Ährenlese im Alten Testament (Sprüche)
Kapitel 22,17- Kap. 31
Sprüche 23,1-14
Die Verse 1-6 warnen uns vor Gelüsten. Es ist ebenso gefährlich die Leckerbissen der Großen dieser Weit zu begehren (Vers 3), wie die der Scheelsehenden (Vers 6; Psalm 141,4). Man ist hernach an die gebunden, deren Gunst man suchte. Ihr Brot ist eine trügliche Speise. Der Gewinn, den man im Augenblick daraus zieht, wird später die Quelle vieler Schwierigkeiten. Wenn man irdischen Gütern nachjagt, sind die Sorgen unvermeidlich. Die Vorsorge, wie die Menschen sie verstehen, treibt sie zu aufreibender Tätigkeit an, um sie zu erlangen. Sie bilden sich ein, dadurch ihre und ihrer Kinder Zukunft zu sichern. Aber das ist eine falsche Rechnung! Diese Reichtümer sind vergänglich; „... sicherlich schaffen sie sich Flügel“ (Vers 5; vergleiche Jakobus 5,2); deshalb schärft die Weisheit ihrem Jünger ein, von seiner eigenen Klugheit abzulassen (Vers 4). Die wahre Klugheit besteht nicht darin, Reichtümer zu erwerben, sondern die unseres Meisters für andere zu gebrauchen (Lukas 16,8).
Der 13. Vers erinnert uns an die Nachlässigkeit Davids in der Erziehung seiner Kinder (siehe 1. Könige 1,6). Eine Körperstrafe hat nicht den Tod zur Folge. Im Gegenteil, wenn man sie nie zu Hilfe nimmt, kann das Ergebnis verhängnisvoll sein (2. Samuel 18,33). Unsere Seele vom Scheol erretten: da geht es wahrlich um einen Einsatz auf Leben und Tod! Ja, möge unser Herz auf diese Unterweisung achten (Vers 12; vergleiche Kapitel 22,15).
Sprüche 23,15-35
Muss ein Kind, das erwachsen geworden ist, noch auf die Ratschläge seiner Eltern achten? Gewiss, wenn wir den 22. Vers lesen. Das gehört zur Ehre, die ihnen zusteht, und woran das Alter oder die Reife nichts ändert. Es ist eine Freude für christliche Eltern bei ihren erwachsenen Kindern die Frucht ihrer Erziehung zu sehen (Verse 15,16,24: und welche Bedeutung bekommt der 24. Vers, wenn wir ihn auf die Freude anwenden, die der Vater in seinem vielgeliebten Sohn, dem Gerechten und Weisen im wahrsten Sinn des Wortes, gefunden hat: Matthäus 3,17). Aber vor allen andern, selbst vor unseren Eltern, ist es der Herr, der Anrechte auf uns hat. „Gib mir, mein Sohn, dein Herz“, sagt Er zu jedem (Vers 26). Ich verlange nicht zuerst einen gewissen Teil deiner Güter oder deiner Zeit, sondern deine Zuneigungen. Das Übrige wird folgen. Wenn du mir dein ganzes Herz gibst - sagt der Herr Jesus - gibst du mir nur das zurück, was mir gehört, denn es ist mein Lohn, den ich mir auf Golgatha so teuer erworben habe.
Das Ende des Kapitels beschreibt die tragische Ahnungslosigkeit dessen, den der Alkohol dumm gemacht hat. Er wurde durch den Wein überwältigt (Jesaja 28,1), ist unfähig, den fleischlichen Versuchungen zu widerstehen (Vers 33) und richtet sich selbst auf jede Weise zugrunde (Vers 21).
Lieber Freund, was machst du mit deinem Herzen?
Sprüche 24,1-22
Menschen, die Böses tun, können uns Christen entweder ein Anstoß zum Neid (Vers 1) oder zum Zorn (Vers 19; Psalm 37,1) sein. Aber solche Gefühle beweisen nur unseren schlechten geistlichen Zustand. Möchte der Anblick dieser armen Sünder vielmehr Mitleid in uns hervorbringen und den Eifer, sie in Übereinstimmung mit dem Evangelium zu warnen und vom Tod zu erretten! (Hesekiel 3,18; Apostelgeschichte 20,26). Berufen wir uns nicht auf Unwissenheit, um uns für das Nichtstun zu entschuldigen. „Er, der die Herzen wägt“ (Vers 12; vergleiche Kapitel 21,2), kennt unsere wahren Beweggründe: Mangel an Liebe, Furcht vor Spott, Schwachheit unserer eigenen Oberzeugung.
Aber warum haben die Bösen oft ein leichtes Leben, während die Gläubigen manchmal so schwer geprüft werden? Der Schlüssel dieses Rätsels ist uns mit einem Wort gegeben: die Zukunft. „Für den Bösen wird keine Zukunft sein“ (Vers 20), sein Ende ist das ewige Verderben, dem er unaufhaltsam entgegengeht (vergleiche Psalm 73,17). Er strauchelt, um ins Unglück zu stürzen (Vers 16). Dagegen „gibt es eine Zukunft“ (Vers 14) für den, der die Weisheit gefunden hat, diese göttliche Weisheit, die eine Person ist: Christus selbst (Kapitel 8,22ff.). Und die Hoffnung des Gläubigen wird nicht vernichtet werden, denn der Gegenstand seiner Erwartung ist die gleiche Person: der Herr Jesus, der bald kommt.
Sprüche 24,23-34
Dieser kurze Abschnitt beschließt den Teil der Sprüche, der „die Worte der Weisen“ genannt wird (Kapitel 22,17).
Wenn die Menschen versuchen, sich ihresgleichen entgegenkommend zu zeigen, geschieht es oft auf Kosten der Gerechtigkeit und der Wahrheit. Der Mensch Gottes muss in dieser Beziehung untadelig sein (Verse 23-25).
Der 27. Vers erinnert den jungen Gläubigen daran, dass er sich zuerst um das Einkommen bemühen und eine Arbeit haben muss, um für die Bedürfnisse der Seinigen aufzukommen, bevor er daran denkt, einen Hausstand zu gründen. „Hernach magst du dann dein Haus bauen.“ Aber ein Neuling riskiert ein Unglück, wenn er sich allein ans Bauen wagt. Der 3. Vers zeigt uns für diesen Fall einen Architekten, dem wir volles Vertrauen schenken können: es ist die Weisheit, d. h. der Herr (vergleiche Psalm 127,1). Im Leben des treuen Christen besteht Gleichgewicht. Den Herrn handeln zu lassen, hindert ihn nicht daran, tätig und fleißig zu sein, denn er hat Gelegenheit gehabt zu beobachten, zu welchem Verlust die Faulheit in allen Bereichen führt (Verse 30-34). Lieber Freund, um einen geistlichen Mangel in deinem zukünftigen Heim zu vermeiden, fordert der 4. Vers dich auf, die Kammern deines Gedächtnisses im voraus durch Erkenntnis zu füllen. Und Gott wird deinem Herzen jedes kostbare und liebliche Gut geben, das du im Wort finden wirst (Matthäus 13,52).
Sprüche 25,1-15
Hier beginnt der dritte Teil des Buches. Die Diener Hiskias, dieses Königs, der tat, was gut und recht und wahr ist... indem er von ganzem Herzen nach dem Gesetz und dem Gebot handelte (2. Chronika 31,20.21), haben das vorangestellt, was die Könige betrifft: ihre Ehre (Vers 2: die nicht die gleiche ist wie in 2. Chronika 32,27), ihr Herz (Vers 3), ihren Thron (Vers 5), das, was sich in ihrer Gegenwart geziemt (Vers 6). Die meisten dieser Sprüche erinnern an poetische Vergleiche, die uns helfen, sie zu verstehen und im Gedächtnis zu behalten. Die Verse 8-10 fordern uns auf, unserem Nächsten gegenüber mit Vorsicht und Bedacht zu handeln, aus Furcht hernach beschämt zu werden. Die Verse 11-15 befassen sich mit den Worten. Ein Wort, geredet zur rechten Zeit, ist eine Frucht der göttlichen Gerechtigkeit (Gold), aber immer mit der Gnade verbunden (Silber). Selbst wenn es sich um einen Tadel handelt, wird er wertvoll sein für das Ohr, das auf ihn zu hören versteht (Vers 12).
Der 13. Vers ruft uns in Erinnerung, was wir sein müssen: treue Boten. Denken wir genug daran, die uns von Gott anvertraute Botschaft treu auszurichten, und zwar nicht nur als eine Erfrischung für die, die sie empfangen, sondern zur Befriedigung für das Herz Dessen, der uns schickt?
Sprüche 25,16-28
Honig ist gut, aber wenn wir ihn zu unserer einzigen Nahrung machen wollten, würde er uns bald nicht mehr schmecken. So ist es mit den natürlichen Zuneigungen: die Freundschaft, die Familienfreuden usw. sind angenehm und wohltuend, aber sie dürfen nicht einen zu großen Platz einnehmen, sonst führen sie zu Selbstsucht und Überdruss (Verse 16,27).
Das Evangelium ist die gute Nachricht im wahrsten Sinn des Wortes, lebendiges Wasser für dürstende Seelen (vergleiche Vers 25). Und jeder Gläubige ist wie ein Kanal, durch den dieses frische Wasser der Gnade fließen kann, um andere damit zu tränken (Johannes 7,38). Aber Achtung! Ein wenig Schmutz in einem Brunnen genügt, sein Wasser ungenießbar zu machen. Ein Mangel an Standhaftigkeit gegenüber dem Bösen, ein Augenblick des Nachlassens, und schon ist die Quelle getrübt und verdorben, wie wenn man mit einem Stecken den Grund eines klaren Baches aufwühlt (Vers 26).
Wenn man seinen Geist nicht beherrscht, liefert man ihn, wie eine Stadt ohne Mauern, allen feindlichen Angriffen wehrlos aus (Vers 28). Ungeduld, Rachegefühle, Neid, Hochmut, Zweifel, Begierden ... das ganze Heer schlechter Gedanken wird sich bald darin einfinden. 1. Petrus 1,13 fordert uns deshalb auf, die Lenden unserer Gesinnung zu umgürten und nüchtern zu sein, mit andern Worten: unsere Phantasie im Zaum zu halten.
Sprüche 26,1-12
Nicht Ehre, sondern Schläge sind es, die für den Toren passend sind, um ihn auf den Weg der Weisheit zu bringen (Verse 1-8). Im allgemeinen bewirken die Züchtigung des Herrn und der Tadel des Gerechten mehr Fortschritte bei uns, als Glückwünsche und Ehrenbezeugungen. Aber seien wir nicht ohne Verstand, wie diese Haustiere, die nur mit Peitsche und Zaum zum Gehorchen bewegt werden können, sonst „nahen sie dir nicht“ (Vers 3; Psalm 32,9). Wie viel besser ist es doch, die Weisheit so zu erlangen, dass wir uns durch das Wort belehren lassen, statt mühsame Erfahrungen machen zu müssen.
Das Beispiel des Propheten Micha vor Ahab zeigt uns, dass die Verse 4 und 5 sich nicht widersprechen (1. Könige 22,13-28). Indem er dem törichten König gemäss seiner Torheit antwortete (Vers 15), erreichte Micha sein Gewissen, so dass sich dieser unbehaglich fühlte. Als er ihm nachher gemäss den Gedanken Gottes antwortete und nicht mehr nach seiner Torheit, zeigte der Mann Gottes klar, dass er sich in keiner Weise mit ihr verband (Vers 17).
Ein hinkender Wandel, ob es sich um den Gerechten (Kapitel 25,26) oder um den Toren (Kapitel 26,7.9) handelt, nimmt dem mündlichen Zeugnis die ganze Kraft. Ja, wachen wir darüber, dass unser Wandel die Aufnahme des Evangeliums des Friedens vorbereite (Epheser 6,15).
Sprüche 26,13-28
Nach der Schilderung des Toren (Verse 1-12), finden wir hier andere Personen beschrieben, die ebenso zu verabscheuen sind. Der erste ist der Faule (Verse 13-16), dem wir schon oft begegnet sind. Er nimmt vermeintliche Gefahren oder Schwierigkeiten als Vorwand, um sich vor seinen Aufgaben zu drücken (Vers 13) und versäumt es sogar, sich zu nähren (Vers 15). „Die Tür dreht sich in ihrer Angel“ (Vers 14), sie führt eine Hin-und-Her-Bewegung aus, bleibt aber am selben Platz. Fragen wir uns, ob wir weiter gekommen sind als sie, ob wir in unserem christlichen Leben Fortschritte gemacht haben! Der Faule dreht sich auf seinem Bett. Man kann sich rühren, sich bewegen, ohne wirksam tätig zu sein.
Auch der Streitsüchtige wird uns beschrieben (Verse 17-21). Er ist geschickt, das Feuer des Streits anzufachen. Aber der 17. Vers hat viele Anwendungen. Durch die Teilnahme an sozialen, gewerkschaftlichen und politischen Konflikten, setzt sich ein Kind Gottes grausamen „Bisswunden“ aus.
Dann kommt der „Ohrenbläser“, der auch dazu beiträgt, Streit zu schüren (Verse 20,22), dann der Betrüger, der den Hass seines Herzens hinter liebenswürdigen Worten versteckt (Verse 23-25; siehe 2. Samuel 20,9.10; Jeremia 12,6). Der Herr Jesus hat mit den verschiedenen Formen der Bosheit und Heuchelei, wie sie in diesen Versen beschrieben werden, zu tun gehabt (Matthäus 17,17; Psalm 38,12). Wie viel hat Er darunter gelitten!
Sprüche 27,1-13
Sich des morgenden Tages zu rühmen (Vers 1), heißt darüber verfügen, wie wenn er uns gehörte: feste Pläne machen, Verpflichtungen auf bestimmte Zeit eingehen, für andere Bürgschaft leisten (Vers 13). Lesen wir, was Jakobus darüber sagt (Kapitel 4,13-16). Anderseits richtet sich dieser 1. Vers ganz besonders an solche, die die Frage ihres Heils auf später verschieben. 2. Korinther 6,2 wiederholt mit Nachdruck: „Siehe, jetzt ist der Tag des Heils.“
Wie wohltuend ist es, sich auf einen Freund verlassen zu können. Seine liebevollen Ratschläge kommen aus seinem Herzen und erfreuen das unsrige (Vers 9). Aber der wahre Freund ist nicht der, der uns immer liebenswürdige Worte sagt. Im Gegenteil, er wird es auf sich nehmen, einen Tadel an uns zu richten, selbst wenn dadurch unser Hochmut verletzt werden sollte (Verse 5,6). So ist der Herr Jesus, der treue Freund. Er liebt uns zu sehr, um uns zu schonen. Die Chirurgen sind oft gezwungen, große Wunden zu verursachen, um die inneren Organe zu erreichen und das Übel herauszuschneiden. So ist es auch in geistlichem Sinn. „Wundstriemen scheuern das Böse weg, und Schläge scheuern die Kammern des Leibes“ (Kapitel 20,30). Ja, nehmen wir diese notwendigen Wunden ohne Murren an, indem wir darin die liebevolle und sichere Hand unseres besten Freundes erkennen.
Sprüche 27,14-27
Diese Verse behandeln vor allem das häusliche Leben und die Freundschaft. Seien wir vorsichtig in der Wahl eines Freundes. Vergewissern wir uns, dass er unseren Glauben teilt, dass wir die Freiheit haben werden, mit ihm zusammen niederzuknien, dass er fähig sein wird, „unser Angesicht zu schärfen“ (Vers 17). Aber die Freundschaft ist nicht einseitig. Und wenn wir uns über Mangel an Liebe bei den andern beklagen, ist es immer ein Beweis, dass wir selbst wenig davon offenbaren. Denn Liebe antwortet auf Liebe (Vers 19).
Der 20. Vers erinnert uns an die Eigenschaft der Augen: sie sind unersättlich (1. Johannes 2,16) - und der 22. Vers zeigt uns, dass die Narrheit unzertrennlich mit der menschlichen Natur verbunden ist (siehe auch Kapitel 22,15; Prediger 9,3; Römer 3,11). Sie kann durch nichts dauernd verbannt werden. Eine zu pessimistische Feststellung? Leider nicht! Der Mensch ist dauernd im Zustand der Empörung gegen seinen Schöpfer, er weist die angebotene Gnade zurück, er hört nicht auf, den ewigen Interessen Gottes entgegenzuhandeln... und das sollten wir nicht Torheit nennen? Wie kann man denn weise werden? Indem man durch Christus das göttliche Leben annimmt.
Die Verse 23-27 sprechen von menschlicher Vorsorge, von irdischen Gütern und einer vergänglichen Krone. Christen, lasst auch uns vorsorglich sein, aber um uns bleibende Güter (Kapitel 8,18; Lukas 12,33) und eine unvergängliche Krone zu sichern (1. Korinther 9,25).
Sprüche 28,1-14
Der 1. Vers erinnert an die als Strafe über das schuldige Israel angekündigten Schrecken (3. Mose 26,36-38). Das Benehmen eines Menschen hängt gewöhnlich vom Zustand seines Gewissens ab (Vers 1). Wenn es schlecht ist, wird er immer unruhig sein und überall Gefahren sehen. Ist es dagegen gut, wird er vor Gott und Menschen zuversichtlich sein (1. Johannes 3,21; 1. Mose 3,8). Der 13. Vers ist von größter Wichtigkeit. Er zeigt dem Sünder den Weg der Busse und der Vergebung. Er erklärt auch, warum manche Christen keine Fortschritte machen. Um die Gemeinschaft mit Gott wiederzufinden, ist es unerlässlich, seine Fehltritte zu bekennen. Aber dann muss man sie mit der Hilfe des Herrn auch lassen. Sonst war das Bekenntnis nicht aufrichtig und kommt einem Verspotten Gottes gleich. Eigentlich hängen viel mehr Dinge als wir denken von unserem moralischen Zustand ab. Die wahre Einsicht ist zum Beispiel das Teil derer, die den Herrn suchen. Sie verstehen alles (Vers 5). Dagegen gibt es Leute, die unaufhörlich die gleichen Fragen stellen, im Grunde genommen, weil die Person Christi wenig Wert für sie hat. Der 9. Vers zeigt uns, dass der Gehorsam gegenüber Gott und die Erhörung der Gebete ebenfalls miteinander verbunden sind (vergleiche Johannes 15,7).
Sprüche 28,15-28
Wenn man versucht, den breiten und leichten Weg unseres Eigenwillens und den engen Weg des Gehorsams gegenüber dem Herrn miteinander in Übereinstimmung zu bringen, geht man verkehrt und einem sicheren Fall entgegen (Vers 18). Das Ziel, das ein Mensch verfolgt, sei es um reich zu werden (Vers 20) oder einfach um einen Bissen Brot zu bekommen (Vers 21), ist für ihn der Anstoß (und die Entschuldigung!) für mancherlei Übertretung. „Der Zweck heiligt die Mittel“, hört man sagen! Welch ein Gegensatz zum vollkommenen Menschen! In der Wüste wies Er den Vorschlag des Versuchers ab, sich auf andere Weise Brot zu beschaffen, als es von seinem Vater zu empfangen.
Die Verse 22-27 zeigen uns, dass die Vorsorge der Menschen auf verschiedenen Gebieten zu Fehlberechnungen führt: Es scheint geschickter zu sein, seinem Nächsten zu schmeicheln als ihn zurechtzuweisen, wenn man seine Gunst gewinnen will. Aber später wird sich das Gegenteil ergeben (Vers 23). Bevor man andern gibt, gebietet einem der gesunde Menschenverstand, sich zu überzeugen, dass man selbst keinen Mangel haben werde. Manche gehen soweit zu sagen: „Jeder ist sich selbst der Nächste“! Aber die Verheißung des 27. Verses macht unser Wohlergehen von unserer Freigebigkeit abhängig. Gott übernimmt es, für die Bedürfnisse derer zu sorgen, die Ihm so einen Beweis ihrer Liebe und gleichzeitig ihres Vertrauens auf Ihn geben (Psalm 41,1-3).
Sprüche 29,1-14
In diesem Buch werden der Weise und der Tor, der Gerechte und der Gesetzlose, der Arme und der Reiche, der König und der Knecht, und noch viele andere Personen in ihren gegenseitigen Beziehungen und ihrer Verantwortung vor Gott betrachtet.
Die Verse 1 und 2 schließen sich dem 28. Kapitel an. „Ein Mann, der, oft zurechtgewiesen, den Nacken verhärtet, wird plötzlich zerschmettert werden...“. Wenn der Hochmut eines Mannes nicht gebrochen wird, dann wird er selbst, plötzlich und ohne Heilmittel, mit dem Gottlosen, dem Belialsmenschen, zerschmettert werden (Kapitel 6,15). Das war das Los Pharaos, Sauls, Absaloms... Aber es ist immer schwerwiegend, selbst für einen Gläubigen, die Züchtigung des Herrn zu verachten (Hebräer 12,5). „Ein Mann, der Weisheit liebt, erfreut seinen Vater“ (Vers 3). Wenn das schon in unseren Familien stimmt, so ist dieser Vers mit noch viel mehr Grund auf die Familie Gottes anzuwenden. Es ist die Freude des himmlischen Vaters, zu sehen, dass seine Kinder die Weisheit, die Jesus Christus ist, lieben (2. Johannes 4; 3. Johannes 4).
Mehrere Verse sprechen von der Gerechtigkeit. Sie wird besonders vom Herrscher oder König gefordert (Verse 4,12,14). Aber alle Gerechten (Vers 7; d. h. die durch das Werk Christi Gerechtfertigten) müssen voll Mitgefühl vom Recht des Armen Kenntnis nehmen.
Alle diese Belehrungen beziehen sich vor allem auf das Leben untereinander.
Sprüche 29,15-27
„Rute und Zucht geben Weisheit“. Die Rute kann sowohl im eigentlichen Sinn für die Kinder gebraucht werden, oder irgendwelche Form der Züchtigung des Herrn gegenüber den Seinen annehmen. Es gibt keine schlimmere Strafe, als wenn man sich selbst überlassen wird (Vers 15; Psalm 81,12).
Hast in den Worten (Vers 20), Zorn (Vers 22) und Hochmut (Vers 23) sind Ursprung vieler Übertretungen. Aber im Gegensatz zum ersten Adam richtet der 23. Vers unsere Blicke auf den Herrn Jesus. Sein Weg unvergleichlicher Erniedrigung hat höchste Ehre zur Folge (vergleiche Philipper 2,5-11).
Ein anderer Fallstrick wird durch die Menschenfurcht gelegt; sie kann nicht mit der Gottesfurcht zusammengehen (Vers 25). Wenn man den Menschen gefallen (oder ihnen nicht missfallen) will, dann hört man auf, dem Herrn zu gefallen. Wie viele sind durch schlechte Kameraden zum Bösen verleitet worden, weil sie es nicht gewagt hatten, ihnen gegenüber nein zu sagen! Wenn wir eine mutige Haltung einzunehmen haben und uns vor den Folgen fürchten, dann lasst uns auf Gott vertrauen: Er wird uns in Sicherheit setzen.
Der 27. Vers erinnert uns schließlich daran, dass es zwischen der Gerechtigkeit und der Ungerechtigkeit keine Gemeinschaft gibt (2. Korinther 6,14.15). Gott bewahre uns in seiner Gemeinschaft!
Sprüche 30,1-14
Bis hierher hat Gott durch Salomo, den Weisesten unter den Weisen, gesprochen. Aber, wie um zu zeigen, dass sein Buch nichts dem menschlichen Verstand zu verdanken hat, benützt Er jetzt Agur, einen Mann, der sich selbst als „unvernünftiger als irgend einer“ bezeichnet. - Nachdem Agur sich so vorgestellt (Vers 2) und seine tiefe Unkenntnis bekannt hat, beginnt er damit, grundlegende Fragen zu stellen: wer ist der Schöpfer, wer ist sein Sohn, wie erlangt man Zugang zum Himmel? Um darauf zu antworten, musste Gott sich offenbaren. Er musste selbst aus diesem Himmel herabsteigen, in den der Mensch nicht hinaufsteigen konnte, und seine herrlichen Ratschlüsse in seinem geläuterten Wort mitteilen (Vers 5; vergleiche die Fragen des 4. Verses mit Johannes 3,13; Epheser 4,10; Markus 4,41; Lukas 1,31.32).
Agur kennt seinen begrenzten Verstand, aber er weiß auch, dass sein Herz verderbt ist und richtet ein zweifaches Gebet an Gott: 1. Dass die Eitelkeit (das Trachten nach Selbstruhm, nach gutem Ansehen bei den Menschen) und das Wort der Lüge von ihm entfernt werde. 2. Dass er abhängig bleibe, denn er erkennt die Gefahren des Reichtums und der Armut. Weise Bitten, die nachahmenswert sind! - Agur hat keine falsche Meinung von sich selbst, kennt aber auch die Grundsätze der Welt: Empörung, Selbstgerechtigkeit, Hochmut, Unterdrückung (Verse 11-14). Hat sich unser „Geschlecht“ gegenüber dem seinen verbessert?
Sprüche 30,15-33
Zu unserer Belehrung hat Agur einerseits gefährliche oder widerwärtige, anderseits, im Gegensatz dazu, auch weise oder schöne Dinge beobachtet und in Gruppen zusammengestellt. Die Lust der Augen und des Fleisches fordern, die eine wie die andere, ihre Befriedigung: „Gib her! gib her!“ Sie haben die gleiche unersättliche Mutter: den Blutegel, d. h. den Durst nach Genuss, der jedem Menschen anhängt, um sein Leben zu zerstören (Verse 15,16). Zu dieser Lust gesellt sich der Hochmut (1. Johannes 2,16). Er offenbart sich auf mancherlei Weise, aber der 17. Vers, der von allen Jungen ernstlich zu beachten ist, betont besonders die Verachtung der Autorität und den Geist der Unabhängigkeit. Diesen Grundsätzen der Welt stehen in den Versen 18 und 19 die unergründlichen Wege Gottes im Gericht, wie auch in Liebe gegenüber. Die Verse 21-23 zählen vier Dinge auf, die zu verabscheuen sind, weil sie die von Gott aufgerichtete Ordnung umstoßen. Dann lernen wir, dass die Weisheit Hand in Hand geht mit dem Bewusstsein der eigenen Schwachheit, mit der Vorsorge, dem Vertrauen, der Gemeinschaft, der Niedrigkeit (Verse 24-28); während die Schönheit mit dem Wandel verbunden ist (Verse 29-31). Wie viele Lektionen können wir in Gesellschaft eines Mannes lernen, der sich selbst als unvernünftig bezeichnet, der aber gerade wegen seiner Demut von Gott zu den Weisen gerechnet wird! (1. Korinther 1,26-29; 2,12.13; 8,2 ).
Sprüche 31,1-9
Wer war König Lemuel? Er wird sonst nirgends erwähnt. Alles, was wir von diesem jungen Fürsten wissen, sind die Empfehlungen seiner Mutter, sowie die Bedeutung seines Namens: der Gottgeweihte. „Was, Sohn meiner Gelübde“, hat diese fromme Frau ausgerufen. Wie Hanna ihren kleinen Samuel, hat sie dieses Kind Jehova geweiht, der alle Rechte an ihn hat. Sie hat sich deshalb auch verantwortlich gefühlt, ihn wie einen wahren Nasiräer zu unterweisen. Ernste Beispiele in der Geschichte Israels haben gezeigt, wohin ein König durch Frauen oder starkes Getränk gezogen werden kann (1. Könige 11; 16,8.9 ). Lemuel wird vor diesen schlechten Neigungen gewarnt (Prediger 10,17; Hosea 4,11). Dann bekommt er positive Ermahnungen: Er soll die Stütze, der Fürsprecher aller Unglücklichen sein! Man könnte denken, das sei eine bescheidene Rolle für einen König. Aber diese Unterweisungen enthalten den Kern des Gottesdienstes, gemäss Jakobus 1,27: sich von der Welt unbefleckt erhalten (von ihrer Betäubung, von ihrem Schmutz) und sich der Bedrängten annehmen.
Der junge Lemuel hat sich Wort für Wort des „Ausspruchs, womit seine Mutter ihn unterwies“, erinnert. Wenn du, wie er, das unschätzbare Vorrecht gehabt hast, von einer gottesfürchtigen Mutter erzogen worden zu sein, dann achte darauf, die Belehrung deiner Kindheit nie zu vergessen.
Sprüche 31,10-31
Diese bewunderungswürdige Beschreibung der „tugendhaften Frau“ zeigt uns, wie die Weisheit (das Leben Christi selbst) in allen Einzelheiten des täglichen Daseins und Familienlebens in die Praxis umgesetzt werden kann und muss. Der Herr gebe euch jungen Christinnen den Wunsch, Ihm zu gefallen, indem ihr dieser „wackeren“ Frau gleicht! Was für Eigenschaften kennzeichnen sie? - Sie ist tätig, fröhlich, energisch, barmherzig, weise, freundlich. Ihr Bereich ist das Haus (lies Titus 2,4.5); ihre Erscheinung: Kraft und Würde (Verse 17,25; vergleiche 1. Petrus 3,3ff.); ihre Absicht: ihren Mann, den Gegenstand ihrer freudigen Hingabe, zu ehren (Vers 23) und Frucht für ihn zu gewinnen (Vers 16). Ihr Geheimnis wird uns schließlich erst im 30. Vers geoffenbart: sie fürchtet den Herrn. Ja wahrlich, eine solch vollkommene Frau, „wer wird sie finden?“ Eine einsichtsvolle Frau kommt von Jehova, antwortet Kapitel 19,14. Darum, ihr Jünglinge, verlasst euch nicht auf ein übereiltes Urteil, noch auf die äußere Erscheinung. „Die Anmut ist Trug“ ... und hat schon viele betrogen. Der vorübergehende Reiz eines Gesichtes ist lange nicht immer die Widerspiegelung wahrer christlicher Werte. Und am Schluss dieses Buches angelangt, vergesst die Ermahnung von Kapitel 4,23 nicht: „Behüte dein Herz mehr als alles was zu bewahren ist“, denn es gehört in erster Linie dem Herrn.