Die Opfer des 3.Buches Mose und ihre vorbildliche Bedeutung

Das Speisopfer

Wir kommen jetzt zu dem Speisopfer. Es stellt uns Christus in seiner Menschheit dar, seine Gnade, und Vollkommenheit als ein lebender Mensch, aber doch als Gott geopfert. Es bestand aus feinem Mehl, das mit Öl vermischt und mit Weihrauch belegt wurde. Das Öl wurde in zweierlei Weise angewandt: es gab Kuchen, gemengt mit Öl, und Fladen, gesalbt mit Öl (2. Mo 29,2; 3. Mo 7,12). In Christus musste die Darbringung als Opfer bis in den Tod und seine Unterwerfung unter den Tod den ersten Platz haben, denn ohne die Vollkommenheit dieses Gehorsams, selbst bis zum Tod, hätte nichts angenommen werden können. Da aber dieser Gehorsam von Anfang an vollkommen war (denn Christus kam, um den Willen seines Vaters zu tun), so war sein ganzes Leben als Mensch vollkommen und annehmlich vor Gott, ein Wohlgeruch unter der Prüfung Gottes. Abel wurde auf Grund des Blutes angenommen. Kain, der als ein natürlicher Mensch nur die Frucht seiner Arbeit und Mühe opferte, wurde verworfen. Alles, was unsere natürlichen Herzen Gott darbringen können, ist nichts als „Opfer der Toren“. Es geht hervor aus der Härte dieser Herzen, die weder unseren Zustand noch unser Verderben und unsere Entfernung von Gott anerkennen. In der Tat, welch eine Herzenshärtigkeit zeigt sich in Kain! Aus dem Garten Eden vertrieben und den Folgen der Sünde unterworfen, tritt er vor Gott hin mit Opfern, die der Preis einer als Strafe auferlegten Arbeit und des auf die Sünde folgenden Fluchs waren, ganz so, als wenn gar nichts geschehen wäre. Es war der Gipfelpunkt der Verhärtung und Verblendung des Herzens.

Die erste Handlung Adams bestand darin, seinen eigenen Willen zu tun und durch seinen Ungehorsam sich und seine ganze Nachkommenschaft ins Elend zu stürzen. Christus dagegen ist in diese Welt des Elends eingetreten, indem Er sich aus Liebe hingab, den Willen des Vaters zu tun. Er kam hernieder und machte sich selbst zu nichts, um, koste es was es wolle, Gott zu verherrlichen. Er war in dieser Welt der gehorsame, unterwürfige Mensch, dessen Wille nur darin bestand, den Willen Seines Vaters zu tun – die erste große Handlung und zu gleicher Zeit die Quelle alles menschlichen Gehorsams und der Verherrlichung Gottes durch Ihn. Dieser Gehorsamswille und diese Hingebung an die Verherrlichung Seines Vaters verliehen allem, was Er tat, einen lieblichen Geruch. Alle Seine Werke strömten diesen Wohlgeruch aus. Man kann das Evangelium Johannes, in welchem die Person des Herrn, das was Er war, in besonderer Weise uns entgegenstrahlt, unmöglich lesen, ohne bei jeder Gelegenheit diesem Wohlgeruch des Gehorsams, der Liebe und der völligen Selbstverleugnung zu begegnen. Daher kommt es auch, dass gerade dieses Evangelium das Herz so sehr anzieht, und zugleich den Unglauben abstößt. Es ist nicht eine Geschichte. Es ist Christus selbst, den man hier sieht, sowie die Bosheit des Menschen, die sich einen Weg erzwingt durch die heilige Hülle, mit der die Liebe Seine Herrlichkeit umgeben hatte, und die den mit Niedrigkeit umkleideten Jesus nötigt, ans Licht zu treten und diese Herrlichkeit zu offenbaren. Es ist dieses göttliche Wesen, das im Geist der Sanftmut durch eine Welt ging, die Ihn verwarf. Und selbst dann, wenn Er genötigt ist, sich zu zeigen, dient es doch nur dazu, Seiner freiwilligen, nie wankenden Selbsterniedrigung ihre ganze Kraft und Schönheit zu verleihen, sogar in Fällen, wo Er gezwungen ist, Seine Göttlichkeit zu bekennen. Er war allerdings der „Ich bin“ des Alten Testaments, aber jetzt in der Erniedrigung und einsamen Stellung des vollkommensten und demütigsten Gehorsams. Da war kein geheimes Verlangen in Ihm, inmitten Seiner Erniedrigung einen Platz behaupten zu wollen. Sein Herz kannte keinen anderen Wunsch, als Seinen Vater zu verherrlichen. Der „Ich bin“ war da, aber in der Vollkommenheit des menschlichen Gehorsams. Das ist es, was überall zum Vorschein kommt. Tritt der Versucher an Ihn heran, so ist Seine  beständige Antwort: „Es steht geschrieben!“ – „Es steht geschrieben: Nicht von Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Worte, das durch den Mund Gottes ausgeht“ (Mt 4,4). Zu Johannes dem Täufer sagt Er: „Lass es jetzt so sein; denn also gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen“, und zu Petrus bei einer anderen Gelegenheit: „Demnach sind die Söhne frei... und gib ihnen für mich und dich“ (Mt 3,15; 17,26. 27).

Soweit das Geschichtliche. Im Evangelium Johannes, wo, wie bereits bemerkt, die Person Christi selbst mehr hervortritt, redet Er von diesem Gehorsam in einer noch unmittelbareren Weise: „Dieses Gebot habe ich von meinem Vater empfangen ..., und ich weiß, dass Sein Gebot ewiges Leben ist.“ – „Ich tue, wie mir der Vater geboten hat.“ – „Der Sohn kann nichts von sich selbst tun, außer was Er den Vater tun sieht.“ – „Ich habe die Gebote meines Vaters gehalten, und bleibe in Seiner Liebe.“ – „Wenn jemand am Tage wandelt, stößt er nicht an.“ Manche der angeführten Worte wurden bei Gelegenheiten gesprochen, wo das Glaubensauge durch die heilige Erniedrigung des Heilands hindurch Seine göttliche Natur erblickt – Gott, den Sohn, dessen Schönheit nur um so herrlicher strahlt, weil Er sich also verbirgt. Gerade so wie die Sonne, die das menschliche Auge nicht fest anzuschauen vermag, die Kraft ihrer Strahlen darin zeigt, dass sie durch die Wolken hindurch ein völliges Licht gibt. Die Wolken verhüllen und mildern die Strahlen. Obgleich Gott sich erniedrigt, ist Er doch nichtsdestoweniger Gott. Er ist immer Er, der dies tut. „Er konnte nicht verborgen sein.“

Dieser unbedingte Gehorsam verbreitete einen duftenden Wohlgeruch über alles, was Christus tat. Er erschien stets wie ein Gesandter. Er suchte die Herrlichkeit des Vaters, der Ihn gesandt hatte. Er errettete einen jeden, der zu Ihm kam, weil Er nicht gekommen war, um Seinen eigenen Willen zu tun, sondern den Willen Dessen, der Ihn gesandt hatte. Und da die Sünder nicht zu Ihm kommen konnten, es sei denn, dass der Vater sie zog, so war ihr Kommen gleichsam die Ermächtigung für Ihn, sie zu erretten, denn Er musste unbedingt den Willen des Vaters tun. Welch ein Geist des Gehorsams tritt uns hier entgegen! Wer sind die, die Er errettet? Alle diejenigen, die der Vater Ihm, dem allzeit Seinem Willen unterworfenen Diener, gibt. Verheißt Er ihnen die Herrlichkeit? „Es steht nicht bei mir“, sagt Er, „sie zu vergeben, sondern ist für die, welchen sie von meinem Vater bereitet ist.“ Er muss auch belohnen nach Seines Vaters Willen. Er selbst ist nichts, aber Er muss alles ausführen, was dem Vater gefällt Ihm zu gebieten. Dennoch, wer hätte dies tun können, als nur Er, der die Macht und zugleich den Willen hatte, alles zu tun, was der Vater getan haben wollte? Die unendliche Größe des Werkes, die Fähigkeit, ein solches Werk zu erfüllen, und die Macht, alles zu tun, was irgend der Vater wollte, gingen Hand in Hand mit einem Gehorsam, der keinen anderen Willen kannte, als den Willen eines anderen zu tun. Dennoch war Christus ein einfacher, demütiger, niedriggesinnter Mensch.

Sehen wir jetzt, wie diese Menschheit für das in Rede stehende Werk passte. Das Speisopfer Gottes, von der Frucht der Erde genommen, bestand aus dem feinsten Mehl. Alles was die menschliche Natur an Reinem und Lieblichem in all ihrem Elend besaß, fand sich in seiner ganzen Vortrefflichkeit in Jesu, der von der Sünde abgesondert, aber all den Trübsalen unterworfen war, welche die Sünde nach sich gezogen hat, In Ihm gab es keine Unebenheit, keine besonders hervorstehende Eigenschaft, die dazu angetan gewesen wäre, Ihm einen bestimmten Charakter aufzuprägen. Es war, obgleich verachtet und von den Menschen verworfen, die Vollkommenheit der menschlichen Natur. Man fand in Ihm in vollkommener Weise das feine Gefühl, die Festigkeit, die Entschiedenheit (letztere auch in Verbindung mit dem Grundsatz des Gehorsams), die Erhabenheit, die Sanftmut und Demut, die dieser Natur angehören.

In einem Paulus finde ich Tatkraft und rastlosen Eifer, in einem Petrus glühende Zuneigungen des Herzens, in einem Johannes eine zarte Empfindsamkeit, verbunden mit einem keine Schranken kennenden Verlangen, die Rechte Dessen zu verteidigen, den er liebte. Aber die genannten Eigenschaften waren in diesen Männern vorherrschend und charakterisieren sie. Paulus bereute es nicht, seinen ersten Brief an die Korinther geschrieben zu haben, obgleich es ihn gereut hatte (2. Kor 7,8). Er hatte keine Ruhe in seinem Geist, weil er Titus, seinen Bruder, nicht fand. Er zog fort nach Mazedonien, obgleich der Herr ihm eine Tür in Troas aufgetan hatte (2. Kor 2,13). Er wusste nicht, als er vor dem Synedrium stand, dass es der Hohepriester war (Apg 23,5). Er war gezwungen, sich zu rühmen (2. Kor 12,11). Bei Petrus, dem treuen und eifrigen Mann, in welchem Gott so mächtig wirkte für das Apostelamt der Beschneidung, gab sich Menschenfurcht kund (Gal 2,8. 12). Und Johannes, der in seinem Eifer die Rechte und die Herrlichkeit Jesu verteidigen wollte, wusste nicht, wes Geistes er war, und wollte sich der Verherrlichung Gottes widersetzen, weil der, der für sie eintrat, nicht mit ihnen wandelte (Lk 9,49–56). Solche waren Paulus, Petrus und Johannes – Männer, die Säulen zu sein schienen.

Aber in dem Menschen Jesus finden wir nichts von dieser Unebenheit. In Seinem Charakter gibt es nichts Hervorstechendes, weil in Seiner Menschheit alles Gott vollkommen unterworfen war. Jeder Zug Seines Charakters hatte seinen Platz, trat ans Licht und handelte zu seiner Zeit und verschwand dann wieder. Gott wurde verherrlicht, und alles stand in völliger Harmonie. Wenn Ihm Sanftmut geziemte, so war Er sanftmütig. Wenn Zorn am Platz war, wer hätte dann der überwältigenden Kraft Seiner Verweise widerstehen können? War Gnade nötig, so zeigte Er sich voll Mitgefühl gegen den verkommensten Sünder, ohne sich im geringsten durch das herzlose, stolze Wesen eines kalten Pharisäers beeinflussen zu lassen, dem es nur darum ging zu erforschen, wer Jesus war (vgl. Lk 7,36ff.). Als die Stunde des Gerichts gekommen war, konnten die Tränen derer, die Ihn beweinten, Ihm keine anderen Worte entlocken als: „Weinet nicht über mich, sondern weinet über euch selbst und über eure Kinder“, – Worte, die ein tiefes Mitgefühl, aber zugleich auch eine völlige Unterwerfung unter das verdiente Gericht Gottes ausdrückten. Das dürre Holz bereitete sich seine Verbrennung selbst zu. Voll Zärtlichkeit gegen Seine Mutter, vertraute Er sie für die Zeit, nachdem Er Sein Werk am Kreuz vollbracht hatte, der liebenden Sorge dessen an, der sozusagen Sein Freund gewesen war und an Seiner Brust gelegen hatte. Aber Er war taub gegen ihre Worte und Bitten, so lange Er mit dem Dienst Gottes beschäftigt war. Alles befand sich an seinem richtigen Platz, mochte Er vor Seinem öffentlichen Auftreten in dieser Welt zeigen, dass Er Gott war, oder (als Mensch und unter Gesetz geboren) der Mutter, die Ihn trug, und Joseph unterwürfig sein. Man sah ferner in Ihm eine Ruhe, die Seine Gegner außer Fassung brachte. Und mit dieser sittlichen Kraft, welche die Gegner bisweilen niederschmetterte, vermischte sich eine Sanftmut, die alle Herzen anzog, welche noch nicht durch einen vorsätzlichen Widerstand verhärtet waren. Wenn es sich darum handelte, zwischen Bösem und Gutem zu unterscheiden, war Er wie eine scharfgeschliffene Schneide. In dieser Hinsicht taten der Charakter und die Person Jesu das, was die Macht des Heiligen Geistes später vollführte, indem sie das Böse und das Gute zwang, sich in einem offenen Bekenntnis zu offenbaren. Abgesehen von der Versöhnung, wurde ein gewaltiges Werk von Dem vollbracht, der nach dem äußeren Ergebnis zu urteilen, „sich umsonst abmühte“ (Jes 49,4). Überall da, wo ein Ohr war, um zu hören, redete die Stimme Gottes mittels dieses Charakters des Menschen Jesus zu den Herzen und Gewissen Seiner Schafe. Er ging durch die Tür ein, und der Türhüter tat Ihm auf, und die Schafe hörten Seine Stimme. Die vollkommene Menschheit Jesu, die sich in allen Seinen Wegen kundgab und nach dem Willen Gottes in die Herzen drang, richtete alles, was ihr im Menschen begegnete, bis auf den Grund der Seele.

Doch wir haben uns von dem eigentlichen Gegenstand unserer Betrachtung entfernt. Mit einem Wort denn: die Menschheit Christi war vollkommen, völlig Gott unterworfen. Alles entsprach Seinem Willen und stand deshalb notwendigerweise im Einklang untereinander. Die Hand, welche die Saiten berührte, fand sie alle wohl gestimmt. Alles entsprach hier den Gedanken Gottes, dessen Ratschlüsse der Gnade, der Heiligkeit und Güte, und gleichwohl des Gerichts hinsichtlich des Bösen, dessen Segens- und Barmherzigkeitsfülle – süße Melodie für das ermüdete Ohr! – ihren Ausdruck in Christo fanden, und in Ihm allein. Jedes Element, jede Fähigkeit Seiner menschlichen Natur gehorchte dem Antrieb, den der göttliche Wille gab, hörte dann auf zu wirken und zog sich in eine Ruhe zurück, in der das Ich keinen Raum fand. So war Christus in Seiner Menschheit. Obwohl fest und entschieden, wenn die Gelegenheit es erforderte, war doch Sanftmut dasjenige, was Ihn charakterisierte, weil Er in der Gegenwart Gottes, Seines Gottes, war, und Er war dies alles inmitten des Bösen. Man hörte Seine Stimme nicht auf den Straßen, denn die Freude kann da in lauteren Tönen hervorbrechen, wo alles den Ruf wiederhallen lässt: „Preis sei Seinem Namen und Seiner Herrlichkeit!“

Doch dieses Freisein der menschlichen Natur unseres Herrn von jedem Fehler war mit noch tieferen und wichtigeren Quellen verbunden, die uns in unserm Vorbild in zweierlei Weise, negativ und positiv, vorgestellt werden. Wenn jede Fähigkeit dieser Natur also dem göttlichen Antrieb gehorchte und ihm nur als Werkzeug diente, so liegt es auf der Hand, dass  der Wille richtig sein, dass der Geist und der Grundsatz des Gehorsams seine Quelle sein musste, denn gerade die Tätigkeit eines unabhängigen Willens ist der Grundsatz der Sünde. Christus hatte das Recht, einen unabhängigen Willen zu besitzen: „Der Sohn macht lebendig, welche Er will“; aber Er kam, um den Willen Seines Vaters zu tun. Sein Wille war, zu gehorchen. Deshalb war es ein vollkommener und sündloser Wille.

In dem Wort Gottes ist der Sauerteig stets ein Sinnbild des Verderbens: „Der Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit“. Deshalb gab es in dem Kuchen, den man Gott zum lieblichen Geruch opferte, keinen Sauerteig. Alles, worin sich Sauerteig befand, konnte Jehova nicht zum lieblichen Geruch dargebracht werden. Wir sehen dies deutlich in dem Fall, wo gesäuerte Kuchen dargebracht werden mussten. Es war verboten, sie als ein Opfer lieblichen Geruchs, als ein Feueropfer, darzubringen. Es gab zwei Fälle, in denen die Kuchen mit Sauerteig gebacken werden durften. Der eine dieser beiden, der wichtigere und bezeichnendere, findet sich in dem Kapitel, das wir betrachten, und genügt, um den Grundsatz, mit dem wir uns beschäftigen, klarzustellen.

Wenn die Erstlinge dargebracht wurden, fügte man ihnen zwei mit Sauerteig gebackene Brote bei, aber nicht als ein Opfer lieblichen Geruchs. Man opferte auch Brandopfer und Speisopfer, und diese zum lieblichen Geruch; nicht aber das Opfer der Erstlinge (vgl. 3. Mo 2,11. 12; 23,15–21). Und was stellten diese Erstlinge dar? – Die Kirche, geheiligt durch den Heiligen Geist. Denn dieses Fest der Erstlinge oder Erstlingsfrüchte war das wohlbekannte Vorbild des Pfingstfestes, es war tatsächlich das Pfingstfest. „Wir sind“, sagt der Apostel Jakobus, „eine gewisse Erstlingsfrucht Seiner Geschöpfe.“ In 3. Mose 23,10–14 sehen wir, dass am andern Tag nach dem Sabbat des Passahfestes, am Auferstehungstag Christi, eine Garbe der Erstlinge der Ernte dargebracht wurde: Kornähren, die weder ausgeschlagen noch geschrotet waren. Hier konnte offenbar von Sauerteig keine Rede sein: Jesus ist auferstanden, ohne die Verwesung gesehen zu haben. Auch begleitete diese Darbringung der Erstlingsgarbe kein Sündopfer. Wenn man aber die mit Sauerteig gebackenen Brote darbrachte, welche die durch den Heiligen Geist geheiligte Kirche darstellten, deren Glieder aber noch eine verdorbene Natur besitzen, opferte man zu gleicher Zeit ein Opfer für die Sünde (3. Mo 23,17. 19). Denn das Opfer Christi ist diesem Sauerteig unserer verderbten Natur begegnet, die zwar durch die Tätigkeit des Heiligen Geistes überwunden wird, aber nicht aufhört zu bestehen. Diese verdorbene Natur konnte in der Erprobung durch das Gericht Gottes nicht von lieblichem Geruch sein, und deshalb auch nicht als ein Feueropfer lieblichen Geruchs vor Jehova erscheinen. Mittels des Opfers Christi aber, das dem Bösen begegnet ist und eine Sühnung desselben zuwege gebracht hat, konnte sie Gott dargebracht werden. Deshalb wird nicht nur gesagt, dass Christus sich für unsere Sünden hingegeben hat, sondern auch: „Das dem Gesetz Unmögliche, weil es durch das Fleisch kraftlos war, tat Gott, indem Er, seinen eigenen Sohn in Gleichgestalt des Fleisches der Sünde und für die Sünde sendend, die Sünde im Fleische verurteilte“ (Röm 8,3). Gott hat die Sünde im Fleisch gerichtet, und zwar indem Christus Sühnung dafür tat, indem Er das Gericht, das die Sünde verdiente, auf sich nahm und für uns zur Sünde gemacht wurde. Damit starb Er zugleich der Sünde, so dass wir das Recht und die Pflicht haben, uns der Sünde für tot zu halten. Es ist wichtig für ein beunruhigtes, aber zartes und treues Gewissen, sich daran zu erinnern, dass Christus nicht nur für unsere Sünden, sondern auch für unsere Sünde gestorben ist, denn die in uns wohnende Sünde beunruhigt ein treues Gewissen weit mehr als viele vergangene Sünden.

Die Brote also, welche die Kirche darstellten, wurden gesäuert gebacken und konnten nicht als ein Opfer lieblichen Geruchs dargebracht werden. Das Speisopfer dagegen, das Christum vorstellte, war ohne Sauerteig, „ein Feueropfer lieblichen Geruchs dem Jehova“. Die Feuerprobe des Gerichts Gottes fand in Christo einen vollkommenen Willen. In Ihm gab es nichts Böses, keine Spur von einem Geist der Unabhängigkeit. „Dein Wille geschehe!“ das war es, was die menschliche Natur des Heilandes kennzeichnete, in welchem die Fülle der Gottheit leibhaftig wohnte, der aber gleichwohl der Mensch Jesus, das Opfer Gottes war.

Beiläufig möchte ich bemerken, dass wir bei den Dank- oder Friedensopfern ein weiteres Beispiel von diesem Gegensatz finden. Bei diesen Opfern hatte Christus Sein Teil, und der Mensch ebenfalls. Deshalb gab es ungesäuerte Kuchen und gesäuerte Brote (3. Mo 7,12. 13). Die letzteren, die den Anteil der Kirche an dem Opfer Christi darstellen, führten notwendigerweise den Menschen ein. Darum war der Sauerteig da, dieses stete Sinnbild des Bösen, das sich in uns vorfindet. Die Kirche ist zur Heiligkeit berufen. Das Leben Christi in uns ist „Heiligkeit dem Herrn“. Aber es bleibt immer wahr, dass in uns, das ist in unserm Fleisch, nichts Gutes wohnt.

Dies führt uns zu einem anderen großen Grundsatz, den das Speisopfer uns vor Augen stellt. Der Kuchen musste mit Öl gemengt werden. „Was aus dem Fleische geboren ist, ist Fleisch“, und da wir aus dem Fleisch geboren sind, so sind wir in uns selbst naturgemäß nur Fleisch, verderbt und abgefallen, „aus dem Willen des Fleisches geboren“. Obgleich wir aus dem Geist geboren wurden, als wir im Glauben zu Gott kamen, ist doch dadurch unsere Natur nicht verändert, nicht aufgehoben worden. Wohl können wir durch den Heiligen Geist, der in uns wirkt, von der Tätigkeit des Fleisches befreit werden und seine Regungen unterdrücken, aber die Natur bleibt unverändert. Das Fleisch in Paulus war ebenso geneigt, sich zu überheben, nachdem er im dritten Himmel gewesen war, wie zur Zeit da er „mit Gewalt und Vollmacht von den Hohenpriestern nach Damaskus reiste“, um, wenn möglich, den Namen Christi von der Erde auszurotten. Ich sage nicht, dass diese Neigung des Fleisches in beiden Fällen dieselbe Kraft hatte; aber sie war im ersten Fall ebenso schlecht oder noch schlechter, weil sie sich angesichts viel höherer und besserer Dinge offenbarte.

Aber der Wille des Fleisches hatte bei der Geburt Christi nicht den geringsten Anteil. Seine menschliche Natur war ebenso sehr ein Ausfluss des göttlichen Willens, wie die Gegenwart der göttlichen Natur auf dieser Erde. Indem Maria sich einfältigen Auges und reinen Herzens in heiligem Gehorsam unter diesen Willen beugte, offenbarte sie in rührender Weise die Unterwürfigkeit ihres Herzens und ihrer Vernunft gegenüber der Offenbarung Gottes. „Siehe ich bin die Magd des Herrn“, sagt sie; „es geschehe mir nach deinem Worte.“ Die menschliche Natur Christi war frei von der Sünde, indem sie von dem Heiligen Geist empfangen war. Er kannte keine Sünde. Das heilige Wesen, das von der Jungfrau geboren werden sollte, sollte Gottes Sohn genannt werden. Er war wirklich und wahrhaftig ein Mensch, von Maria geboren, aber Er war zugleich ein Mensch, von Gott geboren. In Übereinstimmung damit finden wir diesen Titel „Sohn Gottes“, in drei verschiedenen Weisen auf Christum angewand:

  1. Er ist der Sohn Gottes, der Schöpfer. So hören wir von Ihm in den Briefen an die Kolosser und an die Hebräer, sowie an vielen anderen Stellen, die von Ihm als dem vom Vater gesandten Sohn reden.
  2. Er ist Sohn Gottes als geboren in dieser Welt.
  3. Er ist Sohn Gottes als auferstanden aus den Toten – „als Sohn Gottes in Kraft erwiesen durch Toten-Auferstehung“ (Röm 1,4).

Der Kuchen 1  wurde mit Öl gemengt. So entlehnte die menschliche Natur Christi ihren Charakter dem Heiligen Geist, dessen bekanntes Sinnbild immer wieder das Öl ist. Aber Reinheit ist nicht Kraft. Deshalb wird die Übertragung der geistlichen Kraft, die durch die menschliche Natur Jesu wirkte, unter einer anderen Form dargestellt: die Fladen mussten mit Öl gesalbt werden. Dementsprechend steht geschrieben, dass „Gott Jesum von Nazareth mit Heiligem Geiste und mit Kraft gesalbt habe, der umherging, wohltuend und heilend alle, die von dem Teufel überwältigt waren“ (Apg 10,38). Nicht als ob Jesu irgend etwas gemangelt hätte. Denn als Gott hätte Er alles tun können. Aber Er hatte sich freiwillig zu nichts gemacht und war gekommen, um zu gehorchen. Daher trat Er auch nicht eher öffentlich auf, bis Er berufen und gesalbt war, obgleich Seine Unterredung mit den Schriftgelehrten im Tempel von Anfang an Seine Beziehungen zum Vater dartat.

In dieser Hinsicht gibt es in unserer Stellung eine gewisse Ähnlichkeit. Aus Gott geboren, oder mit dem Heiligen Geist versiegelt und gesalbt zu sein sind zwei verschiedene Dinge. Der Pfingsttag, der Hauptmann Kornelius, die Gläubigen in Samaria, denen die Apostel die Hände auflegten, damit sie den heiligen Geist empfangen möchten, beweisen die Wahrheit des Gesagten, neben manchen anderen Stellen, die sich auf diesen Gegenstand beziehen. So sagt die Schrift z.B.: „Weil ihr Söhne seid, so hat Gott den Geist Seines Sohnes in unsere Herzen gesandt, der da ruft: Abba, Vater!“ (Gal 4,6). Und: „In welchem ihr auch, nachdem ihr geglaubt habt, versiegelt worden seid mit dem Heiligen Geiste der Verheißung, welcher das Unterpfand unseres Erbes ist, zur Erlösung des erworbenen Besitzes“ (Eph 1,13. 14). Ferner lesen wir im 7. Kapitel des Evangeliums Johannes: „Dies aber sagte Er von dem Geiste, welchen die an Ihn Glaubenden empfangen sollten“.

Der heilige Geist kann durch die Mitteilung einer neuen Natur in einer Seele heilige Wünsche und die Liebe zu Jesu hervorgebracht haben, ohne dass die Seele selbst das Bewusstsein ihrer Befreiung besitzt, oder dass sie Kraft und die Freude der Gegenwart Gottes in der Erkenntnis des vollbrachten Werks Christi empfangen hat. – Was den Herrn Jesus betrifft, so wissen wir,  dass die Erfüllung jenes Vorbildes, die Salbung mit dem Heiligen Geist, stattfand, nachdem Er von Johannes getauft worden war (In dieser Taufe stellte sich Der, der keine Sünde kannte, mit Seinem Volk, damals dem Überrest Israels, der unter dem Einfluss der Gnade den Pfad des Glaubens wandelte, auf einen Boden. Durch sein Kommen zu Johannes gab Er kund, dass Er mit den Seinigen sein wolle auf dem ganzen Pfad jener Gnade mit all seinen Prüfungen und Kümmernissen). Er, der Sündlose, wurde mit dem Heiligen Geist gesalbt, indem dieser in leiblicher Gestalt, wie eine Taube, aus dem Himmel hernieder kam und auf Ihm blieb. Dann wurde Er durch den Geist in den Kampf für uns geführt, aus dem Er durch die Kraft des Geistes als Sieger hervorging. Ich sagte: „als Sieger durch die Kraft des Geistes“, denn wenn Jesus die Angriffe Satans einfach durch Seine göttliche Macht abgeschlagen hätte, so wäre selbstverständlich zunächst von einem Kampf überhaupt keine Rede gewesen, und zweitens läge für uns darin weder ein Beispiel noch eine Ermunterung. Aber der Herr trieb den Feind zurück durch einen Grundsatz, der Tag für Tag uns als Pflicht obliegt. Dieser Grundsatz heißt: Gehorsam, und zwar ist es ein einsichtsvoller Gehorsam, der sich des Wortes Gottes bedient und den Feind, sobald er sich als solcher offenbart, mit Unwillen zurückweist. Wenn Christus Seine Laufbahn antrat mit der Freude und dem Zeugnis, die einem Sohn gebühren, so begann Er eine Laufbahn des Kampfes und des Gehorsams. Er hatte den Starken zu binden, und Er hat ihn gebunden. Gerade so verhält es sich mit uns. Wir besitzen Freude, Befreiung, Liebe, überströmenden Frieden, den Geist der Sohnschaft und stehen in dem Bewusstsein, dass wir dem Vater annehmlich gemacht sind. So treten wir die christliche Laufbahn an. Gleichwohl bedeutet diese Laufbahn Kampf und Gehorsam. Hören wir auf zu gehorchen, so hören wir auf zu siegen. Satan bemühte sich, diese beiden Dinge in Jesu zu trennen. Er sagte: „Wenn du Gottes Sohn bist, so sprich, dass diese Steine Brot werden“, – d.h. gebrauche deine Macht, handele nach deinem eigenen Willen. Die Antwort Jesu lautet ihrem Sinn nach: ich bin hier, um zu gehorchen. Ich bin hier als ein Knecht, und ich habe kein Gebot empfangen, die Steine zu Brot zu machen. Es steht geschrieben: „Nicht von Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Wort, das durch den Mund Gottes ausgeht“. Ich verharre in meinem Stand der Abhängigkeit.

Das war die Kraft, aber eine Kraft, die in einem Stand der Abhängigkeit und des Gehorsams angewandt wurde. Adam konnte nur in einer einzigen Sache ungehorsam sein, und er war ungehorsam. Er aber, der die Macht hatte, alles zu tun, bediente sich Seiner Macht nur, um noch vollkommener zu dienen und sich noch völliger zu unterwerfen. Wie schön ist das Gemälde, das die Wege des Herrn uns darbietet! Und das inmitten der Mühsale und der Folgen des Ungehorsams des Menschen – Folgen, denen Er sich (die Sünde ausgenommen) unterzog wegen der Natur, die Er angenommen hatte. „Denn es geziemte Ihm, um deswillen alle Dinge und durch den alle Dinge sind (indem Er den Zustand sah, in welchem wir uns befinden), indem Er viele Söhne zur Herrlichkeit brachte, den Anführer ihrer Errettung durch Leiden vollkommen zu machen“ (Heb 2,10).

Jesus kämpfte also in der Kraft des Heiligen Geistes, und Er gehorchte in der Kraft des Heiligen Geistes. In derselben Kraft trieb Er Teufel aus und trug unsere Schwachheiten. Ebenso opferte Er sich in der Kraft des Heiligen Geistes ohne Flecken Gott. Aber das ist mehr das Brandopfer. In allem, was Er tat, und in allem, was Er nicht tat, handelte Er durch die Kraft des Geistes Gottes. Er ist unser Vorbild, dem wir mit gemischten Kräften folgen, indem das, was vom Geist ist, sich vermengt mit unserer natürlichen Kraft. Aber zugleich folgen wir Ihm mit einer Kraft, die uns, wenn es Sein Wille ist, befähigt, nicht nur die Werke zu tun, die Er getan hat, sondern sogar noch größere. Es heißt nicht, dass wir vollkommener sein könnten als Er, sondern dass wir größere Werke zu tun vermögen. Während Seines Wandels hienieden war Er unbedingt vollkommen im Gehorsam. Aber gerade aus diesem Grund tat Er und konnte Er vieles nicht tun, was Er jetzt tun und durch Seine Apostel und Seine Knechte vollbringen lassen kann. Denn zur Rechten Gottes erhöht, sollte Er, selbst als Mensch, Macht offenbaren, und nicht Gehorsam. „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer an mich glaubt, der wird auch die Werke tun, die ich tue, und wird größere als diese tun, weil ich zum Vater gehe“ (Joh 14,12). Das versetzt uns in die Stellung von Dienern, denn wir sind durch die Kraft des Heiligen Geistes Diener Christi. „Es sind Verschiedenheiten von Diensten, und derselbe Herr“ (1. Kor 12,5).

Die Apostel taten deshalb größere Werke, die aber, was ihren persönlichen Wandel betrifft, mit Unvollkommenheiten aller Art vermischt waren. Mit wem z.B. stritt der Herr, obwohl Er immer recht hatte? Vor wem offenbarte Er Menschenfurcht? Wann bereute Er etwas, das Er getan hatte, wie Paulus, der nachher sogar anerkennen musste, dass kein Grund zur Reue vorgelegen habe? Nein! Obgleich sich nach der Erhöhung des Herrn zur Rechten Gottes, wie Er es verheißen hatte, eine größere Kraft offenbaren mochte, so entfaltete sich diese doch in Gefäßen, deren Schwachheit zur Genüge bewies, dass alle Ehre nur Gott zukam, und deren Gehorsam ausgeübt wurde im Kampf mit einem widerspenstigen Willen, der in ihnen war. Hierin liegt der große Unterschied. Jesus hatte niemals einen Dorn im Fleisch nötig, um ihn vor Überhebung zu schützen. – Hochgelobter Herr! Du redetest, was Du wusstest, und zeugtest von dem, was Du gesehen hattest. Aber um dies tun zu können, hast Du Dich zu nichts machen, Dich selbst erniedrigen und Knechtsgestalt annehmen müssen, auf dass wir dadurch erhöht würden! – Die Höhe, das Bewusstsein der Höhe, von der Er herabgestiegen war, die Vollkommenheit Seines Willens, in dem Knechtsstand, den Er angenommen hatte, zu gehorchen, machten jede Erhöhung für Ihn unnötig. Dennoch blickte Er hin auf die „vor Ihm liegende Freude“ und wurde nicht beschämt, denn Er erniedrigte sich eben bis zu diesem Punkt, dass Er sich über die in Aussicht stehende Belohnung freute. Und Er ist hoch erhoben worden. „Lieblich an Geruch sind deine Salben, ein ausgegossenes Salböl ist dein Name“ (Hld 1,3).

In dem Speisopfer gab es neben dem Feinmehl und Öl auch Weihrauch, den Wohlgeruch all der Tugenden Christi. Wie oft begegnet es uns, dass wir die Gnaden oder Tugenden, die wir besitzen, den Menschen zur Annahme darbieten! Das Ergebnis davon ist, dass das Fleisch oft für Gnade gehalten oder wenigstens mit ihr vermengt wird, indem die Dinge nach dem Urteil des Menschen beurteilt werden. In Jesu aber wurden alle Gnaden oder Tugenden Gott dargeboten. Allerdings hätte der Mensch diese Gnaden sehen können oder sehen sollen, wenn der Wohlgeruch des Weihrauchs sich rund um ihn her verbreitete, obwohl er ausschließlich als Opfer für Jehova verbrannt wurde. Aber wie wenige gibt es, die so ihre Liebe Gott darbringen, indem sie alles, was sie für ihresgleichen tun, einzig und allein im Blick auf Gott tun, so dass sie nicht müde werden, obgleich sie vielleicht, je mehr Liebe sie beweisen, um so weniger geliebt werden; denn sie tun alles aus Liebe zu Gott und um Seinetwillen. Insoweit sich diese Gesinnung bei uns findet, ist das, was wir tun, ein Wohlgeruch für Jehova. Aber das ist schwierig. Und um so handeln zu können, müssen wir sehr nahe bei Gott sein.

In Christo erblicken wir ein vollkommenes Beispiel von dem, was wir soeben gesagt haben. Je treuer Er war, desto mehr wurde Er verachtet, desto mehr wurde Ihm widersprochen. Je mehr Er Seine Sanftmut und Demut offenbarte, desto geringer wurde Er geachtet. Aber alles das brachte in Seinem Tun nicht die geringste Veränderung hervor, weil Er alles, was Er tat, einzig und allein im Blick auf Gott tat. Mochte Er mit der Volksmenge verkehren, oder unter Seinen Jüngern sein, oder endlich vor Seinen ungerechten Richtern stehen – allezeit war Sein Verhalten vollkommen, denn in allen Umständen und Lagen handelte er nur im Blick auf Gott. Der Weihrauch Seines Dienstes, Seines Herzens und Seiner Zuneigungen stieg immer und überall zu Gott empor. Und wo gäbe es einen reicheren und süßer duftenden Weihrauch, als in dem Leben Jesu? Jehova roch einen lieblichen Geruch, und anstatt des Fluches, der gerechterweise auf uns lastete, kam in Jesu der Segen Gottes auf den Menschen.

Dieser Weihrauch wurde also dem Kuchen des Speisopfers beigegeben, denn er war tatsächlich eine Frucht, die in dem Leben Jesu durch den Geist hervorgebracht wurde, ein Ausdruck Seiner Natur. Aber in allen Fällen stieg dieser Weihrauch empor. Mit der Fürbitte und Verwendung Jesu für uns verhält es sich ebenso, denn sie war eine Frucht Seiner heiligen Liebe. Die Gebete Jesu, der Ausdruck Seiner heiligen Abhängigkeit, waren unendlich angenehm vor Gott und von mächtiger Wirkung. Sie waren alle vor Ihm ein lieblicher Geruch, wie Weihrauch: „das Haus wurde von dem Geruch der Salbe erfüllt“.

Verboten war bei den Opfern außer dem Sauerteig noch etwas anderes: der Honig, d.h. alles das, was dem Geschmack des natürlichen Menschen besonders angenehm ist, wie z.B. die Zuneigungen derer, die wir nach dem Fleisch lieben, die angenehmen Beziehungen zu unseresgleichen und ähnliche Dinge. Nicht als ob diese Dinge in sich selbst böse wären: „Hast du Honig gefunden, so iss dein Genüge, damit du seiner nicht satt werdest“, sagt der Weise (Spr 25,15). Als Jonathan ein wenig Honig gekostet hatte, den er am Tag des Kampfes, als er in der Kraft des Glaubens für Israel stritt, im Wald fand, da wurden seine Augen hell (1. Sam 14,26.27). Aber nie durfte Honig als ein Feueropfer dem Jehova geräuchert werden. Derselbe Herr, der in der schrecklichen Angst des Kreuzes, als alles vollbracht war, zu Seiner Mutter sagen konnte: „Frau, siehe, dein Sohn!“ und zu dem Jünger: „Siehe, deine Mutter!“ konnte auch während der Zeit seines Dienstes sagen: „Frau, was habe ich mit dir zu schaffen?“ Er war ein Fremdling den Söhnen Seiner Mutter, gleich Levi (in dem Segen Moses, des Mannes Gottes), der als ein Opfer von Seiten des Volkes Israel vor Jehova gestellt wurde, „der von seinem Vater und von seiner Mutter sprach: Ich sehe ihn nicht; und der seine Brüder nicht kannte, und von seinen Söhnen nichts wusste. Denn sie haben dein Wort beobachtet, und deinen Bund bewahrten sie“ (vgl. 4. Mo 8,11; 5. Mo 33,9).

Es bleibt noch eine Bemerkung übrig. In dem Brandopfer wurde alles vor Jehova verbrannt, denn Christus hat sich selbst ganz und gar Gott geopfert. Die menschliche Natur Christi aber ist die Speise der Priester Gottes. Aaron und seine Söhne mussten den Teil des Speisopfers essen, der nicht auf dem Altar geräuchert wurde. Christus ist das wahre Brot, das aus dem Himmel hernieder gekommen ist, um der Welt das Leben zu geben, damit wir, die Priester und Könige, durch den Glauben von diesem Brote essen und nicht sterben möchten. Das Speisopfer war etwas „Hochheiliges“, wovon Aaron und seine Söhne allein essen durften; – und wer darf sich heute von Christo nähren, wenn nicht die, welche, geheiligt durch den Heiligen Geist, das Leben des Glaubens leben und sich von der Speise des Glaubens nähren? Ist Christus nicht die Speise unserer gottgeweihten Seele, Er, der uns allezeit Gott weiht? Kosten unsere Seelen nicht in dem Heiligen, der sanftmütig und von Herzen demütig war, – in Ihm, der als das Licht der menschlichen Vollkommenheit und der göttlichen Gnade leuchtete inmitten eines verderbten Geschlechts, – kosten unsere Seelen nicht in Ihm das was nährt, erquickt und heiligt? Fühlen wir nicht, was es bedeutet, Gott dargebracht zu sein, indem wir, mittelst des Mitgefühls des Geistes Jesu in uns, Sein Leben hienieden verfolgen, was es war Gott und den Menschen gegenüber? Als ein Beispiel für uns trägt Er das Gepräge eines Menschen, der gänzlich für Gott lebt. Er zieht uns sich nach, indem Er selbst die Kraft ist, die uns auf dem Weg fortschreiten lässt, den Er zurückgelegt hat, und an dem wir unsere Freude und Wonne finden. Werden unsere Herzen nicht an Jesum gefesselt, wenn wir so mit Freuden über das nachsinnen, was Er auf Erden war? Werden wir Ihm nicht ähnlicher? Ja, wir bewundern Ihn, wir werden gedemütigt und durch die Gnade in Sein Bild verwandelt. Indem Er die Quelle des neuen Lebens in uns ist, wird das Beispiel, das Er uns von der Vollkommenheit dieses Lebens gibt, zu dem Mittel, es in uns zu entfalten und zu kräftigen. Denn wer könnte stolz sein in der Gemeinschaft des demütigen Jesus? Demütig wie Er ist, würde Er uns, wie jemand richtig bemerkt hat, lehren, den letzten Platz einzunehmen, wenn Er ihn selbst noch nicht eingenommen hätte. Anbetungswürdiger Herr! Möchten wir doch wenigstens näher bei Dir, in dir verborgen sein!

Wie unermesslich groß ist doch die Gnade, die uns in diese innige Gemeinschaft mit dem Herrn eingeführt hat! Die uns zu Priestern gemacht hat, damit wir an dem teilnehmen möchten, was die Wonne Gottes, unseres Vaters, ausmacht, an dem, was Ihm als ein Feueropfer lieblichen Geruchs dargebracht worden ist und was den Tisch Gottes bedeckt! Dies ist uns als unser ewiges und unveränderliches Teil durch einen Bund besiegelt. Deshalb durfte das Salz des Bundes unseres Gottes bei keinem Opfer fehlen. Es stellte die Festigkeit, die Dauerhaftigkeit und bewahrende Kraft dessen dar, was göttlich war, obgleich es für uns vielleicht nicht immer lieblich und angenehm ist. Es war das Siegel von Seiten Gottes, um zu bezeugen, dass jener liebliche Geruch nicht vorübergehend, und dass das Wohlgefallen nicht nur ein augenblickliches, sondern ein ewig dauerndes war. Denn alles, was von dem Menschen ist, vergeht. Alles, was von Gott ist, besteht ewiglich. Das Leben, die Liebe, die Natur und die Gnade sind bleibend. Diese heilige, absondernde Kraft, die uns vor Verderbnis bewahrt, ist von Gott und teilt die Beständigkeit der göttlichen Natur. Wir sind mit Ihm verbunden, nicht mittelst unsers eigenen Willens, sondern nach der Festigkeit der göttlichen Gnade. Diese Gnade ist tätig in uns, ist rein und heiligend – aber es ist Gnade. Wir sind mit Gott verbunden durch die Kraft des göttlichen Willens, durch die Unverbrüchlichkeit der göttlichen Verheißung, aber diese Kraft und diese Treue sind diejenigen Gottes, nicht die unsrigen. Sie sind gegründet auf das Opfer Christi, durch das der Bund Gottes uns besiegelt und untrüglich sicher gemacht worden ist. Anders würde Christus nicht geehrt sein. Es ist der Bund Gottes, fest geworden durch zwei unveränderliche Dinge, wobei es unmöglich ist, dass Gott lügen sollte (Heb 6,18).

Sauerteig und Honig, die Sinnbilder der Sünde und unserer natürlichen Zuneigungen, dürfen also dem Opfer Gottes nicht beigegeben werden, aber die Kraft Seiner Gnade (die das Böse nicht schont, aber das Gute sicher stellt), ist da, um uns zu dem unfehlbaren Genuss der Früchte und Wirkungen dieses Opfers zu befähigen. Das Salz machte nicht das Opfer aus, aber es durfte bei keinem Opfer fehlen. Es konnte in der Tat nicht fehlen bei dem, was von Gott war. Wir müssen uns daran erinnern, dass der wesentliche und unterscheidende Charakter des Speisopfers, wie des Brandopfers, der war, dass es Gott dargebracht wurde. Das konnte von Adam nicht gesagt werden. In seinem Stand der Unschuld erfreute er sich Gottes. Er dankte Ihm dafür oder hätte es wenigstens tun sollen. Aber es gab in seinem Fall nur Freude oder Genuss und Dankbarkeit. Er konnte sich nicht selbst Gott als Opfer darbringen. Das aber war das Wesen des Lebens Christi. Es wurde Gott dargebracht, und deshalb war es abgesondert, ganz und gar abgesondert von allem, was es umgab. Christus war heilig, nicht nur unschuldig, denn Unschuld ist das Nichtvorhandensein des Bösen, die Unkenntnis betreffs des Bösen, nicht aber die Absonderung von dem Bösen. Gott ist heilig. Er kennt das Gute und das Böse, aber Er ist unendlich über das Böse erhaben, völlig von ihm abgesondert. Christus war heilig, ich wiederhole es, nicht nur unschuldig, sondern heilig. Sein Wille war ganz und gar Gott geweiht. Er war abgesondert von dem Bösen und lebte in der Kraft des Heiligen Geistes.

Die wesentlichen Bestandteile des Speisopfers waren also Feinmehl, Öl und Weihrauch, die Sinnbilder der menschlichen Natur, des Heiligen Geistes und des Wohlgeruchs der Gnade. Sauerteig und Honig waren ausgeschlossen. Was die Art der Zubereitung betrifft, so mengte man den Kuchen mit Öl und salbte ihn mit Öl. Überdies durfte bei keinem Opfer das Salz des Bundes Gottes fehlen. Letzteres wird hier deshalb besonders erwähnt, weil man hätte denken können, dass bei dem, was die Gnade der menschlichen Natur Christi betraf, was den Menschen anging (einen Menschen, der sich selbst Gott opferte, nicht im Tode, sondern im Leben), das Salz, diese göttliche, erhaltende Kraft, hätte fehlen können, oder mit anderen Worten, dass es sich hier nur um die Handlung eines Menschen als solchen handle. – Noch einmal denn: das Wesentliche beim Speisopfer war dies, dass es auf dem Altar Gottes geopfert, dass es zum lieblichen Geruch verbrannt und aus den drei obengenannten Dingen hergestellt werden musste, aus Feinmehl, Öl und Weihrauch.

Fußnoten

  • 1 Das Speisopfer wurde in verschiedenen Formen dargebracht, aber alle stellten die beiden oben berührten Grundsätze ans Licht. Zunächst haben wir die große allgemeine Wahrheit: „seine Opfergabe soll Feinmehl sein; und er soll Öl darauf gießen und Weihrauch darauf legen“. Es gab Ofengebäck, Kuchen, gemengt mit Öl, und Fladen, gesalbt mit Öl, – alle selbstredend ungesäuert. Wurde ein Speisopfer in der Pfanne dargebracht, so mußte es Feinmehl sein, gemengt mit Öl, wenn im Napfe, Feinmehl mit Öl. So kam in allen Formen, in denen Christus als Mensch betrachtet werden konnte, die Abwesenheit der Sünde zum Ausdruck, sowie die Bildung Seiner menschlichen Natur in der Kraft des Heiligen Geistes und Seine Salbung mit dem Geist. Betrachten wir Seine menschliche Natur als solche in sich selbst, so ist Öl darauf gegossen. Sehen wir sie bis aufs äußerste erprobt, so kommt nichts als Reinheit und die Gnade des Geistes in ihr zum Vorschein. Betrachten wir sie in ihrem wesentlichen, inneren Charakter oder in ihrem äußeren Verhalten, so offenbart sich in jedem einzelnen Teil dieser vollkommenen und durch die Kraft des Geistes gebildeten Natur die völlige Abwesenheit der Sünde und die Macht des Heiligen Geistes.
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