Joseph, der Patriarch
Die Anstrengungen im Fleisch
1. Mose 38
„Und es geschah zu jener Zeit, dass Juda von seinen Brüdern hinabzog und zu einem Mann von Adullam einkehrte, mit Namen Hira. Und Juda sah dort die Tochter eines kanaanitischen Mannes, mit Namen Schua; und er nahm sie und ging zu ihr ein. Und sie wurde schwanger und gebar einen Sohn, und er gab ihm den Namen Gher. Und sie wurde wiederum schwanger und gebar einen Sohn, und sie gab ihm den Namen Onan. Und wieder gebar sie einen Sohn, und sie gab ihm den Namen Schela; Juda war aber in Kesib, als sie ihn gebar. Und Juda nahm eine Frau für Gher, seinen Erstgeborenen, und ihr Name war Tamar. Und Gher, der Erstgeborene Judas, war böse in den Augen des HERRN, und der HERR tötete ihn. Da sprach Juda zu Onan: Geh ein zu der Frau deines Bruders, und leiste ihr die Schwagerpflicht und erwecke deinem Bruder Nachkommen. Da aber Onan wusste, dass der Nachkomme nicht für ihn sein sollte, so geschah es, wenn er zu der Frau seines Bruders einging, dass er den Samen zur Erde verderben ließ, um seinem Bruder keinen Nachkommen zu geben. Und es war böse in den Augen des HERRN, was er tat; und er tötete auch ihn. Da sprach Juda zu Tamar, seiner Schwiegertochter: Bleibe Witwe im Haus deines Vaters, bis mein Sohn Schela groß sein wird; denn er sagte: Dass nicht auch er sterbe wie seine Brüder! Und Tamar ging hin und blieb im Haus ihres Vaters.
Als viele Tage vergangen waren, da starb die Tochter Schuas, die Frau Judas. Und als Juda getröstet war, ging er zu seinen Schafscherern hinauf nach Timna, er und Hira, sein Freund, der Adullamiter. Und es wurde Tamar berichtet und gesagt: Siehe, dein Schwiegervater geht nach Timna hinauf, um seine Schafe zu scheren. Da legte sie die Kleider ihrer Witwenschaft von sich ab und bedeckte sich mit einem Schleier und verhüllte sich; und sie setzte sich an den Eingang von Enaim, das am Weg nach Timna liegt; denn sie sah, dass Schela groß geworden war und sie ihm nicht zur Frau gegeben wurde. Und Juda sah sie und hielt sie für eine Hure, denn sie hatte ihr Angesicht bedeckt. Und er bog zu ihr ab in den Weg und sprach: Wohlan, lass mich zu dir eingehen!, denn er wusste nicht, dass sie seine Schwiegertochter war. Und sie sprach: Was willst du mir dafür geben, dass du zu mir eingehst? Da sprach er: Ich will dir ein Ziegenböckchen von der Herde senden. Und sie sprach: Wenn du ein Pfand gibst, bis du es sendest. Und er sprach: Was für ein Pfand soll ich dir geben? Und sie sprach: Deinen Siegelring und deine Schnur und deinen Stab, der in deiner Hand ist. Da gab er es ihr und ging zu ihr ein, und sie wurde schwanger von ihm. Und sie stand auf und ging hin, und sie legte ihren Schleier von sich ab und zog die Kleider ihrer Witwenschaft an. Und Juda sandte das Ziegenböckchen durch die Hand seines Freundes, des Adullamiters, um das Pfand aus der Hand der Frau zu nehmen; aber er fand sie nicht. Und er fragte die Leute ihres Ortes und sprach: Wo ist jene Geweihte, die bei Enaim am Weg war? Und sie sprachen: Hier ist keine Geweihte gewesen. Und er kehrte zu Juda zurück und sprach: Ich habe sie nicht gefunden, und auch sagten die Leute des Ortes: Hier ist keine Geweihte gewesen. Da sprach Juda: Sie behalte es für sich, dass wir nicht zum Gespött werden; siehe, ich habe ihr dieses Böckchen gesandt, und du hast sie ja nicht gefunden.
Und es geschah nach etwa drei Monaten, da wurde Juda berichtet und gesagt: Tamar, deine Schwiegertochter, hat gehurt, und siehe, sie ist auch schwanger von Hurerei. Da sprach Juda: Führt sie hinaus, dass sie verbrannt werde! Als sie hinausgeführt wurde, da sandte sie zu ihrem Schwiegervater und ließ ihm sagen: Von dem Mann, dem dies gehört, bin ich schwanger; und sie sprach: Erkenne doch, wem dieser Siegelring und diese Schnur und dieser Stab gehören! Und Juda erkannte es und sprach: Sie ist gerechter als ich, weil ich sie nicht meinem Sohn Schela gegeben habe. Und er erkannte sie fortan nicht mehr. Und es geschah zur Zeit, als sie gebären sollte, siehe, da waren Zwillinge in ihrem Leib. Und es geschah, während sie gebar, da streckte einer die Hand heraus, und die Hebamme nahm sie und band einen Karmesinfaden um seine Hand und sprach: Dieser ist zuerst herausgekommen. Und es geschah, als er seine Hand zurückzog, siehe, da kam sein Bruder heraus; und sie sprach: Wie bist du durchgebrochen! Auf dir sei der Bruch! Und man gab ihm den Namen Perez. Und danach kam sein Bruder heraus, um dessen Hand der Karmesinfaden war, und man gab ihm den Namen Serach“ (38).
In diesem Kapitel wird der Name Josephs nicht erwähnt. Er war außerhalb Kanaans, dem Land der Verheißungen. „Das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst“ (Joh 1,5). Wir finden in diesem Abschnitt einerseits Juda und seine Vergehen, aber auch die Treue Gottes im Blick auf den verheißenen Nachkommen, den „Samen“.
„Und es geschah zu jener Zeit“ (V. 1), als Joseph auf den Rat seines Bruders Juda hin nach Ägypten verkauft wurde, dass Juda mit seinem besonders belasteten Gewissen von seinen Brüdern weg nach Adullam hinabzog, wo er bei einem Mann namens Hira einkehrte. Mit diesem Mann, der ohne Gott dahinlebte, knüpfte Juda Beziehungen. Da beide fleischlich lebten, halfen sie sich gegenseitig als Freunde (V. 20). Juda hatte sich in der Nähe seines Vaters und in der Nähe seiner Brüder nicht mehr wohlgefühlt; aber hier bei Hira, wo niemand seine Vergangenheit und seine Umstände kannte, geriet all das Geschehene leichter in Vergessenheit (Ps 139,7–12). Die Beschäftigungen des Lebens ließen zum Grübeln und Nachdenken keine freie Zeit (V. 12). Alles ging nach Wunsch, und der Verkehr mit Hira war angenehm. Dass Juda eine Kanaaniterin zur Frau nahm, entgegen dem ausdrücklichen Gebot des Herrn, ist das erste uns in diesem Kapitel genannte Böse (siehe 1. Mo 24,3; 38,2). Seine Familie ging denselben Weg, und Sünde und Böses waren Folgen, die nicht ausblieben. Aber trotz des Ungehorsams Judas und seines Eigenwillens, kam der Ratschluss Gottes dennoch zustande. Christus, der „Same der Frau“, sollte der Schlange den Kopf zertreten, und in dieser Linie kam nach Jakob, Juda. Tamar gebar dem Juda Perez und Serach (Mt 1,3).
Was sich auch in jenen dunklen Tagen ereignete und welche Wege der Mensch auch heute gehen mag, Gottes Ratschluss ist unbereubar; er kommt trotz aller Bemühungen Satans, ihn zu vereiteln, dennoch zustande. Der Name des Christus stand und steht vor Gottes Augen, und so bleibt es.
Umsonst war hier die Absicht des Feindes, Gottes Plan zu vereiteln. Diese Absicht des Feindes sehen wir auch später, als Athalia versuchte, den ganzen königlichen Samen umzubringen. Das gleiche sehen wir im Buch Esther und im Kindermord in Bethlehem.
So versuchten auch selbstgerechte, Gott ferne Menschen mit ungläubiger Kritik, das für sie anstößige Kapitel aus der Bibel zu entfernen, aber es ist noch heute für den gläubigen Leser eine Fundgrube kostbarer Wahrheiten, da es geistlich beurteilt werden muss, um Gottes Gedanken zu erfassen und zu verstehen.
So wie Juda auf seinem bösen und unreinen Weg seinen Siegelring, seine Schnur sowie seinen Stab einbüßte, so hat das Volk Israel infolge seiner Sünden und der Verwerfung seines Retters und Messias', alles eingebüßt und verloren. Als Volk ist es kein Siegelring mehr an der Hand des Herrn und keine Schnur seines Erbteils. Außerhalb des Landes irrt es ohne Kraft und ohne Stütze, ohne Stecken und Stab in der Welt umher, losgerissen von seinem Erbteil und gelöst von Gott (Jer 22,24–28).
Später wird Israel auf dem Boden der Gnade in dem Blut des neuen Bundes wieder mit dem Herrn in Verbindung treten; es wird wieder sein Land bewohnen und ein prächtiges Diadem in der Hand Gottes sein (Hld 8,6; Jes 62,3–5).
Vers 24 zeigt uns Juda in religiösem Eifer. Tamar sollte verbrannt werden, aber in Römer 2,1 heißt es: „Denn worin du den anderen richtest, verdammst du dich selbst; denn du, der du richtest, tust dasselbe“. Nach dem später gegebenen Gesetz mussten in solchen Fällen des Ehebruchs beide sterben und gesteinigt, jedoch nicht verbrannt werden. Judas Eifer war vom Feind und nicht von Gott (vgl. auch 2. Mo 21,16; 5. Mo 24,7).
Überführt von seiner Schuld durch Tamar, musste Juda bekennen: „Sie ist gerechter als ich!“ Ja, es war so; Juda fühlte seine Sünde. Das Gesetz ist der Erzieher auf Christus hin (Gal 3,24). Dies war der erste gute Ausspruch von Juda, es war die Erkenntnis der Sünde (Röm 3,20). Juda rechtfertigte Tamar und sprach sich selbst schuldig. Doch dabei blieb es. Zu einem großen, aufrichtigen Bekenntnis, Gott und den Menschen gegenüber, kam es nicht. Er kehrte nicht von seinen bösen Wegen um, er hatte kein Interesse an dem verlorenen Erbe und keinen Sinn dafür.
Kapitel 38 endet mit einem Sieg. Perez wird von Tamar geboren. Der „Same der Frau“ bleibt Sieger, alle Fäden des Wortes laufen in Christus zusammen. So ist es auch in Bezug auf die Kirche und deren großen Verfall. Es ist ein Trost, zu wissen, dass des Hades Pforten sie nicht überwältigen werden. Das Gleiche haben wir bei Balak und Bileam, die das Volk verfluchen wollten und es segnen mussten. Christus wird immer Sieger sein!