leben wird durch den unverweslichen Samen des Wortes Gottes mitgeteilt, der durch die Macht des Heiligen Geistes in das Herz eingepflanzt wird. Aber das ist nicht ein auf Wunder gegründeter Kopfglaube, sondern ein Glaube des Herzens an den Sohn Gottes, und dieser Glaube war weder unter dem Gesetz noch unter der Regierung bekannt. „Die Gnadengabe Gottes aber ist ewiges Leben in Christus Jesus unserem Herrn“ (Röm 6,23).
Gott pflegt sein Volk
„Und ich habe euch vierzig Jahre in der Wüste geführt: Eure Kleider sind nicht an euch zerfallen, und dein Schuh ist nicht an deinem Fuß zerfallen.“ Das waren in der Tat wunderbare Kleider und bemerkenswerte Schuhe! Gott selbst hatte sie haltbar und dauerhaft gemacht. „Brot habt ihr nicht gegessen, und Wein und starkes Getränk habt ihr nicht getrunken; damit ihr erkennt, dass ich der HERR, euer Gott, bin“ (V. 4). Die gnädige Hand Gottes selbst ernährte und bekleidete sie während dieser ganzen Zeit. „Der Mensch aß Brot der Starken“ (Ps 78,25). Sie brauchten keinen Wein, keine starken Getränke oder Reizmittel. „Denn sie tranken aus einem geistlichen Felsen, der sie begleitete. Der Fels aber war der Christus“ (1. Kor 10,4). Dieser reine Strom erfrischte sie in der dürren Wüste, und Tag für Tag nährte sie das himmlische Manna. Das Einzige, was sie benötigten, war die Fähigkeit, das zu genießen, was Gott für sie bereitet hatte.
Aber darin haben sie in der traurigsten Weise versagt, wie auch wir es leider so oft tun. Sie wurden der himmlischen Speise überdrüssig und gelüsteten nach anderen Dingen. Wie traurig, dass wir ihnen darin gleichen, und wie demütigend, dass wir Den so wenig zu schätzen wissen, den Gott uns als unser Leben, unser Teil, ja, als unser Alles gegeben hat! Wie betrübend, dass unsere Herzen nach den Eitelkeiten und Torheiten dieser armen, vergänglichen Welt verlangen, nach ihren Schätzen, Ehren und Vergnügungen, die alle vergehen und, selbst wenn sie bleibend wären, nie mit „dem unergründlichen Reichtum des Christus“ verglichen werden könnten. Möge Gott in seiner unendlichen Güte auch uns geben, „nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit mit Kraft gestärkt zu werden durch seinen Geist an dem inneren Menschen; dass der Christus durch den Glauben in unseren Herzen wohne, indem wir in Liebe gewurzelt und gegründet sind, damit wir völlig zu erfassen vermögen mit allen Heiligen, welches die Breite und Länge und Höhe und Tiefe sei, und zu erkennen die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus, damit wir erfüllt sein mögen zu der ganzen Fülle Gottes“! (Eph 3,16–19).
„Und als ihr an diesen Ort kamt, da zogen Sihon, der König von Hesbon, und Og, der König von Basan, aus, uns entgegen zum Kampf, und wir schlugen sie“ (V. 6). Das waren mächtige und schreckliche Feinde, aber wenn sie auch noch tausendmal mächtiger und schrecklicher gewesen wären, so würden sie doch wie Spreu vor der Gegenwart Gottes und den Heerscharen Israels gewesen sein. „Und wir nahmen ihr Land ein und gaben es den Rubenitern und den Gaditern und dem halben Stamm der Manassiter zum Erbteil“ (V. 7). Wer wollte sich erdreisten, einen Vergleich zu ziehen zwischen dieser Einnahme und der gewaltsamen Eroberung eines Landes durch ein Volk der Erde, wie sie im Lauf der Geschichte so oft stattgefunden hat? Israel handelte mit Sihon und Og nach dem unmittelbaren Gebot Gottes. Das verändert alles. Die Einführung Gottes und seiner Autorität beantwortet jede Frage vollkommen und löst in göttlicher Weise jede Schwierigkeit.
Haltet die Worte Gottes
„So haltet denn die Worte dieses Bundes (von Moab) und tut sie, damit ihr Gelingen habt in allem, was ihr tut“ (V. 8). Ein einfältiger Gehorsam gegen das Wort Gottes bleibt das Geheimnis jedes wirklichen Gedeihens. Es geht bei dem Christen in dieser Beziehung selbstverständlich nicht um irdische und materielle, sondern um himmlische und geistliche Dinge. Aber es ist töricht, an Gedeihen oder an Fortschritt im göttlichen Leben ohne entschiedenen Gehorsam gegen die Gebote unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus zu denken. „Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, so werdet ihr bitten, um was ihr wollt, und es wird euch geschehen. Hierin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt, und ihr werdet meine Jünger werden. Wie der Vater mich geliebt hat, habe auch ich euch geliebt; bleibt in meiner Liebe. Wenn ihr meine Gebote haltet, so werdet ihr in meiner Liebe bleiben, wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe“ (Joh 15,7–10). Das ist wirkliches christliches Gedeihen.
Die folgenden Worte (V. 10–17) enthalten neben der allgemeinen auch eine ganz persönliche Anwendung. Das ist beachtenswert, weil wir nur zu leicht geneigt sind, die Wahrheit zu verallgemeinern und so ihrer Anwendung auf unser persönliches Gewissen zu entgehen. Das muss unserer Seele sehr schaden. Jeder von uns ist persönlich verantwortlich, den Geboten des Herrn unbedingt zu gehorchen, wenn er sein Verhältnis zu ihm wirklich genießen will, wie Mose zu dem Volk sagt: „damit er dich heute als sein Volk bestätige, und dein Gott sei“ (V. 12).
Nichts kann wertvoller, aber auch nichts kann einfacher sein. Was wir zu tun haben ist, das Wort Gottes in unseren Herzen zu bewahren, auf unsere Gewissen einwirken zu lassen und im täglichen Leben zu verwirklichen. Das ist das Geheimnis, wie wir unser Verhältnis zu unserem Vater und unserem Herrn und Heiland Jesus Christus genießen können. Wenn jemand meint, dieses innige Verhältnis genießen zu können, während er die Gebote des Herrn vernachlässigt, so gibt er sich einer groben Täuschung hin. „Wenn ihr meine Gebote haltet, so werdet ihr in meiner Liebe bleiben.“ Und weiter steht geschrieben: „Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr!, wird in das Reich der Himmel eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters tut, der in den Himmeln ist“. „Denn wer irgend den Willen meines Vaters tut, der in den Himmeln ist, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter.“ „Die Beschneidung ist nichts, und die Vorhaut ist nichts, sondern das Halten der Gebote Gottes“ (Joh 15,10; Mt 7,21; 12,50; 1. Kor 7,19).
Das sind sehr zeitgemäße Worte. Indem wir dem Geist der Gesetzlichkeit aus dem Weg zu gehen suchen, sind wir in großer Gefahr, der Leichtfertigkeit Raum zu geben. Die erwähnten Schriftstellen, deren Zahl leicht vermehrt werden könnte, geben uns das göttliche Mittel gegen diese beiden verderblichen Irrtümer in die Hand. Es ist eine gesegnete Wahrheit, dass wir durch die unumschränkte Gnade Gottes in das heilige Verhältnis von Kindern gebracht worden sind – und dies reißt das verderbliche Unkraut der Gesetzlichkeit mit der Wurzel aus – aber dieses Verhältnis bringt auch Pflichten und Verantwortung mit sich, und ihre gewissenhafte Anerkennung bildet das sichere Heilmittel gegen jede Leichtfertigkeit und Gefühllosigkeit. Wenn wir von Gesetzeswerken befreit sind – und wir sind es, Gott sei Dank!, wenn wir wirkliche Christen sind –, so ist das nicht geschehen, damit wir träge und sorglos dahinleben oder uns selbst gefallen sollten, sondern um „lebendige Werke“ in uns zu bewirken zur Verherrlichung Dessen, nach dem wir genannt sind, dem wir angehören und dem zu gehorchen und zu dienen wir verpflichtet sind.
Habt acht aufeinander
Mose fährt jetzt fort, das Volk zu warnen: „Dass kein Mann oder keine Frau oder keine Familie oder kein Stamm unter euch sei, dessen Herz sich heute von dem HERRN, unserem Gott, abwende, um hinzugehen, den Göttern jener Nationen zu dienen; dass nicht eine Wurzel unter euch sei, die Gift und Wermut trage“ (V. 17).
Der Apostel führt diese Worte in seinem Brief an die Hebräer an: „Achtet darauf, dass nicht jemand an der Gnade Gottes Mangel leide, dass nicht irgendeine Wurzel der Bitterkeit aufsprosse und euch beunruhige und viele durch diese verunreinigt werden“ (Kap. 12,15). Welche eindringlichen Worte! Sie zeigen uns die ernste Verantwortung aller Christen. Wir alle sind zur Ausübung einer heiligen und göttlichen Sorge füreinander berufen, was leider so wenig verstanden und anerkannt wird. Nicht alle sollen lehren und predigen, aber alle sollen in Liebe aufeinander achthaben. Leider herrscht in der Versammlung Gottes großer Mangel an treuen Hirten. Der Heilige Geist ist durch die bedauernswerten Spaltungen unter uns sowie durch unsere Weltförmigkeit und Untreue tief betrübt. Dürfen wir uns daher über unsere geistliche Armut wundern?
Doch der Herr ist voll von Gnade und Erbarmen gegen uns, selbst angesichts unseres Verfalls und unserer geistlichen Armut. Wenn wir uns nur wirklich unter seine mächtige Hand demütigen, so wird Er uns aufrichten und befähigen, in Liebe aufeinander Acht zu haben und einander in gesegneter Weise zu dienen. Damit wollen wir nicht einem unbefugten Sicheinmischen in die Sachen anderer Vorschub leisten. Aber so entschieden wir jene hässlichen Dinge verwerfen, so ernstlich sollten wir in treuer Sorge, heiliger Wachsamkeit und liebender Teilnahme füreinander, jedes Aufkeimen einer Wurzel der Bitterkeit zu verhindern suchen. Auf diese Weise würde der Mangel an Hirten in unserer Mitte – wir reden dabei von wirklichen Hirten, die von dem Haupt der Versammlung gegeben sind, von Männern mit dem Herzen eines Hirten, mit wirklicher Hirtengabe und -kraft ausgerüstet – sehr geholfen und der an alle Christen gerichteten Ermahnung in Hebräer 12,15 mehr entsprochen werden. Ist es erforderlich, darauf hinzuweisen, wie notwendig ein solch treuer Hirtendienst ist? Wie gefährlich sind Wurzeln der Bitterkeit!
Wie weit verbreiten sich zuweilen ihre Verderben bringenden Folgen, und welch einen Schaden richten sie an! Wie viele werden durch sie verunreinigt, wie manche innigen Bande zerrissen, und wie viele Herzen gebrochen! Sicher würde oft nur ein wenig einsichtsvolles Entgegenkommen oder brüderliche Fürsorge, oft nur ein einziger, in herzlicher Liebe erteilter Rat das Böse im Keim erstickt und somit einen unermesslichen Schaden und große Betrübnis abgewandt haben. Möchten wir uns doch diese Dinge zu Herzen nehmen und ernstlich um Gnade flehen, damit wir fähiger werden, das Aufkeimen solcher Wurzeln der Bitterkeit zu verhindern und ihren verderblichen Einflüssen vorzubeugen.
Das Gericht Gottes über die, die sein Wort verachten
Die weiteren Worte des Gesetzgebers geben ein ernstes Bild von dem Ende des Mannes, durch den das Aufkeimen einer Wurzel der Bitterkeit verursacht wird. „Und es geschehe, wenn er die Worte dieses Eidschwurs hört, dass er sich in seinem Herzen segne und spreche: Ich werde Frieden haben, wenn ich auch in der Verhärtung meines Herzens wandle! – damit zugrunde gehe das Getränkte mit dem Durstigen“ (V. 18). Welch eine verhängnisvolle Täuschung, Friede! Friede! zu rufen, wenn kein Friede da ist, sondern im Gegenteil Zorn und Gericht unmittelbar drohen! „Nicht wird der HERR ihm vergeben wollen, sondern dann wird der Zorn des HERRN und sein Eifer“ – anstatt des „Friedens“ den er sich selbst vorspiegelte – „rauchen gegen diesen Mann; und der ganze Fluch, der in diesem Buch geschrieben ist, wird auf ihm ruhen, und der HERR wird seinen Namen unter dem Himmel austilgen“ (V. 19). Welch eine schreckliche Warnung für alle, die unter dem Volk Gottes als eine Wurzel der Bitterkeit wirken sowie für alle, die ihnen in ihrem traurigen Werk helfen! (vgl. auch V. 21–28).
Diese Worte sind ernst. Sie bilden eine kraftvolle Erläuterung der Worte des Apostels: „Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen!“ und: „Denn auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer!“ (Heb 10,31; 12,29). Es sind ernste Warnungen für die Christenheit. Welche Lehren sollte sie aus den Wegen Gottes mit seinem Volk Israel ziehen! Das sehen wir klar aus Römer 11, wo der Apostel, nachdem er von dem Gericht über die ungläubigen Zweige des Ölbaums gesprochen hat, sich warnend an die Christenheit wendet (V. 17–22).
Wenn man die Geschichte der Christenheit im Licht der Heiligen Schrift liest, sieht man auf den ersten Blick, dass sie nicht an der „Güte Gottes“ geblieben ist. Sie ist weit abgewichen und hat daher nichts anderes als den Zorn des allmächtigen Gottes zu erwarten. Die Glieder des Leibes Christi, die leider noch vielfach mit der verderbten Masse der Bekenner vermischt sind, werden entrückt werden zu der für sie bereiteten Stätte im Haus des Vaters, und dann, wenn nicht früher, werden sie einsehen, welches Unrecht sie dadurch begangen haben, dass sie in Verbindung mit Dingen geblieben waren, die den Gedanken Christi, die mit göttlicher Klarheit und Einfachheit in den Heiligen Schriften offenbart sind, genau entgegengesetzt waren.
Aber die sogenannte Christenheit wird „ausgespieen“, „ausgeschnitten“ und kräftigen Irrtümern anheimgegeben werden, „dass sie der Lüge glauben, damit alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt, sondern Wohlgefallen gefunden haben an der Ungerechtigkeit“ (2. Thes 2,11.12). Schreckliche Worte! Möchten sie in den Ohren Tausender widerhallen, die von Tag zu Tag, von Woche zu Woche, von Jahr zu Jahr dahingehen, zufrieden mit dem bloßen Namen, mit einer Form der Gottseligkeit zu leben, während sie deren Kraft verleugnen und „mehr das Vergnügen liebend als Gott“ (2. Tim 3). Welch ein erschreckendes Bild geben uns diese Worte von den sogenannten christlichen Völkern! Wie furchtbar sind der Zustand und das Endschicksal von Millionen, die in sorgloser und blinder Vergnügungssucht auf abschüssiger Bahn dahineilen, einem hoffnungslosen und ewigen Verderben entgegen!
Verborgenes und Offenbartes
Abschließend sei noch auf den letzten Vers unseres Kapitels verwiesen, der vielfach missverstanden und falsch angewandt wird. „Das Verborgene ist des HERRN, unseres Gottes; aber das Offenbarte ist unser und unserer Kinder in Ewigkeit, damit wir alle Worte dieses Gesetzes tun“ (V. 28). Man hat diese Stelle häufig dazu benutzt, die Seelen von einer fortschreitenden Erforschung der „Tiefen Gottes“ zurückzuhalten. Aber ihre wirkliche Bedeutung ist leicht zu begreifen: Das „Offenbarte“ ist das, was wir in den vorhergehenden Kapiteln dieses Buches betrachtet haben, während sich das „Verborgene“ auf die Hilfsquellen der Gnade bezieht, die Gott für den Fall vorgesehen hatte, dass Israel darin versagen würde, „alle Worte dieses Gesetzes zu tun“. Das „Offenbarte“ ist das, was Israel hätte tun sollen, aber nicht getan hat. Das „Verborgene“ ist das, was Gott trotz des traurigen und schmählichen Verfalls Israels tun wollte, und was in den folgenden Kapiteln mitgeteilt wird. Diese enthalten die Vorsätze der Gnade Gottes, die Vorkehrungen der unumschränkten Barmherzigkeit, die sich entfalten sollten, wenn Israel sein völliges Versagen unter den beiden Bündnissen (im Land Moab und am Berg Horeb) eingesehen haben wird.
Wenn diese Stelle recht verstanden wird, stützt sie daher in keiner Weise die Deutung, die man ihr oft beilegt, sondern ermutigt uns vielmehr, die Dinge zu erforschen, die dem Volk Israel in den Ebenen Moabs allerdings „verborgen“ waren, uns aber völlig „offenbart“ sind zu unserem Nutzen und Trost und zur Auferbauung unserer Seelen. Der Heilige Geist kam am Pfingsttag herab, um die Jünger in die ganze Wahrheit zu leiten. Die Heilige Schrift ist vollendet, und die Vorsätze und Ratschlüsse Gottes sind völlig offenbart worden. Das Geheimnis der Versammlung schließt den ganzen Kreis der göttlichen Wahrheiten. Der Apostel Johannes konnte zu allen Kindern Gottes sagen: „Ihr habt die Salbung von dem Heiligen und wisst alles“ (1. Joh 2,20).