Auslegung zu Johannes 10

Johannes 10,9-18

Die Tür der Errettung

Wir wollten uns noch an drei Dinge erinnern, die in Verbindung mit dieser dritten Tür stehen:

  1. Was bedeutet Errettung?
  2. Was bedeutet es, die christliche Freiheit zu besitzen? und
  3. Was bedeutet es, Weide zu haben und Nahrung zu bekommen?

Also möchten wir uns jetzt mit den drei Begriffen „Errettung“, „christliche Freiheit“ und „Nahrung“ beschäftigen.

Errettung

Es heißt in Vers 9: „…so wird er errettet werden“. Wir wollen mal darüber nachdenken, wovon wir errettet worden sind. Das alles wäre nachdenkens- und ein Studium wert!  Zunächst sind wir von unseren Sünden oder Vergehungen errettet worden (Eph 1,7). Allein die Errettung von der Unmenge unserer Sünden, die wir getan haben und noch tun, wäre es wert, sich damit zu beschäftigen. Dann sind wir errettet aus der Gewalt der Finsternis (Kol 1,13), entrissen aus dem Machtbereich Satans. Des Weiteren sind wir errettet von der Verdammnis (Röm 8,1). Was das bedeutet, von jeder Art der Strafe von seiten Gottes über die Sünde befreit zu sein! Wir sind außerdem von dem kommenden Zorn errettet, der nach der Entrückung der Gläubigen über alle die kommt, die auf der Erde wohnen, also als Unbekehrte zurückbleiben bei dem Kommen des Herrn (1. Thes 1,10). Dann sind wir auch von dem Gericht errettet (Joh 5,24). Des weiteren sind wir auch von der Hölle errettet (Off 20,15). Dort ist nicht unser Teil! Wie gewaltig ist doch das Ausmaß der Errettung. Es ist gut, wenn wir über bestimmte Begriffe einmal nachdenken, damit uns größer wird, was uns geschenkt worden ist, indem wir durch diese Tür eingegangen sind. Außerdem sagt die Schrift, dass wir die Errettung der Seele schon besitzen (1. Pet 1,9). Im Hebräerbrief wird das ähnlich ausgedrückt (Heb 10,39).

Aber dieser Ausdruck Errettung beinhaltet auch etwas, was uns noch bevorsteht. Dabei denke ich an die Errettung unseres Leibes (Phil 3,20f). Das alles ist in dieser hier genannten Errettung inbegriffen.

Nun fragen wir uns, wodurch sie überhaupt ermöglicht wurde. Wir konnten ja gar nicht errettet werden, wenn nicht vorher etwas geschehen würde. Wenn der Herr Jesus hier von dem Eingehen durch diese Tür spricht, von Errettung, dann war das noch gar nicht möglich, solange er noch nicht gestorben war. Davon spricht Vers 11: „der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.“ Alle diese Segnungen sind nur möglich geworden auf der Grundlage seines Todes. Deswegen sagt der Herr Jesus auch: „so wird er errettet werden.“ Er sieht seinen eigenen Tod als Grundlage für die hier genannten Segnungen voraus.

Die christliche Freiheit

Wer nun durch diese Tür eingeht, der wird auch ein- und ausgehen. Das ist etwas sonderbar! Ich gehe doch nicht durch eine Tür ein um wieder auszugehen. Das ist auch nicht gemeint. Wer einmal durch diese Tür eingegangen ist zur Errettung, der kann sie nicht wieder verlieren, indem er hinausgeht. Dieser zweite Aspekt ist eine Beschreibung der christlichen Freiheit, die er jetzt diesen jüdischen Schafen, die er aus dem jüdischen Schafhof herausgeführt hat, anbietet. Das, was er jetzt verheißt, kannten die Juden vorher nämlich nicht. Sie hatten vorher nicht die Möglichkeit ein- und auszugehen. Sie waren sicher verwahrt, und zwar hinter der Mauer des Gesetzes. Aber das war die Sicherheit eines Gefängnisses und nicht der Ausdruck christlicher Freiheit. Sie konnten weder in einem freien Zugang Gott nahen noch ausgehen zu den Nationen (Gal 3,23). Dieser Vers ist eine wunderbare Illustration aus dem Neuen Testament für unseren Ausdruck hier. „Bevor der Glaube kam…“. Welcher Glaube ist hier gemeint, gab es nicht schon immer Glauben? Hat nicht Abraham Gott geglaubt und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet? Natürlich! Aber der Glaube in Galater 3,23 beinhaltet das christliche Glaubensgut. Es ist der gleiche Ausdruck, den wir auch im Judasbrief finden (Judas 3). „Glaube“ mit Artikel meint in der Schrift meistens das christliche Glaubensgut, die christliche Wahrheit. Der Glaube oder das christliche Glaubensgut waren eben noch nicht gekommen in dem Augenblick, wo Paulus in Galater 3 zurückblickt auf die frühere Zeit Israels; bis dahin waren sie verwahrt, eingeschlossen durch das Gesetz. Das war jetzt nicht mehr. Diese Zeit kündigt jetzt der Herr in Johannes 10 an.

Nun: Sie hatten keinen Zugang zu Gott und keinen Ausgang zu den Nationen. Dass sie keinen Zugang zu Gott hatten, möchte ich gerne aus dem Hebräerbrief aufzeigen (Heb 9,8). Die vordere Hütte ist ein Ausdruck für das jüdische System und solange sie Bestand hatte, gab es keinen ungehinderten Zugang zu Gott. Das Heiligtum war noch nicht offen. Der Zugang zu den Nationen war ihnen ebenfalls verwehrt (1. Thes 2,16). Diese Zeit sollte zu Ende gehen. Davon spricht der Herr Jesus: Ihr könnt jetzt eingehen, ihr habt freien Zugang zu Gott, das Heiligtum ist offen, der Vorhang des Tempels zerriss von oben bis unten.

Welch ein Segen das ist, unterschätzen wir sehr oft. Es wird oft sonntagmorgens die Stelle aus Hebräer 10 gelesen: „Da wir nun Brüder Freimütigkeit haben zum Eintritt in das Heiligtum…“(Vers 19ff) und man meint dann damit: Das können wir jetzt tun, wenn wir sonntagmorgens als Versammlung zusammen sind, dann kommen wir zusammen und treten gemeinsam in das Heiligtum ein. Das ist nicht falsch, aber die Stelle meint nicht nur, dass wir jetzt gemeinsam als Versammlung Gott anbetend nahen, sondern sie beschreibt die grundsätzliche christliche Stellung des Gläubigen. Das ist etwas ganz Großes! Wir können Gott, unserem Vater, einfach wie Kinder nahen. Wir brauchen keinen Mittler, wir brauchen keine Terminabsprache, wir können einfach kommen. Das bedeutet, mit Gott Gemeinschaft zu haben.

Da gab es einen großen Mann in der Industrie, der Chef eines großen Unternehmens, und jeder, der ihn besuchen wollte, musste sich anmelden über die Sekretärin. Dann bekam er vielleicht einen Termin oder auch nicht. Aber da gab es jemand anderen, der immer zu ihm kommen konnte. Eines Tages geht die Tür auf ohne Anzuklopfen, seine Tür! Da kam dieser „Jemand“ herein. Wisst ihr, wer das war? Das war sein Junge, sein kleiner Junge. „Mein Sohn, was möchtest du?“ „Ich möchte einfach nur bei dir sein.“ Das ist gemeint. Herrlich! Die Kinder, die Söhne haben freien Zugang zu Gott, dem Vater. Das ist Eingehen, das ist christliche Gemeinschaft mit Gott, dem Vater, das kündigt der Herr Jesus an, das meint auch Hebräer 10.

Ich möchte die andere Seite auch noch mit Schriftstellen belegen. Wir haben schon in 1. Thessalonicher 2 gesehen, dass der Jude nicht über die jüdischen Grenzen hinaus die Gnade Gottes zu den Nationen verbreitete. Aber jetzt ist das anders, jetzt können wir ausgehen, Segen spendend ausgehen. Das hat der Herr Jesus in Apostelgeschichte 1,8 zu den Jüngern sehr deutlich gesagt: „und ihr werdet meine Zeugen sein, sowohl in Jerusalem als auch in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde.“ Wunderbare christliche Freiheit! Römer 10 sagt: „Wie lieblich sind die Füße derer, die das Evangelium des Guten verkündigen!“ (Vers 15).

Aber dann lasst mich mit diesem Ein- und Ausgehen noch einen weiteren Gedanken verknüpfen. Wir gehen auch ein in dem Sinn von 1. Petrus 2,5 als solche, die zu dem heiligen Priestertum gehören und Gott geistliche Schlachtopfer darbringen. Das tun wir auch nicht nur gemeinsam als Versammlung (das ist zwar die höchste Form christlicher Anbetung), aber wir können das auch ein jeder für sich ganz persönlich tun. Darf ich mal die Frage stellen: Kennst du etwas davon? Petrus schreibt dort: „…heiligen Priesterschaft, um darzubringen geistliche Schlachtopfer.“ Das steht wiederum im Gegensatz zu dem, was der Jude kannte. Er kannte das eben nicht. Der Jude kannte einen Hohenpriester, der einmal im Jahr hineingehen durfte und das nicht ohne Blut. Aber heute ist jeder Gläubige ein Priester, der Gott anbetend nahen kann. Noch einmal die Frage: Kennst du das? Wenn du in der stillen Beschäftigung mit dem Herrn Jesus so überwältigt wirst von seiner Person, dass du anschließend auf die Knie gehst und dem Vater sagst, wie herrlich sein Sohn ist. Das ist Anbetung. Das ist Priesterdienst. Das sind „geistliche Schlachtopfer“. Aber das ist nicht alles. Wir sind nicht nur ein heiliges Priestertum, sondern auch nach 1. Petrus 2,9 ein königliches Priestertum. Als königliche Priester gehen wir hinaus und verkündigen die Tugenden dessen, der uns berufen hat aus der Finsternis in sein wunderbares Licht. Das ist christliche Freiheit, die hier von dem Herrn Jesus angekündigt wird.

Ein Bild dazu finden wir in Maria. Sie übt in Johannes 12 im Licht des Neuen Testamentes ein heiliges Priestertum aus. Sie gießt diese Narde aus und salbt die Füße des Herrn Jesus und das Haus wird von dem Geruch der Salbe erfüllt. Das ist die Darbringung geistlicher Schlachtopfer. Dann trocknet sie die Füße des Herrn mit ihren Haaren. Jetzt setzte ich das Bild mal gedanklich fort, auch wenn dies nicht mehr in Johannes 12 steht. Könnt ihr euch vorstellen, wie das Haar der Maria geduftet hat von dem Geruch der Salbe? Wenn sie dieses Haus verlässt, dann verbreitet sie, aus der Gegenwart Gottes kommend, diese Atmosphäre und das, was sie im Haus getan hat, das darf sie dann außerhalb des Hauses all denen gegenüber verbreiten, mit denen sie in Berührung kommt. Das ist die Ausübung eines königlichen Priestertums, das bedeutet „ausgehen“. Herrliche Tatsache!

Weide finden

Dann kommen wir zum dritten Schwerpunkt: „und sie werden Weide finden.“ Weide finden bedeutet schlichtweg Nahrung bekommen. Sie haben also zum einen in Verbindung mit dem Ein- und Ausgehen eine Aufgabe in der Verbreitung und Verkündigung der Wahrheit des Wortes oder der Herrlichkeit der Person des Herrn Jesus, aber gleichzeitig, obwohl sie selbst Austeilende sind in dem ausgehenden Dienst, bekommen sie selbst Nahrung.

In Sprüche 11,25 finden wir diesen Gedanken: „Die segnende Seele wird reichlich gesättigt, und der Tränkende wird auch selbst getränkt.“ Wir bekommen Nahrung, geistliche Speise, finden Weide. Der Inhalt dieser geistlichen Speise ist Christus, Christus selbst. Er ist unsere geistliche Nahrung! Das sagt der Herr Jesus selbst in Johannes 6,55: „mein Fleisch ist wahrhaftig Speise, und mein Blut ist wahrhaftig Trank.“. Das ist eine Beschreibung unserer jetzigen Nahrung; wir nähren uns von Christus. Ich möchte in Verbindung mit den Begriffen „Rettung“ und „Nahrung“ auf Psalm 23 verweisen. Dort haben wir genau diese beiden Seiten im ersten Vers. „Der Herr ist mein Hirte“- das ist Bewahrung oder Errettung und „mir wird nichts mangeln“- das ist vollkommene Befriedigung in dieser Person. Welch eine herrliche Tür ist unser Herr!

Der Dieb

Vers 10 muss nicht mehr ausführlich beleuchtet werden. Wir haben über den Dieb schon in Verbindung mit Vers 1 gesprochen. Er kommt „um zu stehlen und zu schlachten und zu verderben.“ Wir haben uns auch an die Stelle in Hesekiel 34 erinnert, wo diese Menschen charakterisiert werden, die nicht gekommen waren, um dem Volk Israel etwas zu bringen, sondern es gleichsam auszubeuten. Aber im zweiten Teil von Vers 10 – und das ist jetzt typisch für diese Verse – wird eine Gegenüberstellung gemacht. In Vers 10a wird der Dieb beschrieben, in Vers 10b beschreibt der Herr Jesus sich selbst: Im Gegensatz zum Dieb bringe ich euch etwas, und zwar bin ich gekommen, damit diese Schafe „Leben haben und es in Überfluss haben.“.

Leben in Überfluss

Es hätte doch genügt, wenn der Herr Jesus gesagt hätte „damit sie Leben haben“! Nein, das hätte nicht genügt; jetzt kommen wir wieder zu einem Vergleich. Der Herr Jesus stellt aufs Neue das Teil, das die jüdischen Schafe zu erwarten hatten, in Gegensatz zu dem, was sie früher kannten. Das demjenigen Leben verheißen wurde, der in Buße und Reue zu Gott kam, war nicht neu. Die Gläubigen des Alten Testamentes hatten unzweifelhaft Leben. Abraham hatte Leben. Er hatte auch ein Leben, das in Ewigkeit währen wird. Das Gesetz hat auch Leben verheißen: Wenn du diese Dinge tust, wirst du leben.

Aber der Herr Jesus wiederholt nicht das, was bekannt war, er sagt jetzt etwas völlig Neues. Deshalb folgt der Nachsatz: Du wirst nicht nur „Leben haben“, sondern du wirst „es in Überfluss haben“. Von welch einem Leben spricht der Herr Jesus jetzt? Natürlich gibt es in einem gewissen Sinn nur ein ewiges Leben. Auch die Gläubigen des Alten Testamentes haben das Leben nur bekommen auf der Grundlage des Todes Christi. Darauf stützt sich alles ab. Und doch wird für den Gläubigen in der jetzigen Zeit das Leben in einer Form beschrieben, wie es im Alten Testament nicht gekannt war. Das meint der Herr Jesus an dieser Stelle!

In Johannes 20 haucht der Herr Jesus in Auferstehung in die Jünger und sagt ihnen: „Empfangt Heiligen Geist!“ (Vers 22). Das ist das ewige Leben in der jetzigen Form. Es ist nichts anderes als Christus besitzen. In Römer 8,2 sagt Paulus: „Das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat mich freigemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.“. Das konnte im Blick auf einen Gläubigen des Alten Testamentes nicht gesagt werden. Wenn der Herr Jesus in Johannes 3,15 sagt: „jeder, der an ihn glaubt nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.“, dann ist das eben mehr als von neuem geboren zu sein. Die Gläubigen des Alten Testamentes waren auch von neuem geboren, aber sie hatten das Leben nicht in dieser Form, weil sie Christus nicht haben konnten. Das ist das, was der Herr Jesus hier vorstellt. Ich will das noch an einem Unterschied deutlich machen. Wenn es darum geht, dass der Gläubige von neuem geboren ist, dann ist das etwas, was in Gegensatz steht zu dem, was Christus selbst ist. Der Herr Jesus musste nämlich nicht von neuem geboren werden, aber wir wohl! Wenn es um den Besitz des ewigen Lebens geht, dann sind wir völlig eins mit ihm. Wenn es um die Wahrheit geht, dass wir von neuem geboren werden mussten, dann steht der Herr Jesus nicht mit uns auf dem gleichen Boden, weil er nicht von neuem geboren werden musste im Gegensatz zu uns. Wenn es aber um das ewige Leben geht, dann sind wir eins mit dem Herrn Jesus, denn „dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben“ (1. Joh 5,20). Von diesem Leben im Überfluss spricht der Herr Jesus hier an unserer Stelle. Das ist das besondere Teil der Gläubigen in der jetzigen Zeit.

Der Hirte lässt sein Leben

Nun sagt der Herr Jesus in Vers 11. „Ich bin der gute Hirte; der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.“. Das hat er freiwillig getan und der Beweggrund seines Handelns war Liebe; und zwar hat er es für die Schafe, zugunsten der Schafe, im Hinblick auf die Schafe getan.

In Vers 11 ist die Dahingabe seines Lebens etwas, was für uns geschieht (im Gegensatz zu Vers 17). Hier sind wir es, die den Herrn Jesus veranlassten, sein Leben zu geben. Das ist einfach gewaltig! So sehr hat  er uns und dich, den Einzelnen, geliebt. Galater 2,20 sagt: „der mich geliebt hat…“, das einzelne Schaf! Aber er hat auch uns geliebt. Epheser 5,2 sagt: „wie auch der Christus uns geliebt hat“ (kollektiv) und in Vers 25 heißt es: „...die Versammlung geliebt hat“ (korporativ). Wunderbare Liebe des Herrn zu unseren Gunsten! Das zeichnet den „guten Hirten“ aus. Eine andere Bezeichnungen ist der „große Hirte der Schafe“, den Gott „aus den Toten wiederbrachte“ (Heb 13,20), was seine Tätigkeit zu unseren Gunsten beschreibt, die er jetzt aus Liebe zu uns ausübt als der große Hirte, der im Himmel ist.

Dann wird er auch als der „Erzhirte“ einmal geoffenbart werden in Herrlichkeit (1. Pet 5,4).

Vers 12 zeigt, dass der Mietling sein Leben nicht für die Schafe lässt, im Gegensatz zu dem wahren Hirten. Der Mietling war, wie das Wort schon sagt,  jemand, der gemietet wurde. Er war ein Mann, der für Entgelt, für Entlohnung einen Dienst an den Schafen tat. Er war nicht der Hirte. Er tat seine Arbeit für Geld! In Wirklichkeit lag ihm gar nichts an den Schafen. Er wollte Geld verdienen! Wenn es gefährlich wurde, dann nahm er Reißaus. Hier wird gesagt: „Der Mietling aber und der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht“. Wenn also der Herde Gefahr droht, dann stellt sich der Hirte schützend vor die Herde. Der Mietling macht dies nicht, er läuft weg. Er „sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe“.

Ich darf mal nebenbei eine kleine Anwendung machen: Wenn wir wirklich der Herde dienen wollen, dann laufen wir bei Gefahr nicht weg, sondern stellen uns schützend vor die Herde. Mir fällt gerade eine kleine Begebenheit ein:

In Holland hat ein Bruder, der ehemals aus der Schweiz kam, einen Dienst getan über 1. Johannes 3,16: „Hieran haben wir die Liebe erkannt, dass er für uns sein Leben hingegeben hat; auch wir sind schuldig, für die Brüder das Leben hinzugeben.“. Er hat einen schönen Vortrag gehalten. Nun gehen sie nach der Stunde zu drei Brüdern nebeneinander nach Hause. Da kommt ihnen ein großer Schäferhund entgegen gelaufen. Dieser Bruder, der so wunderbar über 1. Johannes 3,16 gesprochen hat, versteckt sich ganz schnell hinter den anderen beiden Brüdern. Daraufhin fragt ihn einer der beiden Brüder: „Lieber Bruder, worüber hast du vorhin gesprochen?“ Da sagt er: „Ich wusste nicht, dass ich so schnell das Examen machen musste“.

Lasst uns, wenn wir wirklich ein Hirtenherz haben, uns schützend vor die Herde stellen.

Der Wolf

Nun, wer ist der Wolf in Vers 12? Der Wolf kommt immer noch. Der Wolf ist ein Bild vom Satan. Er kommt ununterbrochen, immer wieder. Was will er machen? Das steht hier. Er hat eine ganz klare Absicht: Er will die Herde zerstreuen. Wenn uns das mal bewusst wäre! Satan will die Herde zerstreuen! Das ist sein erklärtes Ziel. Im Gegensatz dazu gibt es einen anderen, der nicht zerstreuen will, und das ist der Herr. Das lesen wir in Johannes 11,52: „damit er auch die zerstreuten Kinder Gottes in eins versammelte.“. Dem, was Satan angerichtet hat, nämlich dem Werk der Zerstreuung, wirkt der Herr Jesus entgegen und will in eins versammeln. Wir wollen uns auch da prüfen, inwieweit wir den Absichten des einen oder des anderen entsprechen. Noch einmal wird von dem Mietling gesagt, dass er flieht, weil er eben ein Mietling ist und sich um die Schafe nicht kümmert. Die Anmerkung verdeutlicht dies auch: „ihm an den Schafen nichts liegt.“ Er hat keine Beziehung zu ihnen.

Er kennt die Seinen

Nun sagt der Herr Jesus in Vers 14 und 15: „Ich bin der gute Hirte; und ich kenne die Meinen und bin gekannt von den Meinen, wie der Vater mich kennt und ich den Vater kenne“. Mit der Kenntnis des Herrn Jesus über die Schafe haben wir uns schon beschäftigt,  dass sie ihm gehören, dass er sie mit Namen kennt usw., aber den ersten Teil von Vers 15 haben wir noch nicht beleuchtet. Dort stellt der Herr Jesus einen herrlichen Vergleich an: „ich kenne die Meinen und bin gekannt von den Meinen, wie der Vater mich kennt und ich den Vater kenne“. Das würden wir nicht wagen zu sagen! Ich staune immer wieder, wie der Herr Jesus im Johannesevangelium diese Vergleiche zieht. Das macht er sehr oft. Er vergleicht seine Beziehung zu uns und unsere Beziehung zu ihm mit der Beziehung, die er zu dem Vater hatte und der Vater zu ihm. Das ist einfach überwältigend groß! Einen solchen Vergleich finden wir auch in Johannes 17,23.

Ich kann mich erinnern, dass in meiner Kindheit des öfteren Walter Briem aus Berlin auch in Fellerdilln war. Anschließend – dafür war er bekannt – blieb er sehr lange auf und wir als junge Leute durften dann auch länger auf bleiben und dort sein, wo er wohnte. Dann hat er uns mal die eine oder andere Frage gestellt. Eine weiß ich noch ganz genau. Er hat uns gefragt: „Wie groß war die Liebe des Herrn Jesus zu uns?“ Wir meinten natürlich, das sofort zu wissen und haben gesagt: „Sie war so groß, dass er sein Leben für uns gab.“. „Ja“, sagte er, „das stimmt schon, aber sie war noch viel größer“. Dann hat er diesen Vers aus Johannes 17 angeführt: „dass du (…) sie geliebt hast, wie du mich geliebt hast.“ (Vers 23). Das ist wieder solch ein Vergleich. Noch einmal: Das würden wir nicht wagen zu sagen. Der Vater liebt uns so wie er seinen Sohn liebt! Hier sagt der Herr Jesus: „Ich kenne euch so, wie der Vater mich kennt und ihr kennt mich so, wie ich den Vater kenne.“ Wisst ihr, was das bedeutet? Es ist eine Beschreibung der Innigkeit der Beziehung, die zwischen ihm und uns besteht. Diese Innigkeit setzt er gleich mit der Innigkeit der Beziehung, die er zu seinem Vater hat. Das kann man eigentlich nicht mehr erklären. Könnt ihr euch vorstellen, wie der Vater den Sohn kannte und wie der Sohn den Vater kannte? In Matthäus 11 sagt der Herr Jesus selbst: „niemand erkennt den Sohn als nur der Vater.“ (Vers 27). Genau so kennen wir ihn und kennt er uns. Das alles zeigt uns, wie intim, wie innig die Beziehungen sind zwischen ihm und uns. Das ist einfach gewaltig groß! Es bedeutet Einssein, Einheit in allem – in allem Denken, in allem Überlegen – eins mit ihm und er mit uns. Andersherum wird es anders ausgedrückt: „ich in ihnen und ihr in mir“.

Andere Schafe

Dann sagt er in Vers 15 weiter: „und ich lasse mein Leben für die Schafe.“. Er wiederholt in etwa die Worte, die er schon in Vers 11 gesagt hatte. Ich sage das folgende jetzt auch mal für unsere jüngeren Geschwister: Wenn solche fast gleich lautenden Worte so kurz hintereinander genannt werden, dann sollten wir uns auch mal die Frage stellen: Wiederholt sich der Herr Jesus einfach oder will er jetzt nicht doch einen neuen Schwerpunkt setzen?

Ich habe den Eindruck, dass er hier jetzt einen neuen Schwerpunkt setzt. In Vers 11 geht es immer noch um die Schafe, die er aus dem jüdischen Schafhof heraus geführt hat. Für sie hat er sein Leben gelassen. Aber jetzt geht es um andere Schafe. Jetzt müssen wir beachten, in welcher Beziehung der Herr Jesus von dem „Lassen seines Lebens“ spricht. Er setzt es jetzt in Beziehung zu den Schafen, die er in Vers 16 erwähnt: „Ich habe andere Schafe, die nicht aus diesem Hof sind“.

Das bedeutet schlichtweg: „Ich habe noch Schafe, die nicht aus dem Judentum gekommen sind. Auch für diese lasse ich mein Leben.“. Das sind wir, die Gläubigen aus den Nationen. Wir sind die „anderen Schafe“, wir kamen nicht aus dem jüdischen Schafhof. Für uns hat der Herr Jesus auch sein Leben gelassen. Jetzt möchte ich euch an einen Vers erinnern, der mir unendlich wertvoll geworden ist, nämlich Lukas 12,50: „Ich habe aber eine Taufe, womit ich getauft werden muss, und wie bin ich beengt, bis sie vollbracht ist!“. Ich habe jahrzehntelang gedacht, dass der Herr Jesus eine gewisse Beängstigung hatte vor dem Werk auf Golgatha. Die Taufe spricht ohne Zweifel von seinem Kreuzestod. Aber das Beengtsein spricht nicht von seiner Angst, sondern von der eingeengten Ausübung der Gnade. Es ist etwas Herrliches, darüber nachzudenken. Bis Golgatha konnte der Segensfluss der Gnade Gottes eben nicht zu den Nationen kommen. Israel war das auserwählte Volk. Aber jetzt, nachdem der Herr Jesus das Werk vollbracht hat, nachdem der Herr Jesus sein Leben gelassen hat, kann die Gnade Gottes ungehindert, nicht mehr eingeengt, beengt und beschränkt auf Israel, sich allen Menschen zuwenden. Welch ein Werk hat der Herr Jesus getan! Wie groß ist der Herr, wie gewaltig sein Werk und wie weitreichend seine gesegneten Folgen. Davon spricht der Herr Jesus hier. Für die „anderen Schafe“ hat er auch sein Leben gelassen, damit auch wir, die Gläubigen aus den Nationen, unter diesen Segenseinfluss des Kreuzes kommen konnten.

Ich möchte zu diesen „anderen Schafen“ mit Apostelgeschichte 8 und 10 das historische Geschehen kurz beleuchten. Zu Beginn der Geschichte der Christenheit bestand die Versammlung nur aus gläubigen Juden (Apg 2). Aber dann dehnt sich der Kreis aus, was ich mal aufzeigen möchte.

Zunächst Apostelgeschichte 8,27: „Und er stand auf und ging hin. Und siehe, ein Kämmerer, ein gewaltiger der Kandaze, der Königin der Äthiopier, der über ihren ganzen Schatz gesetzt war, war gekommen, um in Jerusalem anzubeten“. Diesem fremden Mann darf Philippus die Gnade Gottes bringen und darf ihm erklären, was in Jesaja 53 geschrieben steht. Dann kommen wir zu Kapitel 10, wo wir sehen, wie zum ersten Mal ein Europäer zum Glauben kommt: „Ein gewisser Mann aber in Cäsarea, mit Namen Kornelius – ein Hauptmann von der so genannten italienischen Schar...“ (Vers 1). Er war ein römischer Hauptmann, der jetzt zum errettenden Glauben an Christus kam. Das war die Entwicklung, wie „andere Schafe“, die nicht aus dem jüdischen Schafhof kamen, von der Gnade Gottes erreicht wurden. Diese musste der Herr Jesus auch bringen. Und nun errichtet der Herr Jesus einen neuen Schafhof? Nein, sondern nun werden es „eine Herde“ und „ein Hirte“ sein. Ich staune immer wieder über Formulierungen in den Evangelien, die eigentlich noch nicht die Wahrheit der Versammlung, wie sie in den Briefen entwickelt wird, vorstellen; und doch passen diese Formulierungen, es gibt Parallelitäten oder Übereinstimmungen. Es wird „eine Herde“ sein. Da ist nicht mehr von einem Hof, einer Umzäunung die Rede, da gibt es keine Einfriedung mehr. Es ist zwar eine Herde, aber ohne Zaun. Heute gibt es aber leider wieder viele Zäune, aber alle diese Zäune haben die Menschen errichtet, Gott wollte sie nicht! Gott wollte keinen Zaun mehr, der Zaun war weggetan worden.

Aber es gibt immer noch eine Herde. Das ist auch nicht schwer zu verstehen. Wenn es nur einen Hirten gibt, dann kann es auch nur eine Herde geben. Wenn es einen Bräutigam gibt, kann es nur eine Braut geben. Wenn es einen Hausherrn gibt, kann es nur ein Haus geben. Wenn es ein Haupt gibt, kann es nur einen Leib geben. Das ist alles deckungsgleich. Diese Bilder der Versammlung stimmen miteinander überein. Das ist diese eine Herde, gebildet aus Juden und Heiden. Johannes spricht nicht von der Versammlung und doch sind die Bilder nicht konträr zu den Gedanken, die Paulus über die Versammlung entwickelt, sondern sie stimmen mit ihnen überein. Zu dieser Herde zählen jetzt alle Gläubigen auf der ganzen Erde. Der Herr Jesus möchte, dass dieses Bild der Herde auch gewahrt und gesehen wird. Dann gibt es eben nicht mehr mehrere Herden, die durch verschiedene Zäune voneinander getrennt sind. Wie wunderbar sind die Bilder der Schrift!

Der Herr Jesus musste auch sie bringen. Es ist wertvoll, mal über diese göttlichen „Muss´“ nachzudenken. „Er musste aber durch Samaria ziehen.“ (Joh 4). „Der Sohn des Menschen muss erhöht werden.“ (Joh 3). Das sind göttlich notwendige Dinge, die, ohne dass sie geschähen, den Segen nicht verbreiten könnten. Das sind göttliche „Muss´“, an denen nichts vorbeigeht, sie müssen geschehen! So musste der Herr Jesus diese bringen.

Die Liebe des Vaters zum Sohn

Nun kommen wir in Vers 17 und 18 noch zu einem gewissen Höhepunkt dieses Abschnitts.

In Vers 17 spricht der Herr Jesus noch einmal von dem „Lassen seines Lebens“. Wir lesen nun schon zum dritten Mal davon in diesem Kapitel. In Vers 11 geht es im Lassen seines Lebens schwerpunktmäßig um die jüdischen Schafe. In Vers 15 geht es um das Lassen seines Lebens bezüglich der Schafe, die nicht aus dem Judentum kamen, aber auch zu ihren Gunsten ließ er sein Leben.

Aber hier in Vers 17 geht es nicht mehr um uns! Hier geht es darum, dass der Herr Jesus sein Leben für den Vater lässt. Ich will in aller Vorsicht sagen: Das ist der Höhepunkt, das Höchste. Jetzt haben wir den Herrn Jesus als Brandopfer vor uns. Er gibt sich Gott hin. Ein bisschen anders betont sagt er hier: „Darum liebt mich der Vater“. Hat der Vater ihn vorher nicht geliebt? In Johannes 17 sagt der Sohn: „Du hast mich geliebt vor Grundlegung der Welt“ (Vers 24). Gott hat seinen Sohn, den ewigen Sohn, immer geliebt. Als er Mensch wurde und als solcher auf der Erde war, heißt es in Markus 1, als er sich am Jordan taufen liess, dass eine Stimme aus dem Himmel ertönte, der über ihm zerriß: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden.“ (Vers 11). Also gab der Sohn, der Herr Jesus, in Markus 1 bei der Taufe am Jordan Gott einen Beweggrund, ihn zu lieben. In diesem Augenblick konnte Gott nicht mehr „an sich halten“ und bezeugte ihm seine Liebe. Nun steht hier: „Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse.“. Der Herr Jesus gab Gott jetzt  einen neuen Beweggrund, ihn zu lieben. Das heißt nicht, dass er ihn vorher nicht geliebt hätte! Aber der Herr Jesus gibt sich jetzt Gott dar und bereitet ihm einen neuen Beweggrund; „Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse.“ Anstatt sein Leben weiter in Abhängigkeit von seinem Vater zu leben, anstatt das zu tun, was er immer getan hat, macht er nun etwas anderes. Jetzt gibt er in Abhängigkeit vom Vater sein Leben auf! Das beinhaltet die vollkommene Aufgabe seiner selbst! Das ist Epheser 5: Er hat sich Gott „zu einem duftenden Wohlgeruch“ geopfert (Vers 2). Sein Opfer galt Gott. Der Herr Jesus hat sich nicht uns geopfert. Lasst uns das auch mal deutlich sagen. Er hat sein Leben für uns gegeben, aber das Opfer „zu einem duftenden Wohlgeruch“ galt Gott und nicht uns. Das, was uns hier in Vers 17 vorgestellt wird, ist das Brandopfer. Aber der Vers beinhaltet noch viel mehr.

Die Hingabe des Sohnes an den Vater

Der Herr Jesus war zum einen der ewige Sohn und zweitens war er wirklicher Mensch. Das kann ich nicht erklären, das kann niemand. Wir wollen lernen, diese beiden Seiten nicht zu trennen, aber zu unterscheiden. Hier haben wir genau diese beiden Seiten. Das Leben, das der Herr Jesus gelassen hat, war das Leben, das er als Mensch auf dieser Erde angenommen hatte. Gott kann nicht sterben. Gott kann sein Leben nicht lassen. Natürlich war der Herr Jesus Gott, aber er war auch Mensch.

Jetzt lässt er das Leben, das er als Mensch auf dieser Erde annahm. Aber er konnte es nur lassen, weil er Gott war. Das übersteigt unser Verständnis. Wenn ein Mensch sein Leben freiwillig gibt, sündigt er. Der Mensch hat kein Recht, sein Leben zu beenden. Genau das hat der Herr Jesus getan. Der Herr Jesus ist nicht an den Folgen der Kreuzigung gestorben. Er hat sein Leben gegeben. Das war ein freiwilliger Akt seines Willens. „Ich lasse es von mir selbst.“,  „ich gebe es für Gott.“. Ich sage noch einmal: Das Leben gab er als Mensch, aber er hatte nur eine Berechtigung dazu, weil er Gott war. Anbetungswürdig groß ist seine Person! Und warum hat er das getan? Weil er Gott geliebt hat und weil er ihm einen Beweggrund geben wollte, ihn zu lieben.

Die Auferstehung des Herrn

Nun heißt es weiter: „damit ich es wiedernehme.“. „Sein Leben wiedernehmen“ kann er auch nur deshalb, weil er Gott ist. So hat er es, nachdem er es in den Tod gegeben hatte, wieder- genommen als Gott, der Sohn. Nun wiederholt er in Vers 18: „Niemand nimmt es von mir“. Den historischen Hintergrund finden wir in Kapitel 19: „Da spricht Pilatus zu ihm: Redest du nicht mit mir? Weißt du nicht, dass ich Gewalt habe, dich freizulassen, und Gewalt habe, dich zu kreuzigen? Jesus antwortete ihm: Du hättest keinerlei Gewalt gegen mich, wenn sie dir nicht von oben gegeben wäre“ (Vers 10f). Das zeigt uns auch, dass der Mensch keine Möglichkeit gehabt hätte, den Herrn Jesus zu töten, wenn er es nicht freiwillig hätte tun wollen. Nun kommen wir noch zu einer weiteren Stelle in Kapitel 19,30, wo er jetzt aktiv in Erscheinung tritt. Er sagt, als er den Essig genommen hat: „Es ist vollbracht!“ Dann neigt er das Haupt und er übergibt den Geist. Davon spricht der Herr Jesus hier: „Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir selbst“. Er hatte „Gewalt, es zu lassen“ und „Gewalt, es wiederzunehmen“, weil er Gott war.

Sein Gehorsam als Mensch

Nun kommen wir in Vers 18 zu einem beeindruckenden Abschluss. Er spricht von einem Gebot, das er von dem Vater empfangen hat. Das scheint an sich ein Widerspruch zu sein. Der Herr Jesus hat eindeutig gesagt, dass er es freiwillig tut („ich lasse es von mir selbst“) und nun spricht er trotzdem noch von einem Gebot. Beides ist wahr. Der Herr Jesus hat zum einen sein Leben freiwillig gegeben aus einem Beweggrund der Liebe zum Vater und zweitens war er trotzdem gehorsam. Beides ist herrlich zu betrachten. Gehorsam war er als Mensch. Gott, der Sohn, ist nicht Gott, dem Vater, gehorsam. Gott ist nicht Gott gehorsam. Gehorsam sein, ein Gebot zu haben, bedeutet, dass er Mensch ist und als Mensch stand er unter dem Gebot des Vaters und war gehorsam bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz.

Man kann als Mensch die göttliche Herrlichkeit dieser einmaligen Person nie gebührend schildern. Wir müssen noch einmal sagen: „Niemand erkennt den Sohn, als nur der Vater.“ Aber ich hoffe, dass wir doch ein wenig von der Größe und Herrlichkeit des Herrn Jesus beeindruckt worden sind, unabhängig davon, ob wir ihn unter den verschiedenen Gesichtspunkten der Tür, als den, der sein Leben zu unseren Gunsten lässt oder als den, der sich aus Liebe zu seinem Vater ihm geopfert hat, sehen. Welch ein herrlicher Sohn ist der Herr Jesus für Gott, den Vater, und welch ein herrlicher Hirte ist er für uns!

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