Sei stark und mutig!
Kapitel 3
Der Durchzug durch den Jordan
Die geistliche Bedeutung des Passahs, des Roten Meers und des Jordan
Der Jordan war für Israel die Trennung zwischen der Wüste und dem verheissenen Land. Um die geistliche Bedeutung des Jordan zu verstehen, ist es angebracht, die Geschichte Israels als Vorbild für uns zu betrachten (1. Kor 10,11).
Die Absicht Gottes war es, das Volk Israel aus der Sklaverei in Ägypten herauszuführen und in das Land zu bringen, das Er ihnen als Erbe geben wollte. Es waren drei Schritte in der Geschichte Israels notwendig, um dieses göttliche Ziel zu erreichen: das Passah, der Durchzug durch das Rote Meer und der Durchzug durch den Jordan.
Alle drei Ereignisse sprechen vom Tod Christi und zeigen die daraus hervorgehenden Konsequenzen in drei verschiedenen, sich ergänzenden Aspekten.
Das Passah
Hier zeigt sich Gott als Richter: «Ich werde in dieser Nacht durch das Land Ägypten gehen und alle Erstgeburt im Land Ägypten schlagen» (2. Mo 12,12). Das Passahlamm als blutiges Opfer entspricht den Anforderungen des göttlichen Gerichts. Das Lamm, ein Bild von Christus, dem Lamm Gottes, sollte zwischen den zwei Abenden geschlachtet werden. Das am Feuer gebratene Fleisch wurde von den Israeliten mit ungesäuertem Brot und bitteren Kräutern gegessen (2. Mo 12,8).
Das Blut des Lammes ist ein Bild vom kostbaren Blut Christi (1. Pet 1,19). Es musste an die beiden Pfosten und an den Türsturz gestrichen werden. Das Wort «Passah» bedeutet «vorübergehen» (2. Mo 12,13). Als der Herr in der Nacht an der Erstgeburt Ägyptens Gericht übte, sah Er das Blut und ging an den Häusern der Israeliten vorbei. Er verschonte sie vor dem Gericht.
Das Passah ist also ein Bild des Todes Christi, wo Er unser Stellvertreter im Gericht Gottes war. Später wurde das Passahfest für Israel die Erinnerung an die Befreiung aus Ägypten, die durch den Durchzug durch das Rote Meer vollendet wurde.
Das Rote Meer
Das Volk war dem Gericht über die Erstgeborenen entkommen, befand sich aber immer noch in Ägypten, vom Pharao und seiner Armee bedroht. Es war ein weiteres göttliches Eingreifen nötig, um das Volk aus Ägypten und der Macht Pharaos zu befreien. Gott erzeigte sich hier als ein Befreier: «Steht und seht die Rettung des Herrn, die er euch heute verschaffen wird» (2. Mo 14,13).
Das Rote Meer ist also ein Bild vom Tod Christi, durch den Er uns der Macht Satans entreisst. «Damit er durch den Tod den zunichte machte, der die Macht des Todes hat, das ist den Teufel, und alle die befreite, die durch Todesfurcht das ganze Leben hindurch der Knechtschaft unterworfen waren» (Heb 2,14.15). Mit dem Durchzug durch das Rote Meer war das Volk befreit und erlöst. Das Rote Meer ist somit auch ein Bild der Erlösung: «Du hast durch deine Güte geleitet das Volk, das du erlöst hast, hast es durch deine Stärke geführt zu deiner heiligen Wohnung» (2. Mo 15,13).
Obwohl Israel sich jetzt in der Wüste befand, sah Gott es von diesem Augenblick an als im Land der Verheissung angekommen. Der Unglaube des Volkes, wovon im 4. Buch Mose und rückblickend am Anfang des 5. Buches Mose im Einzelnen berichtet wird, änderte nichts an der Absicht Gottes für sein Volk. Nur die Wüstenreise, die eigentlich 11 Tage dauern sollte, wurde zu einer langen Prüfung von 38 Jahren (5.Mo 1,2).
Die Wege Gottes passten sich hier dem Verhalten des Volkes an, aber der Ratschluss Gottes wurde durch das Versagen des Volkes nicht verändert.
Der Jordan
Damit das Volk in Kanaan einziehen konnte, musste es den Jordan als letztes Hindernis überqueren. Es war ein unüberwindbarer Fluss, denn «der Jordan ist voll über alle seine Ufer die ganze Zeit der Ernte hindurch» (Jos 3,15).
Auch der Jordan ist ein Bild vom Tod Christi. Hier ist der Gläubige eins gemacht mit Christus in seinem Tod, um – befreit von allem – befähigt zu sein, alles zu geniessen, was Gott uns im Herrn Jesus geschenkt hat. Beim Passah kann der Gläubige mit Dankbarkeit sagen: «Christus ist für uns gestorben» (Rö 5,8). Am Roten Meer weiss er: «Wir sind mit Christus gestorben» (Rö 6,8). Am Jordan fügt er schliesslich hinzu: «Er hat uns mitauferweckt und mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christus Jesus» (Eph 2,6).
Die geistliche Anwendung für den Christen
Es ist wichtig, den Unterschied zwischen der Stellung Israels, dem irdischen Volk Gottes, und unserer Position, dem himmlischen Volk Gottes, zu verstehen. Israel erlebte die drei Etappen seiner vollen Erlösung nacheinander. Die Erlösung von
• dem Gericht Gottes durch das Passah,
• der Sklaverei und der Macht der Feinde, indem es durch das Rote Meer zog,
• der Schande Ägyptens und den Spuren der Welt, indem es durch den Jordan zog.
Tatsächlich haben nur zwei Männer, Josua und Kaleb, diese drei Etappen erlebt. Alle aus Ägypten erlösten Männer und Frauen über 18 Jahre alt kamen auf der Wüstenreise wegen ihrer Untreue ums Leben. Sie wurden durch eine neue Generation ersetzt, die in das Land hineinkam (1. Kor 10,5; Heb 3,16–18).
Im Gegensatz zu Israel erlebt der Gläubige die geistliche Bedeutung aller drei Etappen in seinem Leben auf der Erde. Wenn seine Seele durch den Gedanken an das gerechte Gericht Gottes innerlich geübt ist und er seine Versklavung unter die Macht Satans erkennt, findet er in Christus (dem Lamm Gottes) und in seinem Tod (dargestellt durch das Rote Meer) die Grundlage seines Heils und seiner Erlösung.
Die alltäglichen Erfahrungen eines Christen, die nach der Neugeburt beginnen, lassen sich dann mit der Wüstenreise des Volkes Israel vergleichen.
Gott möchte aber auch, dass wir von Anfang an im Glauben den Wert des Todes des Herrn Jesus im Blick auf die geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern erfassen. Dann können wir geistlicherweise in die himmlischen Örter eintreten und dort die Segnungen geniessen, die wir in Christus besitzen. Dafür ist es notwendig, zu verwirklichen, dass wir mit Christus gestorben sind, was uns im Durchzug durch den Jordan vorgebildet wird. Nur so können wir uns an dem erfreuen, was uns Gottes Gnade gibt. Diese Wahrheiten bestätigen sich im weiteren Verlauf des Buches Josua, als das Volk Israel ein neues Lebensmittel bekam. In der Wüste hatte Gott ihnen das Manna gegeben. Nachdem sie durch den Jordan gezogen waren, assen sie vom Ertrag des Landes (Jos 5,12). Diese Speise ist für uns ein Bild des verherrlichten Christus.
Zusammenfassend kann man sagen, dass Gott uns mit sich versöhnt und uns vergeben hat (das Passah). Er hat uns mitlebendig gemacht (das Rote Meer), uns mitauferweckt (der Jordan) und uns mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christus Jesus (Einzug ins Land) (Eph 2,5.6). Dort dürfen wir uns schon durch Glauben geistlicherweise aufhalten, während wir noch auf der Erde leben. Gleichzeitig erwarten wir die ganze Fülle der Herrlichkeit mit dem Wiederkommen Christi.
Die moralische Einheit der Unterweisung
Die Schrift unterscheidet also klar die drei Abschnitte der vollkommenen Befreiung des Volkes. Jedoch trennt sie diese drei Punkte niemals voneinander, da es sich ja um drei Aspekte ein und desselben Erlösungswerks handelt.
Die Passahnacht sollte von allen Kindern Israel und ihren Nachkommen beachtet werden (2. Mo 12,14; 13,8.14). Es war sowohl das Gedächtnis an das Passah, als auch an den Auszug aus Ägypten (2. Mo 12,42). Denn letztlich sind das Passah und der Durchzug durch das Rote Meer miteinander verbunden.
Anderseits gehören auch der Durchzug durch das Rote Meer und der Durchzug durch den Jordan, obwohl sie durch die Wüstenreise getrennt sind, zusammen. Dies macht der Heilige Geist in zwei Psalmen deutlich: «Er verwandelt das Meer in trockenes Land; sie gingen zu Fuss durch den Strom» (Ps 66,6). «Das Meer sah es und floh, der Jordan wandte sich zurück ... Was war dir, du Meer, dass du flohest, du Jordan, dass du dich zurückwandtest?» (Ps 114,3.5).
Die Belehrungen an das Volk (V. 1–13)
Sittim war der letzte Lagerplatz Israels in der Wüste. Dorthin waren die Kundschafter nach der Ausführung ihres Auftrags zu Josua zurückgekehrt (Jos 2,1.23). Der Name dieses Ortes bedeutet Akazie und erinnert an das Holz, aus dem die Bundeslade gebaut war. Das Volk verliess nun Sittim und zog an den Jordan, um dort die Nacht zu verbringen. Es wartete am Jordan drei Tage, bevor es weitere Anweisungen von den Vorstehern erhielt. Diese drei Tage erinnern uns an den Tod und die Auferstehung von Christus.
Der Weg Israels durch den Jordan wurde durch die Bundeslade bezeichnet. Während der Wüstenreise wurde das Volk von der Wolke (ein Bild der Gegenwart Gottes) und der Bundeslade (ein Bild von Christus und seinem Werk) begleitet. Die Bundeslade ging dem Volk Israel voraus, um ihnen einen Ruheort ausfindig zu machen (4. Mo 10,33–36). Hier bahnte sie dem Volk einen Weg durch die tiefen Wasser des Gerichts (den Jordan). In dieser Begebenheit zeigt die Bundeslade vorbildlich – durch ihre vier verschiedenen Bezeichnungen – Jesus Christus von den vier Seiten, wie Er auch in den vier Evangelien dargestellt wird.
Das Volk sollte der Bundeslade, die von den Priestern getragen wurde, in einem Abstand von etwa 2'000 Ellen folgen, was etwas mehr als 1'000 Meter sind. Wer könnte Dem folgen, der sich allein aufmachte, um an unserer Stelle dem Gericht und dem Tod zu begegnen? Schon im Garten Gethsemane waren die Jünger einen Steinwurf weit von ihrem Herrn entfernt, der in seiner Angst die Schrecken des Todes in der Seele empfand (Lk 22,41).
Mit dem Durchzug der Bundeslade durch den Jordan eröffnete sich ein neuer, allen unbekannter Weg. Aber der Glaube sah ihn schon:
• Zunächst erforderte dieser Weg die Trennung vom Bösen: «Heiligt euch» (V. 5). Das Kreuz Christi bildet für den Christen die Grenze zur Welt, zum Fleisch und zum Tod (Gal 6,14).
• Weiter würde Gott zur Durchquerung des Jordan Wunder vollbringen (V. 5). Gottes Wundertun hatten sie schon im Lied der Erlösung nach dem Durchzug durch das Rote Meer besungen (2. Mo 15,11). Gott «hat ein Gedächtnis gestiftet seinen Wundertaten» (Ps 111,4).
• Dieses Werk offenbarte auch die Gegenwart eines lebendigen Gottes inmitten seines Volkes (V. 10).
• Schliesslich versicherte ihnen diese mächtige Tat Gottes, dass Er die sieben Nationen Kanaans (die Kanaaniter, Hethiter, Hewiter, Perisiter, Girgasiter, Amoriter und die Jebusiter) vertreiben würde, um Israel das Land als Erbe zu geben (V. 10; Jos 24,11; 5. Mo 7,1). Diese Nationen werden vom Apostel Paulus in seiner Ansprache in Antiochien in Pisidien erwähnt (Apg 13,19).
Der Durchzug durch den Jordan (V. 14–17)
Der Durchzug fand um die Zeit der Gerstenernte statt, in der der Jordan durch die Schneeschmelze über alle seine Ufer trat. Kann es einen klareren Hinweis auf die Wasser des Gerichts geben, in die unser Herr gekommen ist? «Tiefe ruft der Tiefe beim Brausen deiner Wassergüsse; alle deine Wogen und deine Wellen sind über mich hingegangen» (Ps 42,8).
Als die Priester, die die Bundeslade trugen, ihre Füsse «in den Rand des Wassers tauchten», blieben die von oben herabfliessenden Wasser stehen und bildeten bei der Stadt Adam einen Damm (V. 16). Diese Stadt, die nur hier erwähnt wird, trägt den Namen jenes Mannes, durch den die Sünde und der Tod in die Welt gekommen sind (Rö 5,12). Aber Christus (die Bundeslade) hat uns durch seinen Tod das ewige Leben geschenkt.
Die abfliessenden Wasser flossen in Richtung Totes Meer, damit alle Israeliten trockenen Fusses den Jordan durchqueren konnten (V. 17). Die Macht des Todes ist sowohl in Bezug auf ihre Quelle als auch im Blick auf ihre Reichweite durchbrochen worden, und zwar durch die unüberwindliche Macht Gottes, die zu Gunsten seines Volkes handelte. Der Zugang zum Land – einem Bild von den himmlischen Örtern – steht seit dem Tod, der Auferstehung und Verherrlichung von Christus offen – jedoch nur in Christus.
Der Durchzug durch das Rote Meer fand nachts statt. Das Volk zog da zwischen zwei Mauern von Wasser hindurch (2. Mo 14,22). In der spürbaren Gegenwart des Todes und verfolgt vom Feind hatte das Volk zunächst keinen Blick für die von Gott gewirkte Errettung. Doch jenseits des Todes wurde der Sieg in einem freudevollen Lied gefeiert.
Im Gegensatz dazu fand der Durchzug durch den Jordan bei Tag statt und mit einem tieferen Bewusstsein für die durch Gott gewirkten Wunder. Der Tod und das Gericht stehen hier, was die geistliche Bedeutung betrifft, nicht im Vordergrund. Die Blicke des Glaubens richten sich auf die Bundeslade, d.h. auf Christus, der für uns das Gericht erduldete und den Tod erlitt. Daher lesen wir hier von Besinnung und Ruhe, die die Feierlichkeit des Augenblicks ausmachten.
Gott wird als «Herr der ganzen Erde» bezeichnet (V. 11.13): «Gott, der Höchste, der Himmel und Erde besitzt» (1. Mo 14,19), bringt sein Volk in das Land seines Besitztums.
In der heutigen Zeit ist Israel aufgrund seiner Untreue beiseite gesetzt worden. Gott führt den Titel «Gott des Himmels» (Dan 2,37). Als verworfener König macht Christus keinen Gebrauch von seinen Rechten, von denen Er nach seiner Auferstehung zu seinen Jüngern sprach: «Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf der Erde» (Mt 28,18).
In künftigen Tagen werden die Nationen Israel mit einem Strom von Drangsalen überschwemmen, wovon der überflutete Jordan ein erschütterndes Bild ist. Schon in seinem Tod hat Christus sich mit den zukünftigen Leiden seines irdischen Volkes eins gemacht: «In all ihrer Bedrängnis war er bedrängt, und der Engel seines Angesichts hat sie gerettet» (Jes 63,9). Insofern wird Er zugleich Sicherheit und Befreiung für sein irdisches Volk sein. Er wird die Rechtssache Israels in seine Hand nehmen und das Gericht ausführen, das Gott Ihm als Sohn des Menschen übertragen hat (Apg 17,31).