Der 2. Brief an die Korinther
Kapitel 1
Als Paulus sich in Ephesus aufhielt, hatte er Timotheus nach Mazedonien vorausgesandt (Apg 19,22), weshalb er wahrscheinlich dessen Namen am Anfang des ersten Briefes ausläßt. Um die Zeit, als der zweite Brief geschrieben wurde, waren Paulus und Timotheus in Mazedonien, so daß beide Namen als Absender aufgeführt sind.
Nach der einleitenden Begrüßung gibt der Apostel sogleich der Dankbarkeit, Tröstung und Ermunterung Ausdruck, die sein Herz erfüllten. Er führt sie zurück auf den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der der Vater der Erbarmungen und der Gott allen Trostes ist. Trost war in sein Herz ausgegossen worden, dafür bringt er Gott Lobpreis und Danksagung dar.
Doch damit nicht genug, er ließ sie weiterströmen zur Hilfe für andere. Nachdem er schwere Bedrängnisse erlebt und reichlichen Trost von Gott empfangen hatte, nutzte er sie, um auch anderen in ähnlichen Leiden Trost zu spenden. Dies ist zweifellos ein wichtiger Grundsatz in den Wegen Gottes. Welcherlei geistliche Zuwendung wir auch von Gott bekommen, ob Tröstung, Freude, eine Warnung, Belehrung oder irgend sonst etwas, wir sollten nicht damit umgehen, als ginge sie nur uns selbst an, sondern sollten sie vielmehr so sehen, daß sie uns gewährt wird, um sie mit anderen zu teilen. Die Einheit der Heiligen Gottes dürfen wir nie vergessen. Wir werden die göttlichen Gunstbezeigungen niemals wirklich besitzen, bis wir anfangen, andere teilhaben zu lassen.
Wenn wir das, was wir haben, nicht gebrauchen, verlieren wir es schließlich. Immer wieder läßt der Herr Seine Diener durch Erprobungen gehen, damit sie wertvolle Lektionen lernen und die benötigte Gnade erlangen. Durch Erfahrungen befähigt, können sie dann nützlicher werden, um anderen zu helfen.
Ein weiterer wichtiger Grundsatz tritt in Vers 5 ans Licht. Gott paßt die Tröstungen den Leiden so an, daß sie ihnen völlig entsprechen. Sind die Leiden leichter, sind auch die Tröstungen leichter. Nehmen die Leiden überhand, sind auch die Tröstungen überreichlich. Beachten wir, daß es die Leiden „des Christus“ sind, das heißt, sie werden nicht nur um seinetwillen ertragen, sondern sie sind auch von derselben Art wie die Leiden, die Er ertrug, weil Er sich so völlig mit Gott und Seinen Belangen einsmachte. Solche Leiden, Leiden des Christus in Seinem Volk, sind begleitet von Trost, der durch Christus dargereicht wird.
In den Versen 3-7 kommt ein Wort (in verschiedenen Formen) nicht weniger als zehnmal vor: sechsmal „Trost“ und viermal „trösten“. Es weist auf einen „ermunternden oder stützenden Zuspruch“ hin. In der Form nur wenig verschieden ist der Ausdruck, den unser Herr auf den Heiligen Geist anwendet und der in Johannes 14, 15-16 mit „Sachwalter“ (Fußnote: O. Fürsprecher, Tröster) übersetzt ist. In denselben Versen werden Drangsal, Sorge, Beschwerden, Leiden nur siebenmal erwähnt, so daß selbst in diesen Versen die Ermutigung die Leiden bei weitem übertrifft. Ohne Zweifel lag darin das Geheimnis der übernatürlichen Kraft der Märtyrer verborgen. Von Gott berufen, ungewöhnlichen Leiden ins Auge zu sehen, wurden sie durch eine ungewöhnliche Stärkung hindurchgetragen. Der ermutigende und stützende Zuspruch überwog bei weitem.
Es gibt heutzutage in Europa sehr wenig Verfolgungen von seiten der Welt. Über anderthalb Jahrhunderte herrschten große Ruhe und Duldsamkeit vor, die gepaart ging mit einer Periode der Auflösung und der Laxheit in der Lehre. Die Leiden der Gläubigen sind hauptsächlich von der Art, wie sie im ersten Korintherbrief angesprochen werden, „viele unter euch sind schwach und krank“, oder es sind irgendwelche Nöte, wie sie mit schwierigen Umständen verbunden sind, und dergleichen. Die Leiden, wovon der Apostel hier spricht, sind weithin unbekannt für uns. Ebenso unbekannt sind daher auch die Tröstungen, die er bezeugt. Ein Gläubiger, dem bei ernster Verfolgung überströmende Ermunterungen zuteil werden, ist jetzt eine seltene Erscheinung. Das gereicht sowohl zu Beschämung als auch zu unserem Verlust.
In den Versen 6 und 7 verbindet der Apostel die Korinther in einer sehr schönen Weise mit sich selbst. Obwohl sie fleischlich und in vielem schwach gewesen waren, hatten sie doch an Leiden ähnlich den seinen teilgenommen, und diese Tatsache an sich konnte ihnen Trost geben. Außerdem war es gewiß, daß sie zur gegebenen Zeit auch an den entsprechenden Ermunterungen teilhaben würden.
Dies veranlaßt Paulus, deutlich von der besonderen Drangsal zu sprechen, die er in Ephesus, der Hauptstadt Kleinasiens, erlebt hatte. In Apostelgeschichte 19,23 wird dieses Ereignis ein „nicht geringer Lärm“ genannt, aber seine Worte in Vers 8 enthüllen uns, daß die Lage damals kritischer und gefährlicher war, als wir nach Lukas' Bericht vermutet hätten. Offensichtlich sah er dem Tod ins Auge. Später in diesem Brief erzählt er seine Erfahrungen als Knecht des Herrn und gebraucht den Ausdruck „in Todesgefahren oft“ (11,23). Hier war eine der Gelegenheiten, in der sein Leben ernstlich bedroht war.
Der aufrührerische Pöbel in Ephesus trachtete danach, ihn zu töten, und tat alles, um dieses Ziel zu erreichen. Der Apostel rechnete in dieser Lage mit seinem Tod. Jede Hoffnung und jedes Vertrauen, die sich auf ihn selbst oder irgendein eigenes Vermögen hätten richten können, wurden zunichte. Er war völlig auf Gott geworfen und auf dessen Macht. Der Gott, dem er vertraute, ist der Gott, der die Toten auferweckt, und der deshalb alles, was der Pöbel hätte tun können, rückgängig machen konnte, selbst wenn ihnen erlaubt worden wäre, das Schlimmste auszuführen.
Gott hatte jedoch eingegriffen und sie in Schach gehalten. Paulus und seine Freunde waren an diesem Tag errettet worden und wurden auch weiterhin errettet. Der Apostel sah die Gefahr nicht für immer abgewandt. Vielmehr war ihm bewußt, daß sie ihn auf seinem weiteren Weg begleiten würde. So erhoffte er, daß er auch ferner errettet werden würde, und daß den Korinthern das Vorrecht geschenkt würde, ihm deshalb in ihren Gebeten hilfreich zur Seite zu stehen. Und Gottes gnädige Erhörungen würden zu viel mehr Danksagung ausschlagen. Wenn viele sich in der Fürbitte verbunden hatten, würden es auch viele in den Dankgebeten tun.
Sein gutes Gewissen betreffs seiner ganzen Lebensführung verlieh ihm Kühnheit, die Korinther freimütig um ihre Gebete zu bitten. Einfalt und Lauterkeit, wie sie von Gott gewirkt sind, kennzeichneten ihn, fleischliche Weisheit war da ausgeschlossen. Das traf zu auf seine allgemeine Haltung in der Welt und ganz besonders auf seinen Verkehr unter den Gläubigen. Wenn er diesen Ruhm beanspruchte, wußte er, daß er nur aussprach, was die Korinther selbst sehr wohl anerkannten. Es hatte unter ihnen solche gegeben, die ihn zu verleumden und andere gegen ihn einzunehmen suchten. Die Folgen waren um diese Zeit teilweise überwunden, denn er sagt in Vers 14: „Gleichwie ihr auch uns zum Teil anerkannt habt, daß wir euer Ruhm sind.“ Das heißt, sie hatten zum Teil anerkannt, daß er ihr Ruhm war, ebenso wie sie der seine waren dem Tag des Herrn Jesus. So ergab sich eine weitgehende glückliche Übereinstimmung.
In dieser zarten Weise deutet er die spürbare Besserung an, die seit der Absendung des ersten Briefes in den Gefühlen der Korinther gegenüber ihm selbst eingetreten war. Doch laßt uns die Tatsache zu Herzen nehmen, daß der Bitte des Apostels um die Fürbitte der Korinther seine Einfalt und Lauterkeit zugrunde lag. Wir hören recht häufig unter Christen, daß einer den anderen um Fürbitte ersucht. Manchmal bitten wir auch selbst darum. Aber können wir immer auf dieser Basis darum bitten? Wir befürchten, nicht, und möglicherweise liegt hier die Ursache, daß viele Gebete und Fürbitten unbeantwortet bleiben. Denn unser Leben und alle uns bestimmenden Beweggründe sind vor dem Auge Gottes völlig aufgedeckt.
Paulus hatte auch vorher, als er den ersten Brief schrieb, Vertrauen, daß seine Beziehungen zu den Korinthern, obwohl für den Augenblick gefährdet, dennoch im Grund von dieser guten Qualität sein würden. Deshalb hatte er geplant, sie früher zu besuchen, sogar vor der Reise nach Mazedonien. Doch es war anders gekommen, und der beabsichtigte Besuch hatte nicht stattgefunden. Laßt uns hier einen Augenblick stillstehen. Selbst ein Apostel hatte Pläne, die durcheinanderkamen und umgeworfen wurden. Und er wurde von Gott so geführt, daß er diese Umstände für uns in der Schrift festhielt. Das Umplanen mochte, wie wir gleich sehen werden, nicht genau von Gott angeordnet sein, wurde aber von Gott benutzt, um schließlich Segen zu bewirken. Führung mag den Diener auf verschiedenen Wegen erreichen; und selbst wenn er eine direkte Führung nicht bemerkt, mag er oft erfahren, daß Gott seine Fehler überspielt und noch Segen daraus hervorkommen läßt. Auf unserer Seite sind aber Einfalt und Lauterkeit in Gottesfurcht unverzichtbar, wie Vers 12 erkennen läßt.
Seine Widersacher haben sogar diesen Planwechsel als Grund zu einem Angriff benutzt. Sie gaben die Deutung aus, hier sei zu ersehen, daß Paulus leichtfertig und oberflächlich in seinen Vorhaben sei. Er habe keine charakterliche Festigkeit und sage heute dies und morgen jenes. Der Apostel wußte das und stellte deshalb die Fragen in Vers 17. War er nur von fleischlichen Antrieben beherrscht, um sich leichthin in die eine oder andere Richtung ziehen zu lassen, heute ja und morgen nein zu sagen?
Er beantwortete diese Frage unter Berufung auf seine Predigt, als er zuerst mit Silas und Timotheus zu ihnen kam. Darin hatte es nichts Unbestimmtes oder Widersprüchliches gegeben. Wenn er sagt: „Unser Wort an euch war nicht ja und nein“, spielt er offensichtlich auf die Art seiner Verkündigung an. Im folgenden Vers erwähnt er dann das große Thema seiner Predigt - Jesus Christus, der Sohn Gottes. In Ihm ist alles für Gott fest begründet worden. In Ihm ist ewige Beständigkeit.
Bei diesem Thema war seine Predigt von felsenfester Bestimmtheit und Gewißheit. Dieselbe Bestimmtheit und Gewißheit sollte alles Predigen des Wortes auch heute kennzeichnen. Modernistische Prediger können - es liegt in der Natur der Sache - nur Ideen predigen, Ideen, die auf den letzten Aussprüchen einer spekulativen Wissenschaft beruhen und die sich beständig ändern. Ihr Wort ist wirklich nur „ja und nein“. Ihre heutigen Aussagen, obschon lautstark behauptet, werden verneint werden, bevor viele Jahre vergangen sind, geradeso wie ihre noch nicht viele Jahre alten Erklärungen heute verneint werden.
Wir brauchen uns von den Modernisten nicht unnötig beunruhigen zu lassen. Ihr kurzer Tag wird bald vorüber sein, und um ihre schwankenden Erklärungen wird es still werden. Laßt uns sorgfältig den unwandelbaren Christus in einer unwandelbaren Weise predigen.
Ein deutlicher Gegensatz ist zwischen dem „ja und nein“ in Vers 19 und dem „Ja und ... Amen“ des folgenden Verses. Ersteres bezeichnet Schwankendes und Widersprüchliches, letzteres endgültig Bestimmtes, das zu seiner Zeit in seiner Unerschütterlichkeit bestätigt wird.
Der Mensch ist wankelmütig. Bei ihm gibt es häufig ein Ja bei einer Gelegenheit und ein Nein bei der nächsten. Außerdem widerspricht er, wenn es um Gott und Seinen Willen geht. Noch und noch reißt er nieder und verneint folglich alles, was Gott ihm wünscht. Seine Antwort auf den Willen Gottes ist einförmigerweise „Nein“. Das Gegenteil hierzu finden wir in Christus, denn „in ihm war das Ja“. Er sagte „Ja“ zu allem, was Gott beabsichtigte und wünschte.
Und nicht nur wurde das Ja in Ihm gefunden, sondern auch das Amen. Er stimmt nicht nur allem Willen Gottes zu, wie er in Seinen Verheißungen zum Ausdruck kommt, Er fährt damit fort, sie alle auszuführen und zu einer völligen und endgültigen Vollendung zu bringen. In Ihm wurde Gottes Vorsatz verwirklicht und wird weiter verwirklicht werden, bis ein großes Amen zu allem göttlichen Wohlgefallen gesprochen werden kann, so daß Gott verherrlicht wird. Und weiter bekommt Er ein Volk, das Ihm dient in der Ausführung des göttlichen Willens, so daß die Worte „durch uns“ am Schluß von Vers 20 hinzugefügt werden können. Welch herrliche Festigkeit und Sicherheit sind hier gegeben! Wie erfüllen Vertrauen und Frieden ein Herz, das in Christus ruht!
Der Sohn Gottes, den Paulus unter den Korinthern gepredigt hatte, trug diesen wunderbaren Charakter. Auf Ihm beruhte die Zuverlässigkeit und Gewißheit seiner Predigt. Und ebenso die Festigkeit, die den Apostel selbst kennzeichnete und die eigentlich das Kennzeichen jedes wahren Christen ist. Wir sind in Christus befestigt worden. Es ist ein Werk Gottes. Was ein Mensch vollbringt, mag er sehr wahrscheinlich zu einer späteren Zeit rückgängig machen. Was Gott tut, das tut Er für immer.
So sind wir sicher in Christus befestigt, dem Christus, auf den der ganze Ratschluß Gottes gegründet ist - durch eine Tat Gottes. Laßt uns diese Tatsache ergreifen, denn sie erhebt alles auf eine Ebene, die unermeßlich über dem Menschen liegt. Auch die Salbung des Geistes haben wir als ein Werk Gottes empfangen.
Vergessen wir nicht, daß „Christus“ der „Gesalbte“ bedeutet. Vers 21 zeigt uns, daß wir gesalbt sind als solche, die in dem Gesalbten befestigt sind. Die Salbung wird uns als solchen zuteil, die mit Ihm verbunden sind. Bei der Salbung Aarons floß das „köstliche Öl“, das auf sein Haupt ausgegossen wurde, sogar herab „auf den Saum seiner Kleider“ (Ps 133,2). Das dürfen wir sinnbildlich verstehen; denn die Gnade und die Kraft unseres erhöhten Hauptes strömen zu uns, Seinen Gliedern, herab durch die Salbung des Geistes. So kann es geschehen, und nur so, daß die Verheißungen Gottes verwirklicht werden zur Herrlichkeit Gottes „durch uns“. Es ist Christus selbst, der die Verheißungen Gottes künftig zur vollen Erfüllung bringen wird. Doch Er wird es durch uns tun. Das heißt, daß Er die Verheißungen in ihren Einzelheiten durch die Seinen ausführen wird, die Seine gesalbten Glieder sind. Wenn nur unsere Herzen sich diese Wahrheit aneigneten, würde sie uns weit über diese gegenwärtige böse Welt erheben.
Doch der Geist Gottes ist nicht nur die Salbung, Er ist auch Siegel und Unterpfand. Als Salbung verbindet er uns mit Christus. Als Siegel sondert er uns gänzlich ab für Gott. Wir sind göttliches Besitztum und als solches gezeichnet, so wie ein Bauer, der Schafe kauft, ihnen sofort eine Marke anheftet, damit sie als die seinen ausgewiesen sind. Im Buch der Offenbarung lesen wir, daß die künftigen „Tiere“ die Menschen dahin bringen, daß sie ein „Malzeichen annehmen“ (13,16). Diejenigen, die dieses Malzeichen annehmen, müssen dem furchtbaren Zorn Gottes entgegensehen, wie das nächste Kapitel zeigt; und Kapitel 7 desselben Buches offenbart uns, daß Gott der boshaften Maßnahme der Tiere zuvorkommt, indem Er den Seinen „das Siegel des lebendigen Gottes“ aufdrückt.
Gott hat uns auch versiegelt, und wir dürfen uns über diese wunderbare Tatsache freuen. Sind wir uns aber immer ihrer ersten Folgen bewußt? Wir können nicht zwei Siegel tragen, wenn das eine, das uns aufgedrückt worden ist, Gottes Siegel ist. Er ist ein eifernder Gott. Das Siegel an uns ist ausschließend. Wenn wir versuchen, das Siegel der Welt zu tragen - vom Siegel des Teufels ganz zu schweigen -, werden wir Ihn zur Eifersucht reizen und Züchtigungen und Not über uns bringen. O junge Christen! nehmt euch sehr in acht, denn die Welt sucht immer, euch ihr unheiliges Gepräge aufzudrücken, als ob ihr zu ihr gehörtet. Ihr gehört nicht zu ihr, ihr gehört Gott an. Seid auf der Hut, nicht die Merkmale und Abzeichen zu tragen, die sie euch anlegen möchte.
Und schließlich ist der Heilige Geist das Unterpfand in unseren Herzen. Wenn wir ihn als die Salbung in Verbindung mit Christus sehen, und als Siegel mehr in Verbindung mit Gott, dem Vater, zeigt uns das Unterpfand, was er in sich selbst ist. Wenn bald die Verheißungen Gottes ihre Erfüllung finden, werden wir der vollen Flut des Geistes Gottes ausgesetzt sein. Aber heute ist er das Unterpfand in unseren Herzen. „In unseren Herzen“, beachten wir den Ausdruck: also nicht nur in unseren Leibern oder in unserem Geist. Tatsächlich ist unser Leib sein Tempel. Unser Geist mag in beglückender Weise von seinem Licht durchflutet werden. Doch in den tiefsten Zuneigungen unserer Herzen haben wir das Unterpfand - die Bürgschaft und den Vorgeschmack der künftigen Herrlichkeit. Durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist, können wir uns vorwegnehmend etwas vergegenwärtigen von all dem Guten, das unser Teil sein wird, wenn die Verheißungen Gottes sich vollenden zu Seiner Herrlichkeit.
In diesen drei Versen (20-22) sind wir zu einem erhabenen Gipfelpunkt des Segens geführt worden. Alles entspringt dem anscheinend geringfügigen Umstand, daß der Apostel sich zu einer Erklärung gezwungen sah, nicht ein Mann leichtfertigen Geistes zu sein, der Versprechen gab ohne die wirkliche Absicht, sie zu halten. Er verteidigte sich nicht bloß selbst. Er nutzte die Gelegenheit in einer bestimmten Absicht.
Nachdem das geschehen ist, kehrt er in Vers 23 zu dem mehr persönlichen Anliegen zurück, aus dem alles entsprang. Ein anderer Grund war für ihn offensichtlich schwerwiegend gewesen und hatte mitgeholfen, ihn im Augenblick von einem weiteren Besuch in Korinth abzuhalten. Er wünschte nicht, unter ihnen zu sein, nur um sich verpflichtet zu fühlen, sich in aller Strenge mit Sünde und grober Unordnung zu befassen, die sich noch bei ihnen vorfanden. Deshalb hatte er gewartet, bis neue Nachrichten über die Wirkung des früheren Briefes, den er ihnen geschrieben hatte, eintrafen. Er hoffte auf Besserung. Nicht, daß er über ihren Glauben herrschen wollte, vielmehr suchte er ihnen ein hilfreicher „Mitarbeiter“ zu sein, daß sie zurechtkommen und sich wieder freuen könnten.
Das Kapitel schließt mit den Worten „Denn ihr stehet durch den Glauben.“ Das ist eine Tatsache, die wir uns aufs Herz binden sollten. Wenn er sich die Herrschaft über ihren Glauben in irgendeinem Punkt angemaßt hätte, so würde ihr Glaube in der Hinsicht aufgehört haben. Er würde ihnen gewisse Dinge befohlen haben, (durchaus völlig rechte Dinge) und sie wären seinen Anordnungen nachgekommen, nicht als Frucht in der Übung des Glaubens, sondern rein mechanisch. Dergleichen wäre ein Tun ohne Glauben gewesen, eben eine mechanische Handlung gleich einer äußeren Schale. Und eines Tages hätten sie alle schockiert, weil zu Fall gekommen wären; genauso wie eine Hütte in den Tropen plötzlich zusammenbricht, wenn das Innere der tragenden Stützen von den Termiten ganz weggefressen worden ist.
Es gibt viele Christen heutzutage, die sehr stark dazu neigen, ihr Leben auf den Glauben irgendeines anderen hin zu leben. Sie hätten gern, daß man ihnen sagt, was sie tun sollen. Möge irgendein anderer die geistliche Übung durchstehen und das Problem lösen und verlauten lassen, was hier richtig ist! Sie werden artig und gehorsam sein und tun, was ihnen gesagt wird. Aber all das taugt nicht und wirkt sich unheilvoll aus. Wir stehen durch den Glauben, den wir persönlich haben, nicht durch den Glauben eines anderen. Durch den Glauben eines anderen kommen wir zu Fall. Es ist auch nicht gut für jemand anderes. Solche starken Personen lieben es bald, den Glauben ihrer Brüder zu beherrschen und auf diese Weise kleine Päpste zu werden. Das geht früher oder später für sie unheilvoll aus.