Der Brief an die Kolosser
Kapitel 4
Im dritten Fall, dem der Herren, liegt der Schwerpunkt nicht auf der Liebe, sondern auf der Gerechtigkeit. Jeder christliche Arbeitgeber sollte sich im Hinblick auf seine Untergebenen ständig fragen: „Was ist gerecht? Was ist angemessen?“ Und außerdem sollte er sich daran erinnern, daß er selbst ein Diener seines Herrn im Himmel ist - ein Herr, der festgelegt hat: „Mit demselben Maß, mit dem ihr meßt, wird euch wieder zugemessen werden“ (Lk 6,38).
Hier finden wir also sechs Punkte an Unterweisung, die, wenn man sich daran hielte, den Himmel auf Erden schaffen würden. Familienstreit und Unfrieden in der Arbeitswelt würden der Vergangenheit angehören! Aber hier geht es darum, daß wir als Gläubige die Segnungen des Tausendjährigen Reiches vorwegnehmen sollten und Gottes Willen in unseren verschiedenen Beziehungen tun sollten, während wir auf den Tag warten, an dem Gottes Wille auf der Erde getan wird so wie im Himmel.
In Kapitel 4,2-6 geht es wieder um allgemeinere Ermahnungen, erstens im Blick auf das Gebet und weiter im Blick auf das Verhältnis zwischen Gläubigen und Unbekehrten.
Wir sollen beten, aber nicht nur das, sondern darin unermüdlich sein und auf Gottes Handeln achten, damit wir Seine Antworten auf unsere Bitten nicht übersehen und nicht vergessen, Ihm für die empfangene Gnade zu danken. Außerdem sollten unsere Gebete nicht hauptsächlich um uns selbst kreisen oder selbstsüchtig sein. Paulus bat die Kolosser dringend um Fürbitte für sich, damit er das „Geheimnis des Christus“ verkünden konnte, von dem er in diesem Brief schon geredet hatte. Er wünschte sie sich als Fürbittende für das Werk Gottes und folglich als Teilnehmer an den damit verbundenen Kämpfen.
Was dieses Gebetsanliegen betrifft, sind wir heute sehr, sehr schwach. Im modernen Leben muß alles immer schnell gehen, und so wird das Gebet allzuoft an den Rand gedrängt. Wie sieht es mit deiner Beharrlichkeit in diesem Punkt aus? Wenn wir etwas unbedingt haben wollen, tun wir es wohl, aber wie oft haben wir so oberflächliche Wünsche! Unsere Anteilnahme wird auf einen Punkt gelenkt, und so beten wir dafür. Und das ist dann schon alles. Wir vergessen es bald und haben keine Ausdauer.
In Vers 5 werden die Unbekehrten bezeichnet als die, „die draußen sind“. Es gibt Menschen innerhalb des Kreises der Christen und solche außerhalb. Es ist sehr wichtig, daß wir zu den Menschen draußen das richtige Verhältnis haben. Unsere Aufgabe ist es, ihnen ein Zeugnis zu sein. Unser allgemeines Verhalten ihnen gegenüber sollte sich durch Weisheit auszeichnen. Wenn das so ist, werden wir sicher Gelegenheiten zum Zeugnis bekommen, die wir nutzen sollen, wenn sie sich ergeben.
Man kann eine Gelegenheit lediglich wahrnehmen, man kann sie aber auch bestmöglich nutzen. Unpassende Worte sind oft schlechter als gar keine. Unsere Worte sollten immer in Gnade sein. Nie sollten wir uns zu strafenden, bitteren oder scharfen Bemerkungen hinreißen lassen. Aber andrerseits sollte es uns nicht darum gehen, bloß den Menschen zu schmeicheln, auch wenn die Worte „in Gnade“ sind. Das Salz steht für durchdringende Wahrheit. Und damit sollten unsere Worte gewürzt sein. Gnade und Wahrheit waren vereint in unserem Herrn, und beide sollten die Menschen auszeichnen, die Ihm angehören, auch ihre Worte.
Hier wird ein sehr hoher Maßstab angelegt. Wir werden ihm bei weitem nicht gerecht. Laßt uns aber den Maßstab in unserem Denken nicht zurückschrauben. Laßt uns das ganze Ausmaß dessen, was wir in Christus gesehen haben, festhalten und dem nacheifern.
Mit Vers 7 beginnen die Schlußworte und Grüße. Da gibt es noch manchen interessanten Punkt. Tychikus, über den der Apostel so lobend spricht, sollte offensichtlich den Brief an die Kolosser überbringen. Onesimus, der ein „treuer und geliebter Bruder“ genannt wird, war der entlaufene Sklave, um den es im Brief an Philemon geht. Was außer der Gnade Gottes kann einen säumigen und heimlich davonlaufenden Sklaven zu einem treuen und geliebten Bruder in Christus machen? Auf ihrer gemeinsamen Reise nach Kolossä nahm Tychikus den Brief an die Kolosser mit und Onesimus den an Philemon. Philemon erscheint natürlich nicht in unserem Brief, weil er ja einen eigenen Brief erhielt. Aber Archippus wird in beiden Briefen erwähnt.
Als Paulus diese Briefe schrieb, hatte er Aristarchus, Markus und Justus bei sich. Über jeden von ihnen konnte er sich sehr positiv äußern als Mitarbeiter am Reich Gottes und Trost für sich selbst. Es ist sehr ermutigend, daß Markus hier so bezeichnet wird, weil der Eindruck, den wir von ihm in der Apostelgeschichte bekommen, nicht sehr vielversprechend ist. Es zeigt, wie jemand, der am Anfang seines Dienstes versagte, doch zurechtkam und sehr brauchbar wurde. Und das so sehr, daß er schließlich der Schreiber des zweiten Evangeliums wurde, das den Herrn als vollkommenen Diener beschrieb. Auch das ist ein Beispiel dafür, wie die Kraft Gottes uns in dem Punkt am stärksten machen kann, in dem wir anfangs am schwächsten waren.
Auch Epaphras war bei Paulus, aber er war einer von ihnen, d. h. ein Kolosser, und also nicht „aus der Beschneidung“. Obwohl er von den Seinen getrennt war, zeigte er doch großen Eifer für sie und arbeitete ständig für sie. Diese Arbeit wurde im Gebet getan.
Man sieht also, Gebet ist Arbeit, oder besser: kann Arbeit sein. Epaphras betete so, daß es für ihn wirklich Arbeit bedeutete. Und Paulus kann bezeugen, daß er das ständig tat. Das Wort „arbeiten“ wird auch übersetzt mit „ringen, kämpfen“. Epaphras war von seinen Freunden entfernt, aber er war ihretwegen in einen richtigen Gebetskampf verwickelt. Es ging darum, daß sie vollkommen im Willen Gottes stehen sollten.
Es ist etwas Großartiges, den Willen Gottes ganz zu kennen. Das wünschte der Apostel den Kolossern in Kapitel 1,9. Noch größer ist es, in diesem Willen vollkommen und völlig überzeugt zu stehen. Darin zu stehen, heißt, daß wir ihm unterworfen und von ihm gekennzeichnet sind, nach dem, was in Kapitel 1,10 steht. Es ist klar, daß die Wünsche und Gebete von Epaphras und Paulus für die Heiligen in Kolossä und Umgebung in genau die gleiche Richtung gingen.
Laodizea lag in der Nachbarschaft. Es wird in Kapitel 2,1 erwähnt und dreimal in unserem Kapitel. Dieser Name hat einen traurigen Klang, wenn wir daran denken, was der Herr dieser Versammlung in Offenbarung 3,14-22 zu sagen hat. Trotz der Gebete und des Kampfes, den Paulus und Epaphras um sie führten, trotz eines apostolischen Briefes, der in ihrer Mitte vorhanden war, fiel sie ganz tief. Der „Brief aus Laodizea“ war offensichtlich ein Brief, der zu gleicher Zeit von Versammlung zu Versammlung weitergereicht wurde.
Der Brief an die Kolosser und Laodizeer erläutert genau die Wahrheit, die die Laodizeer bewahrt hätte, wenn sie sich daran gehalten hätten. Es geht um die Herrlichkeit Christi, das Haupt Seiner Versammlung. Er ermahnt sie, „das Haupt festzuhalten“. Leider hielten sie es nicht fest. Und der Brief aus Patmos an sie zeigt sie uns als äußerst selbstzufrieden und Christus, ihr Haupt, draußen vor der Tür.
Unser Fleisch ist nicht besser als das ihre. Laßt uns die warnenden Worte zu Herzen nehmen, die darin enthalten sind.
Laßt uns auch das ermahnende Wort an Archippus annehmen. Hat der Herr dir einen Dienst anvertraut? Dann gib dir Mühe, ihn zu tun, auch wenn er sehr unbedeutend zu sein scheint. Einen Dienst nicht zu tun bedeutet Faulheit, und die öffnet gleich die Tür zu Niedergang und geistlichem Schiffbruch. Allein die Gnade kann uns bewahren. Das ist das letzte Wort des Briefes.