Der Heilige Geist
Der Geist gebraucht, wen er will
Gottes Wort spricht auf drei verschiedene Weisen von der Gliedschaft am Leib des Christus. In Epheser 5,30 wird gesagt: „Wir sind Glieder seines Leibes“. Dort wird der Nachdruck gelegt auf unsere Verbindung mit Christus. In Römer 12,15 steht: „Also sind wir, die Vielen, ein Leib in Christus, einzeln aber Glieder voneinander“. Hier wird hingewiesen auf unsere Verbundenheit mit allen Christen. Und in 1. Korinther 12,27: „Ihr aber seid der Leib des Christus, und Glieder im Einzelnen“, finden wir unsere persönliche Stellung in Bezug auf den Leib. Alle drei Seiten dieser Wahrheit sind bedeutungsvoll, aber wir wollen uns jetzt nur mit der letzteren beschäftigen, weil diese in Verbindung steht mit dem Werk des Heiligen Geistes in der Versammlung.
In Korinth war große Unordnung in der Versammlung. Nicht, dass Schwachheit da war. Unordnung hat nichts mit Schwachheit zu tun. Es war Kraft vorhanden; der Herr hatte große Gaben gegeben, und diese wurden auch benutzt. Aber die Kraft des Heiligen Geistes wurde nicht für ihren Zweck, die Verherrlichung Christi, gebraucht (Joh 16,14), und die Gaben wurden nicht zum Nutzen aller verwendet (1. Kor 12,7; 14,12). Die Korinther benutzten die Gaben zur eigenen Verherrlichung, und die Folge war Unordnung. Die göttliche Ordnung wurde nicht mehr beachtet. Wenn dem Fleisch in den geistlichen Dingen Raum gegeben wird, ist das Verderben noch viel größer als in moralischen Dingen.
Infolgedessen hatten die Korinther auch kein Unterscheidungsvermögen mehr. Und das ist unbedingt notwendig, denn nicht allein der Heilige Geist wirkt in der Versammlung, sondern auch böse Geister. Wenn Gott kraftvoll wirkt, versucht Satan stets, die Menschen zu verführen, indem er Gottes Werk nachahmt. Wir sehen dies schon in 2. Mose 7, wo Jannes und Jambres scheinbar dasselbe tun wie Moses (2. Tim 3,8). Wir sehen es auch in Offenbarung 13, wo wir eine satanische Dreieinheit finden, von der überdies die eine Person eine Nachahmung des Lammes ist.
Der Apostel hatte die Korinther auf die bösen Geister aufmerksam gemacht, aber sie hatten kein Unterscheidungsvermögen mehr (1. Kor 10,19–22). Sie sahen nicht einmal, dass der Heilige Geist, der auf die Erde gekommen ist, um den Herrn Jesus zu verherrlichen, niemals der Urheber eines Ausspruchs: „Fluch über Jesus!“ sein kann (1. Kor. 12,3). Wir sollten meinen, dies müsste selbst einem Ungläubigen mit gesundem Verstand klar sein. Aber bei diesen Gläubigen war dies Unterscheidungsvermögen nicht mehr vorhanden. Wir sehen hieraus, dass der gesunde Verstand nichts, oder nichts mehr bedeutet, wenn jemand durch böse Geister irregeleitet ist. Und sehen wir nicht oft, sowohl bei Ungläubigen wie auch bei Leuten, die bekennen, Christen zu sein, dass der gesunde Verstand nicht mehr wirkt und sie die törichtesten Dinge annehmen? In der Zukunft wird dies noch schlimmer werden, wenn der Heilige Geist nicht mehr auf Erden sein wird. Die Menschen werden der Lüge glauben (2. Thes 2,11) und den Römischen Kaiser anbeten (Off 13,4) usw. Gott muss den gesunden Verstand geben und bewahren, sonst ist er nicht vorhanden.
Es sind also zwei Kräfte, die auf den Menschen in seinem Verhalten zu Gott einwirken: einmal der Geist, „der jetzt wirksam ist in den Söhnen des Ungehorsams“ (Eph 2,2), und zum anderen der Heilige Geist, der in den Kindern Gottes wirkt. Niemals wird der letztere in jemand wirken, „Fluch über Jesus!“ zu sagen. Gott hat den Herrn Jesus einmal unter den Fluch gestellt, als Er für unsere Sünden starb, aber niemals kann jemand durch den Geist Gottes aufs neue den Fluch über Jesus aussprechen. Und nie kann jemand durch einen bösen Geist „Herr Jesus“ sagen. Satan kann sich als ein „Engel des Lichts“ verkleiden (2. Kor 11,14). Seine Engel können den Herrn Jesus „Sohn Gottes“ nennen (Mt 8,29) oder den „Heiligen Gottes“ (Mk 1,24). Sie können öffentlich die Ehre von Dienern Gottes verkündigen (Apg 16,17). Aber nie finden wir, dass ein böser Geist den Herrn Jesus als Herrn anerkennt.
Der Titel „Herr“ ist nicht die höchste Herrlichkeit des Herrn Jesus. Er zeigt nicht seine persönliche und ewige Herrlichkeit an, sondern eine Stellung, die Ihm gegeben ist (Apg 2,36). Ihn als Herrn zu kennen, ist die einfachste Kenntnis, die ein Bekenner besitzen kann, denn es ist nur das Anerkennen, dass Jesus Autorität über ihn hat. Es lässt die Gnade, die innere Herrlichkeit des Herrn, nicht sehen. Aber nie wird ein böser Geist die Autorität des Herrn anerkennen.
Wir müssen diesen Abschnitt genau lesen. Es steht nicht da, jemand, der „Herr Jesus“ sagt, sei ein Gläubiger, und ebensowenig, ein Ungläubiger könne diesen Ausdruck nicht gebrauchen. Es steht dort, nichts, worin die Autorität des Herrn nicht anerkannt wird und was nicht zu seiner Ehre ist, sei aus dem Heiligen Geist, sondern durch einen teuflischen Geist gewirkt. Und es ist gut, dass wir dies wissen. Der Prüfstein zur Beurteilung all dessen, was gebracht wird in Predigt oder in geschriebener Form, ist, ob es die Autorität des Herrn anerkennt und sich also auch vorbehaltlos vor seinem Wort beugt und ob es zu seiner Ehre gereicht. Wenn es dieser Prüfung nicht standhalten kann, ist es nicht aus dem Heiligen Geist, auch wenn es von jemandem gebracht werden sollte, der nach unserer festen Überzeugung ein Gläubiger ist, oder vielleicht sogar durch jemanden, den wir stets als einen Arbeiter und Knecht Gottes geschätzt und geehrt haben.
Der zweite Punkt, der in diesem Kapitel (1. Kor 12) unsere Aufmerksamkeit erheischt, ist: „Es sind aber Verschiedenheiten von Gnadengaben, aber derselbe Geist; und es sind Verschiedenheiten von Diensten, und derselbe Herr; und es sind Verschiedenheiten von Wirkungen, aber derselbe Gott, der alles in allen wirkt“ (Verse 4–6). Hier finden wir die einfachsten Grundsätze allen christlichen Dienstes, das Mindeste, was vorhanden sein muss, damit Gott es als den Dienst in seiner Versammlung anerkennen kann.
Es sind Verschiedenheiten von Gnadengaben, aber derselbe Geist. Es gibt viele böse Geister (z. B. Lk 8,30), aber nur einen Geist Gottes (Eph 4,4). Aber der Heilige Geist offenbart sich nicht nur auf eine Weise und durch eine Person. Der Leib des Christus ist wie ein natürlicher Leib. Und so wie Gott in der Schöpfung jedes Glied des Leibes anders gemacht hat, damit sie zusammen einen Leib bilden sollten, so bildet der Heilige Geist den Leib des Christus (1. Kor 12,11–13). Jedes Glied wird durch Ihn an den Leib gefügt, wohin es gehört, und der Herr gibt jedem die Gnadengabe, die das Glied an diesem Platz nötig hat. Durch diese Verschiedenheit wird es gerade der eine Leib. Wenn alle Glieder gleich wären, könnten sie nicht den Leib bilden (V. 19). So wird der Leib aufgebaut und ist nun in sich selbst vollkommen.
Die Verschiedenheiten der Gnadengaben sind in ihrer Ausübung die Stimme des einen Geistes in den Gliedern des Christus. Es sind Gaben der Gnade Gottes, die verschiedenartig sind, um den verschiedenartigen Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Wir haben im Allgemeinen keinen Begriff davon, wie groß und wie verschiedenartig die Nöte und Bedürfnisse der Heiligen sind. Der Heilige Geist gibt alle Gaben, die diesen Nöten entsprechen. Er vereinigt sie nicht in einer Person oder einzelnen Personen. In einem Fall mag eine Person wie z. B. Paulus, mehrere Gaben haben, aber das ist eine Ausnahme. Er gibt „einem“ das Wort der Weisheit und „einem andern“ das Wort der Erkenntnis usw. (Verse 8–11). Und Er gibt, „wie Er will“. Er ist souverän, in der Versammlung zu gebrauchen, wen Er will.
Es ist deutlich, dass großer Schaden angerichtet wird, wenn diese Gnadengaben keine Gelegenheit haben, sich zu entfalten. Die Souveränität des Heiligen Geistes, zu gebrauchen, wen Er will, wird dadurch verneint und im Prinzip oder in der Praxis auf eine oder einzelne Personen beschränkt. Vielen Nöten wird dann nicht mehr begegnet, weil diese Personen keine oder nur einige Gaben empfangen haben. Die Autorität des Heiligen Geistes und des Herrn Jesus wird verleugnet. Wo dies so ist, kann nie von Gottes Versammlung gesprochen werden, ja wir sind verpflichtet, jeden dahin gehenden Anspruch abzuweisen. Selbst wenn dabei nur Gläubige zusammenkämen (und dies wäre im Grundsatz natürlich gut), wäre das nicht die Versammlung Gottes, sondern eine menschliche Vereinigung von Personen.
Gott schuf durch ein Wort die Erde für den ersten Adam. Aber Er sandte erst seinen Sohn auf die Erde, um das Erlösungswerk zu vollbringen, weckte Ihn auf aus den Toten und setzte Ihn als das verherrlichte Haupt in den Himmel und sandte danach den Heiligen Geist auf die Erde, alles, um die Versammlung zu schaffen für den letzten Adam. Nur der Tod und die Auferstehung konnten die Basis für die Versammlung und nur der auferstandene und verherrlichte Jesus konnte ihr Haupt sein. (Siehe auch Eph 5,23–27) Das zeigt uns, welchen Wert die Versammlung für Gott hat, aber auch, dass die Versammlung Gottes auf Erden niemals ein System von Verordnungen sein kann, das den Gottesdienst eines Volkes beherrscht, noch eine Vereinigung von Personen, die sich zusammengetan haben auf Grund gemeinsamer Gefühle oder gleicher Gedanken in Bezug auf bestimmte Dinge.
„Es sind Verschiedenheiten von Diensten und derselbe Herr.“ Hier finden wir, wie die Gnadengaben ausgeübt werden müssen. Der Heilige Geist gebraucht, wen und wie Er will (V. 11). Aber die Ausübung findet unter der Autorität des Herrn statt. Der Heilige Geist, der selbst Gott ist, wie wir verschiedentlich dargelegt haben, hat freiwillig eine dienende Stellung auf Erden eingenommen, wie einst der Sohn es getan hat. Er ist hier, um von dem Herrn Jesus zu zeugen und um Ihn zu verherrlichen (Joh 15,26). Diese Gesinnung eines Knechtes will Er in jedem bewirken, den Er gebrauchen will. Dies ist sehr wichtig, vor allem in unserer Zeit. Der Dienst des Heiligen Geistes geht niemals über das Wort hinaus und tastet niemals die Autorität des Herrn Jesus an. Er gibt den Gliedern des Leibes die geistliche Kraft, die sie benötigen für die Ausübung der Gnadengaben und macht sie dadurch praktisch zu Dienern des Christus. In der Ausübung dieser verschiedenen Gaben sind sie Verwalter, nur einer ist Herr, nämlich Christus. Es ist nicht ein unabhängiger und eigener Wille in ihnen. Wie groß auch die Kraft des Geistes in ihnen sein mag, sie bleiben Knechte und Verwalter des Christus. In diesem Charakter haben sie zu handeln, während sie in ihrem Dienst die Herrschaft des Christus anerkennen.
„Es sind Verschiedenheiten von Wirkungen, aber derselbe Gott, der alles in allen wirkt.“ In der Versammlung Gottes ist kein Platz für den Menschen und kein Raum für seinen Willen. Wenn Gott wirkt, muss der Mensch verschwinden, damit Gott ganz nach seinem Willen wirken kann. Das ist ein vernichtendes Urteil über alles, was der Mensch im Blick auf den Dienst bestimmt hat. Wie sehr steht die Gewohnheit, dass der Mensch den Dienst beschränkt auf einen oder einzelne, die er dann noch selbst bestimmt, im Widerspruch mit diesem Grundsatz! Wie ist auch der Gedanke, dass jeder das Recht habe, an dem Dienst teilzunehmen, eine Leugnung dessen, was dieser Vers sagt! In der Versammlung ist nicht die Rede von Rechten, höchstens von Vorrechten. Aber in Verbindung mit dem Dienst kann nur von Gehorsam und Abhängigkeit gesprochen werden. Der Heilige Geist gebraucht, wen Er will, und Gott wirkt alles in allen.
Sind unsere Herzen wirklich von diesen drei Dingen erfüllt? Verschiedenheiten von Gnadengaben, die in der Kraft des Heiligen Geistes ausgeübt werden, und zwar durch wen Er will, die aber in Verantwortlichkeit vor dem Herrn ausgeübt werden müssen, während Gott der Einzige ist, der wirken darf? Und wird das bei jedem Einzelnen in unserer Mitte praktisch verwirklicht?