Geläutert im Schmelztiegel Gottes
Kapitel 15-17
Hiob 15
Die Freunde Hiobs haben dreimal zu ihm geredet. Alles war gut gemeint. Jeder hatte sein eigenes Urteil über ihn und seinen Zustand. Aber es waren Menschen. Jeder Mensch kann irren, auch sie irrten sich. In jedem steckt noch das eigene Ich. Auch in ihnen war es vorhanden. Sicher kannten sie Gott nicht, wie wir Ihn kennen. Sie hatten Sein Wort noch nicht in Händen wie wir. Welch eine Verantwortung tragen wir, die wir die Salbung des Heiligen haben und alles wissen (1. Joh 2,20). Sie waren zum Teil von sich selbst überzeugt, von ihrem Wissen und ihrer Lebenserfahrung. Lasst uns deshalb nicht auf unsere Klugheit bauen, wenn wir anderen dienen wollen, sondern auf Sein Wort, und möchten wir es in tiefer Demut tun! Wir wollen auch den anderen erst einmal mit Geduld anhören und versuchen, in seine Gefühle und Gedanken einzugehen und auch seine Umstände zu verstehen.
Die Worte Hiobs hatten Eliphas nicht beeindruckt. Er fegt sie mit einer Handbewegung vom Tisch. Wie wenig Mitempfinden stellen wir fest! Leider! Hiob hat dies sicher auch empfunden, deshalb seine Verbitterung. Waren Hiobs Worte nur windige Erkenntnis, waren es lauter Reden, die nicht taugen? Brach nicht immer wieder das Verlangen nach Gott, nach einem Mittler und der Hoffnung einer Auferstehung der Toten durch? Eliphas verneint das alles, ja, er ist selbst etwas gereizt und beschuldigt Hiob, er vernichte die Gottesfurcht und schmälere die Andacht vor Gott. Wie traurig sind die Worte Eliphas', der vielleicht noch älter war als Hiob und deshalb besonnener hätte sein müssen. Aus seinen Worten in Vers 9–10 spricht Überheblichkeit.
Im Übrigen bringt er nichts Neues, sondern das, was auch Bildad und Zophar schon ausgesprochen hatten. Die Verse 14–16 erinnern uns an Hiob 14,1–4 und Hiob 25,4. Ja, darin hat er recht: Der Mensch ist unrein durch die Sünde, und selbst die Himmel sind verunreinigt, weil der Verkläger der Brüder dort noch Zutritt hat. Deshalb wird Gott für den ewigen Zustand eine neue Erde und einen neuen Himmel schaffen, wo es keine Sünde mehr geben wird. In Vers 20–25 beschreibt er den Gesetzlosen und die Strafen, die über ihn kommen werden. Sind diese Ausführungen auf seinen Freund Hiob gemünzt? Man kann,durch die Blume' Kinder Gottes sehr kränken und Dolchstöße von hinten geben. Der Herr hört alles und beurteilt unsere Herzen. Einmal wird Er alles an seinen Platz stellen und das Verborgene der Herzen offenbar machen. Das sollte uns vorsichtig im Urteil über andere machen, gerade deshalb, weil wir selbst irrende Menschen und mit Fehlern behaftet sind. Wo kämen wir hin, wenn wir keinen treuen und großen Hohenpriester hätten, der sich immer wieder für uns verwendet? Wenn wir keinen „Sachwalter“ hätten, der für uns eintritt, wenn wir gesündigt haben? Und wie oft sündigen wir noch, auch mit der Zunge!
„Setze, Jehova, eine Wache meinem Munde; behüte die Tür meiner Lippen“ (Ps 141,3).
Es war nur ein Wort, so schnell gesprochen,
verweht im Wind – und doch -
ein Messer war's, das dort,
wo du es nie gedacht,
ein Herz zerstochen;
es blutet, Tränen fließen;
ein Wort, welch Unheil
hat es eingebracht!
Herr, setze eine Wache meinem Munde,
die Tür der Lippen, ach, behüte Du!
Damit ich glücklich wart' auf jene Stunde,
wo Du mich einführst in die ew'ge Ruh'.
Ich möchte keinem Deiner Heil'gen dort begegnen,
den ich gekränkt, verwundet durch ein Wort.
Du wollest meine Lippen salben, segnen,
bis ich bei Dir, in ew'ger Ruhe dort!
E.B.
Hiob 16
„Leidige Tröster seid ihr alle!“ Ach ja! Was kann man von Menschen schon erwarten? Werden wir nicht oft enttäuscht? Deshalb ist es gut, nichts von Menschen zu erwarten. „Wenn eure Seele an der Stelle meiner Seele wäre...!“ Hatten die Freunde Hiobs überhaupt den Versuch gemacht, sich in seine Lage hineinzudenken? Dann hätten sie sicher Worte des Trostes für ihn gefunden.
Ist es nicht ein Mangel, dass wir uns so wenig in die Lage des anderen hineindenken können, ihn verstehen lernen und Mitempfinden haben? Wenn wir unseren geliebten Herrn betrachten, dann finden wir das bei Ihm in vollkommener Weise. Wie wohl tut ein liebes Wort, ein Blick des Mitempfindens, ein Händedruck im Leid. Hiobs seelischer Schmerz war vielleicht noch größer als sein körperliches Leiden. Insbesondere seine Gedanken über Gott und Sein Tun trieben Hiob immer mehr in eine Sackgasse.
Wie ganz anders war es bei unserem Herrn! Als Er von Feinden umgeben war, als die Stiere von Basan Ihn umringten und gar kein Ausweg zu sehen war, konnte Er sagen: „Doch du bist heilig ...!“ Alles, was Ihn traf, auch das von Seiten der Menschen, nahm der Herr Jesus von Seinem Gott und Vater an. Ihm vertraute Er sich an!
Wie ganz anders war es bei Hiob! Er offenbart nur menschliche Schwachheit. Er ist unser Bild. In den Versen 6–17 klagt er Gott und seine Freunde an. Und doch bricht – wie ein Lichtstrahl aus dunklen Gewitterwolken – sein Glaube noch einmal hervor (Verse 19–21). „Im Himmel ist mein Zeuge!“ Ja, hätte er sich ganz allein auf Ihn gestützt und festgehalten, dass Gott entscheiden wird! Denn auch die schweren Wege führt Er uns in Seiner Liebe. „Die friedsame Frucht der Gerechtigkeit“ will der Vater durch Seine Erziehungswege hervorbringen, wobei wir mehr „seiner Heiligkeit teilhaftig“ werden (Heb 12).
Hiob erwartet nichts mehr vom Leben. „Die zählbaren Jahre gehen vorüber.“ Wie lange mochte er seine Krankheit schon getragen haben? Jedenfalls kam es ihm sehr lange vor. Er mochte denken: Das Leben hat für mich keinen Sinn mehr. Es wäre besser für mich zu sterben. -
Auch unsere Jahre eilen dahin. Möchten wir den Sinn erkennen, den der Herr unserem Leben selbst in den Leiden und Prüfungen gegeben hat! Der König Hiskia musste bekennen: „Siehe, zum Heile ward mir bitteres Leid!“
Der Herr Jesus möge diese Betrachtung des Buches Hiob zum besonderen Trost und Segen für alle Schwergeprüften und für solche, die der Ermunterung bedürfen, gereichen lassen! Und wer könnte sich da ausschließen?
Meinst du, es läge auf der Straße deines Lebens
auch nur ein einz'ger Stein, ein hindernder, vergebens?
Er mag nun hässlich, groß sein oder klein,
glaub' nur, da wo er liegt, da muss er sein.
gewiss nicht, um dein Weitergeh'n zu hindern!
gewiss nicht, um dir Mut und Kraft zu mindern!
Nur darum legte in den eb'nen Sand
des Weges ihn dir eine güt'ge Hand,
damit du dir den Stein recht sollst beschauen
und dann mit Gott in gläubigem Vertrauen
darüber reden sollst und Ihn dann fragen,
was Er dir mit dem Hindernis zu sagen.
Und bist du Gott an jedem Stein begegnet,
so hat dich jeder Stein genug gesegnet!
(M. Feesche)
Hiob 17
Hiob hat scheinbar mit dem Leben abgeschlossen. Er erwartet nichts mehr auf dieser Welt. Restlos ist er enttäuscht, besonders von den Menschen. Was seine Freunde ihm sagten, bezeichnet er als Spöttereien. Er ist tief beleidigt und gekränkt. Bedenken wir immer wieder, dass seine furchtbare Krankheit ihn körperlich und seelisch völlig zermürbt hat. Angst vor dem Tod kennt er nicht. Er nennt das Gewürm seine Mutter und seine Schwester und die Verwesung seinen Vater (Vers 14). Es ist eigentlich ein Beweis dafür, dass sein Gewissen rein ist und das Urteil Gottes über Hiob im ersten Kapitel stimmt. „Setze doch ein, leiste Bürgschaft für mich bei dir selbst!“ (Vers 3.) Es kann auch übersetzt werden: Sei du selbst mein Bürge bei dir, wer will mich sonst vertreten? Wen meint er? Sicher doch Gott! Es sind die einzigen Verse in diesem Kapitel, wo er den Blick zu Gott erhebt. Aber im gleichen Moment blickt er wieder auf Menschen. Im 6. Vers erwähnt er noch einmal Gott, jedoch nicht im guten Sinne. „Er hat mich zum Sprichwort unter den Leuten gemacht, und ich muss mir ins Angesicht speien lassen.“ Gott ist schuld, so sagt er gleichsam mit anderen Worten.
Wie manches liebe Kind Gottes ist ebenfalls durch Leiden zermürbt. Satan nutzt die Schwächen aus und versucht dann Zweifel an der Liebe Gottes zu wecken. Wie fest stand unser teurer Herr, als Er der Gegenstand des Spottes war und ausrufen musste: „Der Hohn hat mein Herz gebrochen ...“ „Ich bin das Saitenspiel der Zecher.“ Aber Er harrte aus, denn Er wollte Seinen Gott und Vater vollkommen verherrlichen und Sünder retten. Er war der Gerechte, der Seinen Weg unbeirrt fortsetzte. Seine Hände waren rein. Er ist von Gott mit Ehre, Macht und Majestät gekrönt worden. -
Hiob fürchtete einen neuen Angriff seiner Freunde, aber er hatte sie abgeschrieben, denn, so sagt er, „... einen Weisen werde ich nicht unter euch finden“(Vers 10). Sie können ihm nichts mehr bringen, da sie sein Vertrauen verloren haben. Er will sterben. Seine Hoffnung ist dahin. Hiob, wo bist du? Hat Gott dich vergessen? Bist du bei Ihm abgeschrieben? Nein, und nochmals nein! Der große Gott hat trotz allem nur Gedanken der Liebe und des Friedens mit ihm, so auch immer mit uns, wenn wir in Prüfungen sind. Wenn auch alles so dunkel ist, einer Sackgasse gleich, ohne Ausweg, so hat Er doch Seinen Plan fertig, und Sein Ziel mit uns ist Herrlichkeit. Es geht nicht nach unten, sondern nach oben. Wir warten nicht auf den Tod, sondern auf Sein Kommen. Ewige Freude! Kaum zu fassen, und dennoch: Es ist eine unumstößliche Wahrheit. „So ermuntert denn einander mit diesen Worten!“ (1. Thes 4,18.)