Geläutert im Schmelztiegel Gottes
Kapitel 12-14
Hiob 12
Obwohl Hiobs Freunde aufrichtige Teilnahme bezeugten und sieben Tage und sieben Nächte mit ihm auf dem Aschenhaufen zugebracht hatten, war er doch maßlos durch sie enttäuscht worden. Sein Geist war wegen ihrer bösen Unterstellungen gereizt worden, und in ironischer Weise antwortete er Zophar. Kannte Hiob Gott nicht? wusste er nichts vom Wesen des Allmächtigen? wusste er nicht, dass Gott der Geber aller guten Gaben ist, dass Er aber auch alles wegnehmen kann? Hatte er nicht gesagt: „Der Herr hat gegeben, der Herr hat genommen, der Name des Herrn sei gepriesen!“ Ja, Hiob kannte Gott, aber Satan hatte seinen Blick getrübt. Wie Asaph uns in Psalm 73 gezeigt wird, so sah auch Hiob auf andere, Gottlose, denen es gut ging. „Die Zelte der Verwüster sind in Ruhe, und Sicherheit ist für die, welche Gott reizen, für den, welcher Gott in seiner Hand führt“ (welcher nur auf seine Hand vertraut). Er fühlte sich durch Gott ungerecht behandelt, er wollte sich Gott gegenüber rechtfertigen (Hiob 13,3).
Wie schade, dass ein Mensch mit so großer Kenntnis über Gott so blind werden kann über sich selbst! Hiob hatte die Schöpfung studiert und Gott darin erkannt. Das Vieh, die Vögel des Himmels und die Fische des Meeres waren seine Lehrmeister gewesen. Er war überwältigt worden durch die Größe und Weisheit des Schöpfers. Auch der moderne Mensch kann Gott in der Schöpfung erkennen, aber sein Blick ist verdunkelt. Wer nimmt sich schon Zeit, einmal still zu stehen, um die Sterne am Firmament zu bewundern oder die Blumen zu betrachten. Alles rast und hetzt der kommenden Katastrophe, dem Gericht, entgegen. Dann hat sich Gott noch durch Sein heiliges Wort in besonderer Weise geoffenbart. Aber auch das lehnen viele ab. Andere glauben, es sei nur teilweise Gottes Wort. Man unterwirft sich nicht der Autorität dieses Wortes und kann deshalb nicht errettet werden.
Hiob hatte Gottes Tun aufmerksam beobachtet, weshalb er Dessen Kraft und vollkommenes Wissen immer wieder hervorhebt. Doch sah Gott etwas in Hiobs Herzen, wovon Er ihn heilen und reinigen wollte: Hiobs eigene Gerechtigkeit, sein Ich!
Wie viel Arbeit hat doch Gott mit jedem einzelnen von uns! Wenngleich wir uns oft quer stellen, wird Er nicht müde, sich in Liebe und Langmut mit uns zu beschäftigen. Vielleicht sieht Er bei uns auch noch Schlacken, von denen Er uns befreien möchte. „Er wird sitzen und das Silber schmelzen und reinigen“ (Mal 3,3). So sind vielfach schwere Wege zum Nutzen und Segen, wenn wir auch Sein Tun nicht immer verstehen.
Hiob 13
In diesem Kapitel finden wir wieder zweimal das Wort „Warum“. Schon dreimal hat Hiob Gott so gefragt und keine Antwort bekommen. Niemand wird auf diese Frage eine Antwort bekommen. Das hieße nämlich, Gott zur Rechenschaft ziehen! Ist Gott ein Mensch, dass wir Ihn so behandeln dürfen? Wie viele ungläubige Menschen setzen Gott gewissermaßen auf die Anklagebank. Statt in sich zu gehen und ihr Leben zu überprüfen, geben sie Gott die Schuld. Kinder Gottes wissen und halten fest, dass ihr himmlischer Vater nie einen Fehler macht, selbst wenn sie Sein Tun nicht immer verstehen. Jedoch kann der Feind auch bei uns Gläubigen viel Schaden anrichten, wenn wir nicht in der Gemeinschaft mit dem Herrn bleiben. Hiob ist über seine Freunde zutiefst enttäuscht. Er begehrt, sich vor Gott zu rechtfertigen. Wie sehr hatten sie Hiob doch verwundet. Nichtige Ärzte, so nennt er sie, ja, sogar Lügenschmiede. Sie hatten ihm Böses unterstellt, in anmaßender Weise ihn verurteilt. – Wie wichtig ist es, wenn man anderen dienen will, sich selbst zunächst im Lichte Gottes zu prüfen. David, der Mann nach dem Herzen Gottes, betet in Psalm 139: „Erforsche mich Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne meine Gedanken! Und sieh, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist.“ Lasst uns von ihm lernen! -
Hiob ist, wie er sagt, gerüstet, um sich Gott gegenüber zu verteidigen. Wie blind kann ein Mensch werden, selbst ein Gotteskind, wenn es durch Satan verführt wird. Wenn Hiob aufrichtig zu Gott gerufen hätte, ihm seine Verfehlung zu zeigen – die in seiner eigenen Gerechtigkeit bestand – Gott hätte es sicher getan. Es war nicht ernst gemeint, dass er zu Gott sagt „Wie viele Missetaten und Sünden habe ich? lass mich meine Übertretung und Sünde wissen!“ Denn dahinter kommt gleich das „Warum“. Verbarg Gott sich wirklich vor ihm? Hielt Er Hiob für Seinen Feind? Welch törichte und ungereimte Gedanken hatte Hiob über Gott!
Wir lernen daraus, wozu auch wir fähig sein können. Wir wollen uns hüten, dem Feinde Raum für böse Gedanken zu geben. Wir wollen aber auch unsere Geschwister, die in schweren Prüfungen sind, nicht reizen durch unüberlegte Worte oder gar Verdächtigungen. Der Herr kennt die Schwergeprüften, die Leidenden, die Alten und Einsamen. Er kennt jedes Herz. Wie gut, dass Er jeden versteht und Mitleid hat! Er weiß um die Last, die jeder einzelne trägt, und Tag für Tag trägt Er sie mit. Welch einen treuen Herrn haben wir doch!
Der die Trauer und die Tränen und die müden Herzen kennt,
die sich liebend an Ihn lehnen, auch bei ihrem Namen nennt.
Der zu trösten weiß die Armen, denen Mut und Kraft gebricht,
und in Güte und Erbarmen freundlich saget: Sorge nicht!
Der auch weiß um alle Dinge, weiß, was jetzt dein Herz beschwert.
Dem ein Vöglein nicht geringe, Wie viel mehr bist du Ihm wert!
Der in Leiden mit dir leidet und im Kampfe Siege gibt,
was Sein treues Herz bereitet, einzig zeigt, wie Er dich liebt.
Dessen Name alle Namen übertrifft mit seinem Klang,
möge nie in mir erlahmen, Jesus, Dir mein Lobgesang!
Hiob 14
Ja, kurz an Tagen ist unser Leben. Manche erreichen zwar ein hohes Alter, redet man aber mit ihnen, so stellt man immer wieder fest, dass sie nicht begreifen können, wie schnell die Jahre vergangen sind. Was sind achtzig oder gar neunzig Jahre im Vergleich zur Ewigkeit? Die Zeit eilt dahin. Selig, wer sich geborgen weiß in den ewigen Armen des großen Gottes und Vaters! Bist du in Sicherheit, lieber Leser? Wenn nicht, kapituliere heute vor dem Gekreuzigten. Er will dich in ewige Sicherheit bringen. Dann hast du ein Ziel: die Herrlichkeit Gottes!
Unser Leben ist mit Unruhe gesättigt. Könnte es treffender ausgedrückt werden? Wie genau Gottes Wort ist! Überall ist Unruhe, innen und außen. Der Mensch kommt einfach nicht zur Ruhe. Satan hält ihn in Trab. Immer etwas Neues, schnell noch dieses, dann noch jenes – keine Zeit! Doch der Liederdichter zeigt uns einen Ruhort:
Es ist eine Ruh' gefunden, für alle fern und nah,
in des Gotteslammes Wunden, am Kreuze auf Golgatha!
Wenn man aufgrund des Opfers am Kreuz die Ruhe des Gewissens gefunden hat, darf man auch die Ruhe der Seele kennen lernen, wie sie uns in Matthäus 11,29 gezeigt wird. Sie ist gegründet auf den Gehorsam gegen Ihn und Sein Wort. Wie wunderbar ist diese Ruhe, die Ergebenheit in Gottes Willen, inmitten einer mit Unruhe gesättigten Menschheit; und doch, wie ist alles so kurz, so schnell vorüber! Der Mensch ist wie eine Blume. Sie sprießt hervor und – verwelkt. Manche waren noch nicht aufgeblüht und mussten schon sterben. Der Mensch gleicht dem stets wandernden Schatten. Sobald die Sonne verschwindet, ist auch der Schatten fort. Kann man begreifen, dass Gott sich über solch kleine Geschöpfe erbarmt? dass Er Seine Augen auf sie gerichtet hat, um sie zu retten? Von Natur sind wir alle „Unreine“ (Hiob 15,14; Röm 3,22). „Siehe, in Ungerechtigkeit bin ich geboren, und in Sünde hat mich empfangen meine Mutter“ (Ps 51,5). Aber „das Blut Jesu Christi, seines Sohnes (des Sohnes Gottes), reinigt uns von aller Sünde“ (1. Joh 1,7). Ihm sei Lob und Dank dafür! -
Hiob weiß schon, dass die Zahl der Tage und Monate des einzelnen Menschen von Gott bestimmt sind. Deshalb kann niemand sein Leben verlängern. „In deiner Hand sind meine Zeiten“ (Ps 31,15). Ist das nicht ein Trost für uns? Manche alte Mutter fragt sich: „Warum bin ich eigentlich noch hier, ich bin so alt und gebrechlich? Junge Brüder und Schwestern werden oft abgerufen, und ich muss noch hier bleiben.“ Der Herr weiß es! So lange Er uns hier läßt, hat Er einen Auftrag für uns. Beten können auch eine alte Mutter oder ein betagter Vater, wenn der Geist noch klar ist.
Wie schade, dass Hiob in dumpfer Verzweiflung die Dinge wie ein ungläubiger Mensch sieht! Der Unglaube will nicht an die Auferstehung denken, will sie nicht wahrhaben. Hiob wusste noch nichts von der lebendigen Hoffnung, die nach der Auferstehung das Teil aller Erlösten ist. Trotzdem scheint ein Lichtstrahl für einen Moment seine Seele erhellt zu haben, als er ausruft: „Wenn ein Mann stirbt, wird er wieder leben?“ (Vers 14). „Ich bin die Auferstehung und das Leben; wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er gestorben ist; und jeder, der da lebt und an mich glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit“ (Joh 11,25).
Gotteskinder haben ewiges Leben und wissen, dass sie bald in der Herrlichkeit sein werden. „Wo ist, o Tod, dein Stachel? Wo ist, o Tod, dein Sieg?“
Lasst uns nicht wie Hiob nach unten, sondern nach oben blicken! Dann sind wir glückliche Leute. Sobald wir uns aber in den Umständen verlieren oder gar auf uns selbst blicken, werden wir unglücklich. Das gerade möchte der Feind, weil er dann sein zersetzendes Werk in uns tun kann. Bei allem, was Hiob tat, waren die Augen Gottes auf Seinen Knecht gerichtet. Sein Bemühen war es, ihn zu läutern und ihm vermehrten Segen zu schenken. Auch auf uns ruht Sein liebender Blick, trotz unserer Fehler und mancherlei Untreue. Auch dich und mich möchte Er brauchbarer für Sich machen. Wie viel Mühe und Arbeit machen wir Ihm! Aber Er wird nicht müde, sich mit uns zu beschäftigen. Ihm sei Dank dafür!
Kennst du den Felsen,
auf Golgatha für dich geschlagen?
Der einst Sein irdisches Volk
durch die Wüste getragen?
Sollte Er je,
in allem Kummer und Weh,
dir Seine Hilfe versagen?
Auf diesen Felsen, o Seele,
kannst ständig du bauen.
Wirf nur auf Ihn alle Sorgen,
und lass dir nicht grauen.
Jesus allein
will auch dein Bergungsort sein.
Schenk Ihm dein ganzes Vertrauen!