Anbetung
Hilfe und Hindernisse für die Anbetung
Wir haben als erstes bereits gesehen, in welchem Zustand solche sein müssen, die zur Anbetung berufen sind. Der Herr Jesus, der Sohn Gottes selbst, lässt uns ausdrücklich wissen, dass der Vater Anbeter sucht, und dass die wahrhaftigen Anbeter solche sind, die durch Gnade den Vater in Geist und Wahrheit anbeten; und dass solche nicht nur Seine Kinder sind, sondern dass sie den Geist der Sohnschaft empfangen haben, in welchem sie rufen: „Abba, Vater!“ (Röm 8,15). Zweitens haben wir gesehen, dass Gott Sich auf eine zweifache Weise als Gegenstand der Anbetung kundgemacht hat: zuerst in Seiner Beziehung zu uns als Vater, und als zweites entsprechend Seines moralischen Wesens als Gott. Ihn als Vater zu kennen, ist die innigste und intimste Beziehung, in welcher Er Sich kundtun konnte. Andererseits ist es aber auch notwendig, Ihn als Gott anzubeten, damit sich nicht entweder im Blick auf Seine moralische Natur oder im Blick auf Seine göttliche Majestät Achtlosigkeit zeigt.
Wir müssen nun noch ein wenig eingehender eine praktische Seite behandeln, um auch noch den dritten Teil meines Gegenstandes – „Hilfen und Hindernisse für die Anbetung“ – zu betrachten: Ich denke, wir haben bereits verstanden, was eigentlich kaum nur eine Hilfe zur Anbetung genannt werden kann, weil es ja die notwendige Kraft dafür ist. Und doch möchte ich diesen Punkt gern noch einmal berühren, denn es ist von größter Bedeutung, welch ein Hindernis für die Anbetung es bedeutet, wenn wir darüber in Unkenntnis oder gar Unglauben sind. Ich meine die Gegenwart des Heiligen Geistes; und es geht mir nicht bloß darum, die Frage einer so genannten Gabe des Geistes zu berühren – ich spreche hier von Seiner anerkannten Gegenwart. In dem Gegenstand, der hier vor unseren Herzen ist, ist das natürlich eine Hauptwahrheit. Es steht in Verbindung mit dem Wesen und nicht nur dem Wohlergehen der Versammlung selbst. So sagt der Apostel in Epheser 4,4: „Da ist ein Leib und ein Geist“. Und es wird niemals jemanden mit einer gesunden Kenntnis über die Wahrheit des Heiligen Geistes in Seiner Beziehung zu Christus und zu der Versammlung geben, der nicht von Gott unterwiesen wurde über ihr Wesen als Leib Christi und Wohnung Gottes.
Davon weit entfernt enden alle Versuche, den Heiligen Geist von den Gläubigen und der Versammlung trennen zu wollen, in Irrtümern von höchst gefährlicher Art, die verschiedene oder vielleicht sogar einander entgegen gesetzte Richtungen einschlagen können. Wo der Heilige Geist von Christus und der Versammlung getrennt wird, ist Quäkertum oder Klerikalismus die Folge. Entweder wird die Versammlung dabei nicht beachtet, oder es wird praktischerweise zu einer Sache einer so genannten Geistlichkeit, wo Menschen sich herausgehobene Positionen anmaßen und dabei vielleicht sogar die Leitung des Heiligen Geistes Gottes selbst regeln wollen. Das eine macht den Geist zu einer allumfassenden Gabe der Menschen, unabhängig von Glauben oder ewigem Leben; dadurch wird dem Grundsatz nach die Existenz der Versammlung Gottes, in welcher der Geist als Seinem Tempel getrennt von der Welt unbekehrter Menschen wohnt, ausgelöscht. Das andere leugnet eigentlich die Vorrechte und Verantwortlichkeiten der Versammlung Gottes durch die schriftwidrige Erfindung einer Geistlichkeit als dem einzigen Kanal Seines öffentlichen und geordneten Handelns, der Anführerin zur Anbetung und der Autorität in Fragen der Zucht. Diese Irrtümer sind also, wie es Irrtümer immer sind (und ich bin sicher, dass es sich dabei um Irrtümer handelt), äußerst ernst und verderblich. Ich denke hierbei nicht an das Resultat in den Seelen, sondern ich will mit dem Ausdruck verderblich das charakterisieren, was dem Willen und der Verherrlichung des Herrn Jesus entgegensteht – und gerade die Verherrlichung des Herrn sollte doch das vornehmste Begehren jedes Kindes Gottes sein.
Es ist auch nicht nur das Prinzip einer Geistlichkeit (und ich meine damit nicht die Ausübung eines Dienstes oder einer Gabe von Gott), das so schwerwiegend ist, sondern es gibt auch noch eine andere Art des Irrtums, die der Wahrheit augenscheinlich näher steht, aber wie ich glaube doch noch weiter davon entfernt ist, nämlich die Vorstellung, dass der Geist Gottes jedem Menschen ohne Ausnahme gegeben sei. Das Wort Gottes jedoch schließt diese beiden Verirrungen des menschlichen Geistes ganz deutlich aus. An keiner Stelle in der Heiligen Schrift finden wir einen solchen Gedanken, dass der Geist dem Menschen als solchem gegeben worden sei. Ganz im Gegenteil ist Er eigentlich und ausschließlich dem Gläubigen gegeben worden.
Und hier ist es auch, wo wir sehen, wie wichtig es ist, zwischen der neuen Geburt und der Gabe des Heiligen Geistes zu unterscheiden. Niemand empfängt den Heiligen Geist sofort, wenn ihm sein verlorener Zustand vor Gott bewusst wird, sondern ausnahmslos erst als Glaubender. Als sündiger Mensch wird er lebendig gemacht; wäre das nicht so, könnte er tatsächlich niemals aus seiner Verderbtheit herauskommen. Gott handelt voller Gnade mit ihm, trotz seiner widerspenstigen, aufrührerischen Vergangenheit und all des Bösen seiner alten Natur. So wird er von neuem geboren. Er tut Buße und glaubt an Christus; der Heilige Geist jedoch wird ihm niemals gegeben, solange er noch nicht lebendig gemacht worden ist – erst danach. Das ist die einheitliche Lehre des ganzen Neuen Testaments. Nehmen wir z.B. Epheser 1,13: „…in dem ihr auch, nachdem ihr geglaubt habt, versiegelt worden seid mit dem Heiligen Geist der Verheißung“; oder Galater 4,6: „Weil ihr aber Söhne seid, so hat Gott den Geist seines Sohnes in unsere Herzen gesandt, der da ruft: Abba Vater!“. Der Frage, wie viel Zeit dabei vergeht, nachdem jemand von neuem geboren worden ist, messe ich keine allzu große Bedeutung bei; denn es kann sowohl eine Minute sein, als auch – wie es tatsächlich gewesen ist – ein Zeitraum von mehreren Jahren. Fest steht jedenfalls, dass nur der Glaubende den Heiligen Geist empfängt. Nur ein Sohn empfängt den Geist der Sohnschaft, Der ihn befähigt, die Freude und Kraft der neuen Beziehungen zu genießen. Aber durch den Glauben an Christus ist er bereits ein Sohn Gottes; und weil er Sohn ist, empfängt er den Geist der Sohnschaft.
Bei dem Gegenstand, den wir hier behandeln, ist diese Wahrheit von großer Bedeutung, denn nicht allein durch die Tatsache des neuen Lebens wird man zum Anbeter, sondern nur durch den Besitz des Heiligen Geistes. Alle wahren Kinder Gottes, die entsprechend dem Wort Gottes in dem Herrn Jesus Frieden und Ruhe gefunden haben, besitzen den Heiligen Geist. Doch sie mögen vielfach durch verkehrte Gedanken gestört werden. Der Heilige Geist beschäftigt sich daher mit der Seele eines jeden, der sich selbst verurteilt und in dem Herrn Jesus und Seinem vollbrachten Werk alles gefunden hat, was er bedarf. Er wird also durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes dahin gebracht, sich selbst vor Gott zu verurteilen, den Sohn Gottes anzunehmen und in Ihm zu leben. Wer sich so der Gerechtigkeit Gottes unterwirft, empfängt den Heiligen Geist.
Nun kommt aber noch, wie wir gesehen haben, eine andere, sehr wichtige Verbindung zu unserem Gegenstand hinzu; nämlich die Bedeutung dieser Dinge im Blick auf die Anbetung. Nun, ich betone, dass entsprechend der Lehre des Neuen Testaments der vom Himmel herabgesandte Heilige Geist die wirkende Kraft und der Vermittler alles Segens, aller Leitung und aller Unterweisung der Versammlung ist – und auch der Anbetung Gottes. Er ist es, der in der Versammlung Gottes wohnt, unter den Kindern Gottes wirkt, Anbetung bewirkt, in den Herzen Danksagungen für das Erbarmen, das Er erwiesen hat, und Lobpreis für das, was der Gott und Vater des Herrn Jesus Christus ist und in Seinem Sohn von Sich offenbart hat, hervorruft. Das ist Anbetung. Daher kann der Heilige Geist auch nicht, wie wir schon zu Beginn dieses Abschnittes gesagt haben, mit Recht oder Ehrfurcht als eine Hilfe zur Anbetung bezeichnet werden. Er ist in der Tat die einzige und alleinige Kraft, die in der Versammlung Gottes Anbetung nach den geoffenbarten Gedanken Gottes bewirkt. So finden wir im Neuen Testament, dass die Anbetung ausnahmslos weder durch einige wenige, geschweige denn nur durch einen einzelnen für die anwesenden Heiligen ausgeübt wurde; es war die gemeinsame Freude aller Heiligen Gottes, die sich in Übereinstimmung mit der souveränen und freien Wirksamkeit des Heiligen Geistes in den Heiligen ausdrückte. Daher auch finden wir verbunden mit christlicher Anbetung zu gegebener Zeit die Versammlung oder Kirche Gottes. Ebenso wenig ist es aber auch angemessen, die Versammlung als eine Hilfe zur Anbetung zu bezeichnen. Der eine Leib und der eine Geist sind notwendige Bedingungen für die Anbetung.
Ich wiederhole noch einmal, dass wir also im Blick auf die Anbetung diese beiden Dinge finden: der vom Himmel herabgesandte Heilige Geist; und noch einmal der Heilige Geist, wie Er nicht in einem Einzelnen als dem ausschließlichen Mund einer Versammlung zum Lobpreis Gottes wirkt, sondern wie Er in der Versammlung jeden dazu gebraucht, den Er gebrauchen will. Noch weniger Raum darf man dem Gedanken einräumen, dass der Mensch im Allgemeinen – der gefallene Mensch – eingeladen sei, um Gott zu nahen und sich Ihm in Lobpreis hinzuwenden, als sei er zu echter Anbetung fähig – eine regelrecht beleidigende Vorstellung, die völlig im Widerspruch zu der Heiligkeit, der Gnade und der Wahrheit Gottes steht. Ich kann mir nichts vorstellen, was den klaren Tatsachen des Neuen Testaments fremder wäre, als die Vorstellung, dass der Heilige Geist dem Menschen als solchem gegeben sei. Wohl wurde der Heilige Geist Menschen gegeben, doch zuerst Christus, der keine Sünde kannte, und danach solchen, die an Christus glauben. Und weit entfernt von dieser verkehrten Vorstellung wird Er auch nur dem Menschen gegeben, der vor Gott seinen Platz als gestorben eingenommen hat, nachdem er die große Wahrheit des Todes Christi als der einzigen Hoffnung für den gefallenen Menschen anerkannt hat. Andererseits ist der Heilige Geist in keinem Fall einem Menschen als solchem gegeben worden, sondern immer nur solchen, die wiedergeboren waren, die sich in ihrem Bedürfnis eines Retters an den Namen des Herrn gewandt und sich somit als tot vor Gott bekannt hatten und fortan Gott lebten und der Sünde gestorben waren. Daher gab es tatsächlich die Gabe des Heiligen Geistes, durch Den der Gläubige zur Anbetung geführt wird, nicht eher, als Gott diese großen Wahrheiten bekannt gemacht hatte.
In der Tat begann erst mit der Offenbarung dieser bedeutenden Wahrheiten das Christentum. Zu den Zeiten des Alten Testamentes gab es diesen Zustand noch nicht. Dort war der Mensch unter Erprobung; diese Erprobung ist nun beendet, und was den Zustand seiner Seele betrifft ist der Mensch entweder gerettet oder verloren. Wenn wir uns vor Augen halten, dass sich der Mensch jeder denkbaren Sünde und Ungerechtigkeit schuldig gemacht hat, welchen Nutzen könnte es dann haben, ihn noch weiter zu erproben? Das ist das Urteil über jeden Menschen in unserer Zeit des Evangeliums. In den Augen Gottes ist das ganze Menschengeschlecht in diesem Zustand. Niemand wird leugnen wollen, dass es von Anfang an auch Heilige gegeben hat – Seelen, die aus Gott geboren waren. Jetzt aber ist der Herr Jesus als der zweite Mensch, der letzte Adam, hervorgekommen; und Ihm nachzufolgen bedeutet, aus der Welt herausgesammelt zu werden als solche, die in ihrer Natur und Stellung in Übereinstimmung mit der Wahrheit in Christus eine neue Schöpfung geworden sind. Sie haben ihren neuen Charakter von dem aus den Toten auferstandenen Christus erlangt.
Aber weiterhin ist der Heilige Geist vom Himmel herabgekommen, um in dieser neuen Ordnung der Dinge zu wirken; in dieser neuen Schöpfung, die Gott hervorgebracht hat und die sich auf Christus, den Herrn, gründet. Daher ist der Gedanke einer Geistlichkeit, einer von den Kindern Gottes getrennten, besonders geweihten Klasse – was in der katholischen Kirche so durch und durch praktiziert wird –, vollständig verkehrt. Wir sehen darin die Anmaßung des Menschen, wie Gott handeln zu wollen. Auf der anderen Seite gibt es auch im Quäkertum (religiöse Gemeinschaft, die sich selbst meist ‚society of Friends', d.h. ‚Gesellschaft der Freunde' nennt) genau den entgegengesetzten Irrtum. Dort wird behauptet, der Heilige Geist sei dem Menschen als solchem gegeben worden. Wenn man es überhaupt so sagen kann, ist diese Lehre, wie ich denke, von beiden die empörendere, die noch weiter abgefallen ist. Dieses ganze Gedankengebäude ist vollständig böse und falsch. Ich spreche hier nicht von den moralischen Qualitäten vieler Freunde, sondern nur von dem System des Quäkertums. Es ist allgemein bekannt, dass dort über diesen gewichtigen Punkt gelehrt wird, dass der Heilige Geist allen Menschen gegeben worden sei, seien es Juden oder Heiden, Ungläubige, Türken oder wer auch immer. Nun, ich sage, dass dies von allen Lehren der bekennenden Christenheit diejenige ist, die im größten Widerspruch zum echten Christentum steht. Kann man sich etwas Beleidigenderes vorstellen? Die Lehre des Neuen Testamentes ist doch diesbezüglich so deutlich; dass nämlich der Heilige Geist weder auf der einen Seite einem Einzelnen oder einer besonderen Klasse von Menschen gegeben worden ist, noch auf der anderen Seite allumfassend dem ganzen Menschengeschlecht, sondern allein solchen, die in Christus sind. Und durch den Heiligen Geist, welcher das Siegel und das Unterpfand jedes einzelnen wahren Christen ist (vgl. Eph 1,13+14), sind alle zu dem einen Leib getauft worden. So können nun alle sehen, dass da ein Leib und ein Geist ist (Eph 4,4).
Um nun aber diese Wahrheit auf den Gegenstand der Anbetung anzuwenden, wollen wir uns 1. Korinther 14 zuwenden. Es ist die deutlichste und ausführlichste Aussage des ganzen Neuen Testamentes darüber, auf welche Weise Gott Seinen Willen in dieser Hinsicht ausgeführt haben möchte. Der Apostel schreibt dort: „Was ist es nun? Ich will beten mit dem Geist, ich will aber auch beten mit dem Verstand; ich will lobsingen mit dem Geist, ich will aber auch lobsingen mit dem Verstand. Sonst, wenn du mit dem Geist preist, wie soll der, der die Stelle des Unkundigen einnimmt, das Amen sprechen zu deiner Danksagung, da er ja nicht weiß, was du sagst? Denn du danksagst wohl gut, aber der andere wird nicht erbaut“ (Verse 15–17).
Aus diesen und den folgenden Versen sehen wir, dass Hindernisse für die Anbetung schon sehr früh aufgekommen sind. Wir können daher daraus lernen, dass es nicht nur das Vorhandensein oder das Fehlen von Kraft ist, das damit in Verbindung steht. Bei den Korinthern konnte es keine Frage der Kraft gewesen sein. Es ist auch ganz verkehrt, wenn manchmal über Christen gesagt wird, sie hätten keine Kraft zur Anbetung. Wenn sie den Heiligen Geist besitzen, dann haben sie auch die Kraft. Aber wir müssen eine andere und sehr ernste Frage dabei betrachten, nämlich das Gewährenlassen fleischlicher Beweggründe, wodurch Gott bei einem solchen Zusammenkommen verunehrt wird. Und wenn wir die Frage aufkommen lassen und dulden, ob wir überhaupt die Kraft zur Anbetung haben, bedeutet das nicht im Grunde genommen, dass wir dem Geist Gottes einen Vorwurf machen und die Schuld daran geben? Der Heilige Geist ist treu und hat die Versammlung Gottes niemals verlassen. Er ist beständig in uns und mit uns; Er ist gegenwärtig, um die Heiligen zu leiten und ihnen zu helfen. Es ist keine Frage der Kraft, denn der Gläubige besitzt den Geist, um Gott Anbetung darbringen zu können. Vielmehr ist es die Wirksamkeit des ungerichteten Fleisches, wodurch der Geist Gottes gehindert wird und folglich auch der Herr Jesus verunehrt wird.
Das war auch der Zustand in der Versammlung in Korinth. Dieses örtliche Zeugnis liefert den vollständigsten Beweis dafür, dass es nicht eine Frage der Kraft ist. Der Geist Gottes wirkte unter diesen Heiligen offenbar und in Macht. Es wird uns berichtet, dass sie in Sprachen redeten – aber doch fleischlich waren. Sie waren auf ihre Weise ein beschämendes Schauspiel, anstatt ein praktisches Zeugnis der Gnade des Herrn Jesus zu sein. Ist das nicht eine ernste Lektion für uns? Wir sollten für die Ehre und Verherrlichung des Herrn eifern und äußerst wachsam sein gegenüber allem, was uns beeinträchtigen könnte, dieses Zeugnis, zu dem wir als Kinder Gottes berufen sind, darzustellen. Nun, die Korinther hatten dies aus den Augen verloren, und der Apostel tadelt sie deshalb: „Ich danke Gott, ich rede mehr in Sprachen als ihr alle. Aber in der Versammlung will ich lieber fünf Worte reden mit meinem Verstand, um auch andere zu unterweisen, als zehntausend Worte in einer Sprache“ (Verse 18+19).
Statt dass diese gelehrten Korinther danach trachteten, Gott zu verherrlichen, waren sie mit den Wirkungen beschäftigt, die sie empfangen hatten. Der Apostel musste sie deshalb so behandeln, als wären sie noch Kinder. Er sagt: „Brüder, werdet nicht Kinder am Verstand, sondern an der Bosheit seid Unmündige, am Verstand aber werdet Erwachsene. In dem Gesetz steht geschrieben: „Ich will in anderen Sprachen und durch andere Lippen zu diesem Volk reden, und auch so werden sie nicht auf mich hören, spricht der Herr.“ Daher sind die Sprachen zu einem Zeichen, nicht den Glaubenden, sondern den Ungläubigen; die Weissagung aber nicht den Ungläubigen, sondern den Glaubenden. Wenn nun die ganze Versammlung an einem Ort zusammenkommt und alle in Sprachen reden, es kommen aber Unkundige oder Ungläubige herein, werden sie nicht sagen, dass ihr von Sinnen seid? Wenn aber alle weissagen, und irgendein Ungläubiger oder Unkundiger kommt herein, so wird er von allen überführt, von allen beurteilt; das Verborgene seines Herzens wird offenbar, und so, auf sein Angesicht fallend, wird er Gott anbeten und verkündigen, dass Gott wirklich unter euch ist. Was ist es nun, Brüder? Wenn ihr zusammenkommt, so hat ein jeder von euch einen Psalm, hat eine Lehre, hat eine Offenbarung, hat eine Sprache, hat eine Auslegung; alles geschehe zur Erbauung“ (Verse 20–26).
Ich führe diese Stelle nicht an, um damit zu sagen, dass das einzige Ziel einer Versammlung Anbetung sei, sondern um zu zeigen, dass die Anbetung ihren eigenen Platz darin hat, und weil wir an dieser Stelle deutlich beide Seiten sehen können: was nämlich einerseits der Wille Gottes ist, und auf welche Weise andererseits diesem Willen Gottes Hindernisse entgegengesetzt werden können. Es ist der Wille Gottes, dass die Versammlung als Seine Versammlung zur Verherrlichung des Herrn zusammenkommt; und wenn sie zusammenkommt, wird der Heilige Geist durch diesen oder jenen unter ihnen in der Versammlung wirken, indem Er den einen dazu anleitet, ein Gebet zu sprechen, einen anderen zu einer Danksagung anleitet, und einen weiteren zu einer Weissagung. Alles aber muss unter der Hand des Herrn geschehen. Auf diesem Boden muss alles geschehen. Die Korinther hatten das außer Acht gelassen, weil sie vorrangig mit den verliehenen Gaben und Wirkungen beschäftigt waren, und waren dadurch auf einen verkehrten Weg gekommen. Sie brachten etwas in die Versammlung hinein, das, wenn es die Kraft des Geistes war, Seine Kraft war, die auf verkehrte Weise zur Selbstdarstellung gebraucht wurde – und nicht mit dem Ziel der Erbauung. Durch die Gnade des Herrn ist nun gerade dieses fleischliche Verhalten der Korinther der Weg grundlegender Unterweisung für uns geworden.
Die Versammlung in Korinth befand sich in einer traurigen Unordnung; und ich frage euch: Habt ihr daraus einen Nutzen für euch gezogen? Es ist ein armseliges Zeichen von Reue oder moralischem Nutzen, wenn man nur die Fehler anderer sieht; es ist sogar vielmehr das untrügliche Zeichen dafür, dass das Herz nicht richtig steht vor Gott. Wo das Gewissen nicht in Übungen kommt, da mag das Auge scharf und klar die Fehler anderer entdecken. Aber wenn wir wirklich mit dem Herrn zu wandeln wünschen, dann müssen wir uns fragen, ob wir Seinen Willen gelernt haben? Du magst fragen, wo Gott Seine Gedanken über die Weise und Ordnung in der Versammlung, darüber, wie Er inmitten der Versammlung angebetet werden will und wie die Versammlung Erbauung empfangen soll, niedergelegt hat. Ich sage dir, in Seinem Wort. Es kann keinen Zweifel darüber geben, was schon von Anfang an der Wille Gottes für Seine Versammlung gewesen ist. Haben wir uns ganz bewusst dazu entschlossen, nicht nach Seinen Gedanken im Blick auf die Anbetung zu fragen? Lasst uns die unbestreitbaren Tatsachen im Blick darauf betrachten, wie sie uns in dem Wort Gottes klar vorgestellt werden.
Ich spreche hier in einer bedeutenden Stadt, in der das Christentum weit ausgedehnt ist, zumindest sieht man hier Vertretungen vieler Benennungen. Und doch frage ich euch, wo unter ihnen glaubt man hinsichtlich der Anbetung an das Wort und den Geist Gottes? Wo findet man es, dass der Heilige Geist ungehindert unter den Versammelten wirken kann? Manche mögen einwenden, das Resultat eines solchen Wartens auf die Leitung des Geistes wäre jede Art von Unordnung. Was?, sage ich, das Wort Gottes und Sein Geist sollen die Heiligen zur Unordnung leiten? Ist das nicht Auflehnung, um die Unterordnung unter Seinen Willen zu verweigern? Die Korinther waren in Unordnung, weil sie von diesem Weg abgekommen waren; und ihre Zurechtweisung ist Gottes Maßstab auch für uns. Und angesichts einer solchen Schriftstelle ist es eine weitaus größere Sünde, eine die Ordnung Gottes zerstörende menschliche Ordnung aufzustellen, als Unordnung gewähren zu lassen, wie es in Korinth der Fall war. Wo Christen zu dem Namen des Herrn hin versammelt sind, ist Gott gegenwärtig, um unebene Dinge gerade zu rücken. Wenn sie aber von den schriftgemäßen Richtlinien für Seine Versammlung abweichen, im Vertrauen auf den Heiligen Geist, dann geht es nicht darum, wie großartig diese Ersatzordnung auch beschaffen sein mag – ein solcher Zustand ist verkehrt. Keine Reform kann etwas berichtigen, was von Grund auf verkehrt ist.
Stellen wir diese Tatsachen in Frage? Oder missverstehen wir diesen Fall? Dann muss ich es erklären. Vielleicht wendet jemand ein, dass dieser Vortrag die Weise des modernen Christentums rechtfertigen würde. Nehmen wir beispielsweise einmal an, dass jemand an ein solches Zusammenkommen wie dieses hier denkt: hier wird dem Heiligen Geist nicht das uneingeschränkte Handeln überlassen. Zugegeben, niemand wird die Wortverkündigung oder Vorträge auslöschen wollen. Wir sind jetzt nicht zur Anbetung oder etwas Ähnlichem zusammengekommen. Jemand, der etwas vom Herrn empfangen hat, benutzt seine Gabe zum Wohle der Gläubigen. Daher wollen wir eine solche Wirkungs- oder Handlungsweise nicht beenden. Dienst ist nicht die Versammlung, obwohl Gaben dort ausgeübt werden können – aber eben nicht nur dort. Das Wort zeigt dem gottesfürchtigen Leser beide Seiten, ohne sie miteinander zu vermengen. Dort werden solche vorgestellt, die von unserem Herrn mit Kraft aus der Höhe zur Auslegung, Ermahnung und Belehrung ausgerüstet wurden; und diese waren nun nicht frei sondern geradezu gebunden, dieses auch auszuüben. Sie würden Ihm und der Versammlung gegenüber unrecht handeln, wenn sie ihre Gaben nicht ausüben würden. Aber die Ausübung eines Dienstes in persönlicher Verantwortlichkeit ist etwas ganz anderes, als wenn alle (ob begabt oder nicht) als Versammlung in Abhängigkeit von der Leitung des Geistes zusammenkommen. Wenn ich von Gott eine Gabe oder bestimmte Talente, wie es in Matthäus 25 beschrieben wird, empfangen habe, dann sollte ich mit dieser Gabe hingehen, wie es Apollos und andere Männer jener Tage taten. Das Wort Gottes ist klar verständlich; die Berufung des Herrn ist bindend. Wehe dem Menschen, der sich diesem Ruf verweigert! Der Grundsatz ist immer genau der gleiche, was das Maß oder das Wesen der Gabe von dem Herrn auch sein mag – sei sie zur Auferbauung der Heiligen oder zur Errettung verlorener Seelen.
Das ist der Grundsatz, auf dem jeder individuelle Dienst ausgeübt wird, und deshalb sollte niemand daran etwas auszusetzen haben, wenn echte Gaben der Versammlung dienen wollen, oder wenn andere arbeiten, um das Evangelium zu verbreiten und ihre Gaben unter bekehrten oder unbekehrten Seelen ausüben. Im Gegenteil, man wünschte eigentlich, immer mehr Freimütigkeit dazu zu sehen, immer mehr Kraft, immer mehr von dem Empfinden und Bewusstsein sowohl der Würde als auch der Verantwortlichkeit in solchen, die auf diese Weise in dem Wort arbeiten.
Aber neben all diesem, und wenn möglich sogar noch bedeutsamer, ist die Versammlung Gottes – ihr Zusammenkommen als Versammlung in Abhängigkeit von der Gegenwart des Herrn und der ungehinderten Wirksamkeit des Heiligen Geistes in ihrer Mitte. Er leitet sie entweder zur Anbetung Gottes oder zur Auferbauung untereinander an – vielleicht sogar zu beidem gemeinsam. Ist das nicht ein Element der Heiligen Schrift, das für die christliche Versammlung bis zum Ende bindend ist? Sind wir gewillt, das Wort Gottes diesbezüglich für alte oder neue Traditionen zu verwerfen? Es wird tatsächlich der Einwand erhoben, dass der 1.Korinther-Brief voraussetzt, dass dort Zungen (Sprachen) und andere außergewöhnliche Kräfte vorhanden waren. Aber das Nichtvorhandensein von Sprachen und den anderen Dingen kann niemals bedeuten, dass das Wort Gottes im Blick auf das, was geblieben ist, ungültig geworden ist. Haben wir diesen Brief als den Grundsatz Gottes aufgegeben? Wenn wir nicht auf der Grundlage dieses Wortes Gottes hier handeln, dann handeln wir auf der Grundlage von Menschenwort als einem bloßen Ersatz, einer Neuerung; und das macht deutlich, dass wir zumindest in diesem Punkt nicht den Willen Gottes ausüben. Kein verständiger Christ wird nach Zeichengaben suchen, denn nichts anderes waren sie; aber ihr Nichtvorhandensein und damit verbunden auch das Nichtausüben dessen, was deren Wirksamkeit in der Versammlung reguliert hat, wird für den Glauben niemals den Grundsatz Gottes und das Regulieren dessen, was noch geblieben ist, auslöschen.
Zusammen mit der Tatsache, dass da sowohl der eine Leib als auch der eine Geist ist, besteht aber auch die Verantwortlichkeit, dass die Versammlung Gottes sich ganz dem Herrn hinwenden sollte, in Abhängigkeit von dem Heiligen Geist; dass die Versammlung in ihrem Zusammenkommen auf den Herrn blicken sollte, damit Er durch den Heiligen Geist in ihnen wirken kann. Das ist alles, wonach wir eifern; und jeder verständige Christ muss darum ringen, oder sein Bekenntnis, an der apostolischen Autorität und Ordnung festzuhalten, aufgeben. Die Versammlung Gottes mit dem Heiligen Geist in ungehinderter Wirksamkeit in ihrer Mitte ist der lebenswichtige, unentbehrliche Zustand im Blick auf die christliche Anbetung. Man mag nun einwenden, dass man dies in dem gegenwärtigen ruinierten Zustand der Christenheit nur in unvollkommener Form haben kann. Und doch ist es der Wille des Herrn für alle Seine Heiligen; es ist der eine schriftgemäße Blick auf die Versammlung Gottes, wenn sie sich hier auf Erden versammelt. Es gab dort (in Korinth) gewisse äußerliche Machtentfaltungen oder Zeichen, Gaben, die aufgehört haben oder der Versammlung wieder entzogen wurden. Was das betrifft, bin ich absolut nicht in Übereinstimmung mit solchen, die in der großen Wahnvorstellung gelebt haben, sich nach der Erneuerung solcher wunderbaren Beweise und Zeichen zu sehnen. Nach meiner Überzeugung ist das im Blick auf die Versammlung jetzt ein ungeistlicher Gedanke und ein unheiliger Wunsch. Durch Demütigung in Sacktuch und Asche, durch Reue und Buße würden die Kinder Gottes ein aufrichtigeres Empfinden für das, was Gott gebührend ist, gezeigt haben; sie hätten dadurch auch vielmehr gesucht, den Pfad des Gehorsams in einer Zeit des Verfalls zu gehen, als durch sehnsüchtiges Trachten nach diesen äußerlichen Machtentfaltungen, die einstmals die Versammlung als das Gefäß der Herrlichkeit Christi schmückten. Ich glaube, wenn es ein tieferes und gerechteres Beurteilen unseres gefallenen Zustandes unter den Kindern Gottes gegeben hätte, dann wären sie vor diesem Irrtum bewahrt geblieben und hätten nicht diese sich daraus ergebende schreckliche Unehre über den Namen des Herrn gebracht, die nicht nur in verheerender und dämonischer Macht, sondern auch in falscher Lehre über die Person Christi bestand.
Sie hatten hinsichtlich ihres Empfindens des babylonischen Durcheinanders in der Christenheit durchaus recht; aber sie hätten von allem lassen sollen, wovon sie wussten, dass es gegen das Wort Gottes war; und sie hätten, während sie sich ihrer eigenen Sünde wegen und weil Er in allem so lange missachtet worden war, demütigten, Ihn für die Gegenwart des Heiligen Geistes preisen und um Gnade bitten sollen, auf dieser Grundlage ohne Furcht und Zögern zu handeln. Aber nein, sie befanden sich in dem gleichen Unglauben, wie auch andere, und beteten darum, dass der Heilige Geist ihnen noch einmal neu gegeben würde – als wäre Er nicht herabgesandt worden, um hier für immer zu bleiben; und folglich fielen sie in sogar noch größere Abscheulichkeiten als die übrigen, indem sie sich viel mehr verderbten und anmaßten, und doch in allem keinen Glauben hatten. Denn niemand zweifelt darüber, was der Wille des Herrn für den Gläubigen allgemein ist. Aber anstatt diesen Willen zu tun und von allem abzustehen, was damit nicht in Übereinstimmung ist, beteten sie um außergewöhnliche Kraftentfaltungen und besaßen die Dreistigkeit, Apostel, Propheten usw. wieder einzusetzen, als wäre es ein erneuertes, wiederbelebtes System.
Jedem, der geistlich gesinnt ist, müsste eigentlich klar sein, dass es eine solche Wiederbelebung in unserem gegenwärtigen Zustand des Ruins nicht geben wird. Würde der Herr diese offensichtlichen Wunderzeichen des Glaubens allen geben, würde Er damit den gottlosen, zertrennten, treulosen Zustand des Christentums sanktionieren oder gutheißen; würde Er sie nur einer bestimmten Gruppe von Gläubigen geben, wäre das eine praktische Verleugnung all Seiner Heiligen anderswo. Unmöglich, dass der Herr so etwas tun würde! Er lässt all die Gaben fortbestehen, die für Sein Werk in den Menschen und in der Versammlung erforderlich sind; aber Er wird niemals einerseits die zuverlässige Gegenwart Seines Geistes oder andererseits den verderbten Zustand des Christentums nicht anerkennen; dieser Irrglaube aber leugnet letztendlich beides. Er hat alles, was zur Vollendung der Heiligen notwendig ist, zugesichert, und Er hat es auch erfüllt; Er hatte weder versprochen, eine Reihe von Zeichengaben fortbestehen zu lassen, noch sie womöglich wiederzubeleben, und Er hat auch nichts dergleichen getan. Es wurde lediglich durch den Feind durch eine sehr vermessene Sekte dieser falsche Anschein erweckt. Aber in der Tat wird sich kein Heiliger vorstellen können, dass der Herr solche Gaben Ebenso wenig willkürlich oder nur einer Gruppe von Gläubigen gewähren würde.
Denn, wenn wir diesen Gedanken einmal zu Ende denken, was wäre denn unsere Vorstellung, wo der Herr damit beginnen würde? In der römischen Kirche? „Oh“, würden gute Protestanten sagen, „das geht aber ganz und gar nicht, sie der römischen Kirche zu geben“! Doch seien wir versichert, dass sogar dort in diesem götzendienerischen System nicht wenige in dem Herrn gelebt haben und gestorben sind – und ich glaube, nicht nur fromme Laien, sondern auch Priester und Mönche und Päpste. Und doch werden wir alle mit Recht empfinden, wenn der Herr diese wundervollen Zeichen Seiner geistlichen Macht diesem götzendienerischen System gewähren würde, dass Er dann offenbar dessen sündigen Zustand billigen würde.
Stellen wir uns als nächstes einmal vor, Er würde allen diese Macht verleihen. Ich weiß nun nicht, wie viele Benennungen es geben mag, aber denken wir einmal, Er würde sie allen Benennungen geben. „Oh“, würde manch eifernder Plymouth-Bruder 1 aufschreien, „das geht aber ganz und gar nicht; es würde ja all diese Benennungen, die im Widerspruch zu Seinem Wort sind, gutheißen“! Wem können sie denn dann gegeben werden? Den so genannten Plymouth-Brüdern? Lasst mich euch sagen, dass gerade diese Brüder genug damit zu tun haben, sich selbst in dem richtigen Zustand zu erhalten; und ich bin völlig davon überzeugt, wenn ausschließlich sie diese Wundergaben jetzt empfangen würden, dass ihnen damit ein berauschender Kelch gereicht würde, der im Blick auf die Verherrlichung des Herrn und ihren eigenen Segen nur zum Schaden wäre. Nach meiner festen Überzeugung könnte alles das, was wir als die Gedanken des Herrn besitzen, durch nichts anderes stärker verfälscht oder entstellt werden! Wir bekennen den einen Leib und den einen Geist; wir leugnen nicht unseren gegenwärtigen verderbten Zustand, sondern beklagen ihn. Ich würde nie für mich oder für irgend einen anderen Heiligen etwas wünschen – wenn das überhaupt möglich wäre –, was uns zur Geringschätzung der Wahrheit oder zur Geringachtung anderer überheben würde, und noch viel weniger etwas, was unseren Herrn erniedrigen und falsch darstellen würde. Es würde allerhöchste Gefahr bestehen, ja sogar die moralische Gewissheit, dass sie tatsächlich zu dem werden, was ihre ärgsten Widersacher heute schon von ihnen behaupten. Es würde unmittelbar zum Verleugnen des christlichen Namens allen anderen Heiligen gegenüber beitragen; und es würde praktischerweise das Bekenntnis des verderbten Zustandes dessen, was hier auf der Erde den Namen des Herrn trägt, leugnen. Daher scheint es mir, dass der Herr, als Er den völligen Niedergang erkannte, diese äußerlichen Zeichengaben aufhören ließ.
Der Herr Jesus hatte in Markus 16 gesagt, dass diese Zeichen folgen würden (Vers 17), aber Er hatte niemals gesagt, wie lange sie währen würden. Sie folgten denen, die glaubten; und das ist die einfache Belehrung dieser Sache. Für ihr Fortbestehen oder gar ihre Erneuerung gibt es keine göttliche Bestätigung.
Brüder, wenn ihr an die Gegenwart des Geistes Gottes glaubt, dann wird es kein Zweifeln geben, sondern klar und sicher sein, dass Er in der Versammlung wirkt durch wen Er will – so sicher wie im Dienst durch Einzelne. Es ist so wichtig wie es auch wahr ist, dass der Dienst eine beständige und göttliche Einrichtung ist; aber der gleiche Geist, der individuell wirkt, der wirkt auch gemeinschaftlich in der Versammlung. Zweifeln wir an der Fähigkeit oder Bereitwilligkeit des Heiligen Geistes, Ordnung in der Versammlung aufrechtzuerhalten? Stellen wir uns zum Beispiel einmal vor, dass es sich bloß um eine menschliche Gesellschaft handelt: Ein Edelmann lädt ein Dutzend seiner Freunde zu einer Mahlzeit in sein Haus ein; ich frage Euch, was würde man wohl davon halten, wenn jemand sagen würde: „Es ist eine sehr gefährliche Sache, diese zwölf Personen zum Essen zu haben, ich fürchte, dass es große Unordnung geben wird“. Du würdest doch empfinden, dass dies eine ziemlich starke Ausdrucksweise ist; und wenn schon Menschen davon überzeugt sein können, dass an einem anständigen, ehrbaren Tisch kein Misstrauen bezüglich der geziemenden Schicklichkeit notwendig ist, kann dann der Gläubige daran zweifeln, dass der Herr Ordnung unter den Kindern Gottes, die sich in Seinem Namen versammeln, bewirken wird? Ist Gott etwa der Ursprung von Unordnung? Wie sind solche Vorstellungen zu erklären? Der Unglaube dieser Welt, der den Heiligen Geist weder sieht noch kennt; die Furcht, dass die Kinder Gottes bei solchen Gelegenheiten einzig und allein durch fleischliche Motive angetrieben werden. Dabei wird nicht bedacht, dass der Herr in Seiner Versammlung wirklich gegenwärtig ist.
Wenn die Gläubigen, wie so viele Menschen, zusammenkommen würden, ohne einen Herrn zu haben, auf den sie blicken können, und wenn Gott sich nicht mit Seiner Versammlung beschäftigen und sie beaufsichtigen würde, dann gäbe es ohne Zweifel nichts als Unordnung. Und das ist genau der Punkt, den ich euch klarmachen möchte, die ihr euch in dem Namen des Herrn versammelt: wir versammeln uns nicht nur in gegenseitiger Liebe und Höflichkeit wie die übrigen Christen; wir versammeln uns als Glieder Christi, welche die Versammlung Gottes bilden. Kann irgendein vorstellbarer Grundsatz ein Zusammenkommen von Seelen auf dieser Erde mit solcher Zuversicht und würdigem Ernst und Feierlichkeit bekleiden? Und das ist keine Erfindung oder Anmaßung von uns; es ist der Wille des Herrn für alle die Seinen hier auf der Erde. Wenn wir wahre Christen sind, dann sind wir untreu, wenn wir uns nicht so versammeln; und es ist dann auch nicht möglich, Ihm die gebührende, schriftgemäße Anbetung auf andere Weise zu bringen.
Aber die Versammlung Gottes, wie auch die Gegenwart des Geistes muss hinsichtlich des Zustandes der Anbetung in der Stunde, die jetzt gekommen ist (Joh 4,23), vielleicht noch genauer betrachtet werden, um auch Hilfen für die Anbetung daraus zu ziehen:
Eine äußerst wichtige Hilfe für die Anbetung Gottes ist sicherlich das Mahl des Herrn. In den frühen Tagen der Versammlung waren die Gläubigen so von dem Geist erfüllt und genossen ihre Gemeinschaft untereinander am Tisch des Herrn derart, dass sie zu diesem Zweck jeden Tag zusammenkamen. In dieser Zeit wussten sie als erstes, dass Christus in dem Vater war, und sie in Ihm und Er in ihnen. Kein Wunder. Diese heilige Gemeinschaft war etwas Neues und in der Tat von Gott; und wenn sie so zusammenkamen, dann stand immer das vor ihren Herzen, was Ausdruck dieses Neuen und mehr noch war – das Mahl des Herrn. So wird es uns in Apostelgeschichte 2,46 berichtet: „Und während sie täglich einmütig im Tempel verharrten und zu Hause das Brot brachen, nahmen sie Speise mit Frohlocken und Schlichtheit des Herzens“. Das ist das Bild, das uns von der neu ins Leben gerufenen Versammlung vorgestellt wird.
Etwas später haben wir einen weiteren Blick auf das gleiche Mahl des Herrn (Apg 20); und der Geist Gottes verfolgt ohne Zweifel mit beiden Begebenheiten eine bedeutungsvolle Absicht.
Aus der ersten Erwähnung schließen wir, dass es nicht verkehrt wäre, das Mahl des Herrn jeden Tag zu feiern, wenn die Umstände es erfordern, in Schlichtheit und Heiligkeit wie zu jener Zeit. In Apostelgeschichte 20 finden wir den eher normalen, üblichen Zustand vorgestellt; und wir lernen folglich, dass es die Gewohnheit der Versammlung war, am ersten Tag der Woche das Brot zu brechen. Weiter wird uns dort gesagt, dass Paulus auch das Wort verkündigte, obwohl es keine eigentliche Verkündigung sondern eine Unterredung gewesen ist. Da finden wir genau das, was wir auch an anderen Stellen sehen können: Freiheit in den Zusammenkünften der Versammlung für jemanden, der durch den Herrn geleitet wird, die Geschwister zu belehren oder zu ermahnen. Ganz gewiss gibt es nichts, was der Versammlung die Auferbauung durch das Wort verschließt – auch nicht, wenn sie zum Brechen des Brotes zusammengekommen ist. Wer das bestreitet, scheint mir gegen die klaren Belehrungen der Schrift zu kämpfen. Ich habe nämlich Personen gekannt, die sich die Überlegung gestattet haben, dass der Heilige Geist keinen Raum hätte, zu lehren oder zu ermahnen durch wen Er will, nur weil man zusammenkommt, um das Brot zu brechen.
Das Brotbrechen ist und sollte der feststehende Dienst der Heiligen an jedem Tag des Herrn sein; aber nicht auf eine Weise, die die Wirksamkeit des Geistes zur Erquickung des Glaubens und zur Hilfe für die Heiligen ausschließt. Es muss nur alles einfältig und echt sein, und das kann uns nur der Heilige Geist geben oder erhalten.
Man findet auch häufig Heilige, die, wenn sie das Mahl des Herrn auch nicht gerade verachten, es aber doch sicherlich vernachlässigen. Vielleicht ihre Ehrfurcht vor kirchlichen Gebräuchen oder häufiger noch ihre Vorliebe für Predigten veranlassen sie, auf die entgegengesetzte Seite zu schwenken. Die Anbetung ist damit nahezu verloren gegangen. Solche Gewohnheiten erniedrigen die Stellung der Kinder Gottes oder der Versammlung in eine Position bloßer Zuhörer. Nicht dass es nicht wichtig wäre, Unterweisung zu empfangen; aber da, wo man durch Gnade seinen Platz als wahrer Anbeter einnimmt und daran festhält, wird man finden, dass man hundertfältig mehr Nutzen und Gewinn von der Wahrheit hat, als wenn man auf den Boden einer bloßen Zuhörerschaft herabsinkt.
Solche, die sich damit zufrieden geben, bloße Zuhörer zu sein, werden niemals, um mit den Worten des Apostels zu reden, zur Vollendung gelangen (Eph 4,12). Sie verkümmern im Blick auf ihr geistliches Wachstum, anstatt durch die Erkenntnis Gottes ständig zuzunehmen. Kein Wunder bei dieser Haltung. Denn das gegenwärtige Ziel der Gnade ist vergessen worden oder sogar ganz unbekannt. Es ist die Absicht Gottes, indem Er uns in Christus zur Erkenntnis Seiner selbst bringt, unsere Seelen anzureizen zu Seinem Lob und Anbetung und zu Seiner Verherrlichung im Dienst. Das Mahl des Herrn ist die zentrale Feier. Dies für das Hören von Predigten preiszugeben, bedeutet für den Gläubigen einen erbärmlichen, elenden und verhängnisvollen Niedergang, der ihn bei dem Mittel und nicht bei dem Ziel Gottes stehen bleiben lässt, ganz zu schweigen von dem unermesslichen Verlust in jeglicher Hinsicht. Kurz gesagt ist also die Überlegung und Praxis im Protestantismus, Anbetung und Predigt ineinander aufgehen zu lassen – neben der Tatsache, dass es ein offensichtliches Abweichen von dem offenbarten Willen Gottes ist –, eine Verunehrung des Herrn und Seines Todes; es betrübt den Heiligen Geist, dessen Ziel die Verherrlichung des Herrn Jesus ist, und schädigt und beeinträchtigt die Kinder Gottes über die Maßen.
Wir lernen aber aus einem früheren Kapitel des 1.Korinther-Briefes (Kap 11), wie der richtige Gebrauch, die richtige Anwendung des Mahles des Herrn von höchster Bedeutung für die Anbetung Gottes ist, wie aber auch auf verschiedenste Weisen Gefahren für die Heiligen damit verbunden sein können. Den Korinthern mangelte es hierbei wie auch in anderen Dingen an der notwendigen Feierlichkeit und Tiefe; und dem Herrn missfiel dieses Böse und Er korrigierte es. Anscheinend hatten sie ihre Liebesmahlzeiten mit dem Mahl des Herrn vermengt; und da sie sich Regungen der alten Natur gestatteten (wahrscheinlich aus ihren früheren Gewohnheiten aus dem Heidentum), wurden einige durch maßloses Essen und Trinken schuldig, während dadurch die Ärmeren unter ihnen ihre weniger begüterte Stellung so richtig empfinden mussten. Das war in jeder Hinsicht äußerst schlimm; und der Apostel wurde vom Herrn geleitet, ihnen nicht nur zu erklären, dass die Hand des Herrn dadurch mit ihnen handelte, dass viele unter ihnen schwach und krank und ein gut Teil entschlafen waren (Vers 30), sondern auch dass in Zukunft das Mahl des Herrn von jeder anderen Feier zu trennen ist.
Weitere große Grundsätze von höchster Bedeutung werden zu unserem bleibenden Nutzen hier niedergelegt: „Sooft ihr dieses Brot esst und den Kelch trinkt, verkündigt ihr den Tod des Herrn, bis er kommt. Wer also irgend das Brot isst oder den Kelch des Herrn trinkt in unwürdiger Weise, wird des Leibes und des Blutes des Herrn schuldig sein. Ein jeder aber prüfe sich selbst, und so esse er von dem Brot und trinke von dem Kelch. Denn wer unwürdig isst und trinkt, isst und trinkt sich selbst Gericht, indem er den Leib nicht unterscheidet. Deshalb sind viele unter euch schwach und krank, und ein gut Teil sind entschlafen. Wenn wir uns aber selbst beurteilten, so würden wir nicht gerichtet. Wenn wir aber gerichtet werden, so werden wir vom Herrn gezüchtigt, damit wir nicht mit der Welt verurteilt werden“ (Verse 26–32).
Einerseits wird also der Gläubige aufgefordert, sich selbst zu prüfen – nicht aus Gründen des Zweifels, sondern zur Bestätigung und Bewährung; das Ziel dieses Selbstgerichts soll jedoch nicht sein, fernzubleiben sondern zu kommen und zu essen. Wenn aber andererseits jemand leichtfertig, auf unwürdige Weise, isst und trinkt, dann isst und trinkt er sich selbst Gericht (nicht Verdammung, wie es häufig völlig verkehrt wiedergegeben wird, sondern Gericht), indem er den Leib des Herrn nicht unterscheidet. Folglich, wenn die Korinther im Selbstgericht versagten und in unwürdiger Weise von dem Abendmahl genossen hatten, waren sie unter das Gericht des Herrn gefallen, das, so ernst und demütigend es auch immer war, doch in Wirklichkeit Barmherzigkeit bedeutete; denn wenn sie gerichtet wurden, dann wurden sie von Ihm gezüchtigt, damit sie nicht mit der Welt verurteilt würden. Das bedeutet also, dass sogar dieses Verkehrte nicht Verdammung bedeutete, sondern Sein züchtigendes Gericht.
Wir sehen hieraus, dass das Mahl des Herrn, wenn es beständig vor uns ist, dahingehend wirkt, in den Heiligen diesen gewohnheitsmäßigen Zustand des Selbstgerichts hervorzurufen. Und wir erkennen sofort, wie wichtig es in seiner Auswirkung auf die Anbetung der Heiligen ist. Wenn diese nämlich in einem Zustand der Sorglosigkeit herzukommen, wird der Heilige Geist in aller Genauigkeit und Treue diesen Zustand kundtun; und wenn die Heiligen aufrichtig sind, werden sie dann eher ihre Zuflucht zu einem Bekenntnis nehmen als zum Lobpreis; und folglich wird die gebührende Anbetung der Versammlung beeinträchtigt und gehindert. Wenn das erforderliche Selbstgericht beständig verwirklicht wird, dann wird das Gewissen in einem guten Zustand bewahrt, und das Herz kann unter der Leitung des Heiligen Geistes am Tisch des Herrn überfließen in ungehinderter Danksagung und Lobpreis. Die Unterweisung des Herrn lässt uns also deutlich verstehen, welch eine Hilfe zur Anbetung darin liegt, wenn dem Mahl des Herrn der gebührende Platz eingeräumt wird – aber auch welch ein Hindernis es dafür bedeutet, wenn es verachtet oder missbraucht wird.
Lasst mich hier noch etwas bemerken, was für manche häufig eine Schwierigkeit im Blick auf ein Gesang- oder Liederbuch ist. Im Alten Testament haben wir ein Buch der Psalmen, nicht jedoch im Neuen Testament. Hier haben wir nur die Gewissheit, dass die Gläubigen in diesen frühesten Tagen schon solche metrischen (rhythmische, mit Takt versehene) Kompositionen besaßen, die als „Psalmen, Loblieder und geistliche Lieder“ beschrieben werden (Kol 3,16). Warum solch ein auffallender Unterschied? Durch das ständige Nörgeln und Lamentieren erkennen sie nicht die Unvereinbarkeit und das einander Widersprechende von geschriebenen Liedern und improvisierten, unvorbereiteten Gebeten aus dem Stegreif. Aber die Wahrheit ist schriftgemäß und deutlich, dass das zur Zeit der Apostel Tatsache war. Sie besaßen Lieder usw. zum Singen, während sie aber auch den Bedürfnissen des Augenblicks entsprechend beteten. Lieder zu haben ist also durchaus richtig und in Übereinstimmung mit dem Wort Gottes. Es ist ausgesprochener Irrtum bei allen, die glauben, dass Lieder usw. improvisierte Kompositionen aus dem Stegreif seien, die der Geist Gottes an Ort und Stelle gegeben hätte. Für irgendwelche Vorstellungen in dieser Richtung gibt es keine Berechtigung. Die Geschwister in Korinth beispielsweise, wenn sie zusammenkamen, hatten ein jeder einen Psalm (1. Kor 14,26). Das meint nicht die Psalmen Davids, sondern christliche Psalmen. Tatsache ist also, dass in der Christenheit in allen Ländern und Sprachen die Gläubigen gewiss ihrer christlichen Freude und Danksagung in passenden, geeigneten Liedern Ausdruck geben können, denn das Neue Testament setzt einen neuen, derartigen Zustand der Freude und des Glücks durch das Evangelium voraus, der sich notwendigerweise ungezwungen und spontan Luft machen muss.
Denn jetzt werden uns die Heiligen als in Christus vollkommen gesegnet vorgestellt, die den Heiligen Geist als eine Quelle Wassers in sich besitzen, das ins ewige Leben quillt (Joh 4,14). Ihre Erwartung ist das Kommen Christi oder ihr Abscheiden um bei Christus zu sein (Phil 1,23). Im Gegensatz dazu war es im Alten Testament die Todesfurcht, durch die sie das ganze Leben hindurch der Knechtschaft unterworfen waren (Heb 2,15). Für sie war das noch eine unerforschte und finstere Region. Der Tod Christi und Seine Auferstehung haben für uns alles verändert. In dem Buch der Psalmen bezieht sich die Freude größtenteils auf diese Seite des Grabes, und damit auf die Gegenwart und Herrschaft des Messias. Im Neuen Testament dagegen ist nach dem Kommen des Messias und Seiner Auffahrt nach vollbrachtem Erlösungswerk in den Himmel die Versammlung berufen worden. Daher gibt es nun auch gar kein Bedürfnis für das Inspirieren eines Buches von Psalmen, denn jeder Christ besitzt die Errettung seiner Seele und kann sich in Gott erfreuen, der Sich völlig offenbart und bekannt gemacht hat; daher verfasst er nun auch Psalmen und geistliche Lieder für sich seiner Stellung entsprechend. Welch eine Hilfe und Kraft für die Anbetung ist das doch!
Aber es sei mir noch eine Bemerkung erlaubt, die im Blick auf den Gebrauch dieser Kompositionen beileibe nicht überflüssig ist. Wenn der Heilige Geist für Israel ein vorgefertigtes Lobpreis-Buch zur Verfügung gestellt hat, es dem christlichen Herzen und Sinn aber überlassen hat, ein solches Werk nach ihrem Maß anzufertigen, dann ist doch nichts mehr erforderlich, als diese Lieder in der Versammlung nur unter Selbstgericht und in Abhängigkeit von Gott zu gebrauchen. Es ist wirklich eine feierlich-ernste Sache, dort ein Lied vorzuschlagen, denn dadurch fast noch mehr als durch irgendeine andere Handlung riskiert man, wenn man falsch liegt, die ganze Versammlung auf diese verkehrte Linie sich nach zu ziehen; oder man nötigt sie dazu, ihr Empfinden von diesem Fehler durch ein verhängnisvolles Schweigen zum Ausdruck zu bringen. Es ist also klar, dass durch das Vorschlagen eines Liedes in der Versammlung, für den Fall dass der Betreffende falsch liegt, dort geistliches Urteilsvermögen vorhanden sein muss; es ist also doch eine weitaus ernstere Angelegenheit, als solche sich vorstellen, die meinen, es sei nichts einfacher, als eine kleine Weile zusammenzukommen, um einige liebliche Lieder zu singen. Wir haben dafür den Heiligen Geist nötig, denn Er, der in dieser Versammlung als dem Tempel Gottes wohnt, kennt genau die jeweiligen Bedürfnisse. Aber Gott sei Dank! Er ist gegenwärtig, um dem augenblicklichen Gedanken und Willen Gottes entsprechend zu leiten. Dies sollte uns dazu leiten, nicht unnatürlich sondern andächtig und abhängig und ernstlich wachsam zu sein, dass bei jeder Handlung die Leitung des Herrn und nicht der eigene Wille ausschlaggebend ist.
Wenn aber der Geist zu einem Lied leitet, ist andererseits nichts so gefährlich und bedenklich, als dies durch Murren oder sogar ungute Empfindungen gegen die Person, die es vorgeschlagen hat, abzuschwächen. Von welch überragender Bedeutung ist doch die Gegenwart und Wirksamkeit des Geistes Gottes in der Versammlung Gottes! Ich stelle euch das nicht auf der Basis des gesunden Menschenverstandes vor, sondern als den bestimmten Willen Gottes für euch als Seine Kinder auf der Grundlage des Glaubens. Ich könnte nun noch viele andere Hilfen und Hindernisse für die Anbetung berühren; aber dies mag jetzt erstmal genügen.
Möchten wir doch Gnade haben, um in Treue diese Wahrheit, die wir von Gott gelernt haben, zu verwirklichen! Wenn jemand bewusst das vorzieht, was der Mensch nach seinem Willen für die Versammlung Gottes aufgerichtet hat, so müssen wir ihn den Händen Dessen überlassen, vor dem er einmal Rechenschaft ablegen muss. Es gibt keine Argumentation oder Schlussfolgerung, die vor dem Wort Gottes Bestand haben kann; und der Geist Gottes wird ganz gewiss einen jeden bestärken, dessen Auge einfältig darauf gerichtet ist, den Willen des Herrn sowohl zu erkennen als auch zu tun.
Fußnoten
- 1 Anmerkung des Übersetzers: In Plymouth entstand 1832 die erste Versammlung in England. Da in Plymouth das Zeugnis in England begann und sich vor allem von dort ausbreitete, wurden die Brüder allmählich überall ‚Plymouth-Brüder' genannt.