Sei stark und mutig!
Kapitel 6
Die Eroberung Jerichos
Israel vor Jericho (V. 1)
Die Situation des Volkes war menschlich gesprochen ausweglos. Die Wasser des Jordan, den sie einige Tage vorher trockenen Fusses überquert hatten, waren an ihren Ort zurückgekehrt und traten wie früher über alle seine Ufer.
Der Jordan war jetzt von der westlichen Seite aus genauso unüberwindbar wie vorher von der östlichen Seite, bevor die Bundeslade seine Macht überwunden hatte, um Israel einen Weg ins Land zu öffnen. Jetzt aber war ihnen der Rückweg abgeschnitten.
Vor dem Volk Israel richtete sich nun die scheinbar unüberwindbare Stärke der Stadt Jericho auf. Die Mauern, so schien es, reichten bis zum Himmel, und die Tore waren für die Israeliten fest verschlossen.
Das zeigt sofort, dass das Land der künftigen Ruhe zunächst ein Land des Kampfes war. Das gleiche gilt für das Leben eines Christen: Die Zeiten der Ruhe folgen den Zeiten des geistlichen Kampfes.
Aber das Volk war durch die drei Tatsachen in Kapitel 5 auf den Sieg vorbereitet, den Gott für sein Volk erringen wollte:
• die Absonderung für Gott und die Abwälzung der Schande der Welt (die Beschneidung und Gilgal);
• die geistliche Nahrung (das Passah und das Erzeugnis des Landes);
• schliesslich die herrliche Erscheinung von Christus als Oberster des Heeres des Herrn und Führer der Armee im Krieg.
Der Krieg gegen Jericho (V. 2-24)
Gott leitete im Kampf gegen Jericho und seinen König alles selbst. Zunächst bekamen Josua und das Volk die Zusage für den Sieg: «Siehe, ich habe Jericho und seinen König und die kriegstüchtigen Männer in deine Hand gegeben» (V. 2). Für das Volk genügte es, zu glauben und zu gehorchen. Die Einnahme Jerichos war für sie ein Akt des Glaubens (Heb 11,30). Zuerst der Gehorsam, dann die Kraft - so sieht die moralische Reihenfolge Gottes aus.
Das Volk sollte einen Zug bilden, der mehrmals die Stadt umziehen musste: Sieben Priester trugen sieben Hall-Posaunen und gingen vor der Bundeslade des Herrn her. Sie waren umringt von allen Kriegsleuten Israels. Der Mittelpunkt dieses Zuges war die Bundeslade, ein Bild von Christus. Sie wird nur im Bericht über den ersten Tag einmal in Vers 11 erwähnt. Durch diese Anordnung Gottes lernen wir, dass die Macht Christi inmitten des Volkes durch die Posaunen - ein Bild des Wortes Gottes - verherrlicht wird. Der Eifer Josuas und der Eifer des Volkes werden dadurch betont, dass sich Josua und das Volk früh aufmachten (V. 12.15).
Die von Gott angeordneten göttlichen Instrumente für das Volk Israel hatten für die Welt keinen Wert. Aber wir wissen: «Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit; denn das Törichte Gottes ist weiser als die Menschen, und das Schwache Gottes ist stärker als die Menschen» (1. Kor 1,24.25); und: «Die Waffen unseres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern göttlich mächtig zur Zerstörung von Festungen» (2. Kor 10,4).
Nach der siebten Umrundung der Stadt am siebten Tag und auf das grosse Geschrei des Volkes hin «stürzte die Mauer an ihrer Stelle ein» (V. 20). Etwas Vergleichbares hatte es noch nie gegeben! Dadurch wurde deutlich, dass es sich nur um einen Akt göttlicher Macht handeln konnte.
Danach führte das Volk das von Gott angeordnete Gericht aus: «Sie verbannten mit der Schärfe des Schwertes ...» (V. 21). Genau so besitzt der Christ die Waffen des Lichts (Rö 13,12): Er muss «das Schwert des Geistes, das Gottes Wort ist» (Eph 6,17) ergreifen, um gegen seine geistlichen Feinde in den himmlischen Örtern zu kämpfen.
Der Fluch über Jericho und die Errettung von Rahab (V. 25.26)
Gott stellte die Stadt mit ihrem ganzen Reichtum unter einen Bann (V. 17.18). Im Auftrag des Herrn verbanntes Gut gehörte Ihm, während verbannte Menschen getötet werden mussten (3. Mo 27,28.29). Denn es konnte unmöglich Gemeinschaft zwischen dem Volk Gottes und den Feinden und ihrem Besitz geben. Allerdings wurden die Reichtümer, die der Prüfung durch Feuer standhielten, durch das Gericht geheiligt und gehörten von da an zum göttlichen Schatz.
Das Volk setzte dieses Gebot des Herrn praktisch um (V. 24). Ein Vergehen gegen dieses Gebot stellte den, der die Tat beging und sogar das ganze Volk - weil es mit dem Übeltäter verbunden war - unter das gerechte Gericht Gottes.
Rahab und ihre Familie, die unter dem Schutz der Karmesinschnur standen, wurden vor dem Gericht gerettet. Ihre Sicherheit ruhte auf den beiden Kundschaftern inmitten des Volkes Gottes, die sich vor Gott Rahab gegenüber durch einen Schwur sozusagen «verpflichtet» hatten (V. 22.23.25). Jericho wurde schliesslich durch Feuer völlig zerstört. Alle Einwohner kamen aufgrund ihres Unglaubens ums Leben (Heb 11,31), während Rahab und ihr Haus durch ihren Glauben gerettet wurde.
Die Szene des Gerichts über die Feinde Gottes und ihren König schliesst mit dem göttlichen Fluch über diese Stadt sowie über den, der sie wieder aufbauen würde (V. 26). Hiel, ein Israelit aus Bethel, zog sich diesen Fluch in den traurigen Tagen Ahabs, die vom Abfall der Kinder Israels geprägt waren, wortwörtlich zu (1. Kön 16,34).
Die Folge des ersten Sieges (V. 27)
Gott bezeugt hier seine volle Zustimmung über seinen treuen Diener Josua: «Der Herr war mit Josua, und sein Ruf verbreitete sich durch das ganze Land» (V. 27). Derselbe Ausdruck wird für Joseph in Ägypten benutzt (1. Mo 39,2.21), der von seinen Brüdern verkauft worden war (Apg 7,9). Das ist ein schöner Hinweis auf Den, der in seiner Person wie Joseph und in seinem Auftrag wie Mose verworfen wurde: «Jesus, den von Nazareth ..., denn Gott war mit ihm» (Apg 10,38). Aber von Christus allein kann gesagt werden, dass «Gott in Christus war» (2. Kor 5,19), denn «es war das Wohlgefallen der ganzen Fülle, in ihm zu wohnen» (Kol 1,19; 2,9); «Christus, der über allem ist, Gott gepriesen in Ewigkeit» (Rö 9,5).
Für Israel war die Eroberung Jerichos ein vollkommener Sieg der Macht Gottes über ihre Feinde. Es ist ein Bild davon, wie Christus in den letzten Tagen die Macht des Bösen umstürzen wird. Das Volk sah nun das ganze Land offen vor sich. Aber die Eroberung sollte nach der von Gott vorgesehene Strategie erfolgen. Von Jericho ging es in Richtung Westen, um so die Feinde des Südens und des Nordens voneinander zu trennen, bevor sie diese Feinde attackieren und der Reihe nach bezwingen sollten.
Die drei Phasen des Kampfes werden uns zu unserer moralischen Belehrung in den Kapiteln 6 - 11 vorgestellt:
a) Der Vorstoss in Richtung Westen durch die Eroberung von Jericho und Ai (Kapitel 6 - 8): In Jericho waren der Glaube, der Gehorsam und der Mut des Volkes die Voraussetzung für den göttlichen Sieg. Im Gegensatz dazu steht Ai, wo sich das Volk durch Selbstzufriedenheit und Gier leiten liess und die erste Niederlage erlebte.
b) Die Eroberung des Südens (Kapitel 9 und 10): Gibeon und Beth-Horon charakterisieren diese Etappe.
c) Die Eroberung des Nordens und die Wasser Meroms (Kapitel 11).