Geläutert im Schmelztiegel Gottes
Kapitel 36-38
Hiob 36
Elihu lag die Ehre Gottes sehr am Herzen. In seiner Rede fährt er fort und versucht, Hiob und seine Freunde zu überzeugen. Aus diesem Grunde muss er sogar ernste Worte an gläubige Männer, an Hiob und seine drei Freunde richten. Er spricht auch von der Zucht Gottes mit den Seinen. Uns ist es gegeben, die Gedanken Gottes im Lichte des Neuen Testamentes in voller Klarheit zu kennen, doch waren einige dieser göttlichen Grundsätze bei den alttestamentlich Gläubigen schon dieselben. Natürlich besaßen sie nicht dieses Licht und kannten Gott nicht als ihren Vater. Dennoch war bei ihnen eine innige Gemeinschaft mit Gott möglich. Sie konnten davon abirren und untreu werden. Gottes Bemühungen um solche waren die gleichen wie bei uns.
So finden wir denn in den Versen 5–15 die Bemühungen Gottes um solche, die Sein sind. Er hat sie in eine wunderbare und hohe Stellung gebracht und „setzt sie mit Königen auf den Thron ...“. Die Gläubigen des Neuen Testaments sind ein königliches Priestertum. Er hat sie auf immerdar zu einem Königtum gemacht.
Leider vergessen wir es oftmals, dass Stellung verpflichtet. Vieles brauchte gewiss nicht vorzukommen, wodurch unser Gott und Vater verunehrt wird. Manche Irrwege könnten wir vermeiden. – Wie aber geht Er uns in Seiner zu Recht bringenden Liebe und Gnade nach! Das Böse kann Er bei Seinen Kindern nicht dulden. Er muss es richten. Das geschieht während der Zeit unseres Lebens. Lies deshalb bitte 1. Petrus 1,13–17. Dort werden uns die Regierungswege Gottes mit den Seinen vorgestellt. Diese können sehr ernster Natur sein. Dennoch aber ist es Seine Liebe, die uns zu Recht bringen möchte.
Elihu warnt Hiob und stellt ihm in ernster Weise vor, dass er, wenn er sich nicht beugte, noch Schweres zu erwarten habe (Vers 17).
In den letzten Versen von Kapitel 36 richtet er nochmals die Blicke Hiobs auf den allmächtigen Gott, der sich so große Mühe mit dem Menschen gibt. „Wer ist ein Lehrer wie er?“ Ja, Er möchte auch dich und mich unterweisen und mit Seinen Augen leiten. Es liegt jedoch an uns, ob wir uns belehren lassen und in Seinen Wegen wandeln.
Musste Er nicht auch bei dir und mir schon die Rute anwenden oder uns in Seinen Regierungswegen entgegentreten? Haben wir uns dann wirklich vor Ihm gebeugt und alle unsere Verfehlungen und Sünden bekannt? Dann hat Er in Christo Jesu, unserem Herrn, vergeben. Unsere Herzen sind danach wieder glücklich und frei. Wir dürfen wieder in Seiner Liebe ruhen und Seine Gnade sowie die unermüdlichen Bemühungen mit Seinen Geliebten bewundern.
Ihm sei ewig Lob, Dank und Anbetung!
Hiob 37
Mit diesem Kapitel enden Elihus Worte. Er hatte seinen Auftrag nach Gottes Gedanken erfüllt. Er war ein Ausleger, ja, einer aus tausend, gewesen. Nach ihm redet der große Gott persönlich zu Hiob. Welch eine herablassende Gnade! Die Heiligen Schriften, die wir in Händen haben, bestanden damals noch nicht. In ihnen hat Gott sich geoffenbart, so dass wir Ihn und Seine Gedanken heute besser kennen dürfen. Außerdem hat Gott sich auch in dem Gemachten, d.h. in Seiner gewaltigen und erhabenen Schöpfung geoffenbart. Beide Arten Seiner Offenbarung finden wir in Psalm 19 ergreifend dargestellt. Durch dieselben wird der Psalmist in das Licht Gottes geführt, er erkennt seine Sünden und bittet um Reinigung von denselben. Fortan möchte er in allem wohlgefällig vor Gott wandeln.
Selbst die Heiden, die das Wort Gottes nicht haben, stehen unter voller Verantwortlichkeit, weil sie Gott in der Schöpfung erkennen können. Für sie gibt es keine Entschuldigung (Römer 1,18–22). Dieser Grundsatz traf auch auf die Zeit zu, in der Hiob und seine Freunde lebten. Deshalb finden wir – in Verbindung mit der Schöpfung – in diesem Buche eine besondere Sprache. Gerade Elihu redete diese Sprache der Natur. In gleicher Zeit redet auch Gott so zu Hiob. Es gefiel Ihm, Seine Gedanken in einer Sprache kundzutun, wie sie die Schöpfung zu allen Menschen redet. Man hat den Eindruck, dass man diese Sprache damals besser verstand als heute. Der moderne Mensch will die Offenbarung Gottes im Sohne nicht wahrhaben. Das Evangelium der Liebe und Gnade Gottes lehnt er ab. Welch eine ungeheure Verantwortung liegt daher auf den Menschen, die die Heilige Schrift, das Wort Gottes, besitzen!
Elihu stellt in diesem Kapitel noch einmal Gott in Seiner Größe und Schöpfermacht vor. Er ist es, der alles bewirkt: Gewitter, Schnee, Regen, das Getier der Erde – alles ist unter Seiner leitenden Hand und wird durch Ihn, den großen Gott, gelenkt und bewirkt. Was könnte der kleine Mensch gegen die Naturgewalten ausrichten? Ohnmächtig steht er da und muss zusehen, wie die Menschen durch Erdbeben, Überschwemmungen, Wirbelstürme oder andere Naturereignisse umkommen.
Diese Gedanken gipfeln in dem Vers: „Nimm dies zu Ohren, Hiob: stehe und betrachte die Wunder Gottes!“ Er ist der „an Wissen Vollkommene“. Angesichts dieser Wunder wird der Mensch ganz klein, auch der Gläubige, der Ihn als den großen, allmächtigen Schöpfer anerkennt und Ihm glaubt. Hiob, so möchte man fragen, wie konntest du, „der Wurm, die Made“, dich in deiner eigenen Gerechtigkeit, Ihm gleichstellen?
Es geziemt sich für uns ebenso, dass wir uns vor Ihm niederbeugen, vor dem großen, allmächtigen, ewigen Gott. Wir dürfen erkennen, dass es nur Seine unermessliche Liebe und Gnade war, die den Herrn Jesus sandte, um uns zu erretten und zu Seinen Kindern zu machen. Bleibt da noch Ruhm für uns übrig? Nein, Er hat alles aus Gnade getan! Ewig sei Ihm Dank und Anbetung dafür!
O du schönes Weltgebäude,
das der Herr mit Glanz und Pracht
uns zum Segen und zur Freude
wunderherrlich hat gemacht!
O, wie wird in allen Stücken
da die Liebe offenbar,
die, den Menschen zu beglücken,
so erfind'risch, sorgsam war.
Ja, man kann an allen Werken,
kleinen, großen, nah und fern,
die verborg'ne Weisheit merken
des Allmächt'gen, uns'res Herrn.
Allen ist das Königssiegel
ihres Schöpfers aufgedrückt,
Erd' und Himmel sind ein Spiegel,
drin man Seine Huld erblickt.
In der Nähe, in der Ferne
man viel tausend Zeugen trifft,
wie die Blumen, so die Sterne
sind ja eine heil'ge Schrift,
die, dem Kindessinn verständlich,
wonnevolle Kunde gibt
von dem Gott, der uns unendlich
segnet, labet, tröstet, liebt.
O, wie schön ist es zu lesen
in dem aufgeschlag'nen Buch
der Natur von jenem Wesen,
das man niemals hoch genug
kann erheben, preisen, loben,
das uns liebevoll umschlingt,
dem der Chor der Engel droben
laut das Dreimalheilig singt.
Ja, ich kenn Dich, Offenbarung
meines Herrn in der Natur,
seit aus eigener Erfahrung
ich nicht bloß der Liebe Spur,
angedeutet, aufgeschrieben
in den Werken Seiner Hand,
nein, Ihn selbst und all' Sein Lieben
wesentlich in Christo fand!
Hiob 38
Elihu schweigt, Gott redet jetzt selbst zu Hiob. Ein gewaltiger, ergreifender Augenblick! Gott hatte bis dahin allem zugesehen und auch zugehört, denn Er ist allgegenwärtig. Oft genug denken wir nicht daran. Gott hat gewartet, Er hat den richtigen Augenblick gewählt, um mit Hiob zu reden. Alles, was in den Herzen war, sowohl bei Hiob wie bei seinen Freunden, war offenbar geworden. Wir sind ebenso vor Ihm wie ein aufgeschlagenes Buch.
Stürme der Leiden waren über Hiob gekommen. Er hatte darin versagt und manche Äußerungen getan, die aus seinem verzweifelten und verbitterten Herzen kamen. Hatten die Freunde ihm falsch gedient, so ließ Elihu durch seine Worte in all dem Dunkel das göttliche Licht erstrahlen. Er beschuldigte ihn zwar nicht, wie es die drei Freunde getan hatten, heißt aber auch das Böse nicht gut. Er gibt Gott den gebührenden Platz und richtet immer wieder aller Blicke auf Seine gnadenreichen Absichten.
Nun redet Gott selbst. Kein „Ausleger“, keiner, „der zwischen ihm und Gott stehen möge“. Nein, Gott redet persönlich mit Seinem Knecht. Welch eine Gnade!
Jedoch kommt Gottes Antwort aus dem Sturme. Nicht das liebliche Säuseln, nein, der Nordwind muss den Garten durchwehen (Hohelied 4,16), denn der Hochmut Hiobs musste gleich dürren Ästen abgebrochen werden. Der reinigende Nordwind, der alles aufrüttelt und wegfegt, musste zuerst wehen, um danach den Südwind mit einem doppelten Segen für Hiob kommen zu lassen. Gott offenbarte sich selbst in Seiner Kraft. Er löste alle Rätsel im Leben Hiobs und seiner Freunde, damit alles während ihrer Zeit schon zu Seiner Verherrlichung ausschlagen sollte. Wir müssen vielfach warten, bis wir droben sind, um die Wege Gottes mit uns zu verstehen. Auch redet Er nicht so zu uns, dass wir Seine Stimme hören können, sondern Er wendet sich an uns durch Sein teures Wort.
Sind wir, wie einst Hiob, auf den Boden der Beugung und Buße und des zerbrochenen Herzens und zerschlagenen Geistes zurückgebracht, wird uns vieles klar werden. Gott beantwortet viele unserer Fragen nicht, etwa die Fragen: „Warum gibt es all die Leiden in dieser Welt? Warum müssen gerade Kinder Gottes durch tiefe und schwere Trübsale gehen?“
Der Glaube fragt nicht so, sondern er beugt sich in Demut unter die mächtige Hand Gottes. Erst dann werden wir glaubend „in Seinem Lichte das Licht sehen“. Diese Licht- oder Sonnenstrahlen Seiner göttlichen Liebe erwärmen das Herz und bewirken trotz der Schwierigkeiten Dank, Lob und Anbetung.
Oft ist dies allerdings ein weiter Weg. Dennoch wird der große Gott nicht müde, sich mit uns zu beschäftigen, bis Er Sein Ziel erreicht hat. Er selbst ist der Goldschmied, der sich niedersetzt, um das Gold zu reinigen und zu läutern. Sein Bild möchte Er in uns sehen können, weshalb die Schlacken beseitigt werden müssen. Ihm sei Dank für diese Seine Bemühungen der göttlichen Liebe!
Nicht jede Angst kannst Du mir sparen,
doch mich in jeder Angst erquicken,
und das ist mehr! Ich darf erfahren:
Kraft liegt darin, Dich anzublicken.
Und geh' ich in der Ängste Mitten,
wo nirgend Hilfe ist zu schauen,
kommst auf den Wegen Du geschritten
und sprichst: „Ich bin's, lass dir nicht grauen!“
Ich weiß, Du wirst's für mich vollführen
in Deiner Güte, Deiner Gnade,
und Leib und Seele dürfen spüren:
Du leitest mich auf rechtem Pfade.
Drum mitten in der Angst voll Frieden
und tief erquickt durch Jesu Liebe:
Ich wüsste nicht, was mir hienieden
auch unter'm Kreuz zu wünschen bliebe.
Und nach der Angst der Erdentage
kommst Du, Herr, der sie überwunden,
und dort hat dann für jede Plage
ein Halleluja sich gefunden!