Einführende Vorträge zur Apostelgeschichte
Kapitel 27+28
Das neue Kapitel schildert im Einzelnen die für uns außergewöhnlich lehrreiche Reise des Apostels, während derer er den Eindruck macht, als sei er nicht ein Gefangener, sondern der Herr des Schiffes; und tatsächlich, hätte man seine Worte zu ihrer Zeit gebührend beachtet, wären alle Beteiligten in Sicherheit bewahrt geblieben. Wie wunderbar ist der Glaube! Wie gesegnet die Treue, die aus dem Glauben hervorströmt! Es ist ausschließlich die Macht Gottes, die einen Menschen aufrechterhält, in welcher Stellung er sich auch immer befinden mag.
Hier sehen wir den Apostel erneut auf seinem Weg zu den Nationen. Jetzt war wieder alles licht. Der ihn bezaubernde Lebenskreis, wo sein „Bogen“ im Kampf seine Kraft nicht behalten konnte, lag hinter ihm. Schon vor Festus und Agrippa war er zu seiner alten Stärke zurückgekehrt. Alles befand sich an seinem richtigen Platz. Davon benötigen wir keinen Beweis, denn jede Einzelheit zeugt davon.
Das
28. Kapitel
zeigt uns nicht nur die Reise des Apostels nach Rom, sondern auch seine Ankunft dort. Wir erfahren außerdem, wie sehr die Kraft Gottes auf seiner Fahrt mit ihm war. Er wird von den Einwohnern der Insel Malta aufgenommen und mit ungewöhnlicher Freundlichkeit behandelt. Dabei dient er als Beispiel dafür, wie kein Wort des Herrn bedeutungslos ist, indem eine der besonderen Verheißungen aus den heiß umstrittenen Versen am Ende des Markusevangeliums eine Erfüllung findet. Das traf die Herzen dieser Heiden, so dass wir später den Vater des Ersten dieser Insel bei Paulus finden, welcher betete, ihm die Hände auflegte und ihn heilte. „Als dies aber geschehen war, kamen auch die übrigen auf der Insel, welche Krankheiten hatten, herzu und wurden geheilt; diese ehrten uns auch mit vielen Ehren, und als wir abfuhren, luden sie uns auf, was uns nötig war“ (V. 9–10).
In Italien angekommen, erfuhren sie den Trost brüderlicher Liebe. „Wo wir Brüder fanden und gebeten wurden, sieben Tage bei ihnen zu bleiben; und so kamen wir nach Rom. Und von dort kamen die Brüder, als sie von uns gehört hatten, uns bis Appii-Forum und Tres-Tabernä entgegen; und als Paulus sie sah, dankte er Gott und fasste Mut“ (V. 14–15). Welch eine Freude für einen demütigen Bruder, das Mittel zu sein, um den Apostel Paulus mit frischem Mut auf seinem Weg für Christus zu erfüllen! Und wie sehr berauben wir sowohl uns selbst als auch unsere Brüder so vielen Segens durch unseren Unglauben und unsere geringe Liebe, indem wir uns nicht mit den Verachteten und Leidenden um des Namens des Herrn willen eins machen! Zu welchem Werk sind wir doch berufen! Welch einen wunderbaren Auftrag hat der Herr der einfachsten Seele, die den Namen Jesu anruft, übertragen! Möge Er uns aufwecken, damit wir empfinden, wie gesegnet wir sind und welch eine Quelle des Segens Er ist! Aus solchen werden, wie gesagt wird, „Ströme lebendigen Wassers fließen“ (Joh 7, 38). Hier, beachten wir es!, betraf es sogar den Apostel selbst; und obwohl es einigen seltsam erscheinen mag: Selbst er empfand die Lieblichkeit und die Kraft des Dienstes der Liebe.
Danach reiste Paulus nach Rom, wo er zusammen mit einem Kriegsknecht, der ihn bewachte, wohnte. Kurze Zeit später rief er die Juden zu sich und legte ihnen das Evangelium ausführlich dar. Ach, es war wieder dieselbe Geschichte! Denn der Mensch ist überall gleich – allerdings auch Gott. „Etliche wurden überzeugt von dem, was gesagt wurde, andere aber glaubten nicht. Als sie aber unter sich uneins waren, gingen sie weg, als Paulus ein Wort sprach: Trefflich hat der Heilige Geist durch Jesajas, den Propheten, zu unseren Vätern geredet und gesagt: Gehe hin zu diesem Volke und sprich: Hörend werdet ihr hören und nicht verstehen, und sehend werdet ihr sehen und nicht wahrnehmen“ (V. 24–26).
Das Urteil, das lange zurückgehaltene Urteil einer gerichtlichen Verhärtung fiel jetzt in immer zunehmenderen Maß auf die Juden. Es hing immer schon über der Nation seit den Tagen des Propheten Jesaja, denn es wurde damals nicht ohne Grund verkündigt. Dennoch hielt die Langmut Gottes an bis zur Ankunft Jesu. Nach seiner Verwerfung häuften sich die Wolken immer mehr. Inzwischen war nicht nur der Heilige Geist gekommen, sondern Er hatte auch von dem auferstandenen und verherrlichten Menschen von Jerusalem bis nach Rom gezeugt. Doch sein Zeugnis offenbarte nur, dass die Juden nicht, wie es eigentlich hätte sein sollen, die Ersten waren, die das Zeugnis Gottes annahmen, sondern in Wirklichkeit die Ersten, um es abzulehnen. Sie waren die tatkräftigsten und starrsinnigsten Werkzeuge des Unglaubens und der Macht Satans. Sie gingen nicht nur selbst nicht hinein, sondern hinderten auch diejenigen, die hineingehen wollten. Folglich fiel damals und nicht zu Unrecht jenes Leichentuch des Gerichts wegen ihres Unglaubens auf sie; und unter diesem liegen sie bis zum heutigen Tag. Das Evangelium ging jedoch zu den Nichtjuden. Trotz allem, was bisher geschehen ist oder noch geschehen wird – diese würden hören, und sie haben gehört. Wir selbst sind, Gott sei dafür gepriesen!, Zeugen davon.