Die Apostelgeschichte

Kapitel 2

Die Apostelgeschichte

Wenn wir 3. Mose 23 lesen, so können wir feststellen, daß, so wie das Passah prophetisch auf den Tod Christi hinwies, Pfingsten das Kommen des Geistes ankündigte, in dessen Kraft Gott das „neue Speisopfer“ dargebracht wird, das aus den beiden Broten der Erstlinge besteht – eine Auswahl sowohl aus den Juden als auch aus den Heiden, geheiligt durch den Heiligen Geist. So wie das, worauf das Passah hinwies, am Tag des Passah erfüllt wurde, so wurde das, was auf Pfingsten hindeutete, am Pfingsttag erfüllt. Auf Jesus kam der Geist wie eine Taube – auf die Jünger wie das Brausen eines gewaltigen Windes oder Wehens und als zerteilte Zungen wie von Feuer. Der Wind wurde gehört und erinnerte daran, wie der Herr selbst in die Jünger hauchte (Joh 20,22). Die Zungen wie von Feuer wurden gesehen und waren völlig einzigartig. Der Wind erfüllte alles, die Zungen setzten sich auf jeden. Mit dem einen können wir innere Kraft verbinden, mit dem anderen den Ausdruck der Kraft in den vielen Sprachen, wie der Geist ihnen auszusprechen gab. Als Jesus kam, war Er zu hören, zu sehen und zu betasten (siehe 1. Joh 1,1). Als der Geist kam, war Er nur zu hören und zu sehen, und das in dieser geheimnisvollen Weise.

Es ist wichtig, daß wir von Anfang an zwischen der bedeutenden Tatsache der Gegenwart des Geistes und den so verschiedenen Zeichen und Äußerungen Seiner Gegenwart unterscheiden. Dies ist die endgültige Gabe des Geistes, auf die sich Johannes 7,39 und 14,16 beziehen, auch wenn, da es sich hier nur um Juden handelt, die Ausgießung des Geistes auf Gläubige aus den Nationen (Apg 10,45) eine Vervollständigung dieses Ereignisses ist. Nachdem der Geist in dieser Weise gekommen ist, bleibt Er während der ganzen Haushaltung bei den Gläubigen. Hier waren sie als Ergebnis der Ausgießung alle mit dem Geist erfüllt, so daß jeder einzelne vollständig unter Seiner Kontrolle stand. Ferner müssen wir zwischen der Gabe des Geistes und dem Erfülltsein mit dem Geist unterscheiden, da ersteres ohne letzteres möglich ist, wie wir später sehen werden. Hier finden wir beides zugleich.

Es war ein betendes Volk, auf das der Geist kam, und darin sind sie ihrem Herrn ähnlich. Auch waren sie in Einmütigkeit und dementsprechend an einem Ort versammelt. Der eine Ort wird nicht namentlich genannt. Es mag der Obersaal von Kapitel 1 gewesen sein, doch angesichts der Volksmengen, die das hörten, was durch den Geist gewirkt wurde, ist es wahrscheinlicher, daß es irgendein Hof des Tempels war wie z.B. die Säulenhalle Salomos. Wie dem auch sei, es handelte sich um ein wirkliches und kraftvolles Ereignis und konnte nicht verborgen bleiben. Es war in einem begrenzten Bereich eine Aufhebung Babels. Dort wurde der stolze Bau durch die Sprachenverwirrung beendet, hier zeigte Gott den Beginn Seines geistlichen Bauwerks dadurch an, daß Er Gewalt über die Sprachen gab.

Eine weitere Gegenüberstellung ist hier noch zu entdecken: nachdem die Stiftshütte in der Wüste errichtet war und der Herr durch die Wolke Seiner Gegenwart eingezogen war, begann Er unmittelbar zu Mose über die Opfer zu sprechen. Das wird klar, wenn wir 2. Mose 40,35 und 3. Mose 1,1 miteinander verbinden. Hier in Apostelgeschichte 2 sehen wir, wie Gott durch Seinen Geist in Sein neues, geistliches Haus einzieht, und auch hier redet Er sofort durch Seine inspirierten Apostel. Viele Menschen aus verschiedenen Ländern hörten „die großen Taten Gottes“.

Die Frage der Volksmengen gab Gelegenheit zum Zeugnis. Petrus war der Sprecher, doch die übrigen Elf standen mit ihm auf, gleichsam, um seine Worte zu unterstützen. Er lenkte ihre Blicke sofort zu der Schriftstelle, die das Ereignis erklärte. Joel hatte die Ausgießung des Geistes auf alles Fleisch für auch heute noch zukünftige Tage vorausgesagt, und was sich nun gerade ereignet hatte, war eine Erfüllung, doch nicht die Erfüllung. Die Worte des Petrus: „Dies ist es, was durch den Propheten Joel gesagt ist“, schließen in sich, daß dies von der Art war wie das, was Joel vorausgesagt hatte, doch nicht notwendigerweise die völlige und endgültige Erfüllung, die die Prophetie im Auge hatte. Johannes dem Täufer war über Jesus gesagt worden: „Dieser ist es, der mit Heiligem Geiste tauft“ (Joh 1,33). Joel hatte gesagt, daß, nachdem Israel Buße getan hätte und seine Feinde vernichtet wären, diese Ausgießung des Geistes auf alles Fleisch stattfinden würde. Am Pfingsttag nun hatte es davon durch die Ausgießung des Heiligen Geistes auf die, die den Kern der Versammlung bildeten, eine Art Erstlingsfrucht gegeben. Das war die richtige Erklärung für das, was geschehen war. Sie waren nicht trunken von Wein, sondern erfüllt mit dem Geist.

Doch Petrus beendete damit seine Rede nicht. Er fuhr fort zu zeigen, warum diese Taufe mit dem Geist stattgefunden hatte. Sie war die direkte Tat Jesu, nun erhöht zur Rechten Gottes. Dies finden wir, wenn wir zu Vers 33 kommen. Doch ab Vers 22 führte er die Herzen der Volksmenge von den Ereignissen der Kreuzigung bis zu Seiner Auferweckung und Erhöhung. Während der Tage Seines Dienstes war Jesus von Nazareth auf das deutlichste von Gott bestätigt worden, und doch hatten sie Ihn mit ihren ruchlosen Händen umgebracht. Er war dazu von Gott nach Seinem „bestimmten Ratschluß und Vorkenntnis“ übergeben worden, denn Gott weiß, wie Er die Wut des Menschen zu Seiner Verherrlichung und der Erfüllung Seiner Segensabsichten gebrauchen kann. Das verringert jedoch in keiner Weise die Verantwortlichkeit des Menschen in dieser Sache. Vers 23 ist ein klares Beispiel dafür, daß Gottes souveränes Handeln und die Verantwortlichkeit des Menschen sich nicht widersprechen, wenn es um die praktischen Ergebnisse geht. Wir haben meist Schwierigkeiten, die beiden in einer Theorie miteinander zu vereinen.

Was sie in ihrer Bosheit getan hatten, hatte Gott siegreich unwirksam gemacht. Die Gegensätzlichkeit ihrer Absichten und der Absichten Gottes war vollständig. Dadurch wurde ihr eigenes, völliges Verderben und ihr Gericht, das Gott zu seiner Zeit ausführen wird, um so mehr, als die Auferstehung von Gott vorhergesehen und durch David in Psalm 16 vorausgesagt war. David hatte unmöglich von sich selbst gesprochen, denn er war begraben worden, und sein Grab war in jenen Tagen unter ihnen gut bekannt. Wenn er von Jemandem sprach, dessen Seele nicht dem Hades überlassen würde und dessen Fleisch nicht die Verwesung sähe, so sprach er von Christus. Was er gesagt hatte, war erfüllt worden: Jesus war nicht nur auferweckt, sondern zum Himmel erhöht.

Jesus hatte als der erhöhte Mensch vom Vater den verheißenen Heiligen Geist empfangen und ihn auf Seine Jünger ausgegossen. Bei Seiner Taufe empfing Er den Heiligen Geist für Sich Selbst als der abhängige Mensch; nun empfängt Er denselben Heiligen Geist im Blick auf andere als ihr Repräsentant. Bei der Ausgießung des Geistes wurden diese anderen zu einem Leib getauft und wurden Seine Glieder. Das lernen wir aus späteren Schriften.

In den Versen 34 bis 36 führt Petrus seine Begründung noch einen Schritt weiter zu ihrem Höhepunkt. David hatte von seinem Herrn geweissagt, der zur Rechten Gottes erhöht werden sollte. David selbst war nicht zum Himmel aufgefahren, genausowenig wie er von den Toten auferstanden war. Der, von dem David sprach, sollte auf dem Thron der Herrschaft und Kraft sitzen, bis alle Seine Feinde zum Schemel Seiner Füße gelegt würden. Die Schlußfolgerung daraus war deshalb: die Ausgießung des Geistes, die sie gesehen und gehört hatten, bewies ohne jeden Zweifel, daß Gott den gekreuzigten Jesus sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht hatte.

Als Herr ist Er der große, von Gott bestimmte ADMINISTRATOR (Verwalter), sei es zum Segen oder zum Gericht. Die Ausgießung des Geistes war eine administrative Handlung, die Sein Herr-Sein offenbarte.

Als Christus ist Er das gesalbte HAUPT aller Dinge und besonders der kleinen Schar der Seinen, die Er hier auf Erden zurückließ. Daß Er den Geist von dem Vater für sie empfing, bevor Er ihn ausgoß, bewies, daß Er der CHRISTUS war.

Er wurde zum Herrn und Christus „gemacht“, und das stimmt ganz damit überein, daß Er beides während Seines Wandels auf der Erde war. Diese Dinge gehörten immer Ihm, doch nun war Er als der auferstandene und verherrlichte Mensch als solcher offiziell eingesetzt. Für uns ist das eine wunderbare Botschaft, doch es ist eine schreckliche Botschaft für solche, die sich Seiner Kreuzigung schuldig gemacht hatten. Ihr Verderben war unausweichlich, wenn sie weiter auf ihrem Weg verharrten.

Der Geist, der soeben auf die Jünger gefallen war, begann nun, an den Gewissen vieler Zuhörer zu wirken. Als ihnen bewußt zu werden begann, in welch hoffnungslose Lage sie durch die Auferweckung des Herrn versetzt waren, drang es ihnen durchs Herz, und sie riefen laut nach einer Möglichkeit, dem Gericht zu entgehen. Petrus stellte ihnen als Weg die Buße und die Taufe auf den Namen Jesu Christi vor, um die Vergebung der Sünden und den Heiligen Geist zu empfangen, denn, wie er in Vers 39 erklärt, die Verheißung in Joel gilt einem bußfertigen Israel, ihren Kindern und sogar den Nationen in der Ferne. So wird bereits in der ersten christlichen Predigt die Ausbreitung der Segnungen des Evangeliums auf die Nationen ins Blickfeld gerückt. Die Vergebung der Sünden und die Gabe des Geistes bringen alle christlichen Segnungen mit sich.

Es mag uns ungewöhnlich erscheinen, daß Petrus den Glauben nicht erwähnt. Natürlich ist dieser mit eingeschlossen, denn niemand würde sich der Taufe auf den Namen Jesu Christi unterwerfen, es sei denn, daß er an Ihn glaubte. Die Taufe ist ein Bild des Todes und bedeutet somit eine Trennung vom alten Leben und den alten Bindungen. Sie wären niemals bereit gewesen, ihre Bindungen an das alte Leben zu lösen, wenn sie nicht wirklich an Ihn, den Herrn ihres neuen Lebens, geglaubt hätten. Mit vielen Worten beschwor und ermahnte Petrus sie, ihre Verbindungen abzubrechen und sich retten zu lassen von diesem „verkehrten Geschlecht“.

Glaube war vorhanden, denn nicht weniger als dreitausend nahmen die Worte des Petrus an. Eine Stunde zuvor hatten sie die Qual des getroffenen Herzens erlebt. Jetzt nahmen sie das Evangelium an und trennten sich durch die Taufe von ihren Bindungen. Getrennt von der Masse ihres Volkes, das ihren Herrn gekreuzigt hatte, stellten sie sich auf die Seite der ursprünglichen 120, die sich an einem Tag auf das sechsundzwanzigfache vermehrten. Und sie blieben nicht dabei stehen, nur einen Anfang zu machen, sondern zeichneten sich durch beständiges Verharren aus.

Die vier Stücke, die sie nach Vers 42 kennzeichneten, sind es wert, näher betrachtet zu werden. Zuerst die Lehre oder Belehrung der Apostel. Das ist die Grundlage für alles. Die Apostel waren es, zu denen der Herr gesagt hatte: „Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahrheit leiten“ (Joh 16,13). Ihre Lehre war demnach die Frucht der Leitung des Geistes. Das erste, was die Versammlung nach ihrer Bildung kennzeichnete, war Unterwerfung unter die Lehren des Geistes durch die Apostel. Die Versammlung lehrt nicht; sie wird belehrt und ist dem durch den Geist gegebenen Wort unterworfen.

Indem sie in der Lehre der Apostel verharrten, verharrten sie ebenfalls in der Gemeinschaft der Apostel. Sie fanden ihr praktisches Leben und ihren Umgang in der apostolischen Gemeinschaft. Früher hatten sie alles gemeinsam mit der Welt; jetzt war alle Gemeinsamkeit mit der Welt verschwunden und die Gemeinschaft mit denen, die sich um die Apostel scharten, hatte eingesetzt – und die Gemeinschaft der Apostel war „mit dem Vater und mit Seinem Sohne Jesus Christus“ (1. Joh 1,3).

Ebenso verharrten sie im Brechen des Brotes, das das Zeichen des Todes ihres Herrn war und übrigens auch, wie wir es in 1. Korinther 10,17 lernen, ein Ausdruck der Gemeinschaft. So erinnerten sie sich beständig an ihren Herrn, der starb, und wurden vor der Rückkehr in die alten Verbindungen bewahrt.

Schließlich verharrten sie in den Gebeten. Sie hatten keine Kraft in sich selbst, alles fanden sie in ihrem Herrn im Himmel und dem Geist, der ihnen gegeben war. Für die Erhaltung ihres geistlichen Lebens und Zeugnisses war daher die ununterbrochene Abhängigkeit von Gott erforderlich.

Diese Dinge kennzeichneten die Versammlung in den ersten Tagen und sollten nicht weniger die Versammlung heutzutage kennzeichnen. Die in den abschließenden Versen des Kapitels erwähnten Stücke waren von weniger fortdauerndem Charakter. Die Apostel sowie Zeichen und Wunder sind nicht mehr. Der Grundsatz der ersten Christen, alle irdischen Güter gemeinsam zu haben, hat auch aufgehört, so auch das einmütige Verharren im Tempel und die Gunst bei dem ganzen Volk. Das alles setzte Gott beiseite. Der Verkauf ihrer Güter führte zu großer Armut unter den Heiligen, als Jahre später die Hungersnot kam, und war so der Anlaß für den Dienst der Hilfsleistung durch Versammlungen aus den Nationen (siehe Apg 11,27-30), was mit dazu führte, daß die Elemente aus den Juden und aus den Heiden in der Kirche Gottes miteinander eng verbunden wurden.

Zu dieser Zeit war Einfachheit, Frohlocken und Einfalt des Herzens, verbunden mit dem Lob Gottes, vorhanden. Und das Werk Gottes, den gläubigen Überrest der Versammlung hinzuzufügen, nahm seinen Verlauf.

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