Der 1. Brief an die Korinther
Kapitel 16
Die letzte Anordnung des Apostels in diesem Brief betrifft die besondere Sammlung, die damals für die Gläubigen in Judäa durchgeführt wurde. Heute ist in vielen religiösen Gruppen das Geld oft das erste Thema. Hier ist es das letzte. Doch wird es erwähnt, und Anweisungen von bleibendem Wert werden gegeben. In Vers 2 finden wir, dass regelmäßiges Geben befürwortet wird, im Gegensatz zu einem mehr vom Zufall bestimmten Geben. Gott erwartet angemessenes Geben, das im richtigen Verhältnis zu dem Gedeihen steht, wie Gott es darreicht. In den Tagen des Gesetzes setzte Gott die Abgabe auf ein Zehntel fest. Er hat für uns, die wir unter der Gnade sind, keine Verhältniszahl festgelegt, aber gerade deshalb wird uns – sollten wir hinter dem Maßstab des Gesetzes zurückbleiben – dazu am Richterstuhl des Christus Ernstes gesagt werden. Wenn alle Gläubigen sowohl im rechten Verhältnis zu ihrem Einkommen als auch regelmäßig gäben, würde es in Verbindung mit dem Werk des Herrn keine finanziellen Probleme geben. Die Kapiteleinteilung sollte uns nicht dazu führen, den Zusammenhang von Kapitel 15,58 mit 16,2 zu übersehen.
Danach beginnen abschließende Mitteilungen persönlicher Art, und die Verse 5–12 werfen weiteres Licht auf den Bericht in Apostelgeschichte 18,24–20,16. Paulus schrieb von Ephesus aus, inmitten eines großen Werkes bei vielen Widersachern, deren Feindschaft in dem großen Aufruhr im Theater einen Höhepunkt fand. Apollos hatte vor Paulus in Ephesus gearbeitet, und danach besuchte er Achaja, wo Korinth lag, nachdem er von Aquila und Priscilla in dem Weg des Herrn genauer unterwiesen worden war. Paulus war nach Ephesus gekommen, während Apollos in Korinth war, aber unterdessen war Apollos von Korinth aus weitergereist. Inzwischen erwog Paulus, durch Mazedonien zu reisen und auf seinem Weg Korinth zu besuchen. Die Reise nach Mazedonien kam zustande, wie Apostelgeschichte 20 berichtet, doch der Besuch in Korinth erfuhr einen Aufschub, wie wir aus dem 2. Korintherbrief erfahren. Paulus hatte Apollos vergeblich gebeten, die Korinther erneut zu besuchen.
Man ersieht hieraus, dass ein Diener, den Gott erweckt hat, allein dem Herrn als Auftraggeber verantwortlich ist und nicht einmal einem Apostel. Paulus beanspruchte keine Entscheidungskompetenz über Apollos. Und dass er ihn bat, zu gehen, lässt erkennen, dass er gegenüber diesem begabten Bruder, der plötzlich in Erscheinung getreten war, keinerlei Gefühle der Eifersucht hegte. Die Tatsache, dass Apollos fühlte, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht nach Korinth gehen sollte, zeigt wahrscheinlich an, dass er seinerseits nicht wünschte, sich vorzudrängen, um nicht die Flammen jenes Parteigängertums und jener Rivalitäten anzufachen, die sagen mochten: „Ich bin des Apollos.“
Die Korinther hatten nicht gewacht. Was den Glauben des Evangeliums betrifft, waren sie Schwankungen unterworfen gewesen. Sie hatten sich mehr wie schwache Kinder und nicht wie starke Männer betragen. Deshalb die eindringlichen Ermahnungen in Vers 13. Wir müssen diese Ermahnungen in Verbindung mit Vers 14 sehen, sonst könnten wir irregehen. Alles, was wir tun, muss „in Liebe“ geschehen. Andernfalls wird unsere Männlichkeit und Stärke ausarten und fleischliche, vielleicht brutale Züge annehmen. Christliche Männlichkeit und Kraft, die in Liebe ausgeübt wird, ist gottgemäß und vollmächtig.
Vers 15 wirft ein interessantes Streiflicht auf den Dienst. Das Haus des Stephanas hatte „sich selbst den Heiligen zum Dienst verordnet“. Von sich aus wollten sie den Mitgeschwistern zum Dienst zur Verfügung stehen, weil sie erkannten, dass sie so dem Herrn in Seinen Gliedern auf der Erde dienten. Vieles davon mochte zu dem üblichen Alltagseinerlei gehören, aber sie taten es für Christus. Wir befürchten, dass ein solcher Dienst nicht so häufig geschieht. In Vers 16 wird er lobend erwähnt. Er veranschaulicht wohl, was „Hilfeleistungen“ bedeuten, die unter den Gaben in Kapitel 12,28 aufgeführt sind.
In den drei letzten Versen sind Ernst und Gnade vermischt. Die Korinther waren hervorragend in den Gaben, aber unzureichend in der Liebe. Deshalb Vers 22. Viele von uns gleichen ihnen. Mögen wir es doch zu Herzen nehmen, dass es die Liebe ist, die zählt. Den Herrn Jesus nicht zu lieben, zieht einen Fluch nach sich bei Seiner Ankunft, wenn jedes Bekenntnis geprüft werden wird. „Maran atha“ ist nicht griechisch, sondern aramäisch, und bedeutet: „Der Herr kommt.“
Denen, die den Herrn lieben, reicht Er eine Fülle von Gnade dar, und zugleich strömt die Liebe all der Seinen zu ihnen aus, wie es in den herzlichen Grüßen zu sehen ist, mit denen der Apostel Paulus seinen Brief beschließt.