Die Opfer des 3.Buches Mose und ihre vorbildliche Bedeutung
Das Sünd- und Schuldopfer
Die Sünd- und Schuldopfer waren, wie bereits bemerkt, keine Opfer „lieblichen Geruchs“. Ihrem Grundsatz nach sind sie einander ähnlich, in ihrem Charakter und ihren Einzelheiten aber voneinander verschieden. Wir werden von diesem Unterschiede noch reden. Zunächst jedoch ist ein sehr wichtiger Grundsatz zu beachten. In den Opfern, die wir bisher betrachtet haben, den Opfern lieblichen Geruchs, sahen wir den Opfernden einsgemacht mit dem Opfer. Diese Einsmachung fand ihren Ausdruck in dem Legen der Hände des Anbeters auf den Kopf des Opfertiers. Der Opfernde – sei es nun Christus selbst, oder ein Mensch, der durch den Geist Christi geleitet und so mit Ihm vor Gott einsgemacht wurde – kam freiwillig und fand sich auf diese Weise, als Anbeter, mit der Annehmlichkeit seines Opfers, das Gott vollkommen angenehm war, einsgemacht.
Bei dem Sündopfer begegnen wir zwar auch demselben Grundsatz der Einsmachung mit dem Opfer vermittelst des Händeauflegens. Allein der Opfernde nahte nicht als Anbeter, sondern als Sünder, nicht als rein, um sich der Gemeinschaft mit Gott zu erfreuen, sondern als schuldig und befleckt. Und statt dass der Opfernde mit der Annehmlichkeit des vor Gott wohlgefälligen Opfers einsgemacht worden wäre, (obgleich das nachher auch wahr wurde), wurde das Opfertier mit seiner Sünde und Befleckung einsgemacht: es wurde an seiner Statt zur Sünde gemacht und dementsprechend behandelt. Das war voll und ganz der Fall, wenn es sich einfach um ein Sündopfer handelte. Ich habe oben hinzugefügt: „obgleich das nachher auch wahr wurde“, weil bei mehreren Sündopfern ein gewisser Teil des Opferdienstes sie mit der Annahme Christi, des vor Gott stets Wohlgefälligen, einsmachte – eine Annahme, die in Ihm, der in Seiner Person den Wert und die Kraft aller Opfer vereinigte, nie völlig aus dem Auge verloren werden konnte.
Die Unterscheidung zwischen der Einsmachung des Opfers mit der Sünde des Schuldigen und der Einsmachung des Anbeters mit dem vor Gott angenehmen Opfer lässt sehr klar den Unterschied zwischen den Opfern überhaupt hervortreten und zeigt uns auch die beiden Seiten des Werkes Christi.
Ich komme jetzt zu den Einzelheiten. Es gab vier gewöhnliche Klassen von Sünd- und Schuldopfern, und außerdem zwei äußerst wichtige besondere Opfer, von denen wir später reden werden. Die erste Klasse umfasste die Sünden, die das natürliche Gewissen verletzten (Kap. 4); die zweite (bis zum 13. Vers des 5. Kapitels) diejenigen Dinge, die infolge der Satzungen Jehovas zur Sünde wurden, wie z.B. Verunreinigungen, durch die ein Anbeter unfähig wurde, Gott zu nahen, und andere Dinge. Diese Klasse hatte einen gemischten Charakter. Es wird gesprochen von Sünd- und Schuldopfern. Die dritte Klasse (vom 14. – 19. Vers des 5. Kapitels) begriff die Vergehen in sich, die an den dem Herrn geheiligten Dingen begangen wurden; die vierte endlich (Kap. 5, 21–26) Vergehungen gegen den Nächsten durch Vertrauensbruch und dergleichen. Den beiden anderen bemerkenswerten Beispielen von einem Sündopfer begegnen wir am großen Versöhnungstag (3. Mo 16) und in dem Opfer der roten Kuh (4. Mo 19). Sie erfordern eine besondere Betrachtung.
Die das Opfer begleitenden Umstände waren ganz einfach. Es liegt auf der Hand, dass, wenn das gesamte Volk oder der Hohepriester gesündigt hatte, jede Gemeinschaft mit Gott unterbrochen war. Es handelte sich dann nicht nur um die Wiederherstellung einer einzelnen Person, sondern um die Wiederherstellung der Gemeinschaft zwischen Gott und dem ganzen Volk. Auch stand nicht die Bildung einer Beziehung, eines Verhältnisses zu Gott in Frage, – das geschah am großen Versöhnungstag, – sondern es handelte sich um die Wiederanknüpfung einer unterbrochenen Gemeinschaft. Deshalb wurde das Blut siebenmal vor den Vorhang gesprengt, um so eine vollkommene Wiederherstellung jener Gemeinschaft zu vermitteln. Ebenso tat man das Blut an die Hörner des goldenen Räucheraltars. Im Fall einer persönlichen Sünde war diese Gemeinschaft im allgemeinen nicht unterbrochen, sondern nur der einzelne, der die Sünde beging, verlor den Genuß der Gemeinschaft. Das Blut wurde deshalb nicht an den Altar des wohlriechenden Räucherwerks (im Heiligtum) gesprengt, wohin nur der Priester nahen konnte, sondern an den Brandopferaltar (im Vorhof), wo der einzelne Israelit Zutritt hatte. Die Wirkung des Sündopfers Christi ist notwendig für jede Sünde, wie es denn auch ein für allemal für jede Sünde vollbracht worden ist, aber die Gemeinschaft der Körperschaft oder der Gesamtheit der Anbeter wird durch die Sünde des einzelnen, obwohl beeinträchtigt, so doch nicht unterbrochen. Sobald jedoch die Sünde bekannt ist, muß Sühnung für den geschehen, der sie begangen hat. Wir wissen, daß der Herr zuweilen die ganze Versammlung straft, wenn die Sünde eines einzelnen verborgen bleibt. So sagt Er z.B. in dem Fall Achans: „Israel hat gesündigt“. Aber sobald die Sünde bekannt war, wurde Achan allein bestraft, und der Segen kehrte auf die Gemeinde zurück, wenn auch unter viel größeren Schwierigkeiten als vorher. Tatsache ist, daß der Herr, der in der Kirche die allgemeine Regierung mit dem Gericht über den einzelnen zu vereinigen weiß, wenn im allgemeinen Treue vorhanden ist, das Böse, das bei einer einzelnen Person sich findet, offenbar macht oder es nicht erlaubt (was noch viel besser ist), und daß Er andererseits die Sünde des einzelnen benutzen kann, um den ganzen Körper zu züchtigen. Es scheint mir sogar, daß in dem angeführten Fall, obgleich die Veranlassung zur Züchtigung in der Sünde Achans ans Licht trat, Israel doch Vertrauen auf einen fleischlichen Arm gezeigt hatte, und Gott hielt es für gut, Israel zu züchtigen, um ihm die Eitelkeit dieses Vertrauens vor Augen zu stellen, gerade so wie die Kraft Jehovas sich vor Jericho als völlig hinreichend geoffenbart hatte, um den Feind zu besiegen.
Doch wie dem auch sei, jedenfalls geht aus den Einzelheiten dieser Opfer für die Sünde klar hervor, daß Gott stets Kenntnis von der Sünde nimmt. Er kann sie vergeben, aber Er kann sie nicht übersehen. Eine Sünde, die dem Menschen selbst verborgen ist, ist deshalb nicht verborgen vor Gott, denn aus welchem anderen Grund bleibt sie dem Schuldigen verborgen, als nur deshalb, weil sein geistliches Verständnis durch die Sünde und durch die Nachlässigkeit, die eine Folge der Sünde ist, verdunkelt wird? Gott richtet die Sünde nicht dem gemäß, was dem Menschen geziemt, sondern was Ihm geziemt. Jehova wohnte in der Mitte Israels, und deshalb mußte Israel gerichtet werden nach dem, was der Gegenwart Gottes geziemte. Unsere Vorrechte sind stets der Maßstab unserer Verantwortlichkeit. Die Menschen lassen in ihre Gesellschaft nur solche zu, die sie dafür würdig erachten. Sie gestatten keinem verdorbenen Menschen den Zutritt, indem sie dessen Bosheit entschuldigen und zudecken, und sie tun dies, weil es ihren Gewohnheiten und ihrem Stand entspricht, so zu handeln. Sollte nun Gott allein Seine Gegenwart dadurch entweihen müssen, daß Er anders handelt? Sollte all das Böse, in das der Mensch durch seine Verderbtheit gebracht werden kann, allein in der Gegenwart Gottes Entschuldigung und Billigung finden? Nein. Wenn Gott uns glücklich machen will in Seiner Gegenwart, so muß Er notwendigerweise das Böse richten, ja, alles Böse, und zwar gemäß der Heiligkeit Seiner Gegenwart, d.h. Er muss es völlig von dieser Gegenwart ausschließen. Wenn die sittliche Torheit, die eine Folge der Sünde ist, uns unfähig macht, das Böse in uns zu entdecken, ist das dann ein Grund für Gott, es auch zu übersehen? Muß Er blind werden, weil die Sünde uns blind gemacht hat? Soll Er sich selbst entehren, soll Er andere unglücklich und jede heilige Freude, selbst in Seiner Gegenwart, unmöglich machen, um so das Böse ungestraft hingehen lassen zu können? Unmöglich! Nein, jede Sünde wird gerichtet. Gott übersieht nichts, und das Böse, so völlig es uns auch verborgen sein mag, ist böse vor Ihm. „Alles ist bloß und aufgedeckt vor den Augen Dessen, mit dem wir es zu tun haben.“ Gott kann Mitleid mit uns haben. Er kann uns durch Seinen Geist erleuchten. Er kann einen Weg bereiten, auf dem der größte Sünder Ihm mit Freimütigkeit zu nahen vermag. Aber alles das verändert nicht im geringsten Sein Urteil über das Böse. „Und der Priester soll Sühnung für ihn tun wegen seines Versehens, das er begangen hat, ohne es zu wissen; und es wird ihm vergeben werden. Es ist ein Schuldopfer; er hat sich gewißlich an Jehova verschuldet“ (Kap. 5, 18. 19).
Es bleibt mir noch übrig, auf einige Verschiedenheiten in den Einzelheiten der Sündopfer aufmerksam zu machen, die von großem Interesse sind.
Die Leiber der Opfertiere, die für die Sünde des ganzen Volkes oder des Hohenpriesters (was auf dasselbe hinauslief, denn in beiden Fällen war die Gemeinschaft des gesamten Volkes unterbrochen) dargebracht wurden, diese Leiber wurden außerhalb des Lagers ganz und gar verbrannt, jedoch nicht als Feueropfer lieblichen Geruchs, denn das Opfer war zur Sünde gemacht und als ein verunreinigter Körper außerhalb des Lagers gebracht worden. Das Opfer an und für sich war ohne Fehl, aber nachdem der Schuldige seine Sünden auf dessen Kopf bekannt hatte, wurde es als mit diesen Sünden beladen, von Gott zur Sünde gemacht, betrachtet und außerhalb des Lagers gebracht. So hat auch Jesus (wie der Apostel es ausdrückt) außerhalb des Tores gelitten, um durch Sein eigenes Blut das Volk zu heiligen (Heb 13,12), – diese Verbrennung außerhalb des Lagers fand immer statt, wenn das Blut für die Sünde ins Heiligtum gebracht wurde. Eines der Opfer – die rote Kuh (4. Mo 19), bezüglich deren ich hier nicht in Einzelheiten eingehen will – wurde ganz und gar als Sünde betrachtet, getötet und, nachdem ein Teil des Blutes an der Tür des Zeltes der Zusammenkunft gesprengt worden war, vollständig, mit Fett und Blut, außerhalb des Lagers verbrannt.
Bei den drei anderen Opfern, die das ganze Volk angingen, wurden die Leiber, wie bemerkt, auch außerhalb des Lagers verbrannt, aber die Verbindung mit der vollkommenen Annehmlichkeit Christi als Dessen, der sich selbst zum Opfer dargebracht hat, wurde durch das Verbrennen des Fetts auf dem Brandopferaltar aufrecht gehalten. Zugleich erkennen wir in dieser letzten Handlung, auf welche Weise Er für uns zur Sünde gemacht worden ist: nämlich als Derjenige, der keine Sünde kannte, und dessen Natur und innerste Gedanken Gott vollkommen wohlgefällig waren und Sein Gericht ertragen konnten. Aber obgleich das Fett auf dem Altar verbrannt wurde, um jene Verbindung und die Einheit des Opfers Christi aufrecht zu halten, so wird es dennoch, um den allgemeinen Charakter und den Zweck dieser Verschiedenheit zu wahren, nicht ein lieblicher Geruch für Jehova genannt.
Indes besteht ein Unterschied zwischen dem einen der drei eben genannten Sündopfer, dem Opfer des großen Versöhnungstags, und den beiden anderen in 3. Mose 4 erwähnten. Am großen Versöhnungstag wurde das Blut ins Allerheiligste, innerhalb des Vorhangs gebracht, denn das Opfer dieses Tags bildete die Grundlage aller anderen Opfer, die Grundlage aller Beziehungen zwischen Gott und dem Volk Israel. Es setzte Gott in den Stand, inmitten des Volks zu wohnen und die anderen Opfer anzunehmen. Die Wirkung dieses Opfers erstreckte sich auf ein ganzes Jahr (für uns währt sie ewig, wie der Apostel dies im Hebräerbrief beweist), und auf dasselbe war der ganze Verkehr Gottes mit Israel gegründet. Deshalb wurde das Blut auf den Gnadenstuhl gesprengt, um dort immerdar vor den Augen Dessen zu sein, der auf diesem Thron der Gnade und der Heiligkeit Seinen Sitz hatte. Kraft dieses Opfers konnte Gott inmitten des Volkes wohnen, so gleichgültig, undankbar und widerspenstig es auch war. Gerade so ist es mit der Wirkung des Blutes Christi. Dieses Blut ist für immer auf dem Gnadenstuhl als die Grundlage der Beziehungen zwischen Gott und uns.
Die anderen Opfer hatten den Zweck, die Gemeinschaft derer, die durch die Gnade in jene Beziehungen zu Gott eingetreten waren, aufrecht zu halten und wiederherzustellen. Deshalb wurde in 3. Mose 4,1–21 ein Teil des Bluts auf den Altar des wohlriechenden Räucherwerks gesprengt (der das Symbol der Ausübung dieser Gemeinschaft war), und das übrige Blut wurde, wie gewöhnlich bei den Opfern, am Fuß des Brandopferaltars (der Stätte des angenommenen Opfers) ausgegossen. Der Leib des Opfertieres wurde, wie wir gesehen haben, verbrannt. Was die Opfer für die Sünde und Schuld eines einzelnen betrifft, so litt, wie gesagt, die Gemeinschaft der Gesamtheit nicht unmittelbar darunter, aber der einzelne wurde ihres Genusses beraubt. Deshalb war der Altar des wohlriechenden Räucherwerks nicht verunreinigt oder sozusagen nicht zur Benutzung unbrauchbar gemacht. Im Gegenteil, er wurde fortwährend benutzt. Das Blut dieser letzten Opfer wurde deshalb an die Hörner des Brandopferaltars getan, wo der einzelne Israelit Zutritt hatte. Dort naht jede Seele durch Christum und auf Grund der Wirksamkeit des ein für allemal vollbrachten Opfers Christi, und so, kraft dieses Opfers, angenehm gemacht, genießt sie all den Segen und all die Vorrechte, in deren Genuß und Besitz die Kirche als Ganzes fortwährend steht.
Es ist jedoch noch eine andere Sache bei diesen Opfern für die persönliche Sünde zu beachten. Der Priester, der das Blut darbrachte, aß das Opfertier. Es bestand also eine völlige Einheit zwischen dem Priester und dem Opfer, das die Sünde des Opfernden darstellte. Der Priester hatte die Sünde nicht begangen. Im Gegenteil, er tat Sühnung dafür mittelst des Blutes, das er sprengte. Nichtsdestoweniger machte er sich völlig mit der Sünde des Schuldigen eins. So hat auch Christus, indem Er uns einen vollkommenen Trost bereitete, ohne die Sünde gekannt zu haben, Sühnung getan für die Sünde und sich mit allen unseren Sünden einsgemacht. Wie bei den Friedensopfern der Anbeter einsgemacht wurde mit der Annehmlichkeit des Opfers, dessen Fett auf dem Altar verbrannt wurde, gerade so machte sich hier der Priester eins mit der Sünde dessen, der das Opfer darbrachte: diese Sünde verlor und verzehrte sich gleichsam in ihm. Der Sünder nahte Gott, indem er seine Sünde bekannte und sich demütigte. Aber was seine Schuld und das Gericht über seine Sünde betraf, so war es der Priester, der sich damit belud, so daß (da die Versöhnung geschehen war) die Sünde nicht bis vor den Richterstuhl Gottes kam und die Beziehungen zwischen Gott und dem Schuldigen in keiner Weise antastete. Seine Anbetung wurde erneuert in der Kraft der Annehmlichkeit Christi, unseres wahren Priesters. Die Sünde, welche die Gemeinschaft unterbrochen hatte, wurde gänzlich weggenommen, oder diente nur dazu, in einem in den Staub niedergebeugten und angesichts der Güte Gottes tief gedemütigten Herzen die Beziehung und Gemeinschaft zu erneuern, die sich auf eine Güte gründeten, die dem Herzen auf diese Weise unendlich kostbar geworden war. Zugleich wurde das Bewußtsein der Reichtümer und der Sicherheit jener Vermittlung erneuert, die Christus auf immerdar für uns zuwege gebracht hat, nicht um die Gedanken Gottes gegen uns zu verändern, sondern um unsere gegenwärtige Gemeinschaft und unseren Genuß dieser Gemeinschaft zu sichern (ungeachtet unserer Armseligkeit und unserer Fehler), in der Gegenwart, der Herrlichkeit und der Liebe Dessen, der sich nie verändert.
Schließlich möchte ich noch auf einige interessante Umstände aufmerksam machen. Es ist bemerkenswert, daß nichts so sehr den Charakter der Heiligkeit und einer gänzlichen Absonderung für Gott trug wie das Sündopfer. Bei den andern Opfern begegnen wir einer vollkommenen Annehmlichkeit, einem lieblichen Geruch und in einzelnen Fällen, vermengt damit, unseren gesäuerten Broten. Aber alles trug sich sozusagen zu in der naturgemäßen Freude, die Gott an dem fand, was vollkommen und ausgezeichnet war. Bei den Sündopfern hingegen war es ausdrücklich geboten, daß das Opfer ganz ohne Fehl sein mußte. Alle möglichen Vorkehrungen waren getroffen, um dessen unverletzliche Heiligkeit darzutun (Kap. 6, 18–21). In dem ganzen Werk Jesu gibt es nichts, was so sehr Seine tatsächliche Heiligkeit, Seine vollkommene und gänzliche Absonderung für Gott kennzeichnet, als die Tatsache, daß Er unsere Sünden getragen hat. Nur Derjenige, der nie eine Sünde gekannt hatte, konnte zur Sünde gemacht werden, und gerade die Tatsache, daß Er die Sünde trug, beweist die völligste Absonderung für Gott, die nur zu erdenken ist, ja die unser Denkvermögen völlig übersteigt. Christus konnte sagen: „Jetzt ist der Sohn des Menschen verherrlicht, und Gott ist verherrlicht in Ihm“. Er hatte sich ganz und gar, mochte es kosten was es wollte, der Verherrlichung Gottes geweiht, und Gott konnte auch nichts Geringeres annehmen, denn Er mußte gerade so verherrlicht werden, wie Er verunehrt worden war. Als Sündopfer betrachtet, ist Christus also in besonderer Weise heilig, wie Er denn auch jetzt, kraft dieses Opfers als Priester vor Gott stehend und uns vertretend, „heilig, abgesondert von den Sündern und höher als die Himmel geworden ist“ (Heb 7,26). Nichtsdestoweniger ist Er so wahrhaftig zur Sünde gemacht worden, daß derjenige, der den Bock Asasel in die Wüste führte (3. Mo 16), und der, welcher die Asche der roten Kuh sammelte oder das Wasser der Reinigung auf jemand sprengte (4.Mos 19), unrein war bis zum Abend und seine Kleider waschen und sein Fleisch im Wasser baden mußte, ehe er wieder ins Lager kommen durfte. Auf diese Weise treten uns jene beiden großen Wahrheiten hinsichtlich des Sündopfers Christi deutlich und klar in den vorbildlichen Opfern vor Augen. Denn einerseits können wir uns keinen größeren Beweis der gänzlichen Absonderung Christi für Gott vorstellen als die Tatsache, daß Er sich selbst zum Sündopfer dargebracht hat, und andererseits, wenn Er die Sünde nicht wirklich in ihrer ganzen Ausdehnung getragen, wenn der Fluch nicht wirklich Ihn getroffen hätte, so hätte Er nicht wirklich die Sünde vor Gott hinwegnehmen können.
Ewig sei der heilige Name Dessen gepriesen, der dies getan hat! Und Gott gebe uns, daß wir immer besser die Vollkommenheit Christi in der Vollbringung des Erlösungswerkes kennen und verstehen lernen möchten!