Die Apostelgeschichte
Kapitel 4
In den ersten Versen dieses Kapitels finden wir nun die Antwort der offiziellen Führer des Volkes auf dieses Angebot. Da diesem Angebot die Auferstehung des Herrn Jesus zugrunde lag, war es für die Sadduzäer und die Priester, die zu dieser Partei gehörten, besonders unangenehm. Ihre völlige Ablehnung drückten sie dadurch aus, daß sie die Apostel in Gewahrsam setzten. Das Werk Gottes, das zur Bekehrung von Menschen führte, wurde jedoch dadurch nicht gehindert (V. 4). Als Petrus am nächsten Tag von den Obersten verhört wurde, gab es für ihn erneut Gelegenheit, Zeugnis abzulegen, indem er ihre Fragen nach der Kraft und dem Namen, aufgrund deren er gehandelt hatte, beantwortete.
Der Name und die Kraft gehörten Jesus Christus von Nazareth, den sie gekreuzigt hatten und den Gott erhöht hatte. So hatte sich in Ihm Psalm 118,22 erfüllt (V. 11), und an dieser Stelle (V. 12) begann Petrus damit, zu zeigen, daß sich das Zeugnis des Evangeliums nicht nur auf das Volk der Juden bezog, sondern daß sich seine Reichweite auf alle Menschen unter dem Himmel erstreckte. Die Kraft dieses Namens stand ihnen in diesem besonderen Fall des lahmen Mannes, der geheilt wurde, deutlich vor Augen, und dieselbe Kraft reicht aus für die Errettung von Menschen im allgemeinen. Die Heilung des Leibes des Mannes war lediglich ein Bild von der geistlichen Heilung, die der Name Jesus bringt. Der verachtete Jesus von Nazareth ist die einzige Tür, die zur Errettung führt.
Die Verse 13 - 22 zeigen sehr eindrucksvoll, wie das Zeugnis des Petrus unterstützt wurde. Nach weltlichen Maßstäben waren die Apostel ungelehrt und ungebildet, doch sie waren mit Jesus gewesen, und ihre Freimütigkeit machte Eindruck auf die Obersten, die sie gern verurteilt hätten. Dreierlei hinderte sie jedoch daran:
1. Sie hatten „nichts dawider zu sagen“ (V. 14)
2. Sie mußten bekennen: „Wir können es nicht leugnen“ (V. 16)
3. Sie fanden nicht, „auf welche Weise sie sie strafen sollten“ (V. 21).
Wollen Menschen irgend etwas in Zweifel ziehen, so leugnen sie es im allgemeinen zuerst einmal, falls das überhaupt möglich ist. Ist das nicht möglich, erfinden sie etwas, dem zu widersprechen und es nötigenfalls auch verkehrt darzustellen. Und wenn auch das nicht möglich ist, gehen sie gegen die Personen vor, um die es geht, indem sie sie verunglimpfen und sie strafen. Die Obersten versuchten es mit diesen drei wohlbekannten Methoden, doch sie führten nicht zum Ziel, da sie gegen Gott kämpften. Sie konnten sie lediglich bedrohen und ihnen verbieten, weiter den Namen Jesus zu verkündigen. Dieses Verbot wies Petrus jedoch zurück, denn Gott Selbst hatte ihnen geboten, in dem Namen Jesu zu predigen, und da Er die unendlich höhere Autorität war, hatten sie Ihm mehr zu gehorchen als ihnen.
In den Versen 23 bis 27 folgt ein liebliches Bild von der Anfangszeit der Versammlung in Jerusalem. Nachdem die Apostel von den Obersten entlassen waren, gingen sie „zu den Ihrigen“. Das zeigt uns, daß die Versammlung zu Anfang eine wirkliche „Gemeinschaft“ war, getrennt und abgesondert von der Welt, sogar von dem religiösen System des Judentums. Dieser Punkt verdient besondere Beachtung in Tagen, wo Welt und Kirche so weitgehend miteinander vermischt sind.
Die Kirche der Anfangszeit fand ihre Kraftquelle im Gebet. Die Gläubigen wandten sich in ihrer Not an Gott und nicht an Menschen. Sie mochten sich vielleicht Oberste gewünscht haben, die weniger sadduzäisch waren, dafür aufgeschlossener und weitherziger, aber darum bemühten sie sich nicht. Sie suchten einfach das Angesicht Gottes, des höchsten Herrschers der Menschen.
In ihrem Gebet wurden sie zum Wort Gottes geführt. Psalm 2 warf Licht auf die Lage, in der sie sich befanden. Die Auslegung dieser Stelle bezieht sich auf die letzten Tage, doch sie sahen die Anwendung, die sich auf ihre Tage bezog. Die Versammlung der Anfangszeit zeichnete sich durch Unterwerfung unter das Wort aus; sie fanden darin all das Licht und die Führung, die sie brauchten. Auch das ist ein sehr wichtiges und lehrreiches Merkmal.
Darüber hinaus kennzeichnete es sie, daß sie mehr auf die Ehre des Namens Jesus bedacht waren als auf ihre eigene Bequemlichkeit und ihr eigenes Wohlergehen. Sie beteten nicht, daß Verfolgung und Widerstand aufhören möchten, sondern daß sie Freimütigkeit hätten, das Wort zu reden, und daß durch Zeichen und Wunder Sein Name erhöht werde. Die Versammlung ist der Platz, wo dieser Name wertgeschätzt wird.
Als Folge davon fand eine außergewöhnliche Erweisung der Kraft des Heiligen Geistes statt. Sie wurden alle mit Ihm erfüllt. Die Stätte, wo sie versammelt waren, bewegte sich, und ihr Gebet um besondere Freimütigkeit wurde unmittelbar erhört. Und nicht nur das; auch was sie nicht erbeten hatten, wurde ihnen dargereicht: sie waren alle „ein Herz und eine Seele“. Das ist natürlich eine Folge der Tatsache, daß der „eine Geist“ einen jeden von ihnen erfüllte. Wenn heute alle Gläubigen mit dem Geist erfüllt würden, so würde Einheit des Sinnes und der Herzen sie kennzeichnen. Nur so kann diese Einheit zustande kommen.
Daraus folgte das nächste Merkmal, das in Vers 33 genannt wird. Es war große Kraft in dem Zeugnis der Apostel gegenüber der Welt. Die Versammlung selbst predigte nicht, doch sie war mit Gnade und Kraft erfüllt und unterstützte solche, die es taten. Die Predigt lag damals wie heute in den Händen solcher, die Gott dazu berufen hatte, doch die Kraft, in der sie es taten, wurde im wesentlichen durch den Zustand der ganzen Versammlung beeinflußt.
Die abschließenden Verse zeigen den Zusammenhang zwischen dem kraftvollen Zeugnis nach außen und der gegenseitigen Liebe und Fürsorge innerhalb. Die am Ende von Kapitel 2 erwähnte christliche Gemeinsamkeit dauerte weiter fort. „Es wurde aber einem jeden ausgeteilt, so wie einer irgend Bedürfnis hatte.“ Es wurden nicht die Wünsche, sondern die Bedürfnisse erfüllt, und so litt niemand Mangel. Paulus konnte später sagen: „Ich bin unterwiesen, sowohl satt zu sein als zu hungern, sowohl Überfluß zu haben als Mangel zu leiden“ (Phil 4,12). Doch zu dieser Zeit waren den Gläubigen in Jerusalem solche Erfahrungen noch unbekannt. Ob es für sie vorteilhafter war, solchen Erfahrungen zu entgehen, als für Paulus, sie zu machen, mag eine offene Frage sein, obwohl wir geneigt sind zu glauben, daß es das nicht war. Wie dem auch sei, die Handlung des Barnabas war sehr schön, und die Liebe und Fürsorge, die damals in der Versammlung gefunden wurden, sollten auch heute bekannt sein, wenn auch die Art und Weise, wie sie sich betätigen, unterschiedlich sein mag.