Es werde Licht

Wir sind redlich (Kapitel 42)

Es werde Licht

Joseph wird durch die Vorsehung Gottes ein Erhalter der Welt. Welch ein Aufstieg! Aus der Tiefe des Kerkers vor den Thron des Königs, vom vergessenen Traumdeuter zum Bevollmächtigten Gottes (1. Mo 41,14.40)!

Schwer lastet die Hungersnot auf dem Land (Ps 105,16). Aber der Pharao weiß guten Rat: „Gehet zu Joseph; tut, was er euch sagt!“ Und Joseph öffnet seine Kornhäuser und gibt jedem, der zu ihm kommt. „Und alle Welt kam zu Joseph, um Getreide zu kaufen, denn die Hungersnot war stark auf der ganzen Erde.“ Als Jakob sieht, dass in Ägypten Getreide ist, spricht er zu seinen Söhnen: „Was seht ihr einander an?... Siehe ich habe gehört, dass Getreide in Ägypten ist; ziehet hinab und kaufet uns von dort Getreide, dass wir nicht sterben.“

‚Was seht ihr einander an?' hat der Vater gefragt. Hinabziehen nach Ägypten – ist das nicht der-  selbe Weg, den einst auch ihr Bruder Joseph ging? Es sind seitdem viele Jahre vergangen, aber ihre Gewissen sind noch nicht zur Ruhe gekommen. Sie wissen sich schuldig an ihrem Bruder, und ihre Sünde ist beständig vor ihren Augen.

Doch die Not zwingt sie zur Reise. In Ägypten ist Joseph Gebieter. Sie kommen vor ihn und beugen sich nieder, mit dem Antlitz zur Erde (1. Mo 37,7). Sie erkennen ihn nicht, aber Joseph erkennt sie sofort. Wie freut er sich, als er sie sieht! Weil er sie liebt, ist er bereit, ihnen zu vergeben. Aber er muss sie zuerst prüfen: Hat sich ihr böser Sinn geändert? Bereuen sie ihre Tat? Sind sie bereit zur Buße vor Gott? Deshalb redet er hart mit ihnen. „Wir sind redlich“, sagen die Brüder.

‚Redlich'? Eine schuldlose Vergangenheit, ein belastetes Gewissen und – redlich?

Drei Tage müssen sie ins Gefängnis. Dann dürfen sie mit gefüllten Säcken heimreisen, jedoch ohne Simeon. Dieser wird als Geisel zurückbehalten, sonst würden sie wohl nie wieder nach Ägypten kommen. Und gerade das will Joseph erreichen: sie sollen wiederkommen und Benjamin mitbringen!

Joseph verfährt hart mit seinen Brüdern. Aber es geschieht aus Liebe (1. Kor 13,6). Er will, dass ihre Vergangenheit und damit ihr Verhältnis zu Gott ins reine kommt. Und das kann nur geschehen durch ein offenes Schuldbekenntnis (Spr 28,13; 1. Joh 1,9)!

Die Tage im Gefängnis sind eine Zeit zum Nachdenken. Josephs Brüder erkennen, dass all ihre Not aus der züchtigenden Hand Gottes kommt. „Fürwahr, wir sind schuldig“ bekennen sie schließlich. Darüber weint Joseph vor Freude. Er gibt sich ihnen aber noch nicht zu erkennen, ihre Reue muss noch tiefer gehen (Ps 32,1-5). Denn schuldig geworden sind sie nicht nur an ihrem Bruder, dessen Seelenangst sie sahen, als er zu ihnen flehte – schuldig wurden sie auch vor Gott.

Schweren Herzens laden sie ihr Getreide auf ihre Esel und ziehen heimwärts. Was wollen sie dem Vater sagen, wenn sie ohne Simeon heimkommen? – Als sie später das Geld in den Säcken finden, vermehrt sich die Angst. Das Geld brennt in ihren Händen. „Was hat uns Gott da getan?“ Erinnert es sie an den Lohn der Ungerechtigkeit, die Silberlinge, beim Verkauf ihres Bruders?

Die Erkenntnis der Schuld führt weiter auf dem Weg zur Gotteserkenntnis und damit zum Heil    (Ps 147,3). Wie deutlich zeigt sich doch in allem Gottes Hand!

„Du o Gott, weißt um meine Torheit, meine Vergehungen  dir nicht verborgen.“ (Psalm 69,5)

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