Es werde Licht
Die Sonne war untergegangen (Kapitel 28)
Die Angst vor Esaus Rache wegen des mit List erworbenen Erstgeburtsrechtes und des Segens treibt Jakob aus dem Elternhaus. Er flieht. Auf den heimlichen Rat der Mutter begibt er sich auf den Weg nach Haran zu seinem Onkel Laban. Auf seinem Weg nach Osten übernachtet der Flüchtling unter freiem Himmel. Die Sonne ist untergegangen. Es geht in die Nacht hinein. Dunkel umhüllt den Flüchtenden. Was mag in seinem Herzen vorgehen? Nun ist er ganz allein auf unbekanntem Weg in eine unbekannte Zukunft.
Wird er die Eltern jemals wiedersehen? Er hat den Bruder überlistet und den Vater betrogen. Er hat gegen Gott gesündigt.
Aber Jakob ist nicht allein. Wohl muss er ernten, was er gesät hat, denn Gott hält nicht für schuldlos den Schuldigen (2. Mo 34, 7; 4. Mo 14, 18; Nah 1, 3). Doch Gott steht zu Seinen Verheißungen und ist mit Jakob. Er offenbart sich dem törichten, hilflosen, ängstlichen Jakob in unumschränkter Gnade - gerade an dem Ort, an dem diesem die Sonne untergegangen ist. Ja, Jakob erntet, was er gesät hat (Spr 22, 8; Hos 10, 12; Gal 6, 7). Doch selbst darin liebt Gott ihn und erweist sich gnädig und barmherzig, zu jeder Stunde bereit, den Fehlenden, Irrenden auf den rechten Weg zu bringen. Es geht nicht ohne Trübsal, aber in dieser Trübsal zeigt sich Gottes Gnade.
Jakob legt sich zum Schlafen nieder. Er träumt: Eine Leiter ist auf die Erde gestellt, ihre Spitze rührt an den Himmel; und Engel Gottes steigen auf und nieder an ihr. Und siehe, Jehova steht über ihr und spricht: „Ich bin Jehova, der Gott Abrahams, deines Vaters, und der Gott Isaaks; das Land, auf welchem du liegst, dir will ich es geben und deinem Samen. Und dein Same soll werden wie der Staub der Erde, und du wirst dich ausbreiten nach Westen und nach Osten und nach Norden und nach Süden hin; und in dir und in deinem Samen sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde. Und siehe, ich bin mit dir, und ich will dich behüten überall, wohin du gehst, und dich zurückbringen in dieses Land; denn ich werde dich nicht verlassen, bis ich getan habe, was ich zu dir geredet habe.“
Herrliche Verheißungen für den einsamen, ängstlichen Jakob! Nicht nur darf er selbst sich verbunden wissen mit dem Himmel, sondern Gott lässt ihn auch einen Blick tun in die ferne Zukunft. Aus seinem Samen wird einer kommen, in dem alle Geschlechter der Erde gesegnet werden. Es wird eine Zeit sein, in der sich der Traum von der Leiter in Wahrheit erfüllen wird, eine Zeitspanne von tausend Jahren, in der der Himmel geöffnet sein wird und die Engel Gottes auf- und niedersteigen werden auf den Sohn des Menschen, auf den Herrn Jesus, den Christus (Joh 1, 50.51). Denn dieser wird in diesem tausendjährigen Friedensreich König sein und herrschen als ‚Herr aller Herren'. Und die Erde wird erfüllt sein von der Erkenntnis des Herrn und reichen Segen haben (Jes 11; Hos 2, 18-23; Hab 2, 14; Off 19, 16; 20, 4.5).
Ob Jakob sich darüber freut? Ach, er ist längst noch nicht mit sich zu Ende gekommen. Er ist noch nicht gebrochen, hat sich noch nicht in die Hand Gottes gegeben, ruht noch nicht in der Liebe Gottes (1. Joh 4, 18). Und so kann er sich noch nicht freuen. Er hat eine noch viel zu geringe Erkenntnis von Gott. Er fürchtet sich. „Wie wunderbar ist dieser Ort!“ sagt er, richtet einen Stein als Denkmal auf und gibt dem Ort den Namen ‚Bethel' - Haus Gottes.
Gott ist ihm erschienen. Darüber denkt er nach. Das beschäftigt ihn. Er überlegt, wägt ab - wie vor Abschluss eines wichtigen Vertrages - und antwortet auf Gottes Verheißungen mit einem „Wenn“-Gelübde (Ps 37, 5; Spr 3, 5.6): „Wenn Gott..., dann soll Jehova mein Gott sein,... und ich werde ihm den Zehnten geben.“
Wie gering Menschen von Gott denken können! Unbegreiflich für uns, dass Gott einen solchen Menschen nicht fallen lässt und trotzdem zu Seinen Verheißungen steht (Röm 11, 29).
„Glückselig der Mensch, dessen Stärke in dir ist, in deren Herzen gebahnte Wege sind.“ (Psalm 84, 5)