Die Apostelgeschichte
Kapitel 19
Zu Beginn dieses Kapitels finden wir Paulus, wie er in Ephesus ankommt, nachdem Apollos diese Stadt verlassen hatte. Paulus fand hier etliche Jünger, die in einem ähnlichen Zustand der Unkenntnis über den vollen Inhalt des Evangeliums waren. Sie waren tatsächlich „Jünger“, und soweit sie von den Tatsachen, die Christus betrafen, gehört hatten, hatten sie geglaubt. Der Heilige Geist wird denen gegeben, die dem Wort der Wahrheit, dem Evangelium des Heils glauben (Eph 1,13). Sie hatten das noch nicht geglaubt, einfach weil sie es noch nicht gehört hatten, und folglich hatten sie noch nicht den Heiligen Geist empfangen. Wie Apollos kannten sie nur die frühesten Anfänge der Ereignisse, die mit Johannes dem Täufer zusammenhingen, und sie waren mit dessen Taufe getauft worden. Nachdem Paulus sie weiter unterwiesen hatte und sie getauft worden waren, indem sie Jesus als ihren Herrn bekannten, und Paulus ihnen die Hände aufgelegt hatte, kam der Geist auf sie, und sie redeten in Sprachen und weissagten. So wurde auf eindrucksvolle Weise deutlich, daß sie nun vollständig die christliche Stellung eingenommen hatten.
Paulus tadelte diese Männer in keiner Weise. In jenen Tagen, wo sich Mitteilungen nur langsam verbreiteten, vollzog sich der Übergang zum vollen Licht des Evangeliums nur schrittweise. Am Anfang von Hebräer 6 werden uns Dinge mitgeteilt, die einen Vorwurf enthalten. Es gab solche unter den jüdischen Gläubigen, die getadelt werden mußten, denn sie ließen nicht „das Wort von dem Anfang des Christus“, um zu dem vollen Wuchs fortzufahren, zum vollen Evangelium. Der Dienst des Johannes hatte hauptsächlich mit der „Buße von toten Werken“, mit „Waschungen“ und dem „ewigen Gericht“ zu tun. Doch zu der Zeit, als der Hebräerbrief geschrieben wurde, war die volle Wahrheit des Christus weithin verkündigt, und sie sollten sie in ihre Herzen geschlossen haben, auch wenn sie manche ihrer jüdischen Auffassungen durchkreuzte. Es gibt keine Entschuldigung für uns, wenn wir nicht zu dem vollen Wuchs gelangen.
Nachdem diese Menschen gesegnet waren, wandte Paulus seine Aufmerksamkeit der Synagoge zu, wo er schon bei seinem früheren Besuch kurz Zeugnis abgelegt hatte. Nun unterredete er sich während drei Monaten mit den Juden, indem er sie von dem Evangelium überzeugte. Gegen Ende dieser Zeit empfand er, daß seine Arbeit dort getan war. Der Überrest nach Wahl der Gnade war hervorgetreten, und die übrigen waren verhärtet. Deshalb vollzog er eine vollständige Trennung zwischen ihnen, indem er die Synagoge verließ und die Jünger mit sich nahm, um seinen Dienst in der Schule des Tyrannus fortzusetzen, so wie er auch in Korinth die Synagoge verlassen hatte und in das Haus des Justus übergewechselt war. Dadurch wurde sehr deutlich, daß Gott nicht eine neue Gruppe erleuchteter Gläubiger aus den Juden bilden wollte, sondern etwas völlig Neues, das sowohl aus Juden als auch aus Heiden bestand.
Ein solch deutliches und mächtiges Werk entstand dort, daß Paulus zwei arbeitsreiche Jahre in dieser Stadt verbrachte. Gott bestätigte ihn durch Wunderwerke besonderer Art, und das Evangelium wurde in der ganzen Provinz verbreitet. Und wie es immer der Fall ist, wurde auch hier durch ein kräftiges Wirken Gottes das Werk Satans entlarvt, und das erregte seinen Widerstand. Der Rest dieses Kapitels zeigt, wie dieser Widerstand in Ephesus zutage trat.
Als erstes regte sich der Widerstand durch Nachahmung. Die sieben Söhne des Skeva dachten, daß auch sie in dem Namen des Herrn Jesus Dämonen austreiben könnten. Doch sie kannten Ihn nicht. Er war nicht wirklich ihr Herr, und so konnten sie von Ihm nur sprechen als von dem „Jesus, den Paulus verkündigt“, indem sie Seinen Titel als Herr wegließen. Der Dämon gab sofort zu erkennen, daß er sie nicht kannte, und ließ sich nicht durch den Gebrauch des Namens Jesus aus zweiter Hand täuschen. Die sieben Männer wurden völlig geschlagen, und ihre Schande wurde überall bekannt. Letztendlich wurde dadurch der Name des Herrn Jesus verherrlicht.
Das führte zu einem großen und öffentlichen Triumph über Satan und die schwarzen Künste, durch die die Menschen Verbindung mit ihm zu halten suchten. Viele, die zum Glauben gekommen waren, fühlten sich gedrungen zu bekennen, wie sie früher verstrickt gewesen waren und welche bösen Dinge sie getan hatten. Viele andere lösten sich von diesem furchtbaren Bösen und verbrannten öffentlich die Bücher, die diese Dinge behandelten, trotz ihres hohen Wertes. Das Wort Gottes aber wuchs und nahm überhand, während dieses satanisch Böse abnahm und eine Niederlage erlitt. Es ist ein besorgniserregender Gedanke für uns, daß dem Wort in unseren Tagen weniger Beachtung geschenkt wird als früher und spiritistische Praktiken stark zunehmen.
In diesen Praktiken tritt Satan an die Menschen mit all den Listen der Schlange heran. Bei dieser Gelegenheit empfindlich getroffen, nahm er seine Zuflucht zu Handlungen, worin er sich selbst als der brüllende Löwe offenbarte. Er wirkte durch die Habgier der Menschen. Durch die kräftige Wirksamkeit des Evangeliums wurde der Handel der Silberschmiede gefährdet, und unter dem Vorwand des Eifers für den Namen ihrer Göttin Artemis war es nicht schwierig, eine Belebung des Handels zu versuchen. Sollte ihre Größe für nichts geachtet und ihre Herrlichkeit vernichtet werden? Das war eine hervorragende Tarnung für ihre Sorge um ihre Verdienstmöglichkeiten!
Ihr lautes Geschrei „Groß ist die Artemis der Epheser“ war ein Funke, der die ganze Stadt in Flammen setzte, denn Satan war am Werk gewesen und hatte das leicht entzündbare Material vorbereitet. So entstand der beängstigende Tumult, auf den der Apostel in 2. Korinther 1,8 anspielt, als er und seine Freunde übermäßg beschwert wurden, über Vermögen, so daß sie selbst am Leben verzweifelten. Die aufgestachelten Epheser waren bereit, das Todesurteil über Paulus zu fällen, doch er schreibt: „wir selbst aber hatten das Urteil des Todes in uns selbst, auf daß unser Vertrauen nicht auf uns selbst wäre, sondern auf Gott, der die Toten auferweckt“. Gott errettete ihn „von so großem Tode“, doch war die Gefahr offensichtlich so übermächtig, daß Paulus seine Errettung mit der Auferstehung aus den Toten verglich.
Aus dem Bericht in der Apostelgeschichte können wir ersehen, wie Gott den einen und den anderen benutzt, um Befreiung herbeizuführen: einige der Oberpriester, dann Alexander, der die Aufmerksamkeit von Paulus ablenkte, und schließlich den Stadtschreiber mit seiner diplomatischen Ansprache. Die Mehrheit dieser wilden Demonstranten wußte nicht, warum sie überhaupt demonstrierten, und der Stadtschreiber machte ihnen klar, daß das Blatt sich wenden und die römische Regierung sie anklagen und des Aufruhrs beschuldigen könnte. Es ist beachtenswert, daß er von Paulus und seinen Begleitern sagen konnte, daß sie „weder Tempelräuber sind, noch eure Göttin lästern“, was zeigt, daß sie sorgfältig alles vermieden hatten, was Ärgernis hätte erregen können. Sie hatten positiv das Evangelium verkündigt, statt durch negatives Wirken die Torheiten des Götzendienstes zu entlarven.
Dieser gewaltige Tumult machte dem Dienst des Paulus in Ephesus ein Ende, und er reiste ab nach Mazedonien, wie der erste Vers von Kapitel 20 berichtet. An dieser Stelle ist es interessant, nochmals 2. Korinther aufzuschlagen und Kapitel 2,12.13 zu lesen und dann Kapitel 7,5-7. Aus diesen Versen entnehmen wir, daß Paulus sich auf seiner Reise nach Mazedonien kurz in Troas aufhielt. Doch trotz der für den Dienst geöffneten Tür reiste er nach Mazedonien ab, da er danach verlangte, Titus zu treffen und Nachrichten von den Gläubigen in Korinth zu erhalten. In Mazedonien angekommen, war er noch immer voller Unruhe und Bedrängnis, doch er wurde durch die Ankunft des Titus getröstet. So folgten auf die Schwierigkeiten in Ephesus offensichtlich weitere sowohl in Troas als auch in Mazedonien. Doch diese Dinge werden in der Apostelgeschichte stillschweigend übergangen. Wie hätte Lukas auch über diese genauen Einzelheiten der Erfahrungen des Apostels berichten können: darüber erfahren wir aus seiner eigenen Feder.