Ährenlese im Alten Testament (Prediger)
Kapitel 7-12
Prediger 7,1-14
Der Prediger hat die Welt erforscht. Was hat er überall gesehen? Eitelkeit, Leiden, Verwirrung und Torheit. Nun stellt sich für den Weisen eine Frage: Wie soll er sich verhalten inmitten dieses Zustands der Dinge, an dem er nichts ändern kann? In Form von Kernsprüchen, die uns an das Buch der Sprüche erinnern, gibt uns der Prediger jetzt Ratschläge der Weisheit und der Vorsicht.
Lasst uns das Haus der Trauer nicht meiden (Verse 2-4). Es wird uns an unsere Vergänglichkeit erinnern und uns zu ernstem Nachdenken veranlassen. Den Schmerz anderer zu sehen, wird unser Herz mitfühlender machen und uns vielleicht Worte der Teilnahme eingeben, die geeignet sind, die Gedanken der Trauernden auf den Herrn hinzulenken. Dann folgen andere Ermahnungen: „Sei nicht vorschnell in deinem Geiste zum Unwillen.“ Der Zorn ist oft das Kind der Hast und begleitet die Torheit (Vers 9).
„Sprich nicht: Wie ist es, dass die früheren Tage besser waren als diese?“ (Vers 10; Richter 6,13). Wir müssen nicht meinen, es sei heute schwieriger, dem Herrn nachzufolgen als zur Zeit unserer Eltern und Großeltern. Die gleichen Hilfsquellen, die sie in seinem Wort und in seiner Gemeinschaft gefunden haben, stehen auch uns zur Verfügung, um uns in einer Welt zu leiten, die sich sittlich nicht verändert hat.
Prediger 7,15-29
Was bedeutet die Ermahnung im 16. Vers? Laufen wir Gefahr, in unserem Wandel zu sorgfältig zu sein? Gewiss nicht! Wir werden nie ein zu feines Gewissen haben. Aber es besteht eine Gefahr, in welche die Neubekehrten oft fallen. Sie sind in ihrer Haltung oder ihren Worten übertrieben; sie gehen weiter als das Maß ihres Glaubens. Gleichzeitig sind sie geneigt andere Christen streng zu beurteilen, ganz einfach, weil sie sich selbst noch nicht kennen (Römer 12,3).
Der 21. Vers stellt uns die andere Seite vor: man ist selbst Gegenstand der Kritik anderer. Wenn wir die Zustimmung des Herrn haben, müssen wir sie nicht zu Herzen nehmen. „ Der Gottesfürchtige entgeht dem allem“ (Vers 18); er weiß den gefährlichsten Umständen die Stirn zu bieten. Unter diesen Fallstricken führt der 26. Vers „die Frau, welche Netzen gleicht... und deren Hände Fesseln sind“, an. Wer Gott wohlgefällt (d. h. wer Ihn fürchtet und Ihm gehorcht) kann damit rechnen, dass er bewahrt werden und entrinnen wird, „aber der Sünder wird durch sie gefangen werden“. Zwei gegensätzliche Geschichten illustrieren diese Warnung: diejenige Josephs (1. Mose 39,7ff.) und die tragische Geschichte Simsons, der von Delila umgarnt wurde (Richter 16,4ff.). Junge Christen, lasst uns gut über diese zwei Beispiele nachdenken!
Prediger 8,1-17
„Für jede Sache gibt es eine Zeit und eine richterliche Entscheidung“ (Vers 6). Wenn ein Kandidat eine Prüfung ablegt, sind zwei Tage wichtig: der Tag der Prüfungen und der, an dem er das Ergebnis erfährt. Die „Zeit“, die Gott jedem auf der Erde gewährt, entspricht dem ersten dieser Tage, aber der des Urteils wird unweigerlich folgen. In seiner Unkenntnis nützt der Sünder die Tatsache aus, dass „das Urteil über böse Taten nicht schnell vollzogen wird“, (wegen der Langmut Gottes), und tut viel Böses (Vers 11) und verursacht viel Unglück (Vers 6). „Der Mensch weiß seine Zeit nicht“ (Kapitel 9,12; Jeremia 8,6.7), noch „was werden wird“ (Vers 7), während der Weise, durch Gott belehrt, alle Dinge beurteilt (Vers 1; 1. Korinther 2,15.16). Es geht ihm wie Paulus; der Gedanke an den Richterstuhl Christi bewirkt Furcht in ihm. Indem er sich des Ernsts der gegenwärtigen Zeit und des nachfolgenden richterlichen Urteils bewusst ist (Vers 5), befleißigt er sich eifrig, dem Herrn wohlgefällig zu sein (2. Korinther 5,9-11). Der Prediger hat keine Offenbarung über die Zukunft wie wir. Nichtsdestoweniger kennt er die Wichtigkeit dieser Furcht Gottes und bestätigt, „dass es denen, die Gott fürchten, wohlgehen wird“. Sie haben vielleicht Verfolgung zu gewärtigen, aber niemand hat die Macht, ihren Geist gefangen zu nehmen (Verse 8,9 Fußnote). Nichts wird sie von der Liebe Christi zu scheiden vermögen (Römer 8,35).
Prediger 9,1-18
„Alles ist gleicherweise für alle“, erklärt der 2. Vers. Gott erlaubt im Leben eines jeden eine Folge von Ereignissen - die wir, je nach Fall, glücklich oder unglücklich nennen -, um zu sehen, ob das eine oder andere unter ihnen bewirke, dass sich das Herz seines Geschöpfes zu Ihm wende. Übrigens hat der Herr nie versprochen, dem Gläubigen würden nach seiner Bekehrung die Prüfungen erspart bleiben. Aber die verschiedenen Umstände des Lebens, ob sie nun unsere Gesundheit, unsere Arbeit oder unsere Familie beeinflussen, sind Gelegenheiten, um zu zeigen, inwiefern der christliche Glaube unsere Haltung in den Prüfungen bestimmt. Nach einem Misserfolg in einem Examen, zum Beispiel, wo der junge Unbekehrte von Pech oder Ungerechtigkeit reden wird, wird das Kind Gottes die sichere und weise Hand seines himmlischen Vaters erkennen. „Den Schnellen gehört nicht der Lauf, und nicht den Helden der Krieg“ (Vers 11; vergleiche Römer 9,16). Es ist der Mensch Gottes, der sie gewinnt. 2. Timotheus 4,7 stellt uns einen armen, alten Gefangenen vor, der seinen Lauf vollendet und den guten Kampf gekämpft hat.
Das Gleichnis des armen weisen Mannes (Verse 13-15) lenkt unsere Blicke auf den Herrn Jesus hin. Er hat uns von unserem mächtigen Feind befreit (vergleiche Hebräer 2,14.15). So lasst uns nun nicht undankbar oder vergesslich sein, wie die Bewohner der kleinen Stadt, sondern lasst uns auf seine Worte achten (Verse 15, 16; 1 . Korinther 11, 24).
Prediger 10,1-20
Lasst uns gut Acht geben auf die Warnungstafel des 8. Verses: „Wer eine Mauer einreißt, den kann eine Schlange beißen.“ Gott hat um einen jeden von uns Schutzschranken aufgerichtet (für die Kinder z. B. die Autorität ihrer Eltern oder Erzieher). Er weiß, was auf der andern Seite des Zaunes liegt. Wir stellen uns manchmal vor, dass das Freuden sind, die Er uns vorenthält. Aber nein! Was Er uns ersparen möchte, sind gefährliche Bisse. Die Schlange liegt auf der Lauer, und es braucht keine große öffnung, damit sie sich einschleichen kann. Ein wenig Sünde, „ein wenig Torheit“ (Vers 1) genügt, um das Zeugnis des Kindes Gottes zu gefährden (vergleiche 1. Korinther 5,6) und den Wohlgeruch Christi durch den schlechten Geruch des Verderbens zu ersetzen (Galater 6,8).
Das Fehlen von Vernunft bei denen, die regieren, ist besonders verabscheuungswürdig (Verse 5ff.). Es hat Folgen für alle, die ihnen unterworfen sind, sei es, dass sie darunter zu leiden haben oder dass sie dem schlechten Beispiel folgen (z. B.: 2. Könige 21,9.16). Aber das ist kein Grund, um Schlechtes von der Regierung zu sagen oder selbst nur zu denken (Vers 20). Im Gegenteil, unsere Aufgabe als Christen ist es, für sie zu beten (1. Timotheus 2,1.2).
Der 12. Vers erinnert uns an Christus, den wahren Weisen. „Und alle... verwunderten sich über die Worte der Gnade, die aus seinem Mund hervorgingen“ (Lukas 4,22).
Prediger 11,1-10
Man sollte meinen, dass „die Fläche des Wassers“ der am wenigsten geeignete Ort wäre, um Brot hinzuwerfen (Vers 1). Aber dieses Brot ist das Wort des Lebens und die Wasser reden zu uns von der Welt in ihrem Zustand des Aufruhrs und der Unruhe. Und da ist es, wo der Herr uns berufen hat das Evangelium freimütig zu verbreiten (Vers 2), ohne auf die Schwierigkeiten zu achten (Vers 4), ohne Fragen zu stellen (Vers 5; Johannes 3,8) und ohne in unseren Anstrengungen zu ermüden (Vers 6). Und wenn wir hernach geneigt sind, uns irgendwelchen Verdienst zuzuschreiben, dann lasst uns daran denken, dass alles das Werk Gottes ist (Vers 5 Schluss). Der 3. Vers erinnert uns an die Gnade, den Kern des Evangeliums (Jesaja 55,10.11). Doch die Ankündigung des Gerichts ist ebenfalls ein Teil davon. „Freue dich, Jüngling, in deiner Jugend.... und wandle in den Wegen deines Herzens... „. Das ist die Philosophie vieler junger Leute, die sorglos dahinleben. Aber der Schluss des Satzes sollte sie zum Nachdenken bringen: ...doch wisse, dass um dies alles Gott dich ins Gericht bringen wird“ (Vers 9). Ja, Gott wird Rechenschaft von dir verlangen über jeden Genuss: Für wen und für was hast du gelebt? Nicht alles beschränkt sich auf diese Erde. Es gibt einen Gott, und dieser Gott ist Richter. Freund, der du noch nicht bekehrt bist, möchte diese Warnung dich zum 1. Vers des 12. Kapitels führen.
Prediger 12,1-14
„Gedenke deines Schöpfers in den Tagen deiner Jugendzeit“ (Vers 1). Das ist die günstige Zeit, um sich zum Herrn zu wenden und alle seine Fähigkeiten in seinen Dienst zu stellen. Denn mit dem Alter nehmen die Kräfte ab und das Herz neigt dazu, sich zu verhärten. Das Alter und der Tod werden in den Versen 2-7 mit Sinnbildern beschrieben. Dann kommt die tragische Schlussfolgerung des Buches, die sich mit seiner Einführung deckt (Vers 8; vergleiche Kapitel 1, 2). Wie dankbar können wir dem Herrn sein, dass dieses Buch des Predigers nur eine Seite der Wahrheit zeigt! Der Offenbarung Gottes als Richter (Vers 14) schließt sich heute die des Heiland-Gottes an. Deshalb darf dieser Teil der Schrift, noch weniger als irgendein anderer, aus dem Zusammenhang des göttlichen Wortes herausgenommen werden, Die verschiedenen „gesammelten“ Bücher der Bibel wurden alle von einem einzigen Hirten gegeben, alle durch den gleichen Geist inspiriert (Vers 11). Wir wollen diese Worte alle zusammen wie „Treibstacheln“ oder „eingeschlagene Nägel“ in unser Gewissen eindringen lassen, um es für das Heil empfänglich zu machen. Im Gegensatz zu den Büchern der Menschen wird uns das Wort Gottes nie überdrüssig, wenn wir es mit Gebet studieren (Vers 12). Es wird uns darüber belehren, was „der ganze Mensch“ ist: Gott fürchten und seine Gebote halten. Alles andere ist nur Eitelkeit.