Der Ratschluss Gottes

Rechtfertigung

Wie kann ein Mensch gerecht sein vor Gott?

Der nächste Schritt, der uns für die Herrlichkeit vorbereitet, ist die Rechtfertigung. Der sündige Mensch musste von aller Schuld freigesprochen und für gerecht erklärt werden. Er musste gerecht gemacht werden, um passend zu sein für die Herrlichkeit, zu der Gott Seine Auserwählten bestimmt hat. Denn es ist keinem ungerechten Menschen erlaubt, in Gottes Herrlichkeit einzutreten, in das reine Licht Seiner Gegenwart. Im Hinblick auf die Rechtfertigung gilt das gleiche Prinzip, das wir in Verbindung mit der Berufung gesehen haben: sie ist ein notwendiges Bindeglied zwischen Gottes ewigem Vorsatz und der zukünftigen Herrlichkeit, in der dieser Vorsatz erfüllt sein wird. Unser Herr war nicht gekommen, um die Gerechten zu rufen (d.h. Menschen, die sich selbst für gerecht hielten), sondern Sünder zur Buße (Lukas 5, 32). Aber diese reuigen Sünder können nicht Sünder bleiben, sobald sie Gottes Ruf hören. Sie müssen gerecht gemacht werden.

Rechtfertigung wird besonders im Römerbrief unter drei verschiedenen Gesichtspunkten gesehen:

  1. Als Erstes bedeutet Rechtfertigung, dass schuldige Sünder durch das sühnende Blut Christi von ihrer Sünde freigesprochen werden. Das ist eine Sache der Gnade Gottes und wir empfangen sie als Sein Geschenk. Rechtfertigung geschieht nicht durch unsere eigenen Werke, die Werke des Gesetzes, sondern durch den Glauben an Jesus Christus. Wir sind durch Gottes Gnade gerechtfertigt, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist (Römer 3,20–4,8).
  2. Als Zweites hat Rechtfertigung eine eher positive Seite, weil Christus aus den Toten auferweckt wurde. Er wurde unserer Übertretungen wegen dahingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt. Seine Auferweckung beweist, dass Gott Sein Werk angenommen und volle Befriedigung gefunden hat. Wir setzen unser Vertrauen also nicht nur auf den Wert des Todes Christi, sondern auch auf die Kraft Seiner Auferstehung. Der Gegenstand unseres Glaubens ist einerseits der Eine, der der Sünde ein für allemal gestorben ist, andererseits ist es Gott, der Ihn aus den Toten auferweckt und Ihn zu Seiner Rechten im Himmel verherrlicht hat. Als Ergebnis davon haben wir Frieden mit Gott, wir haben Zugang zu dieser Gnade, in der wir stehen, und wir rühmen uns in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes (Römer 4,24–5,2).
  3. Als Drittes ist die Rechtfertigung eine „Rechtfertigung des Lebens“, gegründet auf unsere Vereinigung mit dem auferstandenen Christus. Er ist das Haupt eines neuen Menschengeschlechts, und wir sind durch Seinen Gehorsam gerecht gemacht worden – wie wir durch den Ungehorsam des einen Menschen Sünder geworden waren (Römer 5, 18.19).

Rechtfertigung des Lebens

Dieser letzte Punkt ist sehr wichtig. Gott erklärt uns nicht nur für gerecht, weil unsere Sünden ausgelöscht sind, sondern auch weil wir in Christus eine neue Schöpfung sind. Gott sieht uns nicht länger als Kinder Adams, als natürliche Menschen und gefallene Sünder. Er betrachtet uns als solche, die mit einem Anderen verbunden sind, dem auferstandenen Herrn, dem Haupt eines neuen Geschlechts. Wir sind mit Christus gestorben, und das hat unsere Verbindung mit dem ersten Adam beendet. Jetzt sind wir in Christus: In dem Auferstandenen haben wir eine völlig neue Stellung und ein völlig neues Leben. Deshalb hat Rechtfertigung nicht nur mit unseren bösen Handlungen zu tun, unseren Sünden (was sich darin zeigt, dass sie uns nicht mehr angelastet werden), sondern auch mit unserem Leben, der Natur, aus der unsere Handlungen entspringen. Deshalb sagt uns Römer 6, 7, dass wir freigesprochen sind von der Sünde: „Denn wer gestorben ist, ist freigesprochen von der Sünde.“ Dass der Ausdruck in der Einzahl steht, deutet auf die sündige Natur hin, die böse Kraft, die die sündigen Handlungen oder Sünden hervorbrachte.

Wir sind mit Christus gestorben, und so sind wir tot für die Sünde. Gott betrachtet uns als für Ihn lebend in Christus Jesus, unserem Herrn. In dem auferstandenen Herrn haben wir eine neue Stellung vor Gott und auch ein neues Leben, und beide sind durch vollkommene Gerechtigkeit gekennzeichnet. Aus diesem Grund, weil wir in Christus sind, weil wir mit Ihm, der das Haupt eines neuen Geschlechts ist, vereinigt sind, gibt es kein Gericht, keine Anklage gegen uns. „Also ist jetzt keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind. Wer ist es, der verdamme?“ Wenn Gott selbst es ist, der uns rechtfertigt, wer könnte dann eine Anklage gegen uns vorbringen (Römer 8, 1.33.34)?

Rechtfertigung beruht auf dem Tod und der Auferstehung Christi. Wir sind nicht durch das vollkommene Leben des Herrn Jesus auf dieser Erde oder durch Seinen vollkommenen Gehorsam gegenüber dem Gesetz gerechtfertigt worden. Wir sind gerecht gemacht worden, weil wir mit Dem einsgemacht worden sind, der gestorben und wieder auferstanden ist. Christus hat uns durch Seinen Tod von dem Fluch des Gesetzes losgekauft, indem er ein Fluch für uns geworden ist (Galater 3, 13). Der Tod Christi hat unserem Leben im Fleisch ein Ende gesetzt, und Seine Auferstehung hat uns einen neuen Platz und ein neues Leben verliehen! Mit unserem Auferstehungsleben besitzen wir eine Auferstehungs-Gerechtigkeit, wie man sie nennen könnte, eine stellungsmäßige Gerechtigkeit, die auf Christi eigener Auferstehung und Seiner anschließenden Verherrlichung beruht. Gott handelte in Gerechtigkeit zugunsten Seines Sohnes, indem Er Ihn aus den Toten auferweckte und Ihn zu Seiner Rechten in den Himmel erhob. Gott konnte Ihn nicht unter den Toten lassen, nachdem Er das Werk der Erlösung vollbracht und Seinen Gott und Vater auf der Erde verherrlicht hatte. Gott hat Ihn auferweckt und Ihn mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt. Das war ein Akt der Gerechtigkeit Gottes. Christi Verherrlichung im Himmel ist Gottes gerechte Antwort auf das Werk, das Christus hier auf dieser Erde getan hat (vergleiche Johannes 13, 31.32; 16, 10; 17, 4.5).

Wir teilen den Platz und die Stellung, die Christus als Ergebnis von Gottes gerechtem Eingreifen zu Seinen Gunsten empfangen hat. Das ist das Wesen unserer Rechtfertigung. Wir sind verbunden mit Ihm in Seiner Auferstehung und Verherrlichung. Gott hat uns den gleichen Platz verliehen, den Christus rechtmäßig errungen hat. Gott sieht uns als eins mit Ihm, Gott sieht uns in Ihm. Christus ist unser Haupt und unser Repräsentant. Sein Platz ist unser Platz, und Sein Leben ist unser Leben. Wie Paulus es ausdrückt: „Aus Ihm (d.h. Gott) aber seid ihr in Christus Jesus, der uns geworden ist (...) Gerechtigkeit“ (1. Korinther 1, 30). „Den, der Sünde nicht kannte, hat Er für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in Ihm“ (2. Korinther 5, 21).

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