Das Kommen des Herrn

Die Erfüllung des göttlichen Heilsplan (Eph 1)

Bei der ersten Betrachtung über diesen Gegenstand in Verbindung mit 1. Thessalonicher 4 hatten wir erwähnt, dass das Kommen des Herrn weder im Galaterbrief noch im Epheserbrief zu finden ist. Es mag daher etwas befremdlich erscheinen, dass wir unserer heutigen Betrachtung über dasselbe Thema das erste Kapitel des Epheserbriefes zugrunde legen wollen. Wir werden aber in Verbindung damit, und in dem Bemühen, alle unsere Ausführungen durch das Wort Gottes zu belegen, auch noch andere Schriftstellen anführen. Wir haben also dieses Kapitel gewählt, weil uns darin ein allgemeiner Überblick über den gesamten Heilsplan Gottes und seine Ratschlüsse gegeben wird, die bei der Wiederkunft des Herrn ihre endgültige Erfüllung finden werden. Von der eigentlichen Tatsache seines Wiederkommens ist in diesem Kapitel allerdings nicht die Rede, wohl aber von dem Vorsatz Gottes und davon, wie dieser zur Ausführung gebracht werden wird. Darüber hinaus erkennen wir aber auch, wie die Versammlung Gottes, – gemeint sind damit alle wahren Gläubigen, die jetzt durch den vom Himmel gesandten Heiligen Geist um Christus als Mittelpunkt versammelt werden, – durch das Kommen des Herrn mit daran Anteil haben wird und welchen Platz sie in dem großen Heilsplan Gottes einnimmt. Der dabei allen Einzelheiten zu Grunde liegende Gedanke kann daher immer nur die Erhöhung des Sohnes sein, „zum Preise der Herrlichkeit seiner Gnade!“ Er, der sich einst erniedrigt hatte, muss nun erhöht und hoch erhoben werden.

Wir sehen nun also, wie Gott in seiner Gnade mit uns gehandelt hat: Er hat uns völlig für sich beiseite gestellt, und zwar in der vollen Wertschätzung des Werkes Christi; damit hat Er uns in die gleiche Stellung mit Christum versetzt, uns ihm gleichgemacht. Und da wir ihm auf solche Weise nahegebracht sind, offenbart Gott uns nun die Fülle seiner gesamten Ratschlüsse. Es handelt sich dabei nicht nur um die Frage unserer Errettung, sondern, da wir Kinder geworden sind, so „ist alles euer, ihr aber seid Christi, Christus aber ist Gottes“ (1. Kor 3,22.23). Nachdem er uns in ein solches Verhältnis gebracht hat, handelt er nun mit uns, wie Gott es einst mit Abraham und wie der Herr Jesus es mit seinen Jüngern tat, als mit Freunden. „Und der HERR sprach: Sollte ich vor Abraham verbergen, was ich tun will?“ (1. Mo 18,17). Daraufhin redete er zu ihm nun nicht von seiner persönlichen Zuneigung, – die hatte er ihm schon lange vorher kundgetan. Er lässt ihn nicht nur die Verheißungen sehen, die ihm und seinem Samen bereits zugesagt waren. Er sprach zu ihm vielmehr von Dingen, die nicht ihn persönlich, sondern die ganze Welt betrafen, und das war ein besonderes Kennzeichen von Freundschaft. Wenn ich mit jemandem zu tun habe, den ich zwar gut kenne, der aber doch nicht mein Freund ist, so werde ich ihm gewiss alles, was uns beide angeht, nach den Regeln der menschlichen Höflichkeit mitteilen; das ist aber auch alles. Habe ich aber mit einem Freund zu tun, so sage ich ihm alles, was irgend mein Herz bewegt.

So ist auch die Weise Gottes mit seinen Kindern; ebenso wie auch der Herr zu seinen Jüngern sagte: „Ich nenne euch nicht mehr Knechte, denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut, aber ich habe euch Freunde genannt, weil ich alles, was ich von meinem Vater gehört, euch kundgetan habe“ (Joh 15,15).

Dass die Kirche die Erwartung auf das Kommen des Herrn fallen lassen konnte, zeigt uns so deutlich wie nichts anderes, dass sie das Bewußtsein ihres Einsseins mit Christus ganz und gar verloren hat. Es konnte nur deshalb dahin kommen, weil so viele Herzen den kostbaren Gedanken nicht erfasst haben, dass Gott selbst sie so nahe zu sich gebracht hat, dass er sie nun als zu seiner Familie gehörig betrachtet. Zu „Söhnen und Töchtern“ werden sie ihm sein (2. Kor 6,18), und zwar erwachsene Söhne und erwachsene Töchter sollen es sein.

Für die, welche unter Gesetz waren, gab es eine solche Stellung nicht. Darum heißt es: „Solange der Erbe unmündig ist, unterscheidet er sich in nichts von einem Knecht, wiewohl er Herr ist von allem; ... als aber die Fülle der Zeit gekommen war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau, geboren unter Gesetz, auf dass er die, welche unter Gesetz waren, loskaufte, auf dass wir die Sohnschaft empfingen. Weil ihr aber Söhne seid, so hat Gott den Geist seines Sohnes in unsere Herzen gesandt, der da ruft: Abba, Vater!“ (Gal 4,1–6). Weil wir den Geist besitzen, und wie gesagt wird, dass wir „die Salbung von dem Heiligen haben und alles wissen“ (1. Joh 2,20), so leben wir in dem Bewußtsein, Söhne Gottes zu sein: erwachsene Söhne, die das Vertrauen ihres Vaters genießen. Und derselbe Geist, der auch der Geist der Sohnschaft ist, enthüllt uns alle Dinge, die uns von Gott so reichlich gegeben sind. Wie geschrieben steht: „Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben“. – Und dabei bleibt man im allgemeinen fast immer stehen, während doch der Apostel weitergeht, um gerade im Gegensatz dazu die Bedeutung unserer neuen Stellung zu zeigen: „Uns aber hat Gott es geoffenbart durch seinen Geist, denn der Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes. ... Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott ist, auf dass wir die Dinge kennen, die uns von Gott geschenkt sind“ (1. Kor 2,9–10.12).

Ist es nicht eigenartig, dass die Menschen einerseits eine solche Schriftstelle anführen, welche von dem spricht, was Gott für die bereitet hat, die ihn lieben, was daher also in keines Menschen Herz gekommen ist, d. h. von dem Herz des natürlichen Menschen überhaupt nicht erfasst werden kann, und dass sie andererseits über die daran anschließende Erklärung einfach hinwegsehen, welche in klarer Unterscheidung der Kirche Gottes deutlich besagt, dass Gott seinen Kindern diese Dinge offenbart und ihnen den Geist gegeben hat, um alles zu wissen und alle Dinge zu verstehen? Wenn Gott uns arme Geschöpfe nun in eine solch erhabene Stellung versetzt hat, dass er gewissermaßen von der Herrlichkeit Christi auf uns legt, indem er uns seine Gedanken über Christus mitteilt, ist es dann nicht betrübend, wenn wir sagen: „Ach auf solche Dinge möchte ich doch lieber keinen Anspruch machen!“ Das wäre nicht nur Undankbarkeit zu nennen; aber es ist etwas viel Schlimmeres: ein Entehren der Liebe, die Gott uns so klar bezeugt hat. Stellen wir uns vor, dass ein Kind sagen würde: Nein, auf das Vertrauen meines Vaters mache ich keinen Anspruch, es liegt mir nichts daran; ich will ihm lieber nur blind gehorchen! – Müssten wir dann nicht zu ihm sagen: Du bist aber ein unglückliches, ein recht unglückliches Kind. Du hast von der Stellung eines Kindes nicht die leiseste Ahnung!?

Gerade das wird uns aber von dem Apostel in dem vorliegenden Kapitel gezeigt. Obwohl dieser Gedanke wunderbar schön ist, können wir nicht ausführlich darauf eingehen. Wir sehen nur eben, wie er in dem ersten Teil des Kapitels davon spricht, in welche Stellung wir vor Gott gebracht sind, „dass wir heilig und tadellos seien vor ihm in Liebe, und dass er uns zuvor bestimmt hat zur Sohnschaft durch Jesum Christum für sich selbst nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Preise der Herrlichkeit seiner Gnade, worin er uns begnadigt hat in dem Geliebten, in welchem wir die Erlösung haben durch sein Blut, die Vergebung der Vergehungen“. Wir sind in Gerechtigkeit und Heiligkeit in das Ebenbild Gottes vor Gott gebracht: heilig und tadellos vor ihm in Liebe. Wir sind, da wir die Sohnschaft haben, in die Stellung von Söhnen gebracht, und in dem Geliebten selbst angenommen, besitzen wir die Vergebung unserer Sünden. Das also ist die Stellung, in die wir gebracht worden sind. Eine andere Stellung gibt es nicht für die Christen. Und nun sagt Gott gewissermaßen: Nachdem ich euch in eine solche Stellung gebracht habe, will ich euch auch meinen Ratschluss über die Herrlichkeit Christi und damit zugleich auch eure Herrlichkeit mit ihm wissen lassen: „welche“ (d.h. den Reichtum seiner Gnade) „er gegen uns hat überströmen lassen in aller Weisheit und Einsicht, indem er uns kundgetan hat das Geheimnis seines Willens nach seinem Wohlgefallen, das er sich vorgesetzt hat in sich selbst für die Verwaltung der Fülle der Zeiten“. – Er hat uns nicht nur eine solche Erlösung gegeben, dass wir wissen, in was für ein Verhältnis zu Gott wir gebracht sind, sondern er hat uns auch seinen ganzen Ratschluss gezeigt – „in der Fülle der Zeiten alles unter ein Haupt zu bringen in dem Christus, das was in den Himmeln und das was auf der Erde ist, in ihm“, – beachten wir es wohl, mit wem wir verbunden sind! – „in welchem wir auch ein Erbteil erlangt haben.“ Wir sind Erben, wie der Apostel den Römern schreibt: „Erben Gottes und Miterben Christi“ (Röm 8,17). Gott zeigt uns also, dass er alles dem Christus übergeben wird, dass er in ihm alle Dinge, die in den Himmeln und die auf der Erde sind, zusammenbringen wird, dass wir mit Christus Miterben sind, und dass wir, wiederum nur in ihm, ein Erbteil erlangt haben.

Das ist der Aufbau dieses Kapitels, um uns den Vorsatz und die Gedanken Gottes erkennen zu lassen. Wenden wir uns nun zu einigen weiteren Schriftstellen, um zu sehen, wie er das alles zu Wege bringen und wie er uns in unser Erbteil einführen wird. Denn das ist es doch, worauf wir warten. Wir warten ja nicht darauf, Erben zu werden, denn wir sind es bereits. Wir warten aber noch darauf, unser Erbteil zu empfangen. Wir warten nicht darauf, Söhne zu werden, denn wir alle sind schon Kinder Gottes durch den Glauben in Christus Jesus; wir warten aber darauf, das in Besitz zu nehmen, was den Söhnen zukommt.

Uns armen, irdenen Gefäßen in dieser Welt der Wüste ist eine solch herrliche Erwartung gegeben! Wir sind versiegelt worden mit dem Heiligen Geist der Verheißung, welcher das Unterpfand unseres Erbes ist, zur Erlösung des erworbenen Besitzes, zum Preise seiner Herrlichkeit.“ – Das heißt also: wir besitzen die Herrlichkeit seiner Gnade; die Herrlichkeit selbst haben wir noch nicht erlangt, – wir warten noch darauf. Das Gebet des Apostels enthält also diese Reihenfolge: unsere Berufung, durch die wir Gott nahe gebracht sind: unser Erbteil, welches alles umfasst, was wir zusammen mit Christus einst erben werden; und schließlich die Kraft der Wirksamkeit, durch die wir dies alles erlangen, und zwar ist dies dieselbe Kraft, die auch Christus aus den Toten auferweckte und auch jeden Gläubigen aus dem geistlichen Tod heraus in dieselbe Stellung mit Christus gebracht hat. Nachdem er diese Punkte in eins zusammengefasst hat, zeigt er uns zum Schluss auch die Stellung, zu der Christus erhoben wurde, denn „er setzte ihn zu seiner Rechten in den himmlischen Örtern, über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird, nicht allein in diesem Zeitalter, sondern auch in dem zukünftigen; und hat alles seinen Füßen unterworfen und ihn als Haupt über alles der Versammlung gegeben, welche sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt.“

Das erste Kapitel des Epheserbriefes entwickelt uns also den ganzen Ratschluss Gottes und lässt uns auch etwas davon erkennen, in welcher Weise er diesen Ratschluss ausführen wird, wie er für die Verwaltung der Fülle der Zeiten alles das, was in den Himmeln und das, was auf der Erde ist, unter ein Haupt zusammenbringen wird in dem Christus. Wenn nun Christus als der verherrlichte Mensch diesen Platz einnehmen wird – als Gott ist er selbstverständlich zu aller Zeit über allem – so werden wir mit ihm zusammen das Erbe antreten. Wir sind die Miterben, die „in ihm auch ein Erbteil erlangt haben“. Und wiederum, wie der Römerbrief sagt: „Wenn aber Kinder, so auch Erben, – Erben Gottes und Miterben Christi“ (Röm 8,17).

Diesen Grundsatz haben viele Christen in der traurigsten Weise vernachlässigt, indem sie das Bewußtsein davon verloren haben, wie Gott uns in dieselbe Stellung mit Christus gebracht hat, der Mensch wurde, um uns in eben dieselbe Stellung mit ihm zu bringen. „Die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben“ (Joh 17,22). Weil er Sohn ist, so sind auch wir Söhne. Er ist unser Leben, unsere Gerechtigkeit, und aus dieser Gerechtigkeit ergibt sich für uns, dass wir seine Herrlichkeit mit ihm teilen dürfen. Als er auf dem Berg der Verklärung umgestaltet wurde, erschienen Mose und Elia in derselben Herrlichkeit und besprachen sich mit ihm in vertrauter Weise. Wir sollten nicht vergessen, dass der Herr in Demut und Niedrigkeit zu uns herabgekommen ist, damit wir unsere Herzen ihm so nahe bringen, dass wir dies alles verstehen können.

Nachdem wir nun so mit dem eigentlichen Ratschluss bekannt gemacht wurden, werden wir an Hand einiger weiterer Schriftstellen auch sehen, wie der Herr diesen Ratschluss auch zur Ausführung bringen wird. In Psalm 2 sehen wir den Herrn zunächst dargestellt, wie er auf der Erde die Herrschaft antreten sollte, aber verworfen wurde. Diese Worte werden auch im Neuen Testament angeführt, lassen aber die Erlangung unseres Erbteils noch nicht erkennen. Wir werden aber sogleich sehen, wie beide Tatsachen miteinander in Verbindung stehen. „Warum toben die Nationen und sinnen Eitles die Völkerschaften? Es treten auf die Könige der Erde, und die Fürsten ratschlagen miteinander wider den Herrn und wider seinen Gesalbten.“ Diese Worte werden von Petrus mit Bezug auf Herodes und Pilatus angeführt. „Der im Himmel thront lacht; der Herr spottet ihrer“, d. h. also, Christus selbst wird ihrer spotten. „Dann wird er zu ihnen reden in seinem Zorn, und in seiner Zornglut wird er sie schrecken.“ Das ist bisher noch nicht geschehen. „Habe doch ich meinen König gesalbt auf Zion, meinem heiligen Berge,“ trotz aller Verwerfung seitens der Menschen! „Vom Beschluss will ich erzählen: Der Herr hat zu mir gesprochen: Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt. Fordere von mir, und ich will dir zum Erbteil geben die Nationen, und zum Besitztum die Enden der Erde. Mit eisernem Zepter wirst du sie zerschmettern, wie ein Töpfergefäß sie zerschmeißen“. Diese Gerichte sind natürlich bis jetzt noch nicht zur Ausführung gekommen.

Wenden wir uns nun zum Buch der Offenbarung, wo wir am Schluss des zweiten Kapitels ausgeführt finden, in welcher Weise wir mit Christus verbunden sind. „Und wer überwindet und meine Werke bewahrt bis ans Ende, dem werde ich Gewalt über die Nationen geben, und er wird sie weiden mit eiserner Rute, wie Töpfergefäße zerschmettert werden, wie auch ich von meinem Vater empfangen habe“ (Off 2,26.27). Wir führen diese Stelle an, um zu zeigen, dass selbst in diesen Dingen die Heiligen mit Christus einsgemacht sind, obwohl es sich dabei nicht um die höchsten Segnungen handelt, in denen sie mit ihm verbunden sind. Unmittelbar im Anschluss daran wird gesagt: „Und ich werde ihm den Morgenstern geben!“ Der Morgenstern ist der Herr selbst, und das ist also etwas unendlich kostbareres. Dennoch verbindet er die seinen mit sich in dem ganzen Ausmaß seiner Herrlichkeit. Die Nationen werden ihm als sein Erbteil gegeben und von ihm zerschmettert werden. Dasselbe ist auch unser Teil mit ihm, wenn wir anders treu erfunden werden.

Gerade weil die Kirche Gottes in so befremdlicher Weise das Verständnis über alle diese Dinge verloren hat, ist es um so wichtiger, diese Stellen anzuführen, um zu zeigen, wie sehr die Gläubigen mit dem Herrn verbunden sind, selbst in Bezug auf diese bis ins Äußerste gehenden Einzelheiten. – „Oder wißt ihr nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden?“ sagt Paulus zu den Korinthern. Er ermahnt sie, sich daran zu erinnern und dann auch zu bedenken, ob sie etwa unwürdig seien, „über die geringsten Dinge zu richten“, indem er ihnen vorhält, dass Bruder mit Bruder vor Ungläubigen Gericht halten. Wenn niemand unter ihnen fähig war, die einfachsten Dinge unter sich selbst in Ordnung zu bringen, wußten sie denn nicht, dass „wir Engel richten werden?“ (1. Kor 6,2.3). Es war notwendig, ihnen solche Dinge vorzustellen, weil ihnen das Verständnis dafür fehlte, in welch eine Stellung die Gläubigen durch Christus gebracht worden sind, und weil sie die ganze Fülle der Bedeutung ihres Verbundenseins mit Christus nicht erkannt hatten. Wir haben auf diese Verbindung mit dem Herrn auch in der Ausführung des Gerichts hingewiesen, ganz gewiss nicht etwa, weil es ein ganz besonders erfreulicher Teil unserer Segnungen mit ihm wäre, sondern um zu zeigen, wie weitgehend und völlig die Heiligen mit Christus tatsächlich einsgemacht sind.

Beachten wir aber, dass der zweite Psalm von dem Kommen des Herrn auf diese Erde und auch von seiner Verwerfung redet. Petrus führt es in diesem Sinn an und auch Paulus gebraucht ebenso die Worte: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt“ (Heb 1,5). Ferner wird von dem Herrn, also von dem Christus gesagt, dass er lachen wird (das ist natürlich nur bildlich zu verstehen) über all das Toben der Nationen, und dass er sich trotz allen menschlichen Wütens in Zion niedersetzen, und die ganze Welt ihm als Erbteil gegeben wird.

Diese Darstellung ist jedoch von seiner Stellung, wie sie im Neuen Testament hauptsächlich geschildert wird, gänzlich verschieden. Er wird hier lediglich mit dem Schicksal der Juden und dem Gericht über die aufrührerischen Nationen am Ende der Zeiten in Verbindung gebracht. Bei seinem ersten Kommen wurde er als der Christus, als der gesalbte Messias, verworfen. Beachten wir, wie diese Tatsache selbst das ganze Evangelium beeinflusst. Wir finden, dass der Herr seinen Jüngern ausdrücklich verbietet, jemandem zu sagen, dass er der Christus sei, weil er seine Verwerfung im Voraus wusste; „denn“, so sagte er, „der Sohn des Menschen muss vieles leiden“ (Lk 9,21.22). Damit hatte er ungefähr sagen wollen: Ich werde meine Stellung als König von Zion jetzt noch nicht einnehmen. Ich komme jetzt auf eine andere Weise. Ich komme als der Sohn des Menschen in Leiden, um danach in Herrlichkeit einen viel höheren Platz einzunehmen. – Dementsprechend fordert er in Lukas und den anderen Evangelien seine Jünger mit Nachdruck auf, niemandem zu sagen, dass er der Christus sei, denn damit war es infolge seiner Verwerfung fürs erste tatsächlich vorbei.

Wenden wir uns nun zu Psalm 8: „HERR, unser Herr, wie herrlich ist dein Name auf der ganzen Erde, der du deine Majestät gestellt hast über die ganzen Himmel! Aus dem Munde der Kinder und Säuglinge hast du dir Macht gegründet um deiner Bedränger willen, um zum Schweigen zu bringen den Feind und den Rachgierigen“. Dies, so wissen wir, fand seine Erfüllung, als er auf dem Füllen der Eselin in Jerusalem einzog. „Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Sohn, dass du auf ihn acht hast? Denn ein wenig hast du ihn unter die Engel erniedrigt; und mit Herrlichkeit und Pracht hast du ihn gekrönt. Du hast ihn zum Herrscher gemacht über die Werke deiner Hände; alles hast du unter seine Füße gestellt.“ Hier wird angedeutet, dass er, obwohl als der Christus verworfen, als die Folge dieser Verwerfung ihm als solchem alles seinen Füßen unterworfen werden würde. Im Neuen Testament sehen wir, wie der Apostel sich in seinen Darlegungen gerade auf diese Tatsache stützt.

Diese beiden Psalmen, der zweite und der achte, reden also von seinem Kommen für das Volk Israel und wie er nach seiner Verwerfung trotz allem am Ende der Zeiten die Herrschaft auch über die Aufrührer antreten wird. Dass er aber die Stellung als Sohn des Menschen einnimmt, als den er sich in den Evangelien immer wieder bezeichnet, ist die gegenwärtige Folge eben dieser seiner Verwerfung.

Wir kommen nun zum Neuen Testament und finden dort, dass Psalm 8 in dem uns zur Betrachtung vorliegenden Kapitel aus dem Epheserbrief angeführt wird „und hat alles seinen Füßen unterworfen“ und, da er nun diesen Platz eingenommen hat, „ihn als Haupt über alles der Versammlung gegeben, welche sein Leib ist“ (Eph 1,22–23). Die Versammlung, oder Kirche Gottes, sein Leib, bildet mit ihm zusammen den vollkommenen Menschen und wird aber auch genannt: „die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt.“ Christus ist eine göttliche Person, zugleich aber auch Mensch, und erfüllt alle Dinge. Die Versammlung aber ist die Fülle von ihm, als dem Sohn des Menschen, und bildet mit ihm zusammen den Christus, von welchem er das Haupt ist und alle zur Kirche Gottes Gehörigen den Leib bilden. Die Versammlung ist also genau so innig mit ihm verbunden, wie das Fleisch eines Mannes mit diesem selbst verbunden ist. Diesen Vergleich finden wir in Epheser 5,29–30, wo es heißt: „Denn niemand hat jemals sein eigenes Fleisch gehasst, sondern er nährt und pflegt es, gleichwie auch der Christus die Versammlung. Denn wir sind Glieder seines Leibes, von seinem Fleisch und von seinen Gebeinen.“ Und in diesem Leib, in welchem nur ein Geist ist, ist die Versammlung mit dem Herrn in einer solchen Weise verbunden, dass sie mit ihm auch die Herrschaft über alle Dinge hat. Wir sehen Christum, den Sohn des Menschen, nach dem Ratschluss Gottes über alle Dinge in den Himmeln und auf der Erde gesetzt; und wir, auf das innigste mit ihm verbunden, seine Erkauften und Erlösten, seine Brüder, seine Miterben und Glieder seines Leibes, werden auch in seiner Herrscherstellung mit ihm völlig einsgemacht. Das also ist die Verbindung der Versammlung mit der Herrlichkeit Christi bei seinem zweiten Kommen.

Denselben Gegenstand finden wir in Hebräer 2, wo der Apostel zeigt, wie weit die Schriftstelle aus Psalm 8 bereits ihre Erfüllung gefunden hat. „Es hat aber irgendwo jemand bezeugt und gesagt: Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, oder des Menschen Sohn, dass du auf ihn siehst? Du hast ihn ein wenig unter die Engel erniedrigt; mit Herrlichkeit und Ehre hast du ihn gekrönt und ihn gesetzt über die Werke deiner Hände; du hast alles seinen Füßen unterworfen. Denn indem er ihm alles unterworfen hat, hat er nichts gelassen, das ihm nicht unterworfen wäre; jetzt aber sehen wir ihm noch nicht alles unterworfen.“ – Diese Zeit ist also noch nicht gekommen. „Wir sehen aber Jesum, der ein wenig unter die Engel wegen des Leidens des Todes erniedrigt war, mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt“ (Heb 2,6–9). Beachten wir wohl, worum es sich handelt. Nach Gottes Vorsatz soll alles, ohne jede Ausnahme, den Füßen des Herrn unterworfen werden, – es gibt nichts, das ihm nicht unterworfen wäre. Durch ihn wurden in der Tat doch alle Dinge geschaffen, und er ist daher auch der Erbe aller Dinge. Es kommt aber nun darauf an, dass alles, was er als Gott geschaffen hat, durch ihn als den Sohn des Menschen auch als Erbteil in Besitz genommen wird, und er wird dieses Erbe mit uns teilen. Dieser Augenblick ist jedoch noch nicht gekommen. Wir sehen ihm noch nicht alle Dinge unterworfen. Was wir aber sehen, ist Jesus, der ein wenig unter die Engel erniedrigt war, mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt; wir sehen die eine Hälfte erfüllt, die andere noch nicht; jetzt aber sehen wir ihm noch nicht alles unterworfen.

Die Veranlassung zu diesen Ausführungen des Apostels haben wir in Psalm 110, den er ebenfalls im Hebräerbrief anführt, und auf den auch der Herr selbst sich stützt, als er über genau denselben Gegenstand mit den Pharisäern eine Auseinandersetzung hatte. „Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde lege unter deine Füße“ (Ps 110,1; Mt 22,44). Darum auch sagt der Apostel im Hebräerbrief: „Er aber, nachdem er ein Schlachtopfer für Sünden dargebracht, hat sich auf immerdar gesetzt zur Rechten Gottes, fortan wartend bis seine Feinde gelegt sind zum Schemel seiner Füße“ (Heb 10,12–13), bis sie, also alle, von Gott seinen Füßen unterworfen werden. Wir werden darauf noch bei einer anderen Gelegenheit zurückkommen, möchten aber jetzt zunächst darauf hinweisen, welch eine selige Gewissheit es für die Heiligen bedeutet, dass Christus zur Rechten Gottes sitzt, bis seine Feinde zum Schemel seiner Füße gelegt sind, und dass er fortan darauf wartet. Noch sind die Feinde nicht zum Schemel seiner Füße gemacht. Wäre das der Fall, so würden die Dinge in der Welt nicht so ihren Lauf nehmen können, wie sie es jetzt tun. Das Vornehmen Gottes ist bis jetzt noch ein anderes. Er ist dabei, alle Miterben zusammenzubringen und während er dies tut, sagt er: „Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde lege zum Schemel deiner Füße!“ Auf die Frage, wann dieser Zeitpunkt gekommen sein wird, hören wir nur: „Von jenem Tage aber und jener Stunde weiß niemand, auch nicht die Engel der Himmel, sondern mein Vater allein!“ (Mt 24,36). Dem Sohn aber ist gesagt worden: Setze dich zu meiner Rechten, bis die Zeit gekommen ist. Der ganze Heilsplan ist uns also so deutlich mitgeteilt worden, wie es die menschliche Sprache überhaupt nur auszudrücken vermag. Wir sehen Jesus, nachdem er durch sich selbst die Reinigung der Sünden bewirkt hat, sitzen zur Rechten der Majestät in den Himmeln, von wo aus er mittels des Evangeliums seine Miterben sammelt. Wir sind mit ihm vereinigt, der zur Rechten Gottes ist, – vereinigt und einsgemacht mit ihm, durch den einen Geist.

Wenden wir uns nun zu einer anderen Schriftstelle (1. Kor 15) zu, so werden wir sehen, wie wir, wenn alle Dinge ihm unterworfen sind, diesen Platz der Herrlichkeit durch die Auferstehung erlangen werden. „Denn gleichwie in dem Adam alle sterben, also werden auch in dem Christus alle lebendig gemacht werden. Ein jeder aber in seiner eigenen Ordnung: der Erstling, Christus; sodann die, welche des Christus sind bei seiner Ankunft“ – das sind die, die seine Miterben sind; sie allein und sonst niemand! Und „dann das Ende, wenn er das Reich dem Gott und Vater übergibt, wenn er weggetan haben wird alle Herrschaft und alle Gewalt und Macht. Denn er muss herrschen, bis er alle Feinde unter seine Füße gelegt hat. Der letzte Feind, der weggetan wird, ist der Tod. Denn alles hat er seinen Füßen unterworfen. Wenn er aber sagt, dass alles unterworfen sei, so ist es offenbar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat“ (1. Kor 15,22–27). Das besagt also, dass Gott, der Vater, ihm natürlich nicht unterworfen ist; aber gerade diese eine Ausnahme zeigt aufs deutlichste, dass im übrigen alles andere ihm unterworfen sein wird, – Gott der Vater ist die einzige Ausnahme. Wir sehen das jetzt noch nicht. Könnte man annehmen, dass alle die Unterdrückungen und Gewalttaten, die furchtbaren Kriege und Schrecken, welche die Geschichte dieser Erde kennzeichnen, sonst ihren Fortgang nehmen werden, wenn alle Dinge ihm schon jetzt unterworfen wären? Nicht Christus, sondern Satan ist jetzt der Gott und Fürst dieser Welt. Es ist eigenartig, wie so viele Menschen meinen, dass der Herrschaft Satans durch das Kreuz von Golgatha ein Ende bereitet worden sei! Genau das Gegenteil ist der Fall. Im Kreuz von Golgatha liegt die eine große Feststellung – und nie zuvor hat es ein Schauspiel von solcher Bedeutung gegeben, dass Satan der Fürst und Gott dieser Welt ist. „Der Fürst dieser Welt kommt und hat nichts in mir“, hat unser Heiland einst gesagt (Joh 14,30). Vor der Verwerfung des Herrn ist Satan niemals der Fürst dieser Welt genannt worden. Bis dahin herrschte der Herr auf der Erde und war in der lichten Wolke des Tempels gegenwärtig. Als er aber in der Fülle der Zeiten in der Person Christi auf diese Erde kam, und die Welt ihn verwarf, von da an ist Satan der Fürst dieser Welt. Alsdann spricht auch der Apostel von solchen, „die verloren gehen, in welchen der Gott dieser Welt den Sinn der Ungläubigen verblendet hat“ (2. Kor 4,4). Wenn der Herr Jesus wiederkommen wird, dann wird er der Fürst dieser Welt sein, bis zu seinem Kommen aber ist Satan der Fürst dieser Welt.

Wenn wir nun Lukas 19 betrachten, so sehen wir, wie der Herr selbst die Dinge darstellt, indem Er davon spricht, dass er in ein fernes Land zog, um ein Reich für sich zu empfangen, um, nachdem er es empfangen haben würde, wiederzukommen und das von ihm angedeutete Gericht zur Ausführung zu bringen. „Während sie aber dieses hörten, fügte er noch ein Gleichnis hinzu, weil er nahe bei Jerusalem war und sie meinten, dass das Reich Gottes alsbald erscheinen sollte“. Sie erwarteten das Reich und meinten, obwohl der Herr Jesus verworfen war, dass sie es durch ihn auf eine irdische Weise alsbald empfangen würden. Er sprach nun: „Ein gewisser hochgeborener Mann zog in ein fernes Land, um ein Reich für sich zu empfangen und wiederzukommen. Er berief aber seine zehn Knechte und gab ihnen zehn Pfunde und sprach zu ihnen: Handelt bis ich komme!“ (Lk 19,12.13). Den hier angewiesenen Dienst haben die Christen während der Zeit der Abwesenheit ihres Herrn hier auszuüben. Er ist fortgezogen, um das Reich zu empfangen und er ist noch nicht wieder zurückgekehrt. Nach Seiner Rückkehr beruft er alsdann seine Knechte: „Und es geschah, als er zurückkam, nachdem er das Reich empfangen hatte, da hieß er diese Knechte, denen er das Geld gegeben, zu sich rufen, auf dass er wisse, was ein jeder erhandelt hätte“ (Lk 19,15). Er beginnt also gleich damit, mit ihnen Abrechnung zu halten, und sowie er damit zu Ende gekommen ist, sagt er: „Doch jene meine Feinde, die nicht wollten, dass ich über sie herrschen sollte, bringet her und erschlaget sie vor mir“ (Lk 19,27). Das geschieht, nachdem er das Reich empfangen hat und wiedergekommen ist. Während der Zeit seiner Abwesenheit übt er kein Gericht aus. – Weiter heißt es: „Denn der Vater hat das ganze Gericht dem Sohn übergeben, auf dass alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren“ (Joh 5,22–23). Wenn er aber jetzt mit dem Richten beginnen wollte, so müsste er zunächst das Zeitalter der Gnade und damit das Sammeln der Glieder der Kirche zum Abschluss gebracht haben.

Jetzt werden die Gläubigen von dem Vater gerichtet und zwar auf dem Weg der Zucht: „Und wenn ihr den als Vater anruft, der ohne Ansehen der Person richtet nach eines jeden Werk ...“ (1. Pet 1,17). Was dagegen das endgültige Gericht betrifft, so heißt es in der oben angeführten Schriftstelle: „Der Vater richtet auch niemand, sondern das ganze Gericht hat er dem Sohn gegeben.“

Wenn der Sohn nun zurückkommt, so wird er seine Feinde vor sich rufen lassen, um das Gericht an ihnen auszuüben. Inzwischen aber ist er fortgezogen, um das Reich zu empfangen, und er ist bis jetzt noch nicht zurückgekehrt. Wenn er kommt, wird er alle Gesetzlosigkeit, unter der wir jetzt noch zu leiden haben, vernichten. In der jetzigen Zeit aber müssen wir ausharren und warten und handeln, bis er kommt, wobei wir die Pfunde, die von ihm gegebenen geistigen Gaben, für ihn nutzbringend anwenden müssen.

Wir finden dies besonders klar in dem ersten Kapitel des Kolosserbriefes dargestellt. Wir wollen etwas ausführlicher darauf eingehen, um über die Gedanken Gottes, seinen Ratschluss und Heilsplan nach Möglichkeit ein volles Verständnis zu erlangen, da uns dies alles in der Schrift so klar und deutlich auseinandergesetzt wird. Wir beginnen mit dem zwölften Vers, der uns zeigt, wohin wir, d. h. alle Gläubigen, gebracht worden sind. „Danksagend dem Vater, der uns fähig gemacht hat“, – fähig gemacht hat; es ist also alles, wie wir es immer in der Schrift finden, vollkommen zu Ende geführt; von einem Erst-fähig-gemacht-werden-müssen ist keine Rede; wohl spricht die Schrift von einem Hingelangen zu dem Maß des vollen Wuchses der Fülle des Christus, aber das ist ein anderer Gedanke für sich. „Der uns fähig gemacht hat zu dem Anteil am Erbe der Heiligen in dem Licht, der uns errettet hat aus der Gewalt der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe, ... welcher das Bild des unsichtbaren Gottes ist, der Erstgeborene aller Schöpfung. Denn durch ihn“ – das ist der Grund, warum er über alles gesetzt ist – „sind alle Dinge erschaffen worden, die in den Himmeln und die auf der Erde, die sichtbaren und die unsichtbaren, es seien Throne oder Herrschaften oder Fürstentümer oder Gewalten: alle Dinge sind durch ihn und für ihn geschaffen“ (Kol 1,12–16). Er wird sich alle diese Dinge unterwerfen, aber nicht in ihrem jetzigen Zustand der Gesetzlosigkeit; darum sehen wir ihm jetzt noch nicht alles unterworfen.

Und wie wird er sie in Besitz nehmen? – Als der Mensch, „den er auch gesetzt hat zum Erben aller Dinge“ (Heb 1,2); und wir sind ihm zu Miterben bestimmt, wie die Schrift uns sagt. Wir sehen nun schon, woraus sich der zweite Teil wie von selbst ergibt. „Und er ist vor allen, und alle Dinge bestehen zusammen durch ihn“. Das kann nur sein, weil er eine göttliche Person ist. – „Und er ist das Haupt des Leibes, der Versammlung, welcher der Anfang ist, der Erstgeborene aus den Toten, auf dass er in allem den Vorrang habe.“ Diese Vorrangstellung besitzt er also nach zwei Seiten hin, wie wir dies auch in dem uns vorliegenden Kapitel aus dem Epheserbrief finden. Er ist das Haupt aller Dinge und er ist auch das Haupt der Versammlung. „Durch ihn alle Dinge mit sich zu versöhnen, ... durch ihn, es seien die Dinge auf der Erde oder die Dinge in den Himmeln. Und euch, die ihr einst entfremdet und Feinde waret nach der Gesinnung in den bösen Werken, hat er aber nun versöhnt, in dem Leibe seines Fleisches durch den Tod“ (Kol 1,17–21). – „Hat er versöhnt“, es heißt immer: „Er hat“, wenn es sich um die Gläubigen handelt; es heißt nicht: „Er wird versöhnen“, sondern „Er hat versöhnt“. Die Versöhnung aller Dinge in den Himmeln und auf der Erde ist jedoch noch zukünftig, weil Satan noch nicht gebunden und das Verderben noch groß ist auf der Erde; und das verderbteste aller Dinge im Weltall ist die verderbte Christenheit.

Der Apostel sagt: „Durch ihn alle Dinge mit sich zu versöhnen, es seien die Dinge auf der Erde oder die Dinge in den Himmeln“, oder wie der Epheserbrief sagt: „Alles unter ein Haupt zusammenzubringen in dem Christus.“ Keine der beiden Schriftstellen besagt aber, dass er es schon zur Ausführung gebracht hätte, noch erwähnen sie die Dinge, die unter der Erde sind. Wenn es sich dagegen um die Unterwerfung handelt, da sich einmal alles vor ihm beugen wird, so sagt die Schrift: „dass in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen (Phil 2,10). Hierbei ist aber nicht die Rede von „versöhnen“ sondern von „beugen“. – „Und euch“, sagt das Wort Gottes, „hat er aber nun versöhnt!“

Hiermit finden wir die Wahrheit von der zweifachen Herrschaft Christi, dass er das Haupt der Versammlung und dass er Herr über alle Dinge ist, bestätigt, und ebenso auch die zweifache Versöhnung: die bereits geschehene Erlösung der Kinder Gottes in Gnade, und die noch zukünftige Versöhnung aller Dinge in den Himmeln und auf der Erde.

Jetzt sehen wir ihm noch nicht alle Dinge unterworfen, aber durch den Glauben sehen wir ihn, sitzend zur Rechten Gottes, bis alle seine Feinde zum Schemel seiner Füße gemacht sind. Wenn diese Zeit gekommen sein wird, dass ihm alles unterworfen ist, so wird er davon Besitz nehmen in der Eigenschaft, wie Melchisedek von Gott bezeugte, als er herauskam, um Abraham zu segnen, als „Gott der Höchste, der Himmel und Erde besitzt“ (1. Mo 14,19), und wenn Christus in der vollen Bedeutung als König und als Priester auf dem Thron sitzt, dann wird auch Gott als der „Höchste“ gekannt sein.

Wir kommen nun zu dem nächsten Punkt, den wir aber nur kurz berühren wollen. Von den beiden Feststellungen ausgehend, dass er einerseits alle Dinge in den Himmeln und auf der Erde mit sich versöhnen, und dass er andererseits alle Dinge in den Himmeln und auf der Erde unter ein Haupt zusammenbringen wird, finden wir ebenso in einigen der angeführten Schriftstellen, dass die Kirche oder die die Kirche bildenden Heiligen seine Miterben sind.

Wir haben versucht, klar zu stellen, dass alle Gläubigen, die in der gegenwärtigen Zeit durch Gottes Gnade mittels des Evangeliums als die Versammlung Gottes zusammengebracht werden, mit Christus, dem Mittelpunkt aller Segnungen, verbunden sind; ja, dass sie zusammen mit ihm diesen Mittelpunkt bilden, dem alles und jedes Geschöpf untergeordnet sein wird. Der in Verbindung damit in der Schrift genannte Zeitpunkt ist der, wenn der Herr das Reich empfängt und wiederkommt, wenn die Verwaltung der Fülle der Zeiten gekommen sein wird. Dann wird alles der Herrschaft Christi in Ordnung und in Fülle des Segens unterworfen sein. Wenn Gott, der Vater, alles seinen Füßen unterworfen haben wird, dann wird er alle Dinge wiederherstellen und ihm alsdann das Reich übergeben. Die Versammlung ist der Mittelpunkt für die Verwaltung der Fülle der Zeiten in den himmlischen Örtern, während in allen irdischen Angelegenheiten die Juden den Sammelpunkt auf der Erde bilden werden.

Damit gelangen wir zu dem, was, abgesehen von der Frage der persönlichen Errettung, die beiden wichtigsten Gegenstände in der Heiligen Schrift sind. Der eine ist die Versammlung Gottes, durch die er seine unumschränkte Gnade kundtut, indem er deren Glieder zu Teilhabern der Herrlichkeit Christi macht, der andere ist das Volk Israel als der Mittelpunkt, durch den er seine Regierungsgewalt über die Welt offenbar werden lässt. Dieses sind, ohne von dem persönlichen Heil zu reden, die beiden größten Wahrheiten der ganzen Schrift.

Die Schrift spricht von den Gliedern der Versammlung Gottes als solchen, die mit Christus verbunden und Erben seiner Herrlichkeit sind. Sobald wir zu dieser Erkenntnis gelangen, können wir nur staunend bewundern, wie es möglich ist, dass solche armseligen Geschöpfe wie wir, an derselben Herrlichkeit teilhaben mit dem Herrn und mit ihm in die gleiche Stellung versetzt sein sollten.

Das Werk der Versöhnung wird aber auch alle Dinge in den Himmeln und auf der Erde umfassen. Nicht für immer wird diese Welt der Wirkungskreis Satans sein; das wird einmal aufhören. Der Sohn Davids beansprucht trotz allem seinen Platz in ihr und die ihm als ihr Beherrscher zukommende Herrlichkeit; aber dazu muss die Welt erst völlig verändert worden sein. „Man wird nicht übel tun noch verderbt handeln auf meinem ganzen heiligen Gebirge“ (Jes 11,9). Eine Zeit wird kommen, da Christus der Friedensfürst ist. Er hat allerdings deutlich genug gesagt, dass diese Zeit jetzt noch nicht gekommen ist. „Denkt ihr, dass ich gekommen sei, Frieden auf der Erde zu geben? Nein, sage ich euch, sondern vielmehr Entzweiung. Denn es werden von nun an fünf in einem Hause entzweit sein; drei werden wider zwei und zwei werden wider drei entzweit sein: Vater wider Sohn und Sohn wider Vater, Mutter wider Tochter und Tochter wider Mutter“ usw. (Lk 12,51–53). Wir leben jetzt in einer Welt, wo durch das hereinkommende Licht die Leidenschaften der Menschen wachgerufen worden sind.

Sie werden weiter wüten und sich ausbreiten, bis der Herr wiederkommt. Wir Christen müssen aber nun unser Kreuz aufnehmen und ihm nachfolgen. Sollten wir aber, wenn der Herr die Herrschaft antritt, auch dann nur noch das Kreuz zu tragen haben? – Sicherlich nicht, sondern dann werden wir statt des Kreuzes die Krone tragen. Es wird uns ausdrücklich gesagt, dass jetzt das Kreuz unser Teil ist; jeden Tag müssen wir es wieder neu auf uns nehmen. Das kommt aber seinem Volk nicht mehr zu, wenn der Christus herrschen wird. Er wird kommen, um „an jenem Tag verherrlicht zu werden in allen denen, die geglaubt haben“ (2. Thes 1,10); und eine wirklich erhabene Stellung werden sie einnehmen, wenn er kommt, um seine Herrschaft anzutreten.

Wenn die Zeit gekommen sein wird, dass er alle Dinge unter ein Haupt zusammengebracht haben wird in dem Christus, dann wird die Versammlung Gottes der Mittelpunkt aller Dingen in den himmlischen Örtern sein und das Volk der Juden der Sammelpunkt aller Dinge auf Erden, – Christus aber das Haupt von allem. Das finden wir in dem uns vorliegenden Kapitel aus dem Epheserbrief auch wieder bestätigt: „damit ihr wisset, ... welches die überschwengliche Größe seiner Kraft ist an uns, den Glaubenden, nach der Wirksamkeit der Macht seiner Stärke, in welcher er gewirkt hat in dem Christus, indem er ihn aus den Toten auferweckte; und er setzte ihn zu seiner Rechten in den himmlischen Örtern, über jedes Fürstentum und Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird, nicht allein in diesem Zeitalter sondern auch in dem zukünftigen;“ – das ist also das Zeitalter, von welchem wir reden – „und hat alles seinen Füßen unterworfen, und ihn als Haupt über alles der Versammlung gegeben, welche sein Leib ist“ (Eph 1,19–23). Es ist dieselbe Wirksamkeit der Macht seiner Stärke, welche auch die Heiligen aufwecken wird, und darum heißt es auch in dem folgenden Kapitel, und zwar als bereits im Geist verwirklicht: „und hat uns mitauferweckt und mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christo Jesu, auf dass er in den kommenden Zeitaltern den überschwenglichen Reichtum seiner Gnade in Güte gegen uns erwiese in Christo Jesu“ (Eph 2,6–7).

Indem Gott uns in dem zukünftigen Zeitalter über Engel und Fürstentümer und Gewalten erhoben hat, hat er durch diese Stellung, die er uns gab, den überschwenglichen Reichtum seiner Gnade in Güte gegen uns erwiesen in Christus Jesus.

Der eigentliche Sinn der verschiedenen Schriftstellen, die wir angeführt haben, geht dahin, uns zu zeigen, wie Gott in den kommenden Zeitaltern den überschwenglichen Reichtum seiner Gnade in Güte gegen uns erweisen wird. Die Engel werden die unergründliche Tiefe der Gnade Gottes kennen lernen; sie erkennen, dass wir zu Teilhabern der Herrlichkeit Christi gemacht wurden und sie schauen die Güte Gottes, die in Christus Jesus gegen uns erwiesen wird. Wenn die Engel einmal Maria Magdalene, den Schächer vom Kreuz, die Frau, die in der Stadt als große Sünderin bekannt war, oder auch irgend jemanden von uns, in der Stellung derselben Herrlichkeit mit dem Herrn schauen werden, so werden sie den überströmenden Reichtum seiner Gnade gegen uns staunend bewundern müssen.

Durch die Unterweisung des Geistes Gottes vermögen wir alle diese Dinge schon jetzt im Glauben zu ergreifen, obwohl wir deren Ergebnisse noch nicht erlangt haben. Dazu ist uns die Kenntnis unserer Stellung auf dem Weg der Zucht, der Übungen und Erziehungen des inneren Menschen schon jetzt besonders nützlich; die volle Auswirkung liegt jedoch in der Zukunft, wenn die Engel, die an uns erwiesene Güte Gottes erkennen werden.

Wir wollen nun untersuchen, auf welche Weise der Herr uns in diese Stellung der Verbundenheit mit ihm selbst bringen wird. Wir wenden uns dabei zunächst Johannes 17 zu, wo der Herr davon spricht, dass die Heiligen mit ihm seine Herrlichkeit und die Liebe des Vaters teilen werden. In dieser wunderbaren Schriftstelle wird uns die Liebe des Herrn gezeigt, die allen Verstand übersteigt: „Aber nicht allein für diese bitte ich, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben, auf dass sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir, auf dass auch sie in uns eins seien, auf dass die Welt glaube, dass du mich gesandt hast“ (Joh 17,20–21). Das bezieht sich auf die gegenwärtige Zeit, oder doch wenigstens darauf, wie es in der gegenwärtigen Zeit sein sollte. Aber dann spricht er von der Zeit, die noch kommen soll: „Und die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, auf dass sie eins seien, gleichwie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir, auf dass sie in eins vollendet seien, und auf dass die Welt (nicht glaube, sondern) erkenne, dass du mich gesandt und sie geliebt hast, gleichwie du mich geliebt hast“ (Joh 17,22–23).

Das bedeutet: „Die ganze Herrlichkeit, die du mir gegeben hast“, – das ist also die Herrlichkeit, die er als Mensch empfängt, denn seine Herrlichkeit als der Sohn Gottes ist von Ewigkeit her! – „habe ich ihnen gegeben“, und zwar damit die Welt, wenn sie die Meinen mir gleich und in derselben Herrlichkeit mit mir sehen wird, erkenne, dass du mich gesandt hast. Es handelt sich also dabei nicht, wie in der gegenwärtigen Zeit, um Glauben, sondern um Erkennen. Schon in der jetzigen Zeit sollten alle Heiligen eins sein als Zeugnis für die Macht des Geistes Gottes, die alle menschlichen Unterschiede zu überwinden vermag. Aber leider ist es nicht so! – Auch das wäre ein Gegenstand, der der Betrachtung wert wäre, wir müssen aber jetzt bei unserem Thema bleiben. – Für die gegenwärtige Zeit heißt es: „auf dass die Welt glaube“, für die Zukunft aber: „auf dass die Welt erkenne!“

„Die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, auf dass die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast.“ In dem Gericht über die Gottlosen wird es die Welt dann deutlich genug erkennen, wenn sie diejenigen, für die sie bisher nur Verachtung übrig hatte, zusammen mit Christus in Herrlichkeit kommen sieht. Können wir das wohl im Glauben erfassen? Unsere Herzen sollten diese Liebe kennen und würdigen; nicht sie ergründen, denn das können wir nicht; wohl aber sich in sie hinein versenken und sie so erkennen, obwohl sie allen Verstand übersteigt. Und wie wir gesehen haben, wird die Zeit einmal kommen, wo auch die Welt die Liebe Gottes zu uns erkennen muß.

Wir kommen nun zum 25. Vers: „Gerechter Vater! – und die Welt hat dich nicht erkannt; ich aber habe dich erkannt, und diese haben erkannt, dass du mich gesandt hast. Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun, auf dass die Liebe, womit du mich geliebt hast, in ihnen sei, und ich in ihnen“ (Joh 17,25–26). Das ist das kostbare Gut, das wir jetzt genießen: die Liebe, mit welcher der Christus von Gott, dem Vater, geliebt wird, sollte in uns, in unsern Herzen sein. Niemand kann sie ergründen, sie übersteigt allen Verstand, und dennoch sind wir fähig gemacht, sie zu besitzen und sie zu kennen, weil Christus in uns ist. Um zu wissen, dass wir in der Herrlichkeit einst mit Christus sein werden, brauchen wir nicht erst darauf zu warten, dass die Welt es erkennt; der Vater liebt uns schon jetzt mit der Liebe, mit welcher er Christus von jeher geliebt hat.

Wenden wir uns nochmals 1. Korinther 15 zu, so finden wir dort dieselbe Wahrheit in Verbindung mit der Auferstehung. Wir müssen uns dabei ganz besonders klar darüber sein, dass die Belehrung der Schrift uns hauptsächlich diese beiden Punkte vor Augen stellen will: erstens, dass wir ihm gleich sein werden, ihm in allem gleichgestaltet, außer, dass der Herr eine göttliche Person ist, und zweitens, dass der Zeitpunkt, wenn dies geschehen wird, zusammenfällt mit unserer Auferweckung aus den Toten. Dann werden wir mit ihm erscheinen. Wir sind schon jetzt nicht mehr von dieser Welt; aber es heißt, dass die Welt erst dann erkennen wird, dass wir geliebt werden mit der gleichen Liebe, mit der Christus geliebt wurde, wenn sie uns in derselben Stellung der Herrlichkeit mit ihm sehen wird. Der Herr holt uns heim, auf dass wir bei ihm seien und in seine Herrlichkeit eingeführt werden, so dass also, wenn er der Welt sichtbarlich geoffenbart werden wird, auch wir mit ihm in derselben Herrlichkeit erscheinen werden. Dass es so ist, dass wir mit ihm in derselben Herrlichkeit geoffenbart werden, haben wir bereits aus einigen der früher angeführten Schriftstellen gesehen; trotzdem wollen wir aber noch einige weitere Stellen genauer untersuchen. In 1. Korinther 15 heißt es: „Der erste Mensch ist von der Erde, von Staub; der zweite Mensch vom Himmel. Wie der von Staub ist, so sind auch die, welche von Staub sind,“ – sie sind alle ganz genau gleich ihrem Stammvater Adam – „und wie der Himmlische, so sind auch die Himmlischen,“ d. h. also ganz genau gleich wie Christus, ausgenommen seine Göttlichkeit. -„und wie wir das Bild dessen von Staub getragen haben, so werden wir auch das Bild des Himmlischen tragen“ (1. Kor 15,47–49). Wir werden ihm gleich sein, wir werden mit ihm in allen Dingen genau übereinstimmen. Die Schrift sagt nicht nur, dass wir unseren Platz im Himmel haben, sondern dass wir ihm gleich sein werden. Zunächst gilt allerdings noch: „wie der von Staub ist, so sind auch die, welche von Staub sind,“ also genau wie Adam, arme, elende Sünder, sterbliche Kreaturen. Alsdann aber: „Und wie der Himmlische, also auch die Himmlischen.“ Das wird als vollkommen klare Tatsache deutlich herausgestellt, und dann wird im Blick auf die ebenso klare Tatsache der Herrlichkeit gesagt; die jedoch selbstverständlich als zukünftig, als noch nicht geschehen, hingestellt wird: „Wie wir das Bild dessen von Staub getragen haben, so werden wir auch das Bild des Himmlischen tragen.“ Und dann heißt es weiter: „Dies aber sage ich euch Brüder, dass Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht ererben können, auch die Verwesung nicht die Unverweslichkeit ererbt,“ und wie es schon in den voraufgegangenen Versen heißt: „Es wird gesät in Verwesung, es wird auferweckt in Unverweslichkeit. Es wird gesät in Unehre, es wird auferweckt in Herrlichkeit.“

Wir führen nun einige Schriftstellen an, welche zeigen sollen, in welcher Weise der Herr uns zu sich nehmen wird. Es ist wichtig, dass wir uns dabei genau an die Schrift halten, um über die uns vom Herrn gemachten Mitteilungen zuverlässig unterrichtet zu sein. Er sagt: „In dem Hause meines Vaters sind viele Wohnungen; wenn es nicht so wäre, würde ich es euch gesagt haben; denn ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten. Und wenn ich hingehe, und euch eine Stätte bereite, so komme ich wieder und werde euch zu mir nehmen, auf dass, wo ich bin, auch ihr seiet“ (Joh 14,2.3). Er ist in das Vaterhaus gegangen, aber er wird wiederkommen, und uns zu sich nehmen, auf dass, wo er ist, auch wir seien. Mit einem verherrlichten Leib war er in den Himmel gegangen. Zwar sind noch nicht alle Dinge seinen Füßen unterworfen, aber dennoch ist er mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt. Damals sagte er zu seinen Jüngern: „Wacht und handelt, bis ich wiederkomme.“ Aber schon jetzt, bevor er wiederkommt, sehen wir, was mit uns, die wir derselben Herrlichkeit teilhaftig sind, werden wird: „Ich werde wiederkommen und euch zu mir nehmen“ – Wie er auch in dem vorhergehenden Kapitel sagt: „Wenn ich dich nicht wasche, so hast du kein Teil mit mir“ (Joh 13,8). Es war gleichsam, als hätte er sagen wollen: Ich kann jetzt nicht als euer König und Messias bei euch bleiben, aber ich wasche euch, damit ihr passend gemacht seid, mit mir zu herrschen, wenn ich wiederkomme. Darum will ich mich in der Fürbitte und ebenso in allen anderen Dingen auch weiterhin für euch verwenden; auf dem Weg meiner allumfassenden Fürbitte werde ich euch jeden Tag aufs neue waschen, denn wenn ihr Teil mit mir haben wollt in meinem Reich, so müsst ihr mir auch in allen anderen Dingen gleich sein.

Ebenso haben wir, was wir die öffentliche Ankündigung nennen könnten, die Stelle in 1. Thessalonicher 4: „Also wird auch Gott, die durch Jesum Entschlafenen mit ihm bringen. Denn dieses sagen wir euch im Worte des Herrn, dass wir, die Lebenden, die übrigbleiben bis zur Ankunft des Herrn, den Entschlafenen keineswegs zuvorkommen werden“ (1. Thes 4,14.15). Wir sehen, wie beständig der Apostel das Kommen des Herrn erwartet. Es gibt Leute, die kühn behaupten, Paulus habe geirrt, weil er zu seiner Zeit schon das Kommen des Herrn erwartete. Aber nicht Paulus, sondern sie selbst irren dabei gar sehr. Es ist niemals geoffenbart worden, wann der Herr wiederkommen wird, und Paulus hat nie behauptet, es zu wissen. Wohl aber wußte er, dass die Zeit dafür gekommen war, dass wir allezeit auf den Herrn warten sollten, anstatt zu sagen: „Mein Herr verzieht zu kommen“ und anzufangen zu essen und zu trinken mit den Trunkenen, und die Knechte und Mägde zu schlagen. Nein, Paulus machte sich lieber eins mit denjenigen, die bekennen: Wir die Lebenden, die übrigbleiben bis zur Ankunft des Herrn. Und welchen Nutzen hatte er davon gehabt? – Er lebte so, wie einer von denen, die den Herrn täglich erwarteten, und wenn der Herr kommt, wird er gewisslich seinen Lohn dafür empfangen. Die anderen aber, die die Erwartung auf das Kommen des Herrn fallengelassen haben, die nicht daran dachten, auf ihn zu warten, sondern ihre Herzen aller Lust und Begierde offen stellten, auch sie werden einen Lohn empfangen, der ihrer Taten wert ist.

Der Zeitpunkt der Wiederkunft des Herrn ist uns nicht geoffenbart worden. Dem Paulus wurde durch Offenbarung mitgeteilt, dass er bald sterben würde; er wußte es also. Auch Petrus empfing eine Offenbarung, dass er die sterbliche Hülle, die irdische Hütte, bald abzulegen hatte; und er wußte es ebenfalls. Über die Zeit, wann der Herr kommen würde, wurde ihnen jedoch keine Offenbarung zuteil. Darum schließt sich Paulus mit ein, wenn er sagt: „Wir werden zwar nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden“ (1. Kor 15,51); denn Christus hatte ja den Tod überwunden. Es mag wohl sein, dass wir noch alle vor dem Kommen des Herrn sterben werden – niemand weiß den Augenblick seines Kommens – dennoch dürfen wir uns aber rechnen zu den „Lebenden, die übrigbleiben bis zur Ankunft des Herrn“ 1. Von dem Knecht, der in seinem Herzen sprach: „Mein Herr verzieht zu kommen“, wird berichtet, dass er hinging und das Böse tat, seine Mitknechte schlug und mit den Trunkenen aß und trank. Ferner heißt es, dass während der Bräutigam verzog, sie alle schläfrig wurden und einschliefen, die klugen Jungfrauen sowie die törichten (Mt 25,5), das heißt, dass die Kirche den Sinn für die Erwartung des Herrn verloren hat. Auch selbst die klugen Jungfrauen mussten erst wieder aus ihrem Schlaf geweckt werden, und es war Gnade, dass sie noch rechtzeitig aufwachten, denn der Herr ist den Seinen allezeit treu. Dagegen liegt das besondere Kennzeichen des treuen Dieners darin, dass er ausharrt. Die Versammlung zu Philadelphia erwartete das Kommen des Herrn und ihr gegenüber wird der Ausdruck „seines Ausharrens“ gebraucht: „Weil du das Wort meines Ausharrens bewahrt hast ...“ (Off 3,19). Die Schrift sagt uns ferner in 1.Tessalonicher 4, 15–16: „Wir, die Lebenden, die übrigbleiben bis zur Ankunft des Herrn,“ werden den Entschlafenen keineswegs zuvorkommen. „Denn der Herr selbst wird mit gebietendem Zuruf, mit der Stimme eines Erzengels und mit der Posaune Gottes herniederkommen vom Himmel, und die Toten in Christo werden zuerst auferstehen,“ – und sonst niemand. Der gebietende Zuruf, die Stimme des Erzengels und die Posaune Gottes sind aber nicht zu verwechseln mit der Stimme des Sohnes Gottes, welche alle hören werden, die in den Gräbern sind, die Gerechten und die Gesetzlosen (Joh 5,25.28–29). Der „Zuruf“ ist ein Ausdruck aus dem Soldatenleben; was immer auch das jetzige entsprechende Kommando sein mag, es ist jedenfalls dasjenige Kommandowort, das dem „Rührt euch!“, also dem Zustand der Ruhe, ein Ende macht. Es wurde ursprünglich als ein Befehlswort für die Ruderer auf den Galeeren gebraucht und erhielt späterhin eine militärische Bedeutung. Wenn zur Freizeit weggetretene Soldaten plötzlich wieder zum Antreten gerufen wurden, so wurde dazu das Kommando gebraucht, das hier mit „gebietendem Zuruf“ bezeichnet wird. Aber nur diejenigen, die zu den „Toten in Christo“ gehören, werden diesen Zuruf vernehmen und der Herr wird uns dabei so dargestellt, als einer, der seine Soldaten zum Antreten ruft. „Die Toten in Christo werden zuerst auferstehen, danach werden wir, die Lebenden, die übrigbleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken, dem Herrn entgegen in die Luft; und also werden wir allezeit bei dem Herrn sein. So ermuntert nun einander mit diesen Worten“ (1. Thes 4,16–18).

Hier haben wir nun die genauen Einzelheiten vor uns. Der Herr hat uns hinterlassen, dass er wiederkommen und uns zu sich nehmen wird. Und die Apostel erklären uns nun, durch die ihnen gegebene Offenbarung, wie dies geschehen wird. Er selbst wird kommen und uns rufen, damit wir dem Herrn entgengerückt werden in die Luft. Die bereits angeführte Stelle aus dem ersten Korintherbrief sagt dasselbe, nur mit anderen Worten: „sodann die, welche des Christus sind bei seiner Ankunft“. „Ein jeder aber in seiner eignen Ordnung, der Erstling, Christus“. Ein wesentlicher Punkt hierbei ist, dass es sich nicht um die Auferstehung der Toten handelt, sondern um eine Auferstehung aus den Toten. Die Auferweckung des Herrn Jesu war nicht einfach eine Auferweckung der Toten, sondern eine Auferstehung aus den Toten. Das Besondere liegt darin, dass es sich um eine Auferstehung aus den Toten heraus handelt! Und der Grund, die Veranlassung dazu? Weil der Vater Wohlgefallen an ihm gefunden hatte. Und warum werden wir auf die gleiche Weise aus den Toten auferweckt? Ganz einfach, weil sein Wohlgefallen auch auf uns ruht! Und darum wird der Herr zur gegebenen Zeit kommen (nicht „erscheinen“) und wird uns zu sich nehmen, auf dass wir für immer bei ihm seien. Dann werden wir mit ihm unseren Platz einnehmen und mit ihm Teilhaber der Herrlichkeit sein, von der wir schon gehört haben: „Wie wir das Bild dessen von Staub getragen haben, so werden wir auch das Bild des Himmlischen tragen!“

Wir werden nicht darin belehrt, auf unser Sterben zu warten, – wir können sterben, gewiss, und „Kostbar ist in den Augen des Herrn der Tod seiner Frommen“ (Ps 116,15), – sondern wonach wir Ausschau halten und worauf wir warten sollten, finden wir in 2. Korinther 5,4 ausgedrückt: „Wiewohl wir nicht entkleidet, sondern überkleidet werden möchten, damit das Sterbliche verschlungen werden möchte von dem Leben.“ Darin wird die Macht des Herrn völlig zur Schau gestellt, dass er uns arme, sterbliche Menschen zu sich nimmt, ob sie leben oder gestorben sind: die Lebenden verwandelt er in Herrlichkeit, ohne dass sie durch den Tod zu gehen brauchen; die Gestorbenen lässt er aus dem Tod heraus auferstehen! – Er bewirkt es, dass die Toten zuerst auferstehen, danach die Lebenden verwandelt werden und dass dann beide zugleich dem Herrn entgegengerückt werden in die Luft. Gott hat uns auch „zuvorbestimmt, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern“ (Röm 8,29), und, wie wir bereits gesehen haben: „Die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben.“

Das ist also unser Anteil an den himmlischen Dingen. Ein Blick in das dritte Kapitel des Kolosserbriefes belehrt uns darüber, dass, wenn der Christus geoffenbart werden wird, auch wir mit ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit und ihm gleich sein werden (Kol 3,4). Hier sehen wir ihn als bereits für uns gekommen, dass er uns zu sich genommen hat und dass er nun wiederkommt, um sich der Welt zu offenbaren, wobei wir zugleich mit ihm geoffenbart werden. Wir erinnern uns dabei an das schon früher Gesagte, dass er die Herrlichkeit, die ihm gegeben wurde, uns gegeben hat, auf dass die Welt erkenne ... usw.

In Kolosser 3 sehen wir nun, wie völlig mit Christus einsgemacht uns der Apostel betrachtet. In Kolosser 2,20 lesen wir zuerst: „Wenn ihr mit Christo gestorben seid ...“, und in den ersten Versen des 3. Kapitels: „Wenn ihr nun mit dem Christus auferweckt seid, so sucht, was droben ist, wo der Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes. Sinnt auf das was droben ist, nicht auf das, was auf der Erde ist, denn ihr seid gestorben und euer Leben ist verborgen mit dem Christus in Gott.“ Er ist verborgen in Gott, und er ist unser Leben. Also ist auch unser Leben verborgen in Gott. „Wenn der Christus, unser Leben, geoffenbart werden wird, so werdet auch ihr mit ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit“ (Kol 3,1–4). Zwischen ihm und uns kann es also keinerlei Trennung mehr geben: Wenn er geoffenbart werden wird, werden wir mit ihm geoffenbart werden. Wenn er verborgen ist in Gott, so ist auch unser Leben in Gott verborgen. Wenn er erscheint, werden auch wir mit ihm erscheinen. Wenn er in Herrlichkeit geoffenbart werden wird, werden auch wir in Herrlichkeit geoffenbart werden. Wir sind Erben Gottes und Miterben Christi!

Dasselbe finden wir auch im ersten Johannesbrief, wobei uns allerdings dieselbe Wahrheit in anderer Gestalt gezeigt wird: „Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, dass wir Kinder Gottes“ – oder auch: „Söhne Gottes“ (vergl. Gal 4,6; Röm 8,14.19) – „heißen sollen,“ dass wir also Christi eigenen Namen tragen werden. Welch ein Wunder der Liebe ist es doch, dass uns dieselbe Bezeichnung der verwandtschaftlichen Beziehungen des Herrn gegeben werden wird! – „Darum erkennt uns die Welt nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat“ (1. Joh 3,1), – und das zeigt wiederum, dass wir mit ihm in dieselbe Stellung gesetzt sind. Mit anderen Worten: „Ich gehe zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott“ (Joh 20,17); sagt er uns doch: Ich habe das Werk eurer Errettung vollbracht und infolgedessen habe ich euch auch in dieselbe Stellung mit mir gebracht. – „Ich will deinen Namen kundtun meinen Brüdern, inmitten der Versammlung will ich dich loben“ (Ps 22,22; Heb 2,12).

„Darum erkennt uns die Welt nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat.“ Kein Wunder, dass sie uns nicht kennt, wenn sie ihn nicht erkannt hat. „Geliebte, jetzt sind wir Kinder (oder Söhne) Gottes“ – also schon in der jetzigen Zeit – „und es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden; wir wissen, dass, wenn es offenbar werden wird, wir ihm gleich sein werden, denn wir werden ihn sehen, wie er ist“ (1. Joh 3,1.2).

Über unser Offenbarwerden mit ihm gibt uns das Buch der Offenbarung weitere Belehrungen. Zuvor werfen wir aber noch einen kurzen Blick auf Sacharja 14, wo es heißt, dass der Herr kommen wird und alle Heiligen mit ihm (Sach 14,5). An diese Weissagung wird durch die Engel erinnert, als sie nach der Himmelfahrt Christi auf dem Ölberg zu den Jüngern sagten: „Was steht ihr und seht hinauf gen Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg in den Himmel aufgenommen ist, wird also kommen, wie ihr ihn habt hingehen sehen“ (Apg 1,11). Und ferner heißt es im Judasbrief: „Es hat aber auch Henoch, der siebente von Adam von diesen geweissagt und gesagt: „Siehe, der Herr ist gekommen inmitten seiner Heiligen Tausende, Gericht auszuführen wider alle...“ (Jud 14). Hier sehen wir also die Heiligen mit Christo einsgemacht, auch bei der Ausführung der Gerichte. Der Herr kommt inmitten seiner heiligen Tausende, eigentlich Myriaden, jedenfalls aber eine ganz gewaltige Zahl, um Gericht auszuführen. Daran sehen wir deutlich, wie weitgehend und innig wir mit Christus verbunden sind. Und in welch eine erhabene Stellung werden wir dadurch gebracht! Die Heilige Schrift ist aber über diesen Punkt so klar und eindeutig, dass eine falsche Auslegung eigentlich gar nicht möglich sein kann. In 2. Thessalonicher 1 finden wir wiederum die gleiche Belehrung. Wir wollen lieber mehrere Schriftstellen anführen und darauf eingehen, damit unser Glaube nicht auf Menschenweisheit gegründet, sondern in Gotteskraft sei. Die Thessalonicher hatten schreckliche Verfolgungen zu erdulden, und der Apostel sagte ihnen daher: „Wir rühmen uns eurer in den Versammlungen Gottes wegen eures Ausharrens und Glaubens in allen euren Verfolgungen und Drangsalen, die ihr erduldet; ein offenbares Zeichen des gerechten Gerichtes Gottes, dass ihr würdig geachtet werdet des Reiches Gottes um dessentwillen ihr auch leidet; wenn es anders bei Gott gerecht ist, Drangsal zu vergelten denen, die euch bedrängen, und euch, die ihr bedrängt werdet, Ruhe mit uns bei der Offenbarung unseres Herrn Jesus vom Himmel, mit den Engeln seiner Macht, in flammendem Feuer, wenn er Vergeltung gibt denen, die Gott nicht kennen, und denen die dem Evangelium unseres Herrn Jesus Christus nicht gehorchen; welche Strafe leiden werden, ewiges Verderben vom Angesicht des Herrn und von der Herrlichkeit seiner Stärke, wenn er kommen wird, um an jenem Tage verherrlicht zu werden in seinen Heiligen und bewundert in allen denen, die geglaubt haben“ (2. Thes 1,4–10). Inmitten dieser Zehntausende oder Myriaden von Heiligen wird der Herr bei seinem Kommen erscheinen.

Eine deutliche Darstellung vom Kommen der Heiligen mit ihm wird uns bildlich in der Offenbarung gegeben. In Kapitel 17, 14 heißt es: „Diese werden mit dem Lamme Krieg führen.“ Alle Könige der Erde sind dann nicht in Segnungen mit Christus verbunden, sondern sie befinden sich im offenen Krieg gegen das Lamm, aber in Verbindung mit dem Tier. „Diese werden mit dem Lamme Krieg führen, und das Lamm wird sie überwinden, denn er ist Herr der Herren und König der Könige, und die mit ihm sind, sind Berufene und Auserwählte und Treue“ (Off 17,14). Andere Schriftstellen besagen, dass der Herr bei seinem Kommen von Engeln umgeben sein wird; an dieser Stelle der Offenbarung ist jedoch von Engeln nicht die Rede. Die Engel können wohl als treu und auch als auserwählt bezeichnet werden, und in der Schrift werden sie tatsächlich auch „auserwählte Engel“ genannt (1. Tim 5,21); aber hier, die als Gefolge des Herrn gezeigt werden, sind „Berufene“ und nur die Gläubigen sind in der Gnade Christi berufen und werden Berufene Jesu Christi genannt (Röm 1,6; Gal 1,6). Diese Berufenen sind also die Heiligen, die mit dem Herrn sein werden. Nach dieser Feststellung wenden wir uns auch zu Offenbarung 19,11: „Und ich sah den Himmel geöffnet und sieh, ein weißes Pferd, und der darauf saß, genannt Treu und Wahrhaftig, und er richtet und führt Krieg in Gerechtigkeit.“ Bei unserer Betrachtung haben wir ferner immer wieder gesehen, dass er kommen wird, um die Gesetzlosen auf der Erde zu richten, und – eine fast ganz in Vergessenheit geratene Tatsache – dass es also eben sowohl ein Gericht der Lebendigen als auch ein Gericht der Toten gibt. – „Und gleichwie es in den Tagen Noahs geschah, also wird es auch in den Tagen des Sohnes des Menschen sein: sie aßen, sie tranken, sie heirateten, sie wurden verheiratet, bis zu dem Tage, da Noah in die Arche ging, und die Flut kam und alle umbrachte“ (Lk 18,26.27). – „Seine Augen aber sind eine Feuerflamme, und auf seinem Haupt sind viele Diademe, und er trägt einen Namen geschrieben, den niemand kennt, als nur er selbst; und er ist bekleidet mit einem in Blut getauchten Gewande, und sein Name heißt: das Wort Gottes; und die Kriegsheere, die in den Himmeln sind, folgen ihm auf weißen Pferden, angetan mit weißer reiner Leinwand“ (Off 19,12–14). „... glänzend und rein; denn die feine Leinwand“ – so heißt es in Offenbarung 19,8), – „sind die Gerechtigkeiten der Heiligen.“

Damit kommen wir nun zum Abschluss mit den Schriftstellen. Bei unserer früheren Betrachtung über das Kommen des Herrn in Verbindung mit 1. Thessalonicher 4 haben wir bei der Zusammenfassung der aneinandergereihten Schriftstellen gesehen, dass es sich bei dem Kommen des Herrn um die eine große Tatsache handelt, die der Kirche in der Schrift als lebendige Hoffnung gegeben ist, dass diese Hoffnung jeden Gedanken und alle Gefühle der Gläubigen beherrschte, dass es für sie mit zum eigentlichen Zweck der Bekehrung gehörte, den Sohn Gottes aus den Himmeln zu erwarten, dass auch jede andere Lehre der Schrift irgendwie mit dem Kommen des Herrn in Verbindung steht, dass die im Verfall fortschreitende Kirche durch die Sprache gekennzeichnet wird: „Mein Herr verzieht zu kommen“ und dass sie, die alle eingeschlafen waren, durch den Ruf geweckt wurden: „Siehe der Bräutigam kommt!“

Im Laufe unserer vorliegenden Betrachtung haben wir sehen dürfen, dass Gott in seiner Weisheit und Einsicht uns seinen Vorsatz enthüllt, nämlich: „alles unter ein Haupt zusammenzubringen in dem Christus, das was in den Himmeln und das, was auf der Erde ist“, wobei alle Dinge durch ihn versöhnt werden und zwar, nicht so sehr um ihrer selbst willen, sondern vielmehr als ein Mittel zur Verherrlichung des Herrn, und dass er uns eben zu diesem Zweck mit Christus verbunden hat in derselben Stellung, die er als Haupt über alles einnimmt, so dass wir als Erben Gottes und seine Miterben mit ihm verbunden, zusammen mit ihm das Erbe in Besitz nehmen werden; d. h. also, wenn er es in Besitz nimmt, werden wir es mit ihm besitzen, und wenn er wiederkommt, so werden wir mit ihm erscheinen.

Nachdem er zuerst in die Welt kam, um nach Gottes Verheißung in Israel ein Reich aufzurichten, von den Juden aber verworfen wurde, hat er als der Sohn des Menschen danach einen anderen Platz eingenommen; diese neue Stellung wird er durch seine Auferstehung hin und auch weiter in seiner Herrlichkeit beibehalten, und er wird auch uns auferwecken, damit wir, wenn die Zeit kommt, mit ihm Teil daran haben, und nicht nur wir, sondern alle Heiligen mit ihm; wir sehen ihm jetzt noch nicht alle Dinge unterworfen, wir sehen aber Jesum, mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt, und wir warten darauf, ebenso wie auch er darauf wartet, dass alle seine Feinde zum Schemel seiner Füße gemacht werden. – Sobald diese Zeit gekommen sein wird (niemand weiß, wann das sein wird; Gott hat es uns nicht geoffenbart), so wird er sich zunächst um seinen Leib annehmen; er kann nicht das Haupt sein ohne einen Leib zu haben, und darum wird er uns, die wir sein Leib sind, sich selbst entgegenrücken in die Luft, und zwar wird er die Gestorbenen auferwecken und die Lebenden verwandeln, und so werden wir allezeit bei dem Herrn sein. Er wird uns in das Vaterhaus einführen; dort ist unser Platz und dort hat er uns eine Stätte bereitet, alles ist bestens vorgesehen, – nur seine Miterben muss Er noch bei sich haben, denn ohne diese, die Erben Gottes, seinen Leib, seine Braut, bei sich zu haben kann er noch nichts unternehmen, sein Erbe anzutreten.

In der Offenbarung haben wir erst die Hochzeit des Lammes; und dann sehen wir das Lamm aus dem geöffneten Himmel herniederkommen und seine Kriegsheere ihm folgen. Sie sind seine Braut, – das ist gewiss, denn das Lamm muss ein Gefolge bei sich haben, eine Gehilfin, die sein Erbe mit ihm teilt.

Noch hat er seine große Macht und Herrschaft nicht angetreten; wir sehen ihm noch nicht alle Dinge unterworfen. Aber wenn er kommt, wird er uns mit sich nehmen, weil wir unauflöslich mit ihm verbunden sind. Wenn er erscheint, werden wir mit ihm erscheinen. Wenn er kommt, das Gericht auszuführen, so werden wir ihn begleiten, d. h. bei der Ausübung des Gerichts über die Welt, wenn er sie mit eiserner Rute schlagen und wie ein Töpfergefäß zerschmeißen wird. Das ist sicher nicht der gesegnetste Teil unseres Erbes mit ihm; der gesegnetste Teil ist, bei ihm zu sein. Aber wenn er erscheint, so wird die Welt uns mit ihm sehen, einsgemacht mit ihm. Er kommt, um die entschlafenen Heiligen aufzuwecken, und uns, die Lebenden, zu verwandeln, und dann wird er uns alle zu sich nehmen; alsdann wenn er geoffenbart werden wird, werden wir mit ihm geoffenbart werden und „das Bild des Himmlischen tragen, ebenso wie wir das Bild dessen von Staub getragen haben.“

Inzwischen aber, während Christus seinen Platz zur Rechten Gottes eingenommen hat, hat er den Heiligen Geist herniedergesandt, um seine Miterben zusammenzubringen. Jetzt haben sie in seiner Nachfolge noch das Kreuz zu tragen, danach aber wird ihnen das Reich und die Herrlichkeit zuteil. Bis dahin aber, während der Herr zur Rechten Gottes ist, müssen die seinen noch das Kreuz tragen und nur durch die Macht des Geistes Gottes können wir in seiner Nachfolge erhalten bleiben.

Wie seine Herrlichkeit auch immer beschaffen sein mag, zur Zeit der Verherrlichung verbindet er uns mit sich und seiner Herrlichkeit, und als eine Folge davon werden wir, die wir durch ihn versöhnt sind, alsdann auch mit ihm herrschen. Und wenn er wiederkommt, so kommt er nicht zum Gericht für uns: „Ebenso wie es dem Menschen gesetzt ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht, also wird auch der Christus, nachdem er einmal geopfert worden ist, um vieler Sünden zu tragen, zum zweiten Mal denen, die ihn erwarten, ohne Sünde erscheinen zur Seligkeit“ (Heb 9,28).

Am Schluss legen wir uns die Frage vor: „Mit wem stehen wir nun in Verbindung? Sind wir verbunden mit Christus, der von der Welt verworfen, jetzt zur Rechten Gottes sitzt? Sind wir durch den Heiligen Geist und im Geist mit dem Herrn verbunden? Oder stehen wir noch in Verbindung mit der Welt, die er richten wird, wenn er einmal wiederkommt und alle seine Heiligen mit ihm? Mit wem sind wir jetzt verbunden, da der Herr uns aufgetragen hat für die Zeit seiner Verwerfung: „Handelt bis ich komme!“ während er hingegangen ist, ein Reich für sich zu empfangen und dazu eine Herrlichkeit, weit größer als er sie vor der Zeit der Verwerfung je inne hatte?

Sage an, mit wem stehst du in Verbindung? – Du gehst durch eine Welt und du musst durch sie hindurchgehen, – glaubst du es wirklich, dass Satan der Fürst und Gott dieser Welt ist, dieser Welt, die den Herrn verworfen hat, und hast du wohl deinen Weg und Wandel diesem Glauben entsprechend eingestellt? Glaubst du, dass der Herr zur Rechten Gottes sitzt, und dass er wiederkommen wird, um dich zu sich zu nehmen, damit du seine Segnungen mit ihm im Vaterhaus teilen, des Vaters Herrlichkeit schauen und seine Liebe genießen kannst?

Legen wir durch unser Tun und Handeln wohl Zeugnis ab? Ist in unseren Herzen etwas zu finden von der vertrauenden Liebe eines Kindes zu seinem Vater, die uns ein Beweis dafür ist, dass wir die Sohnschaft besitzen? Tragen wir das Zeugnis in uns, dass wir Erben sind all der reichen Segnungen und der Herrlichkeit? Die Welt hat ihn nicht gekannt; darum kennt uns die Welt nicht. – Können wir das von uns sagen? Haben wir in dieser Welt denselben Platz eingenommen, wie er es einst tat? Als der Herr auf dieser Erde war, da hatte er für diese Welt kein Ansehen, dass man seiner begehrt hätte. Wie steht es mit uns in dieser Beziehung? Sind es die unsichtbaren oder sind es die sichtbaren Dinge, nach denen wir in unsern Herzen trachten? Wir haben den Herrn bisher noch nicht gesehen. Wohnt er aber durch den Glauben in unsern Herzen, so dass wir sagen können, dass er allein unser köstlich Teil ist? – Wenn wir darauf bejahend antworten können, so wissen wir auch, dass wir bei seinem Kommen mit ihm in Herrlichkeit erscheinen; ja noch mehr als das, dass er uns zu sich nehmen wird, auf dass wir auf ewig bei ihm sein werden!

Möge der Herr uns nüchtern und wach halten, dass wir mit Ausharren auf ihn warten, indem wir allezeit rufen: „Amen, komm, Herr Jesus!“ Möge unser ganzes Herz und zugleich auch unser Schatz und kostbares Teil allein in ihm gefunden werden und mit ihm völlig einsgemacht sein.

Er allein weiß, wann das letzte Glied gesammelt sein wird, damit nicht einer fehlt und sie alle bei ihm sein werden. Noch über ein Kleines, über ein gar Kleines, und der Kommende wird kommen und nicht verziehen.

Fußnoten

  • 1 Diese Zeilen wurden 1868 geschrieben.
Nächstes Kapitel »« Vorheriges Kapitel