Das Kommen des Herrn
Die Bedeutung der Entrückung (Off 12)
Offenbarung 12
Der Gegenstand unserer Betrachtung, dessen Grundzüge uns im zwölften Kapitel der Offenbarung in bildlicher Darstellung gegeben werden, sind 2 Dinge:
- Die Entrückung der Versammlung Gottes, der himmlischen Heiligen, um bei Christus zu sein, und die uns gegebenen Verheißungen
- Die unerschütterliche Gewissheit, dass das Volk der Juden wiederhergestellt wird und in ihrem Land als eine Nation auf der Erde sein werden.
Beide Punkte finden ihre Verbindung in der Ausführung der Gerichte über diese Welt – es würde andernfalls zwecklos sein, sie überhaupt in eine Beziehung zueinander zu bringen – mit dem Unterschied, dass die Entrückung dazu führt, die Heiligen vor dem Gericht zu bewahren, während andererseits die auf der Erde verbleibenden Juden und die Heidenvölker ebenfalls mit ihnen durch die über sie hereinbrechenden Gerichte hindurchgehen müssen. Auch Lot musste alle über Sodom kommenden Gerichte mit erleiden, aber er selbst wurde gerettet, doch so wie durchs Feuer; dagegen Abraham von der sicheren Höhe des Gebirges aus die Gerichte über die schuldigen Städte der Ebene hernieder gehen sah; oder auch wie Noah durch die Flut hindurchgerettet, Henoch aber zuvor in den Himmel aufgenommen wurde.
Diese beiden Vorbilder werden als übereinstimmend bezeichnet mit den beim Kommen des Sohnes des Menschen eintretenden Ereignissen.
In eben diesen beiden Fällen haben wir einerseits die eine Gruppe von Personen, die ganz und gar außerhalb des Bereiches und des Weges der kommenden Gerichte steht und andererseits den Kreis derjenigen Personen, die durch die Gerichte hindurchgerettet werden, während die große Masse der Menschen darin zugrunde geht. Dieser Personenkreis besteht, wie wir noch ausführlicher sehen werden, aus Juden und auch aus einigen Heiden.
Bei früherer Gelegenheit haben wir gesehen, dass die Versammlung Gottes den Mittelpunkt der himmlischen Herrlichkeit bildet, – natürlich mit Christus als Haupt, der der Mittelpunkt von allem ist, – und dass die Juden das Zentrum des irdischen Bereichs, der irdischen Segnungen bilden. Beide Punkte erhalten ihre besondere Bedeutung dadurch, dass die Heiligen durch die Entrückung mit dem Herrn im Himmel vereinigt werden, um dort seine eigene Herrlichkeit und seine Segnungen mit ihm zu teilen, und dass danach die Juden in die Segnungen auf dieser Welt eingeführt werden und zwar unter der Herrschaft des Christus, nicht etwa, dass sie mit ihm herrschen, wohl aber eine große Nation auf der Erde bilden werden. Diese beiden Tatsachen sind die beiden großen Zielpunkte Gottes.
In Offenbarung 12 haben wir zunächst Christus selbst und die Versammlung zusammen mit Ihm in dem männlichen Sohn bildlich dargestellt. In dem Weib, das für eine Zeit von 1260 Tagen der Verfolgung entflieht, erkennen wir den jüdischen Überrest, das sind die, die in den Gerichten verschont bleiben, aber noch nicht in die Herrlichkeit eingegangen sind. – Auf diese Weise werden uns die beiden erwähnten Punkte vor Augen gestellt. Wir finden dabei, dass eine Betrachtung der Segnungen der Versammlung uns notwendigerweise auch auf einen anderen Gegenstand aufmerksam werden lässt, und zwar was man die allgemeine Auferweckung nennt, ein Begriff, der einem jeden ohne weiteres geläufig erscheint und der – wie wir von vorne herein gleich ausdrücklich klarstellen wollen – dennoch dem Wort Gottes völlig unbekannt ist. Es soll nicht in Abrede gestellt werden, dass es sich dabei um eine bei den Juden, oder doch wenigstens bei den Pharisäern, vorherrschende Auffassung handelte, wonach gewiss alle Juden – die Heiden wurden von ihnen als Hunde angesehen – zusammen wieder auferweckt werden; aber der Herr selbst hat diese Auffassung deutlich widerlegt.
Wenn wir die Wahrheit von der Entrückung der Versammlung verstanden haben, so werden wir auch hinsichtlich der Auferstehung das richtige Verständnis haben können; denn alle die entschlafenen Heiligen müssen ja zu diesem Zweck erst einmal auferstehen. Unter den „Heiligen“ haben wir dabei stets sowohl die Gläubigen des Alten Testaments wie auch die Heiligen aus den Haushaltungen des Neuen Testaments zu verstehen.
Um von diesen Dingen ein klares Verständnis zu haben, ist es wichtig, auf einen anderen bedeutungsvollen Punkt hinzuweisen, nämlich dass Gott seine Herrschaftsansprüche an diese Welt jetzt nicht zur Ausübung bringt. Im Weg der Vorsehung herrscht er selbstverständlich allezeit über alle Dinge, aber sein Walten und Herrschen in dieser Welt in der jetzigen Zeit, da Christus seinen Platz zur Rechten Gottes in der Höhe eingenommen hat, während er die Miterben Christi zusammenbringt, damit sie mit ihm herrschen, wenn er das Erbe antritt, ist doch gänzlich verschieden von der Ausübung der Herrschaft Gottes in dem nachfolgenden Zeitalter. Er allein weiß, wann der Augenblick des Antritts seiner völligen Herrschaft gekommen sein wird. Dann, wenn alle seine Feinde zum Schemel seiner Füße gelegt sind, wird Christus aufstehen von dem Thron seines Vaters und seinen eigenen Thron einnehmen. Solange er aber auf dem Thron seines Vaters sitzt und nachdem der Heilige Geist im Anschluss an die Himmelfahrt des Herrn auf die Erde herabgesandt wurde, ist er damit beschäftigt, sich aus dieser Welt ein Volk für seinen Namen herauszusuchen, ein Volk von Erben Gottes und Miterben des Christus.
Diese Zeitspanne, die als eine Zwischenperiode in die Wege Gottes mit seinem irdischen Volk eingeschoben wird, wird so klar wie nur möglich am Ende des 9. Kapitels im Buch Daniel erwähnt. Es ist gut darauf hinzuweisen, denn ohne dies richtig verstanden zu haben, würden wir andernfalls für die Weise Gottes mit den Menschen kein Verständnis haben können. Am Schluss von Daniel 9 spricht also der Geist Gottes davon, dass erst eine gewisse Spanne Zeit zu Ende gehen müsse, bevor Jerusalem den vollen Segen erhalten kann; und wir sehen, dass dies in Beziehung steht zu der bereits erwähnten, unterbrechenden Zeitspanne, während der die Juden völlig beiseite gesetzt sind. Im 24. Vers heißt es: „Siebzig Wochen sind über dein Volk und deine heilige Stadt bestimmt, um die Übertretung zum Abschluss zu bringen und den Sünden ein Ende zu machen, um die Ungerechtigkeit zu sühnen und eine ewige Gerechtigkeit einzuführen, um Gesichte und Propheten zu versiegeln, und ein Allerheiligstes zu salben. So wisse denn und verstehe: Vom Ausgehen des Wortes, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen bis auf den Messias, den Fürsten, sind sieben Wochen und zweiundsechzig Wochen. Straßen und Gräben werden wiederhergestellt und gebaut werden, und zwar in Drangsal der Zeiten“ (Dan 9, 24. 25). Das hat seine Erfüllung gefunden, und wir wissen, dass der Bau des Tempels sechsundvierzig Jahre gedauert hat (Joh 2, 20). – „Und nach den zweiundsechzig Wochen wird der Messias weggetan werden und nichts haben,“ – wobei die übrigen sieben Wochen hinzugezählt werden müssen, also im ganzen neunundsechzig Wochen ausmachen. Er hat das Reich nicht in Empfang genommen, er wurde hinweggetan und sollte „nichts haben“. Gewiss besaß er im Himmel alle Herrlichkeit, aber von den Dingen dieser Erde, von denen wir hier reden, hat er nichts empfangen und nichts gehabt. – „Und das Volk des kommenden Fürsten wird die Stadt und das Heiligtum zerstören und das Ende davon wird durch die überströmende Flut sein; und bis ans Ende: Krieg, Festbeschlossenes von Verwüstung.“ Dabei handelt es sich um die uns allen bekannten Geschehnisse, dass Titus kam und die Stadt zerstörte, bis in ihr nicht ein Stein auf dem anderen gelassen wurde.
Nun ist aber von den siebzig Wochen noch eine Woche übrig, denn bisher war nur von neunundsechzig die Rede. In Verbindung damit haben wir den großen Grundgedanken, den wir, ohne vorher auf die Einzelheiten eingehen zu können, unbedingt festhalten müssen. Es werden neunundsechzig Wochen gezählt, und dann kommt eine Unterbrechung. Der Messias kommt, wird verworfen und hinweggetan; das Reich nimmt er nicht in Besitz, er sollte „nichts haben“. Zwar wird ihm das Kreuz zuteil, aber das ist auch alles, was ihm wird. Dennoch steigt er in den Himmel hinauf und darum müssen ihm, solange er droben ist, auch unsere Herzen folgen, hinauf in den Himmel.
Dann kommt die Zeit des Endes. „Und er wird einen festen Bund mit den Vielen (d. h. mit der Masse des jüdischen Volkes; siehe Anmerkung zu Dan 9, 27) schließen für eine Woche.“ Beachten wir dabei, was zuvor gesagt ist: „... bis ans Ende Krieg, Festbeschlossenes von Verwüstung!“ Was den Zeitpunkt betrifft, so ist alles im Dunkeln gelassen. Diese Verwüstungen werden fortschreiten, niemand weiß wie lange noch nach der Zerstörung Jerusalems, nachdem der Messias nichts empfangen und diese Erde wieder verlassen hatte. – „Und nun wird er einen festen Bund mit den Vielen schließen für eine Woche; und zur Hälfte der Woche wird er Schlachtopfer und Speisopfer aufhören lassen. Und wegen der Beschirmung der Gräuel – d.h. wegen des Götzendienstes – wird ein Verwüster kommen und zwar bis Vernichtung und Festbeschlossenes über das Verwüstete ausgegossen werden“ (Dan 9, 25–27).
Hier haben wir also einen sehr einfachen und dabei doch so klaren Hinweis für die Auslegung der Prophezeiung: dass für die heilige Stadt, zwar auch für die Heiden, aber in erster Linie doch für die Juden, eine Zeitspanne von siebzig Wochen festgelegt war, bis die gesamte Weissagung ihre Erfüllung gefunden haben würde; nachdem aber neunundsechzig Wochen abgelaufen waren, würde der Messias kommen, hinweggetan werden und nichts haben – und das hat tatsächlich auch bereits seine Erfüllung gefunden; dann würden Kriege kommen und ähnliches, und die Stadt würde zerstört werden; darauf würden die Zeiten der Nationen ihren Anfang nehmen und, wie wir aus Römer 11 wissen, würde Israel zum Teil Verstockung widerfahren, bis dass die Zeiten der Nationen erfüllt sein würden. So sagt auch der Herr, nachdem er von der Zerstörung Jerusalems durch Titus gesprochen hat, dass „Jerusalem von den Nationen zertreten werden wird, bis dass die Zeiten der Nationen erfüllt sein werden“ (Lk 21, 24).
Das nimmt jetzt seinen Fortgang. Jerusalem wird auch jetzt noch zertreten. Christus hat seine große Macht und seine Herrschaft noch nicht angetreten, von der in dem unserer Betrachtung vorhergehenden Kapitel (Off 11, 17) die Rede ist. Noch ist Jerusalem verwüstet und die Zeiten der Nationen dauern noch an, – wenn sie auch sehr bald ihr Ende finden werden; aber sie dauern jetzt noch an und der Herr sitzt noch zur Rechten Gottes des Vaters, gemäß dem Wort: „Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde lege zum Schemel deiner Füße!“ (Ps 110, 1; Heb 1, 13).
Während Er aber zur Rechten Gottes sitzt, ist der Heilige Geist hernieder gekommen, um uns zu verkünden, dass, wenn auch die Menschen ihn verwarfen, dennoch der Himmel ihn aufgenommen hat (Apg 3, 21) und dass, nachdem die ewige Erlösung und die heilbringende Gnade uns gebracht ist, er droben darauf wartet, seine Miterben mit sich zu vereinigen. Inzwischen sind aber die Juden beiseite gesetzt, die Zeiten der Nationen dauern an, und noch ist nichts in Erfüllung gegangen oder zur Ausführung gelangt, weil er noch damit beschäftigt ist, die himmlischen Heiligen alle zusammenzubringen. Diese himmlischen Heiligen nun, wie wir bereits gesehen haben, sind mit Christus völlig einsgemacht; er schämt sich nicht, sie Brüder zu nennen. Er ist der Erstgeborene unter vielen Brüdern, die in das Bild des Sohnes Gottes verwandelt werden sollen, die auch Glieder seines Leibes sind von seinem Fleisch und von seinen Gebeinen. „Denn“, so heißt es, „niemand hat jemals sein eigenes Fleisch gehasst, sondern er nährt und pflegt es, wie auch der Christus die Versammlung. Denn wir sind Glieder seines Leibes, von seinem Fleisch und seinen Gebeinen“ (Eph 5, 29–30). Diese Heiligen sind aber auch die Braut des Christus. Was Eva für Adam war, das ist auch die Versammlung Gottes für Christus. Und er ist in dieser Zeit damit beschäftigt, die Heiligen zusammenzubringen, damit sie diese Stellung einnehmen. Es handelt sich jetzt nicht für ihn um ein Ausführen der Ratschlüsse Gottes mit dieser Erde, sondern um das Zusammenbringen der Heiligen Gottes für den Himmel; und solange er die Gläubigen für den Himmel sammelt, sitzt er zur Rechten Gottes, bis seine Feinde zum Schemel seiner Füße gelegt sind. In Anwendung auf den 2. Psalm sagt der Apostel im 2. Kapitel des Hebräerbriefes: „Jetzt aber sehen wir ihm noch nicht alles unterworfen. Wir sehen aber Jesus, der ein wenig unter die Engel wegen des Leidens des Todes erniedrigt war, mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt“ (Heb 2,9).
In Verbindung hiermit verweisen wir, ohne im Augenblick auf die Einzelheiten einzugehen, auf den besonders kostbaren Gedanken, dass, wenn wir im Alten Testament die Versammlung Gottes suchen, wir nur immer Christus finden; wenn es sich dagegen um die gesegnete Stellung und die dem Herrn gehörende Herrlichkeit handelt, die Versammlung stets als deren Teilhaberin dargestellt wird. Im Hinblick auf die Erfüllung der Prophezeiungen Gottes sehen wir also, dass die Versammlung zuvor von diesem Schauplatz gänzlich verschwinden muss; denn Gottes Wege mit den Völkern in der letzten Jahrwoche können unmöglich ihren Anfang nehmen, solange die Entrückung der Heiligen, um Erben mit Christus zu sein, noch nicht zur vollendeten Tatsache geworden ist. Bevor der Herr seine Miterben nicht bei sich hat, kann er sein Erbe noch nicht antreten: Somit können alle Ratschlüsse Gottes (oder auch die Ratschlüsse des Herrn, in welchem wir die Macht Gottes verkörpert sehen) auf dieser Erde, – wir sprechen nicht von seinem Walten durch die Vorsehung, denn sicherlich fällt ohne ihn kein Sperling zur Erde – d.h. also, dass die unmittelbaren Ausführungen seiner Ratschlüsse anhand des Volkes der Juden, unmöglich eher zum Abschluss kommen, bevor nicht die Kirche Gottes von dieser Erde entrückt wurde.
Niemals ist, bis zum Ende des Buches der Offenbarung hin, in den Prophezeiungen von der Versammlung oder Kirche Gottes die Rede, außer dass sie uns in der engsten Verbindung mit dem Herrn gezeigt wird. Wir wollen dafür einige Beispiele anführen. In dem „männlichen Sohn“ aus dem zur Betrachtung vorliegenden Kapitel ist ganz ohne Zweifel die Versammlung mit der Person des Herrn in eins zusammengefasst. Trotzdem handelt es sich dabei in erster Linie um den Herrn, denn ohne Ihn würde die Versammlung überhaupt nichts bedeuten; sie wäre ein Leib ohne Haupt. Ohne Frage ist es der Herr, der zu Gott entrückt worden ist, aber doch ist dabei die Versammlung mit eingeschlossen; denn sobald er öffentlich handelnd in Erscheinung tritt, so z. B. bei der Niederwerfung Satans, so muss er sich zuvor mit seinem Leib, mit seiner Braut vereinigt haben. Er muss seine Brüder, seine Miterben bei sich haben.
Wenn wir diesen Gedanken genau nachprüfen, so finden wir, dass die Versammlung dabei ganz sicherlich mit eingeschlossen ist. Wir lesen: „Und sie gebar einen männlichen Sohn, der alle Nationen weiden soll mit eiserner Rute; und ihr Kind wurde entrückt zu Gott und zu seinem Thron“. Der männliche Sohn ist dazu bestimmt, alle Nationen mit eiserner Rute zu weiden; zuvor aber gibt es noch eine Unterbrechung. Und wenn wir gesehen haben, dass der Herr auf diese Erde kam, hinweggetan wurde und nichts hatte, so haben wir damit die Kehrseite des Bildes. Er hat nichts in Besitz genommen, aber er ist zu Gott und zu seinem Thron entrückt und er sitzt nun zur Rechten der Majestät in den Himmeln. Das Sitzen zur Rechten der Majestät in den Himmeln kommt sicherlich nur dem Herrn persönlich zu; wenn es sich aber darum handelt, die Nationen mit eiserner Rute zu weiden, so sind dabei die Heiligen mit ihm verbunden. Diese Worte finden wir im zweiten Psalm, wo es heißt: „Fordere von mir, und ich will dir zum Erbteil geben die Nationen, und zum Besitztum die Enden der Erde. Mit eisernem Zepter wirst du sie zerschmettern, wie ein Töpfergefäß sie zerschmeißen“ (Ps 2, 8–9).
Diese Forderung ist bisher noch nicht ausgesprochen worden. Er hat für die Heiligen, nicht aber für die Welt gebetet: „Ich bitte für sie; nicht für die Welt bitte ich, sondern für die, welche du mir gegeben hast“ (Joh 17, 9). Er tritt in eine Beziehung zur Welt nur insofern, als er die Herrschaft über sie verlangt, und selbstverständlich wird sie ihm gegeben; denn so ist es in Gottes Ratschluss beschlossen. Er wird das Gericht, das eiserne Zepter, in die Hand nehmen; aber dann werden auch die Heiligen die Welt richten. Das ist uns klar und deutlich gesagt: „Wisst ihr nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden? ... Wisst ihr nicht, dass wir Engel richten werden?“ (1. Kor 6, 2. 3). Und nicht nur wird uns dies so allgemein, sondern in ganz genauen Einzelheiten gesagt, besonders, was die eiserne Rute betrifft. Am Schluss des zweiten Kapitels der Offenbarung finden wir, dass sie, wie dem Herrn, gleicherweise auch der Versammlung gegeben wird: „Und wer überwindet und meine Werke bewahrt bis ans Ende, dem werde ich Gewalt über die Nationen geben; und er wird sie weiden mit eiserner Rute, wie Töpfergefäße zerschmettert werden, wie auch ich von meinem Vater empfangen habe“ (Off 2, 26. 27). Dasselbe ist auch in Daniel 7, 22 gesagt: „Bis der Alte an Tagen kam, und das Gericht den Heiligen der höchsten Örter gegeben wurde“, – den Heiligen, die beim Kommen des Herrn mit Ihm in den himmlischen Örtern sein werden, nur dass an die Stelle des Bildes der eisernen Rute vom Gericht selbst die Rede ist.
Zwar ist das nun nicht unser gesegnetstes Teil: unser köstlichstes Teil ist einfach, bei ihm zu sein. Dennoch ist es wahr und gehört mit zu dem, was uns erwartet. So heißt es von dieser kommenden Zeit in Offenbarung 20, 4: „Und ich sah Throne, und sie saßen darauf, und es wurde ihnen gegeben, Gericht zu halten.“
In welch demütigender Weise ist das Verständnis für die Segnungen und die Herrlichkeit der Heiligen verloren gegangen: dass sie mit ihm einsgemacht, dass sie seine Miterben, Glieder seines Leibes und seine Braut sind. Der Sinn für alle diese Dinge ist der Kirche ganz und gar verloren gegangen. Man sagt gewöhnlich, dass es genügend sei, am Fuß des Kreuzes zu liegen. Sicherlich ist es erhebend für das Herz, jemanden zum Fuß des Kreuzes kommen zu sehen. Aber ebenso traurig ist es auch, wenn er dort liegen bleibt; denn das würde dem Menschen nur bedeuten, dass er von der Fülle des vollbrachten Werkes kein Verständnis hat. Es wäre ein Mangel an „Freimütigkeit zum Eintritt in das Heiligtum durch das Blut Jesu, auf dem neuen und lebendigen Weg, welchen er uns eingeweiht hat durch den Vorhang hin, das ist sein Fleisch“ (Heb 10, 19. 20). Wenn ein solcher Mensch sagen würde: „Nein, ich darf nicht hineingehen“, so würde das bedeuten, dass er sich als unwürdig betrachtet, durch den von Gott zerrissenen Vorhang einzutreten, um ein Priester im Heiligtum zu sein. Das wäre für den Gläubigen ein wirklich erbärmlicher Zustand. Ganz gewiss muss er zunächst zum Kreuz kommen, um ins Heiligtum zu gelangen, und es ist eine wunderbare Gnade Gottes für einen jeden, der bisher achtlos daran vorbei ging, nun diesen Weg gehen zu dürfen, denn einen anderen Weg gibt es nicht. Jedoch – immer nur draußen stehen zu bleiben, immer nur zu sagen: „Ich bleibe immer nur am Fuß des Kreuzes, und ich weiß nicht, ob ich ein Recht habe, weiter zu gehen“, das ist ein ganz grobes Versäumnis.
Wenn du meinst, du wagst es nicht zu sagen, dass du errettet bist, wie kannst du dich dann einen Christen nennen? Christen sind doch ganz selbstverständlich solche Leute, die errettet sind. Warum dann nennst du dich einen Christen, und weißt doch nicht zu sagen, ob du errettet bist oder nicht?
In dem uns vorliegenden Kapitel der Offenbarung ist es klar und deutlich gesagt, dass alles, was die Heiligen betrifft – alle ihre Proben und Versuchungen – völlig zur Ausführung gebracht ist, bevor die Zeit der Drangsal für das jüdische Volk in der zweiten Hälfte der letzten Woche Daniels ihren Anfang nimmt.
In den ersten sechs Versen dieses Kapitels werden uns diejenigen vorgestellt, die durch diese letzten Tage gehen werden. Zunächst ist die Rede von der Frau, „bekleidet mit der Sonne, und der Mond war unter ihren Füßen, und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen.“ In diesem Bild haben wir ganz ohne Zweifel das jüdische Volk und niemand sonst; denn der Herr wurde nicht aus der Kirche geboren, sondern als Herrscher und, in seiner Herrlichkeit auf der Erde gesehen, aus dem Volk der Juden, „aus welchen, dem Fleisch nach, der Christus ist“ (Röm 9, 5). Der Gedanke, dass der Herr aus der Kirche entsprossen sei, würde vollkommen sinnlos sein. „Bekleidet mit der Sonne“ bedeutet, mit der höchsten Autorität bekleidet zu sein. Sie hat den „Mond unter ihren Füßen“, und darin spiegelt sich ihr ganzer früherer Zustand wieder. „Und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen“: die Zahl zwölf deutet stets auf Macht, die Macht Gottes in seinen Wegen mit den Menschen; so haben wir die zwölf Apostel auf ihren zwölf Thronen usw., wobei also diese Zahl stets ausdrücklich in Bezug auf die Macht in der Verwaltung Gottes über den Menschen gebraucht wird.
Der Herr musste also als Mensch geboren werden. „Und sie ist schwanger und schreit in Geburtswehen und in Schmerzen zu gebären.“ So sagen die Juden in Jesaja 9, 6: „Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben.“ Das kann die Kirche niemals für sich in Anspruch nehmen. Wohl können wir sagen, dass wir an ihn als den Sohn Gottes glauben, aber nicht, dass er uns geboren ist. Dem Fleisch nach wurde er für Israel geboren.
Dann kommt die entgegengesetzte Macht, die Macht Satans, ausgeübt durch das römische Reich. „Und es erschien ein anderes Zeichen in dem Himmel: und siehe, ein großer, feuerroter Drache, welcher sieben Köpfe und zehn Hörner hatte, und auf seinen Köpfen sieben Diademe; und sein Schwanz zieht den dritten Teil der Sterne des Himmels mit sich fort; und er warf sie auf die Erde. Und der Drache stand vor der Frau, die im Begriff war, zu gebären, auf dass er, wenn sie geboren hätte, ihr Kind verschlänge.“ Das ist die Macht Satans, die dem Herrn widersteht und versucht, seiner Macht ein Ende zu bereiten. Das konnte er zwar nicht erreichen, aber eine Zeit lang schien es doch so. „Und sie gebar einen männlichen Sohn, der alle Nationen weiden soll mit eiserner Rute“, – ganz deutlich der Christus – „und ihr Kind wurde entrückt zu Gott und zu seinem Throne“. Er hat die Macht nicht empfangen, er hat überhaupt nichts gehabt, sondern er wurde zu Gott entrückt.
Nach dieser Feststellung der Personen, um die es sich hier handelt, hören wir dann über den Verbleib der Frau: „Und die Frau floh in die Wüste, wo sie eine von Gott bereitete Stätte hat, auf dass man sie dort ernähre 1260 Tage.“
Wir werden nun auch sehen, warum die zeitliche Unterbrechung erwähnt wurde, wie wir solche stets bei den Wegen Gottes mit der Welt haben und die in allen Prophezeiungen zu finden ist, ohne dass dabei jedoch irgendwelche Daten angegeben werden, die zwischen den Zeitpunkten der Himmelfahrt des Herrn und der Entrückung der Versammlung geschoben wurde, wobei beide Tatsachen hier in eins zusammengefasst sind. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich dabei nicht nur um eine menschliche Meinung, sondern um die ganz klar in Daniel 9 ausgedrückte göttliche Ordnung, dass der Messias kommen sollte, hinweggetan und nichts haben würde, bis dass die Zeiten der Nationen erfüllt seien, und dass alsdann die Juden zur Buße gelangen würden, wie der Herr auch sagte: „Ihr werdet mich von jetzt an nicht sehen, bis ihr sprecht: „Gepriesen sei, der da kommt in dem Namen des Herrn“ (Mt 23, 39).“
So sehen wir also die Versammlung, mit dem Herrn vereinigt, zu Gott entrückt, die Frau dagegen in die Wüste entflohen. Dann haben wir den Fortgang der Ereignisse, nicht die Versammlung betreffend, sondern betreffs Israels und der Welt. „Und es entstand ein Kampf in dem Himmel: Michael und seine Engel kämpften mit dem Drachen. Und der Drache kämpfte und seine Engel, und er gewann nicht die Oberhand, auch wurde ihre Stätte nicht mehr in dem Himmel gefunden.“ Die gesamte Macht Satans wird dann hinabgeworfen werden. Das steht zur Berufung der Versammlung Gottes in direktem Widerspruch: „Denn unser Kampf ist nicht wider Fleisch und Blut, sondern wider die Fürstentümer, wider die Gewalten, wider die Weltbeherrscher dieser Finsternis, wider die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern“ (Eph 6, 12). Das ist der Kampf, den wir zu führen haben, um unsern Anspruch, mit dem Herrn in den himmlischen Örtern zu sitzen, und das Ende dieses geistlichen Kampfes ist, dass die ganze Macht Satans hinausgeworfen wird. In der Weissagung, mit der wir hier zu tun haben, ist dies bereits alles geschehen, daher auch die Freude, die sich daraus für alle Bewohner des Himmels, die himmlischen Heiligen ergibt.
„Und es wurde geworfen der große Drache, die alte Schlange, welcher Teufel und Satan genannt wird, der den ganzen Erdkreis verführt, geworfen wurde er auf die Erde, und seine Engel wurden mit ihm hinabgeworfen. Und ich hörte eine laute Stimme in dem Himmel sagen: „Nun ist das Heil und die Macht und das Reich unseres Gottes und die Gewalt seines Christus gekommen; denn hinabgeworfen ist der Verkläger unserer Brüder, der sie Tag und Nacht vor unserm Gott verklagte. Und sie haben ihn überwunden, um des Blutes des Lammes und um des Wortes ihres Zeugnisses willen, und sie haben ihr Leben nicht geliebt bis zum Tod. Darum seid fröhlich ihr Himmel, und die ihr in ihnen wohnt! Wehe der Erde und dem Meer!“
Hier wird also das ganze himmlische Volk, – das ist die Versammlung Gottes, denn unser Bürgertum ist in den Himmeln, und wir sind mit Christus eins gemacht – aufgefordert, fröhlich zu sein, weil der Verkläger ihrer Brüder, derer, die ihn überwunden haben, hinabgeworfen ist, und zwar wird er hinabgeworfen, sobald diese himmlischen Heiligen ihn überwunden haben, und das ist genau der Zeitpunkt, da Satan auf diese Erde kommt; und er hat große Wut, weil er weiß, dass er wenig Zeit hat. So ist also vollkommene Freude bei allem, was himmlisch ist, und zur gleichen Zeit das verzweifelte Wehklagen bei allem was irdisch ist. Das macht den Gegensatz zwischen den himmlischen und den Bewohnern der Erde besonders deutlich und unterschiedlich, wie denn auch durch das ganze Buch der Offenbarung hindurch diese letzteren stets im Gegensatz stehen zu den Erben des Himmels, die ihr Bürgertum in den Himmeln haben.
„Darum seid fröhlich ihr Himmel, und die ihr in ihnen wohnt! Wehe der Erde und dem Meere! denn der Teufel ist zu euch hinabgekommen und hat große Wut, da er weiß, dass er wenig Zeit hat.“ – „Und als der Drache sah, dass er auf die Erde geworfen war, verfolgte er die Frau, welche das männliche Kind geboren hatte.“ Hieran erkennen wir besonders deutlich, dass in dem Bild der Frau nicht die Kirche Gottes gesehen werden kann; denn die himmlischen Heiligen werden hier aufgefordert, fröhlich zu sein, weil nun alle Trübsale vorbei sind, und alle Anklagen gegen sie aufgehört haben. An diese Gläubigen ergeht die Aufforderung, fröhlich zu sein, weil sie den Verkläger durch das Blut des Lammes und durch das Wort ihres Zeugnisses überwunden haben. Die Frau dagegen befindet sich in einer ganz anderen Lage und die ganze Wut Satans ist jetzt gegen sie gerichtet. Die Versammlung Gottes ist dann von der Erde hinweggenommen worden und Satans große Wut hat einen anderen Gegenstand zum Ziel, nämlich das jüdische Volk. Das ist für sie die Zeit der großen Drangsal, von der auch an anderer Stelle geredet wird. Der Herr sagte zu den Juden: „Ich bin in dem Namen meines Vaters gekommen, und ihr nehmt mich nicht auf; wenn ein anderer in seinem eigenen Namen kommt, den werdet ihr aufnehmen (Joh 5, 43). Wollten sie den wahren Christus nicht haben, so würden sie den falschen Christus aufnehmen.
Das uns vorliegende Kapitel zeigt uns, dass die Zeit der großen Drangsal gerade dann ihren Anfang nimmt, sobald dieser eine Kreis von Personen – die mit Christus verbundenen Gläubigen – zu Gott entrückt ist, und dass bei ihnen Freude und Fröhlichkeit triumphiert, weil Satan nun hinabgeworfen ist.
„Und als der Drache sah, dass er auf die Erde geworfen war, verfolgte er die Frau, welche das männliche Kind geboren hatte, und es wurden der Frau die zwei Flügel des großen Adlers gegeben, auf dass sie in die Wüste fliege, an ihre Stätte, wo sie ernährt wird: eine Zeit und Zeiten und eine halbe Zeit, fern von dem Angesicht der Schlange.“ Dort in der Wüste nimmt sich Gott ihrer an während dieser Zeit der Drangsal. Sie entflieht der Drangsal, wobei die ihr zur Flucht verhelfende Macht in den Flügeln eines Adlers dargestellt ist. Gott bringt sie in Sicherheit, nicht, wie er es bei Abraham getan hatte, der die Zerstörung Sodoms vom Gipfel der Berge aus sah, sondern so, wie er Lot gerettet hatte, der sein Heil in der Flucht suchen musste. Die Menschen droben im Himmel dürfen frohlocken, wie auch Abraham auf dem Berggipfel es tat; die Frau aber, die auf der Erde ist, wird von Gott gerettet, indem er ihr für die Flucht die Flügel des großen Adlers gibt, angesichts der großen Wut und Macht Satans, die nun auf der Erde zum Ausbruch kommt.
„Und die Schlange warf aus ihrem Mund Wasser, wie einen Strom, hinter der Frau her, damit sie sie mit dem Strom fortrisse. Und die Erde half der Frau, und die Erde tat ihren Mund auf und verschlang den Strom, den der Drache aus seinem Mund warf.“ Es kommen also auf dem Weg der Vorsehung Mittel zur Anwendung, um die Juden vor den sie verfolgenden, wütenden Angriffen zu retten. „Und der Drache ward zornig über die Frau und ging hin, Krieg zu führen mit den übrigen ihres Samens, welche die Gebote Gottes halten und das Zeugnis Jesu haben.“
Betrachten wir nun eine etwas mehr ins Einzelne gehende Weissagung um diese Zwischenperiode, die Zeiten der Nationen, besser zu verstehen, die jetzt noch anhält, und die ohne Zweifel schon in den Tagen Nebukadnezars ihren Anfang nahm. Wenden wir uns zum 8. Kapitel in Jesaja, wo es nach einer Aufzählung der den betreffenden Zustand voraufgegangenen Ereignisse heißt: „Der Herr der Heerscharen, den sollt ihr heiligen“ – übrigens: ein wunderbares Zeugnis für die Göttlichkeit des Herrn Jesus als der Herr des Alten Bundes – „und er sei eure Furcht und er sei euer Schrecken. Und er wird zum Heiligtum sein; aber zum Stein des Anstoßes und zum Fels des Strauchelns, den beiden Häusern Israels, zur Schlinge und zum Fallstrick den Bewohnern von Jerusalem. Und viele unter ihnen werden straucheln und werden fallen und zerschmettert und verstrickt und gefangen werden“ (Jes 8, 13–15). Wie wir wissen, hat der Herr von sich selbst als dem Stein des Anstoßes gesprochen, dass jeder, der auf diesen Stein fällt, zerschmettert werden wird (Mt 21, 44). – „Binde das Zeugnis zu, versiegele das Gesetz unter meinen Jüngern. – Und ich will auf den Herrn harren, der sein Angesicht verbirgt vor dem Haus Jakob und ich will auf ihn hoffen. – Siehe, ich und die Kinder, die der Herr mir gegeben hat“ (Jes 8, 16–18). Diese Schriftstelle ist, wie bekannt, im zweiten Kapitel des Hebräerbriefes angeführt. Obwohl Gott sein Angesicht vor dem Haus Jakob verbirgt, hören wir den Herrn dennoch sagen: „,Ich will mein Vertrauen auf ihn setzen!‘ Und wiederum:,Siehe, ich und die Kinder, die Gott mir gegeben hat!“ (Heb 2, 13). Und zwar bezieht sich das auf die Jünger des Herrn aus den verschiedenen Zeitaltern.
Und dann haben wir den Endzustand all dieser Dinge in Jesaja 9, 4–7: „Denn das Joch ihrer Last und den Stab ihrer Schulter, den Stock ihres Treibers hast du zerschlagen wie am Tage Midians. Denn jeder Stiefel der Gestiefelten im Getümmel, und jedes Gewand in Blut gewälzt, die werden zum Brande, ein Fraß des Feuers. Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und man nennt seinen Namen: Wunderbarer, Berater, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Friedefürst. Die Mehrung der Herrschaft und des Friedens werden kein Ende haben auf dem Thron Davids und über sein Königreich, um es zu befestigen und zu stützen durch Gericht und durch Gerechtigkeit, von nun an bis in Ewigkeit.“
Hier nun haben wir die Tatsache von dem Kommen des Herrn als dem Stein des Anstoßes und Fels des Ärgernisses, wobei er sagt: „Ich will auf den Herrn harren, der sein Angesicht verbirgt vor dem Haus Jakob, und will auf ihn hoffen“ (Jes 8, 17). Darauf folgt eine Zeit der furchtbarsten Ängste für Israel: „Und es wird aufwärts schauen und wird zur Erde blicken: und siehe, Drangsal und Finsternis, angstvolles Dunkel; und in dichte Finsternis ist es hineingestoßen“ (Jes 8, 22). Und darauf folgt – was? Eine fürchterliche Schlacht; aber sie kommt im Feuer des Gerichtes – „die werden zum Brand, ein Fraß des Feuers“ – ein Bild des göttlichen Gerichtes. Und im Anschluss daran heißt es dann: „Denn ein Kind ist uns geboren!“ Christus der Herr ist dieses Kind, das geboren wurde; aber wenn er wiederkommt, so heißt es von ihm, wie in Jesaja 53, 4: „Und wir, wir hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt.“
Wir haben diese Schriftstelle mit den obigen Ausführungen in Verbindung gebracht, weil sie in gleicher Weise Bezug hat auf die Tatsache des Kommens des Herrn und auf seine Verwerfung, ferner auf sein Harren auf Gott, der sein Angesicht vor dem Haus Jakobs verbirgt, und ebenso auf die Tatsache, dass er am Ende dieses furchtbaren Kampfes das Gericht Gottes in Macht und Herrlichkeit zur Ausführung bringen wird: „... und er richtet und führt Krieg in Gerechtigkeit!“ (Off 19,11).
Und danach heißt es dann: Ein Kind ist uns geboren, der Wunderbare, der Berater, der starke Gott usw., er sitzt auf dem Thron Davids, um Frieden auf der Erde zu geben. Das alles gelangt zur Erfüllung nach der Zeit seines Harrens auf den Herrn. Nachdem er verworfen wurde, harrt er aus, solange Gott, wie er es jetzt noch tut, sein Angesicht vor dem Haus Jakob verbirgt. Aber das wird nicht für immer sein.
Die Aufzählung der Ereignisse soll, soweit möglich, unseren Seelen ein Verständnis geben für die Wege Gottes; wenigstens soweit wie sie für seinen Heilsplan den äußeren Rahmen abgeben, und zwar, dass der Herr hernieder kam, verworfen wurde, danach zu Gott entrückt wurde, und sich dann auf den Thron seines Vaters gesetzt, aber seine große Macht und Herrschaft noch nicht angetreten hat. Inzwischen nehmen die Zeiten der Nationen ihren Fortgang, Gott hat sein Angesicht vor dem Haus Jakob noch verborgen und Jerusalem wird noch von den Heiden zertreten, bis dass die Zeiten der Nationen erfüllt sein werden. Und solange das noch währt, solange die Zwischenperiode in den Wegen Gottes mit seiner Herrschaft über diese Erde noch anhält, solange ist der Herr, indem er den Heiligen Geist hernieder sandte, damit beschäftigt, seine Miterben zu sammeln, damit sie bei ihm seien, wenn er seine große Macht und Herrschaft übernimmt.
Wir kommen nun zur Erfüllung aller dieser Dinge, zunächst soweit wie sie die Versammlung Gottes betreffen und ihre Entrückung, um beim Herrn zu sein; und danach zu dem anderen Teil, die Erfüllung, die Juden betreffend. Wir werden dabei sehen, dass die Auferstehung der Heiligen ihrer Natur, der Zeit und ihrem Charakter nach in jeder Einzelheit, abgesehen davon, dass es sich eben doch um eine Auferstehung handelt, genau das Entgegengesetzte ist, von der Auferstehung der Gesetzlosen, dass es sich bei der Auferstehung der Heiligen um eine besondere Liebestat Gottes handelt, wie sie auch bei der Auferstehung des Herrn zum Ausdruck kam, weil sie schon errettet sind, weil sie das ewige Leben besitzen und weil sie die Freude und Wonne Gottes sind, nicht in dem, was sie selbst, sondern was sie in Christus sind; dass sie entrückt und somit auf eine ganz besondere Weise behandelt werden, weil sie nicht zum Machtbereich dieser Welt gehören, es sei denn, dass sie über sie herrschen werden. Die Gesetzlosen dagegen, obwohl auch diese eine Auferstehung haben, – denn der Herr wird sie alle aufwecken! – werden auferweckt, nicht etwa, weil sie die Freude Gottes sind, sondern weil mit ihnen genau das Gegenteil der Fall ist; nicht etwa, weil sie Leben in Christus haben, denn das haben sie durchaus nicht, sondern sie werden auferstehen zum Gericht und das kann für sie nur Verdammnis bedeuten. Das ist nämlich ein weiterer Teil der Wahrheit, auf den wir hier nicht eingehen können, dass das Gericht über die Nationen und das Gericht über die Erde für diese nur zur Verdammnis führen kann.
Bei Prüfung aller Schriftstellen, die von der Auferstehung reden, werden wir feststellen, dass es sich bei der Auferstehung der Heiligen ihrer Natur, Zeit und Charakter nach und auch sonst um eine gänzlich andere Sache handelt, dass sie ein Ergebnis der Versöhnung ist, so dass wir, eben weil wir errettet sind, darauf warten, dass sie geschehen wird, wenn der Herr kommt, wogegen er bei der Auferstehung der Gesetzlosen überhaupt nicht kommen wird, und dass bei seinem Kommen die Gläubigen, und nur die Gläubigen, auferweckt werden, um dann in Glückseligkeit und Herrlichkeit bei ihm zu sein.
Beachten wir es wohl, liebe Freunde, wie ernst und wie wichtig diese so klar ausgesprochene Unterscheidung für uns alle ist, dass nur dann, wenn wir Leben in Christus und Teil an der Versöhnung haben in ihm, der Herr uns bei seinem Kommen zu sich in die Herrlichkeit nehmen wird; dass wir, die wir erlöst sind und das ewige Leben besitzen, mit Ihm in Herrlichkeit erscheinen werden. Dass dies aber andererseits nicht der Fall sein kann, wo keine Buße zu finden und der Herr nicht in die Herzen aufgenommen ist, und dass solche, die in diesem Zustand gelebt haben, nur zum Gericht auferstehen werden, sobald die Zeit gekommen ist, dass sie alle vor dem Herrn erscheinen müssen und dass ein jeder, der ins Gericht kommt, auch unweigerlich verdammt werden wird. Daher auch die uns allen bekannten Worte: „Gehe nicht ins Gericht mit deinem Knecht! Oh, Herr; denn vor dir ist kein Lebendiger gerecht“ (Ps 143, 2). – Wir fühlen wohl, liebe Freunde, wie bedeutungsvoll dies ist. Der Gegenstand, den wir hier betrachten, wendet sich direkt an unser Gewissen. Es gibt kein Gericht ohne Verdammnis-Urteil. Niemand kann gerettet werden, wenn Gott mit ihm ins Gericht geht; denn das Urteil ist schon gefällt, so klar, wie Gott es nur aussprechen kann: „Da ist kein Gerechter, da ist auch nicht einer“ (Röm 3, 10). Nichts könnte durch den großen weißen Thron deutlicher ausgesprochen werden, als gerade das. Das ist die Feststellung, die unsere Herzen überzeugt; aber bevor der Tag des Gerichts hereinbricht, der den Zorn, den kommenden Zorn, zur Ausführung bringt, wird der Herr kommen, um uns davor zu bewahren. Und wer dem Herrn in seinem Herzen Raum gemacht hat, der wird auch vor dem Gericht bewahrt und in die gleiche Stellung mit dem Herrn gebracht. – Er ist unsere Gerechtigkeit, Er ist unser Leben, Er ist unser Alles.
Bevor wir auf die Schriftstellen über die Auferstehung eingehen, sei noch nebenbei bemerkt, dass schon nach Art der Dinge selbst das Gericht Gottes niemals etwas anderes sein kann als nur Verurteilung, – wir meinen das Gericht über die Menschen, nicht dasjenige über die gefallenen Engel, obwohl es auf diese ebenfalls zutrifft. Wir selbst haben Gott zum Richter gemacht, – wodurch? Durch die Sünde! Gott hätte Adam nicht richten können, wenn er unschuldig, wie von Gott erschaffen, geblieben wäre; er hätte dann sich selbst verurteilen müssen. Er konnte ihn nur richten, weil er gesündigt hatte. Wenn wir irgend einen Gegenstand anfertigen und wir würden ihn verurteilen, so würden wir uns damit nur selbst, als diejenigen, die ihn geschaffen, verurteilen. Gott hat Adam erschaffen, so wie er war, „und Gott sah alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut“ (1. Mo 1, 31). Wenn Adam in diesem Zustand der Reinheit und Unschuld geblieben wäre, so hätte Gott ihn niemals richten können. Adam hatte sich von Gott entfernt, hatte auf die Einflüsterungen Satans gehört und sich der Sünde zugewandt; das war es, was das Gericht über ihn brachte.
Was aber kann ein solches Gericht anderes bedeuten als Verdammnis? Wohl vermag Gott uns in Christus davor zu bewahren; aber doch sollte es stets unser Gebet sein: „Gehe nicht ins Gericht mit uns, denn da ist kein Gerechter, auch nicht einer!“
Die Auferstehung der Heiligen ist also die Frucht und das Endergebnis der durch den Herrn gebrachten Befreiung; dagegen ist die andere Auferstehung die gerechte Ausführung des Gerichts über alle, die gegen Gottes Gnade den Nacken verhärten, indem sie sich selbst Zorn aufhäufen auf den Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes. – Die rechte Art und den eigentlichen Charakter der Auferstehung der Heiligen finden wir zunächst in Römer 8, 11: „Wenn aber der Geist dessen, der Jesus aus den Toten auferweckt hat, in euch wohnt,“ – d.h. also, wenn ihr Christen seid, denn wer Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein, – „so wird er, der Christus aus den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen wegen seines in euch wohnenden Geistes.“ – Das trifft auf die Ungläubigen nicht zu. Die Gründe, warum sie und warum wir, sofern wir den Heiligen zugehören, auferweckt werden, sind ganz und gar verschieden voneinander; denn wir werden auferweckt in der Kraft des Heiligen Geistes, der in uns wohnt, – wenn wir anders errettet und mit dem Heiligen Geist versiegelt worden sind.
Das ist also der Grundsatz; und dessen entscheidende Auswirkung erkennen wir klar in Johannes 5. Über den Zeitpunkt, der ja auch verhältnismäßig nebensächlich ist, wird dort nichts gesagt, aber im Hinblick auf den uns zur Betrachtung vorliegenden Gegenstand ist es eine Schriftstelle von bedeutungsvollster Unterweisung. In Vers 21 sagt der Herr: „Denn wie der Vater die Toten auferweckt und lebendig macht, also macht auch der Sohn lebendig, welche er will. Denn der Vater richtet auch niemand, sondern das ganze Gericht hat er dem Sohn gegeben“ (Joh 5, 21. 22). – Beide machen sie lebendig, aber der Vater richtet nicht; alles Gericht ist dem Sohn übergeben, „auf dass alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren.“ Auch selbst die Gesetzlosen werden ihn ehren, sie können nicht anders. „Wer den Sohn nicht ehrt, ehrt den Vater nicht, der ihn gesandt hat. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben.“ Wir sehen also: nachdem er gesagt hat, dass sie beide – der Vater und der Sohn – lebendig machen, dass aber das Gericht dem Sohn übergeben ist, überlässt er es dann uns selbst, für welches von beiden wir uns entscheiden wollen. Wirst du Gegenstand der von ihm ausgehenden, lebendig machenden Kraft, oder des ihm übergebenen Gerichts sein? Das ist die dringliche Frage, die uns hier gestellt wird. „Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben“, weil es ihm ja schon gegeben worden ist, „und kommt nicht ins Gericht, sondern ist aus dem Tod ins Leben übergegangen“. Der Herr hat seine lebendig machende Kraft zur Anwendung gebracht, und er wird sie nicht verleugnen, indem er diejenigen, auf welche sie in Anwendung kam, danach etwa dem Gericht überlassen würde. – „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, dass die Stunde kommt und jetzt ist, da die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden, und die sie gehört haben, werden leben“. Und damit sind ganz ohne jeden Zweifel die geistlich Toten und geistlich Lebenden gemeint, also auch ein geistliches Lebendig-gemacht-werden. „Denn wie der Vater Leben in sich selbst hat, also hat er auch dem Sohn gegeben, Leben zu haben in sich selbst; und er hat ihm Gewalt gegeben, auch Gericht zu halten, weil er des Menschen Sohn ist. Wundert euch darüber nicht; denn es kommt die Stunde, in welcher alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören und hervorkommen werden: die das Gute getan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber das Böse verübt haben, zur Auferstehung des Gerichts“. Es gibt also eine Auferstehung des Lebens und eine Auferstehung des Gerichts. Wie weit diese beiden zeitlich auseinanderliegen, ändert nichts an der eigentlichen Tatsache, dass es eine Auferstehung des Lebens und eine Auferstehung des Gerichts auch wirklich gibt.
Ein jeder, der geistlich lebendig gemacht wurde, der ewiges Leben besitzt, der kommt nicht ins Gericht, sondern ist aus dem Tod in das Leben übergegangen; wohl aber muss er, wenn er dem Leib nach gestorben ist, auferweckt werden, um zur Fülle des Lebens zu gelangen; denn auch sein Leib muss im Einklang und in völliger Übereinstimmung mit dem neuen Zustand sein, in den er dann eintritt; ebenso wahr ist es aber andererseits, dass ein jeder, der das Böse verübt hat, zum Gericht auferstehen wird.
Wenn es heißt: „Es kommt die Stunde, in welcher alle usw.“, so will das durchaus nicht besagen, dass die beiden Ereignisse zur gleichen Zeit stattfinden werden. Es hat dies keine andere Bedeutung, als wenn man beispielsweise sagen würde: „Die Stunde der Größe Napoleons“, womit man den Zeitabschnitt seiner Größe meint, im Gegensatz zur darauffolgenden Zeit seiner Erniedrigung und seines Falles. Ebenso, wenn es heißt, dass „die Stunde kommt und jetzt ist“, so wissen wir, dass diese Stunde, seitdem der Herr davon gesprochen hat, bereits über achtzehnhundert Jahre währt. Die eigentliche Bedeutung dieses Ausdrucks geht nun dahin, um die Zeit des Erdenwandels des Herrn und den seitdem verflossenen Zeitabschnitt, im Gegensatz zu der noch zukünftigen Zeit herauszustellen; man könnte genau so gut sagen, dass es eine Zeit des Lebendigmachens und eine Zeit des Gerichts, mithin auch eine Zeit des Auferweckens gibt.
Damit werden uns nun zwei verschiedene Seiten der Macht des Herrn dargestellt, sein Lebendigmachen und sein Ausführen des Gerichts. Solche, denen das Leben gegeben wird, gnadenreiches, geistliches Leben, haben Teil an der Auferstehung zum Leben; dagegen werden solche, denen es nicht gegeben ist, nur Teil haben können an der Auferstehung zum Gericht oder zur Verdammnis.
Damit haben wir den hauptsächlichen Grundsatz, um den es sich hier handelt; wir wenden uns nun einigen anderen Schriftstellen zu, die andere Teile dieses Gegenstandes beleuchten.
Im 20. Kapitel des Lukasevangeliums bringen die Sadduzäer den Fall zur Sprache, dass nach dem Gesetz Moses, wenn ein Mann kinderlos starb und eine Frau hinterließ, sein Bruder dessen Frau heiraten sollte; sie nahmen dabei den Fall an, dass sieben Brüder sie nacheinander heirateten und fragen, wessen Frau sie nun in der Auferstehung sein würde. Es war eine Streitfrage, die sie stellten, um den Herrn zu versuchen. Und Jesus antwortete ihnen: „Die Söhne dieser Welt heiraten und werden verheiratet; die aber würdig geachtet werden, jener Welt teilhaftig zu sein und der Auferstehung aus den Toten...“. Was soll das nun wohl bedeuten? Jener Welt teilhaftig zu sein und würdig geachtet zu werden der Auferstehung aus den Toten? Es ist unschwer zu erkennen, dass es sich dabei um einen besonderen Gnadenbeweis handelt. Wer immer zu der Auferstehung aus den Toten gelangt, wird auch „den Engeln gleich sein“. Niemals aber kann die Bedeutung dahin gehen, dass solche Menschen, die zur Auferstehung des Gerichts hervorkommen, den Engeln gleich sein werden. Es heißt vielmehr, dass, wer der Auferstehung würdig ist, den Engeln gleich sein wird. „Sie sind Engeln gleich, und sind Söhne Gottes, da sie Söhne der Auferstehung sind.“ Es ist ganz unmöglich, dass dies von solchen gesagt werden könnte, die nur zur Auferstehung des Gerichts hervorkommen.
Wenden wir uns nochmals zu 1. Korinther 15, so finden wir, dass es deutlicher überhaupt nicht gesagt werden kann. In Vers 22 heißt es: „Denn wie in dem Adam alle sterben, also werden auch in dem Christus alle lebendig gemacht werden. Ein jeder aber in seiner eigenen Ordnung.“ Danach haben wir die Reihenfolge in der Auferstehung, und das ist es gerade, was wir brauchen. Untersuchen wir einmal, ob es sich dabei um eine Sache ganz allgemeinen Charakters handelt, bei der eben alle Klassen zusammen auferweckt werden. „Ein jeder aber in seiner eigenen Ordnung: der Erstling, Christus; sodann die, welche des Christus sind bei seiner Ankunft.“ Noch einfacher und noch deutlicher kann es nicht ausgedrückt werden. Es kommt eine Zeit, da andere auferweckt werden, aber bis zu dem Kommen des Herrn kann es sich nur um die Seinen handeln.
Es ist gut, nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass dies nicht nur aus der Schrift bewiesen werden kann, sondern dass auch irgend eine andere Auffassung gar nicht möglich ist und dass die sich uns ergebende Tatsache mit den Grundwahrheiten der Erlösung in engster Verbindung steht. Dabei muss zugegeben werden, dass viele im Besitz der Erlösung sind, ohne sich dessen bewusst zu sein, aber trotzdem auch solche eine Frucht der Erlösung sind, und die Erkenntnis darüber wird vermehrt durch die Wahrheit, dass der Gläubige nicht ins Gericht kommt, und dass er aus dem Tode in das Leben übergegangen ist, wie Johannes 5 uns zeigt. Sodann aber erkennen wir auch, welch ein Verlust es für die Christenheit bedeutet, dass sie eine solche Wahrheit aus den Augen verloren hat.
In Philipper 3,9 spricht der Apostel davon, als von seiner eigenen, persönlichen Hoffnung: „Damit ich Christus gewinne und in ihm erfunden werde, indem ich nicht meine Gerechtigkeit habe, die aus dem Gesetz ist, sondern die durch den Glauben an Christus ist – die Gerechtigkeit aus Gott durch den Glauben; um ihn zu erkennen und die Kraft seiner Auferstehung“ – das ist also eine durchaus gegenwartsnahe Sache – „Und die Gemeinschaft seiner Leiden, indem ich seinem Tod gleichgestaltet werde, ob ich auf irgendeine Weise hingelangen möge zur Auferstehung aus den Toten.“ – Was ist es nun, das für den Apostel von so großer Wichtigkeit ist; warum wünscht er, dem Herrn gleichgestaltet zu werden, dass er auf irgendeine Weise zu etwas ganz Außergewöhnlichem, nämlich zur Auferstehung aus den Toten, hingelangen möchte? Wenn der Apostel in solch besonderen Ausdrücken davon redet, könnten wir uns dann dabei denken, dass in der Auferstehung alles durcheinander geworfen wird, und es einem späteren Zeitpunkt vorbehalten bleiben sollte, festzustellen, wer nun die Gerechten und wer die Gottlosen sind? Tatsache ist, dass der Apostel hierbei ein neues Wort geprägt hat, das es im klassischen Griechisch gar nicht gibt, um auszudrücken, dass es sich um eine Auferstehung aus den Toten heraus handelt, um damit der Auferstehung der Gesetzlosen die Auferstehung der Gerechten als „aus den Toten heraus“ gegenüberzustellen. Es kann uns nicht darauf ankommen, Kritik zu üben, aber doch muss gesagt werden, dass bei verschiedenen Schriftstellen die wahre Bedeutung ganz verloren geht, weil das betreffende Wort mit „Auferstehung der Toten“ übersetzt worden ist. Wenn es sich darum handelt, dass der Herr „als Sohn Gottes in Kraft erwiesen ist, dem Geist der Heiligkeit nach durch Toten-Auferstehung“ (Röm 1, 4), so wird damit auf den besonderen Charakter der Auferstehung des Herrn hingewiesen. Wir werden dem Herrn auch darin gleich gestaltet werden, indem er uns aus den Toten auferwecken wird, weil wir den Geist Christi und das Leben Christi besitzen.
Es ist gut, auf diesen Gegenstand näher einzugehen, weil es sich dabei um die Grundlage unserer Erlösung handelt. Nichts kann so gesucht und abwegig sein, wie die Vorstellung von einem so genannten allgemeinen Gericht; nicht etwa, dass wir nicht alle vor Christus erscheinen müssten, – diese Wahrheit ist unerschütterlich. Nehmen wir aber Paulus selbst als Beispiel: er ist seit fast 1900 Jahren im Himmel, ausheimisch von dem Leib und in der Gegenwart des Herrn, – wer sollte ihn danach wohl noch richten? Er ist im Himmel, weil er dazu passend gemacht wurde, um dort seinen Platz zu haben, und angesichts einer solchen Tatsache dann noch von Gericht zu sprechen, wäre geradezu absurd. Sollte es dennoch jemand tun, so würde das nur bedeuten, dass die Versammlung Gottes, also selbst wahre Gläubige, das Bewusstsein ihrer bereits geschehenen Errettung wieder verloren hat. Wenn durch den Tod Christi meine Sünden hinweggetan sind und ich somit in die gleiche Stellung mit ihm gebracht wurde, wenn ich, nachdem ich den Heiligen Geist empfangen habe und dadurch mit dem Herrn selbst in einem Geiste verbunden bin, sollte ich dann, wenn ich auf eine solche Weise mit dem Herrn eins gemacht wurde, danach noch gerichtet werden? Eine solche Behauptung würde nur zeigen, dass wir die wahre, uns wirklich gegebene Stellung entweder nie erkannt, oder völlig wieder vergessen haben.
Suchen wir nun für das eben Gesagte den Beweis anzutreten und gehen wir daher noch einmal zurück zum 15. Kapitel des Korinther-Briefes, wo wir die Ordnung finden, und wo uns ganz klar und deutlich gesagt wird, dass einzig und allein nur die Gläubigen auferweckt werden: „Also ist auch die Auferstehung der Toten“ – oder aus den Toten – „Es wird gesät in Verwesung, es wird auferweckt in Unverweslichkeit. Es wird gesät in Unehre, es wird auferweckt in Herrlichkeit. „Könnte das jemals auf die allgemeine Auferstehung bezogen werden? „Auferweckt in Herrlichkeit!“ – kann das überhaupt für die Gottlosen in Frage kommen? Es ist einfach unmöglich überhaupt nur einen Satz über die Auferstehung zu lesen, ohne dabei zu erkennen, nicht etwa, dass die anderen nicht auferweckt werden, sondern dass hier einzig und allein von der Auferstehung der Gläubigen die Rede ist, denn sie besitzen die Erlösung und haben das Leben in Christus.
Betrachten wir nun kurz die Stelle aus 1. Thessalonicher 4, die wir bereits an anderer Stelle mit Bezug auf das Kommen des Herrn angeführt hatten und die uns hier nur bestätigen soll, was wir bereits gesehen haben, nämlich, dass es sich um diejenigen handelt, „welche des Christus sind bei seiner Ankunft“ (1. Kor 15, 23). Im 16. Vers wird dort gesagt: „Denn der Herr selbst wird mit gebietendem Zuruf, mit der Stimme eines Erzengels und mit der Posaune Gottes hernieder kommen vom Himmel, und die Toten in Christus werden zuerst auferstehen“ – und keiner sonst!
Das ist die deutliche und auch überall sonst zur Anwendung kommende Sprache. Es kann tatsächlich die Grundwahrheit des Neuen Testaments genannt werden, dass, wie der Herr als Sohn Gottes in Kraft erwiesen wurde dem Geist der Heiligkeit nach durch Toten-Auferstehung, ebenso auch wir durch die Macht der Gnade, und wenn die Zeit dazu gekommen sein wird, durch unsere Auferstehung als Söhne Gottes erwiesen werden; zwar nicht, wie der Herr, der Person nach, sondern weil wir von Gott als Söhne aufgenommen wurden.
Dass zwischen diesen beiden Auferstehungen ein Zeitraum von tausend Jahren liegt, ist der einzige Gedanke, den wir in Verbindung hiermit dem Buch der Offenbarung entnehmen können. Aber, ob es nun tausend Jahre, oder tausend Tage sind, der Gedanke, den wir als besonders wichtig und entscheidend herausstellen müssen, ist der, dass es sich dabei um zwei völlig voneinander verschiedene Begebenheiten handelt; dass Gott durch die Auferweckung der Heiligen diejenigen zu sich nehmen will, in denen sein ganzes Wohlgefallen ruht, die bereits erlöst, und weil der Geist in ihnen wohnt, durch den Geist lebendig gemacht worden sind: Er holt sie heim, damit sie mit Christus in der Herrlichkeit seien; dagegen handelt es sich bei der zweiten Auferstehung, der Auferstehung zum Gericht, um eine gänzlich andere Sache.
Wir führen noch eine weitere Schriftstelle an, und zwar Johannes 14, um zu zeigen, wie diese Wahrheit überall ihre Bestätigung findet: „Ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten. Und wenn ich hingehe, und euch eine Stätte bereite, so komme ich wieder und werde euch zu mir nehmen, damit, wo ich bin, auch ihr seiet.“ Das also ist es, warum der Herr uns zu sich nehmen wird. Er wird uns, wenn er kommt, zu sich nehmen, auf dass wir bei ihm seien.
Es gibt eine Schriftstelle, die oft als angeblicher Beweis für die irrige Auffassung von der allgemeinen Auferstehung angeführt wird. Weil nun aber eine Schriftstelle, die wirklich der Auferstehung entspricht, niemals zur Beweisführung für jene Auffassung dienen kann, wird darum häufig das 25. Kapitel des Matthäus-Evangeliums angeführt, wo von der Scheidung zwischen den Schafen und den Böcken die Rede ist. Hier aber handelt es sich mit keiner einzigen Silbe um die Auferstehung. Nachdem der Herr im 24. Kapitel von den Erfahrungen gesprochen hat, die das jüdische Volk bis zum Zeitpunkt des Kommens Christi zu machen haben wird, beschreibt er dann in drei Gleichnissen sein Verhalten den Gläubigen gegenüber, und dann berichtet er von seiner Einstellung zu den Nationen und spricht von der Zeit, wo er in Herrlichkeit erscheinen wird, um auf seinen Thron der Herrlichkeit zu sitzen und alle Nationen – oder, wenn man will, die Heiden, es ist dasselbe Wort – vor sich zu versammeln, um sie zu richten. Und gerade darin liegt das Gericht, mit dessen Tatsächlichkeit zu rechnen die Menschen eigenartigerweise völlig vergessen haben, dass es ein Gericht der Lebendigen und ein Gericht der Toten gibt; ein Gericht über die dann lebenden Menschen, und ein furchtbares Gericht wird das sein!
Wir kommen nun zu der Schriftstelle, die von den tausend Jahren spricht. Die andere Schriftstelle haben wir zuvor angeführt, weil vielfach die Ansicht vertreten wird, dass es sich bei der „ersten Auferstehung“ lediglich um den Ausdruck einer bildhaften Darstellung handelt, wie wir sie eben häufig in der Offenbarung finden; jedoch gibt es, wie bereits dargelegt, in der ganzen Schrift keine Stelle, die auf die Auferstehung Bezug hat und nicht gleichzeitig deutlich zeigte, dass es eine erste Auferstehung, eben eine Auferstehung der Gläubigen gibt.
Wir wenden uns nun zu Offenbarung 20; erinnern uns aber dabei daran, dass in den vorhergehenden Kapiteln bereits die Zerstörung Babylons beschrieben wurde, die „trunken war von dem Blut der Heiligen und von dem Blut der Zeugen Jesu“ (Off 17, 6). Dann folgt das Gericht über die Gottlosen auf der Erde (worauf wir jetzt nicht weiter eingehen), und danach die Hochzeit der Braut mit dem Lamm und ihr Kommen mit ihm, wenn er kommen wird um das Tier zu vernichten. „Und die Kriegsheere, die in dem Himmel sind, folgten ihm auf weißen Pferden“ (Off 19, 14). Wo immer davon die Rede ist, dass der Herr kommt, da kommen auch seine Heiligen mit ihm, wie es auch heißt: „der Herr, mein Gott wird kommen und alle Heiligen mit ihm“, oder auch: „der Herr ist gekommen inmitten seiner heiligen Tausende“ (Judas 14), und: „wenn der Christus, unser Leben, geoffenbart werden wird, dann werdet auch ihr mit ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit“ (Kol 3, 4). Hier in der Offenbarung werden sie gesehen, wie sie ihm folgen und, bildlich ausgedrückt, mit weißer, reiner Leinwand angetan sind, das sind die Gerechtigkeiten der Heiligen (vgl. Off 19,8.14), ein Hinweis auf die von ihnen eingenommene Stellung. Dann wird der Herr erscheinen als König der Könige und Herr der Herren, inmitten seiner Heiligen: und das Tier und der falsche Prophet werden ergriffen und vernichtet werden. Darauf wird Satan gebunden und Johannes sagt: „Und ich sah Throne, und sie saßen darauf und es wurde ihnen gegeben, Gericht zu halten; und die Seelen derer, die um des Zeugnisses Jesu, und um des Wortes Gottes willen enthauptet waren, und die, welche das Tier nicht angebetet hatten, noch sein Bild, und das Malzeichen nicht angenommen hatten, an ihre Stirn und an ihre Hand; und sie lebten und herrschten mit dem Christus tausend Jahre“ (Off 20, 4).
Da finden wir also, dass den Heiligen gegeben wurde, Gericht zu halten, und nicht nur das, sondern wir sehen auch, dass sie, die das Gericht ausüben, auf Thronen sitzen und mit dem Christus herrschen tausend Jahre. Aber „die übrigen Toten wurden nicht lebendig, bis die tausend Jahre vollendet waren. Dies ist die erste Auferstehung.“
Beachten wir, wie diese genaue Darstellung die völlige Unsinnigkeit einer solchen Auffassung erkennen lässt, wonach es sich lediglich um ein so genanntes geistliches Tausendjähriges Reich handelt, einer Auffassung, die in so ernster und trauriger Weise die Sinne der Menschen verblendet. Nicht etwa, dass der Heilige Geist dann nicht da wäre, denn das ist er ganz gewiss; aber wir erkennen, dass, bevor alles dieses in Erscheinung tritt, die Hochzeit des Lammes mit der Versammlung, der Braut Christi, gekommen ist. Alles, was die Versammlung betrifft, hat seine Erfüllung gefunden: der Herr kommt, begleitet von den Kriegsheeren der Heiligen, um an dem Tier und dem falschen Propheten das Gericht auszuüben, nachdem sich die Braut bereitet und die Hochzeit des Lammes zuvor stattgefunden hat. Und doch gibt es Leute, die das Tausendjährige Reich als einen Zustand erwarten, den die Versammlung hier auf der Erde verwirklichen sollte. Allerdings handelt es sich dabei um eine bildliche Darstellung, aber keineswegs kann damit der Zustand der Versammlung hienieden gemeint sein, da die Braut doch dann von der Erde hinweggenommen ist und die Hochzeit des Lammes stattgefunden hat.
Wir lesen ja auch, dass Satan dann gebunden sein wird, während es doch für uns, solange wir noch auf der Erde sind, mit zu den besonderen Kennzeichen gehört, dass wir Satan zu widerstehen haben (1. Pet 5,8.9) und dass „der Satan bald unter unsere Füße zertreten werden wird (Röm 16, 20). Denn unser Kampf hienieden ist nicht wider Fleisch und Blut, sondern wider die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern; aber wenn das Lamm inmitten seiner Heiligen erscheint, dann wird Satan gebunden werden und der Zeitraum von tausend Jahren nimmt seinen Anfang.
Wir wollen nun auf die Verbindung zwischen 1. Korinther 15 und Jesaja 25 hinweisen, weil dadurch der Zusammenhang zwischen den beiden Ereignissen, der Auferstehung der Gläubigen und der Wiederherstellung Israels besonders deutlich wird.
Der Apostel führt aus: „Wenn aber dieses Verwesliche Unverweslichkeit anziehen und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen wird, dann wird das Wort erfüllt werden, das geschrieben steht: „Verschlungen ist der Tod in Sieg!“ Bei einem Vergleich mit Jesaja 25 erkennen wir, dass dieses dort in der Zeit, die wir das Tausendjährige Reich nennen, seine endgültige Erfüllung finden wird; wenn das Volk der Juden seiner irdischen Stellung gemäß in sein Land wieder zurückgebracht sein wird, dann nimmt auch die Zeit der Segnungen für die Nationen, die wir das Tausendjährige Reich nennen, ihren Anfang. Es heißt dort: „Wie die Glut in einem dürren Lande, beugtest du der Fremden Ungestüm; wie die Glut durch einer Wolke Schatten, wurde gedämpft der Gewalttätigen Siegesgesang. – Und der Herr wird auf diesem Berg allen Völkern ein Mahl von Fettspeisen bereiten, ein Mahl von Hefenweinen, von markigen Fettspeisen, geläuterten Hefenweinen. Und er wird auf diesem Berg den Schleier vernichten, der alle Völker verschleiert und die Decke, die über alle Nationen gedeckt ist. Den Tod verschlingt er auf ewig!“ Das ist der Zeitpunkt, wo die Auferstehung stattfindet. Denn es heißt im 1.Korintherbrief: „dann wird das Wort erfüllt werden, das geschrieben steht: Verschlungen ist der Tod in Sieg!“ – Daraus folgert nun aber, dass die Auferstehung stattfinden wird zu jener Zeit, da der Herr das Volk Israel wiederherstellt, wenn Israel wieder in Zion eingeführt und der Schleier vom Angesicht aller Nationen hinweggenommen werden wird.
In Habakuk 2, 13–14 heißt es: „Siehe, ist es nicht von dem Herrn der Heerscharen, dass Völker fürs Feuer sich abmühen, und Völkerschaften vergebens sich plagen? Denn die Erde wird voll werden von der Erkenntnis des Herrn, wie die Wasser den Meeresgrund bedecken.“ Diesen Zustand werden wir zu jener Zeit, von der wir reden, auf der Erde finden: die Menschen werden sich fürs Feuer abmühen und sich vergebens plagen. Und weiter heißt es: „Wird dem Gesetzlosen Gnade erzeigt, so lernt er nicht Gerechtigkeit: im Land der Geradheit handelt er unrecht und sieht nicht die Majestät des Herrn. Herr, deine Hand war hoch erhoben, sie wollten nicht schauen. Schauen werden sie den Eifer und das Volk und werden beschämt werden; ja, deine Widersacher, Feuer wird sie verzehren“ (Jes 26, 10–11). Wir sehen also, dass der Gesetzlose Gerechtigkeit nicht lernen kann, wenn ihm auch Gnade erzeigt wird, sondern „wenn deine Gerichte die Erde treffen, so lernen Gerechtigkeit die Bewohner des Erdkreises“ (Jes 26, 9). Diese wenigen Schriftstellen dürften genügen, um darzulegen, dass es sich bei dem Tausendjährigen Reich nicht um einen nur geistlichen Begriff handelt, wie man so oft behauptet. Wenn Gott in Bezug auf die Erde von der Fülle der Erkenntnis der Herrlichkeit des Herrn oder in ähnlichen Ausdrücken spricht, so geschieht das stets in Verbindung mit Gericht. So finden wir es im 4.Buch Mose geschrieben, wo Gott davon spricht, dass er das ganze Volk mit der Pest schlagen und vertilgen wolle: „Doch aber, so wahr ich lebe, von der Herrlichkeit des Herrn soll erfüllt werden die ganze Erde“ (4. Mo 14, 21). Und den gleichen Gedanken haben wir in der bereits angeführten Schriftstelle aus dem Propheten Habakuk. Dagegen ist aber die Vorstellung, dass das Evangelium noch weiter ausgebreitet werden und alle Völker unter dessen Einfluss gebracht werden müssten, in der ganzen Schrift nicht zu finden.
Der Apostel Paulus stellt dies im 11. Kapitel des Römerbriefes auf folgende Weise deutlich dar: „Denn ich will nicht Brüder, dass euch dieses Geheimnis unbekannt sei, damit ihr nicht euch selbst klug dünkt: dass Verstockung Israel zum Teil widerfahren ist, bis dass die Vollzahl der Nationen eingegangen sein wird; und also wird ganz Israel errettet werden“ (Röm 11, 25. 26). Der Erwartung der Kirche gegenüber, die als wilde Zweige in den Ölbaum eingepfropft wurde, dass sie nie wieder ausgebrochen werden könne, verweist darauf, dass sie dahin gekommen ist, sich selbst klug zu dünken.
Wiederum wird in einer anderen Schriftstelle darauf hingewiesen (Off 16, 12–16), dass es drei unreine Geister, Geister von Dämonen sind, die aus dem Mund des Drachen und aus dem Mund des Tieres und aus dem Mund des falschen Propheten hervorkommen, welche zu den Königen des ganzen Erdkreises ausgehen, sie zu versammeln zu dem Krieg des großen Tages Gottes, des Allmächtigen. Wir wollen hier nicht auf die Einzelheiten eingehen, sondern nur das Eine klar herausstellen, dass es sich dabei nicht um das erwähnte Versammeln der Heiligen handeln kann, wenn diese drei unreinen Geister ausgehen, um den ganzen Erdkreis zu dem Krieg jenes großen Tages Gottes, des Allmächtigen, zu versammeln; denn es ist nichts anderes als ein Versammeln aller Mächte Satans.
Wir haben nun alle Schriftstellen des Neuen Testaments aufgeführt, die, soviel wir zu erkennen vermögen, von der Auferstehung sprechen und es ist uns damit wohl so deutlich geworden, wie es nur irgend sein kann, wie alle diese Schriftstellen völlig einwandfrei ergeben, dass die Auferstehung der Heiligen von der Auferstehung der Gottlosen ganz und gar verschieden ist, weil sie auf die Erlösung der ersteren und auf das Leben, das sie in Christus haben, gegründet ist, und in Kraft erwiesen durch die Auferstehung des Leibes; dass auch zwischen der Auferstehung des Lebens und der Auferstehung zum Gericht insofern ein ganz klarer Unterschied gemacht wird, als zwischen beiden ein Zeitraum von tausend Jahren liegt; und schließlich auch, dass erstere ein Ergebnis der Versöhnung, letztere aber ein Ergebnis der Verwerfung eben dieser Versöhnung ist.
Wir müssen es uns versagen, an dieser Stelle auf die Wiederherstellung der Juden im einzelnen einzugehen. Wir wollen aber, um eine gesegnete Nutzanwendung davon zu haben, die ernsten Wahrheiten nachfolgend noch einmal kurz zusammenfassen: bevor das Gericht kommt, kommt der Herr zur Rettung; wenn er das Gericht ausführt, so kann dadurch niemand errettet werden; wenn er mit uns ins Gericht gehen würde, so würde dadurch kein Fleisch vor ihm gerechtfertigt werden, denn da ist keiner, der Gutes tue, da ist auch nicht einer; dass aber, so wahr wie dieses auch ist, der Herr dennoch eine vollkommene Erlösung gegeben hat, damit wir dem Gericht entfliehen sollten, eine Erlösung, die uns auch vor dem kommenden Zorn bewahrt; denn es gibt einen kommenden Zorn, aber es gibt auch eine Bewahrung davor, und wenn Gott auf diese Weise ins Mittel tritt, um uns vor dem kommenden Zorn zu bewahren, so lässt er sich daran nicht genügen, sondern er hat uns auch in die gleiche Stellung mit seinem eigenen, geliebten Sohn versetzt; das heißt also, dass nicht nur unsere Sünden vergeben, sondern dass wir in einem Geist mit Christus eins gemacht sind, wobei er der Erstgeborene ist unter vielen Brüdern, die Glieder seines Leibes sind, von seinem Fleisch und von seinen Gebeinen, sodass er also die Versammlung Gottes nährt und pflegt, wie ein Mann sein eigenes Fleisch nährt und pflegt, und er betet: „Vater, ich will, dass die, welche du mir gegeben hast, auch bei mir seien“, und wenn er der Richter ist, auch die Heiligen mit ihm auf dem Thron sitzen und ihnen gegeben wird, Gericht zu halten, denn, so sagt der Apostel: „Wisst ihr nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden?“ (1. Kor 6, 2).
Ist dies nun alles in Übereinstimmung mit dem Verständnis, das wir, liebe Freunde, von unserer Erlösung haben? Haben unsere Seelen es erkannt, dass diese Welt dem Gericht verfallen ist? Wohl wissen wir, dass die Welt es nicht gut ertragen kann, derartige Dinge zu hören; am Tag der Auferstehung zum Gericht wird sie es aber einstmals ertragen müssen. Jetzt werden noch einzelne Herzen geläutert und geprüft, aber es wäre unzutreffend zu sagen, dass sich die ganze Welt in einer Läuterungs- und Prüfungszeit befindet. Der Herr kam, um zu suchen und zu retten, was verloren ist, und solche, die als verloren betrachtet werden, werden nicht mehr geprüft und geläutert. Wenn wir, die Gläubigen, gerichtet werden, so werden wir vom Herrn gezüchtigt, damit wir nicht mit der Welt verurteilt werden. Für die Welt ist das Gericht eine längst beschlossene Sache.
Wie stellen sich nun unsere Herzen dazu, dass unsere ganze Umgebung in der wir leben, einer dem Urteil verfallenen Welt zugehört? Wir müssen uns darüber klar sein, dass es die Welt ist, die gesagt hat: „Dieser ist der Erbe, kommt lasst uns ihn töten!“ (Mk 12,7), dass diese Welt den Christus verworfen und dass er wiederum gesagt hat: „Jetzt ist das Gericht dieser Welt!“ (Joh 12, 31). Und weiter sagt er: „Die Welt sieht mich nicht mehr“ und ebenso: „Wenn der Sachwalter gekommen ist, dann wird er die Welt überführen von Sünde und von Gerechtigkeit und von Gericht. Von Sünde, weil sie nicht an mich glauben, von Gerechtigkeit aber, weil ich zu meinem Vater gehe und ihr mich nicht mehr seht“ (Joh 16, 8–10).
Während aber die Welt dem Gericht also verfallen ist, ist uns eine Erlösung gebracht worden, ein neues Leben ist uns geworden, ein zweiter Adam anstelle des ersten, in welchem alle Verheißungen Gottes sind – den Menschen sind keinerlei Verheißungen gegeben – denn „So viele der Verheißungen Gottes sind, in ihm ist das Ja und in Ihm das Amen, Gott zur Herrlichkeit durch uns!“ (2. Kor 1, 20).
Als Adam in Sünde gefallen war, wurde ihm keine Verheißung gegeben; Adam erhielt überhaupt keine Verheißung – sondern nur dem Samen der Frau, ihm wurde die Verheißung gegeben, dass er der Schlange den Kopf zermalmen würde. Das heißt also, dass die Verheißung dem zweiten Adam, und nicht dem ersten, gegeben wurde.
Und weiter: wir besitzen in Christus nicht nur Vergebung, sondern die Herrlichkeit! Mit Christus eins gemacht, sind wir seine Braut und sind in eine himmlische Stellung versetzt, nicht infolge der Übertretung Adams, sondern auf Grund der Verdienste des zweiten Adam. Haben wir diese herrliche Wahrheit wirklich erkannt?
Möge der Herr uns schenken, tiefer als bisher davon durchdrungen zu sein, was es heißt, in einer Welt zu leben, die den Herrn verworfen hat; zugleich aber auch, sich freudigen Herzens bewusst zu sein, dass wir uns vor ihm gebeugt und ihn als unsern Heiland angenommen haben, der in seiner unaussprechlichen Liebe einst für uns gelitten hat und für uns gestorben ist.