Betrachtungen über das dritte Buch Mose
Das Gesetz der Opfer (Kapitel 6 und 7)
Kapitel 6 und 7 handeln von den Gesetzen der verschiedenen Opfer, von denen bereits gesprochen worden ist. Einige Punkte im Gesetz des Sündopfers wollen wir noch kurz streifen, bevor wir diesen reichhaltigen Abschnitt des dritten Buches Mose beschließen.
In keinem der Opfer wird die persönliche Heiligung Christi treffender dargestellt als im Sündopfer. „Rede zu Aaron und zu seinen Söhnen und sprich: Dies ist das Gesetz des Sündopfers. An dem Ort, wo das Brandopfer geschlachtet wird, soll das Sündopfer geschlachtet werden vor dem HERRN: Hochheilig ist es … Alles, was sein Fleisch anrührt, wird heilig sein.“ – „Alles Männliche unter den Priestern soll es essen: Hochheilig ist es“ (6,17–22). So heißt es auch von dem Speisopfer: „Hochheilig ist es, wie das Sündopfer und wie das Schuldopfer“ (Kap. 6,10). Das ist bezeichnend. Der Heilige Geist hatte beim Brandopfer nicht nötig, die persönliche Heiligkeit Christi mit einer solchen Sorgfalt zu betonen. Aber damit die Seele bei der Betrachtung des Platzes, den Christus im Sündopfer einnahm, diese Heiligkeit in keiner Weise aus dem Auge verliert, werden wir immer wieder mit den Worten daran erinnert: „Hochheilig ist es!“ Derselbe Punkt tritt im Gesetz des Schuldopfers hervor (Kap. 7,1–6). Nie erschien der Herr Jesus völliger in seinem Charakter als „der Heilige Gottes“ als in dem Augenblick, da Er am Fluchholz „zur Sünde gemacht“ war. Die Unreinheiten und Verabscheuungswürdigkeit dessen, womit Er am Kreuz einsgemacht wurde, diente nur dazu, um noch klarer ans Licht zu stellen, dass Er der „Hochheilige“ war. Obwohl Sündenträger, war Er doch ohne Sünde. Obwohl Er den Zorn Gottes erduldete, war Er doch die Wonne des Vaters. Obwohl Er das Licht des Angesichts Gottes entbehren musste, wohnte Er doch im Schoß des Vaters. Kostbares Geheimnis! Wer könnte seine Tiefen ergründen?
Es erforderte ein höheres Maß priesterlicher Kraft, um von dem Sündopfer oder dem Schuldopfer zu essen, als nur von den Heb- und Webopfern. Von den Letzteren konnten auch die „Töchter“ Aarons essen. Von den Ersteren aber nur die „Söhne“. Im Allgemeinen ist das „Männliche“ der Ausdruck dessen, was den Gedanken Gottes gemäß ist, während das „Weibliche“ mehr der menschlichen Entwicklung entspricht. Das Erstere stellt die Sache in ihrer vollen Kraft, das Letztere in ihrer Unvollkommenheit dar. Wie wenige unter uns besitzen priesterliche Kraft genug, um die Sünde oder die Schuld eines anderen zu ihrer eigenen zu machen! Unser Herr hat dies vollkommen getan. Die Sünde seines Volkes machte Er zu seiner eigenen und ertrug das Gericht für sie am Kreuz. Dort machte Er sich völlig mit uns eins, so dass wir mit voller Gewissheit sagen dürfen, dass die ganze Frage der Sünde und Schuld in göttlicher Weise geregelt ist. War jene Einsmachung Christi vollkommen, so war auch die Regelung vollkommen, und dass sie es war, das bezeugt Golgatha. Alles ist vollbracht. Die Sünde, die Schuld, die Anforderung Gottes, die Ansprüche des Menschen – alles ist für immer in Ordnung gebracht, und ein vollkommener Friede ist jetzt das Teil aller, die durch die Gnade das Zeugnis Gottes als wahr annehmen. Es ist so einfach, wie Gott es nur machen konnte, und die Seele, die dem Zeugnis Gottes glaubt, wird glücklich.
Hiermit beenden wir unsere Betrachtungen über diesen reichen Teil der von Gott eingegebenen Schriften. Wir haben nur wenig aus ihnen zu sammeln vermocht. Wir sind gleichsam kaum durch die oberste Schicht eines unerschöpflichen Bergwerks gedrungen. Sollte jedoch der Leser zum ersten Mal dahin geleitet worden sein, die Opfer als Darstellungen des einen großen Opfers zu betrachten, ja, sollte er dahin geleitet worden sein, sich dem großen Lehrer zu Füßen zu werfen, um noch mehr von den Tiefen dieser Dinge kennenzulernen, so sind wir von Herzen dankbar.