Gedanken über das Johannesevangelium
Die 3 Türen
„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer nicht durch die Tür in den Hof der Schafe eingeht, sondern woanders hinübersteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber. Wer aber durch die Tür eingeht, ist Hirte der Schafe“ (Joh 10,1.2).
„Jesus sprach nun wiederum zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ich bin die Tür der Schafe. Alle, die vor mir gekommen sind, sind Diebe und Räuber; aber die Schafe hörten nicht auf sie“ (Joh 10,7.8).
„Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich eingeht, so wird er errettet werden und wird ein- und ausgehen und Weide finden“ (Joh 10,9).
Der wahre Hirte kommt durch die erste Tür (10,2) herein. Der Schafhof spricht von Israel. In diesem Schafhof befinden sich Gottes Schafe, wie es wiederholt gesagt wird. Die Mauern des Gesetzes umgaben sie. Durch die lange Nacht des Gesetzes hindurch waren sie eingeschlossen und kannten die Freiheit der Gnade Gottes nicht, die uns gebracht wurde. Natürlich, sie sprangen über die Mauer, sie alle irrten umher und ein jeder wandte sich auf seinen eigenen Weg. Aus der Sicht der Haushaltungen jedoch sehen wir es so, dass sie durch das Gesetz eingesperrt waren und dort auch nicht herauskamen.
Gott hatte Hirten für die Schafe vorgesehen. Einige dieser Hirten waren gute Hirten, sie sorgten für das Volk. Aber es gab auch falsche Hirten, denen man nicht vertrauen konnte. Anstatt die Herde zu nähren und zu versorgen nährten sie sich selbst, sie schoren die Schafe und kleideten sich mit ihrer Wolle. Die Propheten Jeremia, Hesekiel und Sacharja sprachen von diesen falschen Hirten. Von diesen spricht der Herr in Vers 1 als von denen, die nicht durch die Tür eingehen, sondern woanders über die Mauer steigen. Sie sind Diebe und Räuber. Die Propheten weissagten, dass einer kommen würde, um der wahre Hirte der Schafe zu sein, wie Hesekiel 34,23 es sagt. In Jesaja 40,10-11 finden wir ebenfalls eine solche Weissagung.
Als der Herr Jesus auf die Erde gekommen war, rief er wörtlich folgende Worte aus: „Ich bin der gute Hirte, der sein Leben für die Schafe gibt.“ Er trat in den Hof, indem er durch die Tür ging. Er versuchte nicht des Nachts über die Mauer zu steigen, in einer Zeit wo Diebe und Räuber stehlen. Er kam am frühen Morgen und trat durch die Tür ein, so wie es zu dem guten Hirten paßt. Er kam in Übereinstimmung mit allem, was die Schriften über sein Kommen vorhergesagt hatten. Alles, was über den kommenden Hirten prophezeit worden war, fand in seiner Geburt, seinem Leben und in seinem Tod die Erfüllung. Es konnte keinen Zweifel darüber geben, dass er der Hirte sein sollte, der die Schafe aus dem Schafhof herausbringen sollte.
Ihm wurde die Tür durch den Türhüter geöffnet und die Schafe hörten seine Stimme. Aber leider hörten nicht alle Schafe auf seine Stimme, denn Vers 4 besagt, dass er seine eigenen Schafe mit Namen ruft und eben sie herausführt. In der Nation Israel gab es viele, die seine Stimme nicht hören wollten und ihn ablehnten. Sie zogen die Mauern des Schafhofes der Freiheit der Gnade vor, in die der Hirte sie geführt hätte (Vers 3), so wie er es mit den 12 Aposteln und anderen Jüngern getan hat, die ihm gefolgt waren. Es waren vergleichsweise nur wenige, die seinem Ruf folgten. Er rief sie mit Namen. Erinnern wir uns noch, wie er die Jünger wirklich mit Namen gerufen hatte?
„Ich bin die Tür der Schafe“ (Vers 7). Die erste Tür ist die der Prophezeiungen, durch die der Herr als der wahre Hirte eingegangen war. Diese zweite Tür ist die Tür der Berufung, durch die seine jüdischen Schafe den Schafhof verlassen haben, um ihm zu folgen. Göttliche Gnade hat sie herausgeführt, so wie sie auch uns heute von der Fessel des Gesetzes und der eigenen Werke in die vollkommene Freiheit der Gnade Gottes einführt.
„Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich eingeht, wird er errettet werden und wird ein- und ausgehen und Weide finden.“ (Vers 9). Hier finden wir die dritte Tür. Hier ist es nicht so, dass der Herr herausführt, sondern er führt hier durch die Tür ein. Dieses Bild zeigt die Nationen, die nie in einem Schafhof gewesen sind. Wir waren Fremdlinge in bezug auf das Bürgerrecht und die Verheißung der Bündnisse, ohne Hoffnung und ohne Gott in der Welt. Hier ruft er nicht die Schafe mit Namen und nimmt auch nicht jeden einzeln heraus wie bei den zwölf Aposteln sondern hier ist der Ruf universell und weltweit: „wenn jemand an mich glaubt, wird er errettet werden“. Wir finden diesen Gedanken zum Beispiel in Johannes 3,16 und an vielen anderen Stellen. Diese Schafe werden nicht in den Schafhof des Gesetzes eingeführt, aus dem die Juden herausgeführt worden waren, sondern er führt hier ein in die Freiheiten und die Segnungen des christlichen Glaubens. Der Gläubige kann mit dem Hirten die Segnungen gemeinsam genießen, die er durch seinen Tod am Kreuz hervorgebracht hat. Und dann kann er wieder ausgehen, um solchen von der Gnade zu erzählen, die sie nötig haben. Auf beiden Wegen findet der Gläubige Nahrung, auf dem Weg der Ruhe und Anbetung in der Gegenwart des Herrn, und auf dem Weg des Dienstes.
Diesen „ein- und ausgehen“ ist dasselbe wie in 1. Petrus 2. Zuerst sind wir ein heiliges Priestertum, um geistliche Schlachtopfer darzubringen, dann sind wir aber auch ein königliches Priestertum, um die Tugenden dessen zu verkündigen, der uns berufen hat aus der Finsternis in sein wunderbares Licht.