Betrachtung über die Psalmen (Synopsis)
Psalm 17
Der Schlüssel zu Psalm 16 liegt in den Worten: „ich traue auf dich“. Der Schlüssel zu Psalm 17 liegt in den Worten: „Höre, Jehova, die Gerechtigkeit.“ In dem 16. Psalm haben wir den gesegneten Pfad und die Wirksamkeit des Geistes des Vertrauens gesehen, das sich in jenen Worten kundgibt; und obwohl derselbe Geist auch in dem Überrest wirkt, ist dieser Psalm doch wesentlich auf Christum persönlich anwendbar. Auch der 17. Psalm bezieht sich ohne Zweifel auf Christum, aber nicht so ausschließlich wie der 16. Der Standpunkt desselben ist nicht ganz so erhaben, obschon es auch ein solcher ist, auf dem der Geist Gottes redet. In Vers 11 sehen wir deutlich, dass auch andere Personen in Betracht kommen, obwohl nicht ohne Christum; es heißt dort. „In allen unseren Schritten haben sie uns jetzt umringt.“ Aber Christus ist mit darin, denn ohne Ihn könnte niemand in Wirklichkeit sagen: „Höre, Jehova, die Gerechtigkeit!“ Es ist eine Anrufung Jehovas Gottes, dass Er richten, dass Er aufstehen möge, um das Recht dessen auszuführen, der zu Ihm ruft. Der treue Überrest wird endgültig von seinen Todfeinden befreit werden. Jehova wird aufstehen und sie niederwerfen. Freilich werden selbst etliche von den Verständigen fallen (Dan 11, 35); ja, Christus Selbst, der in allem Vollkommene, ist gestorben, obwohl aus viel herrlicheren Gründen, aber doch in Mitleidenschaft mit Seinem Volke. Deshalb geht die Gerechtigkeit hier weit höher, als zu der gegenwärtigen Rettung des treuen Überrestes auf der Erde mittels der Regierung Gottes – sie führt zu einem Ergebnis, das wahr ist von Christo, und welches dem Glauben aller derer, die unter der Unterdrückung des Feindes fallen mögen, zum Troste dient, nämlich: „Ich werde dein Angesicht schauen in Gerechtigkeit, werde gesättigt werden, wenn ich erwache, mit deinem Bilde“ (V. 15). Völlig wahr ist das von Christo, der vor Seinem Vater ist in Gerechtigkeit, von Ihm, dem Bilde des unsichtbaren Gottes, in dem Gott in Herrlichkeit offenbart ist. Aber Sein Pfad, den Er als der Gerechte auf der Erde gegangen ist, führte durch die Mitte des Bösen, lag da, wo Er den Versuchungen des Feindes ausgesetzt war. Vor allem gab es in Ihm eine vollkommene Reinheit und Lauterkeit des Herzens, und zwar in Seinen geheimsten Gedanken. Er hatte Sich in völligem Gehorsam vorgesetzt, nicht zu übertreten. Das Wort, das aus dem Munde Gottes hervorging, leitete Ihn, so dass Er Seinen Fuß nie auch nur für einen Augenblick auf den Weg des Gewalttätigen setzte; denn das Wort des Mundes Gottes führt niemals dahin. Der Herr zeigte dies bei Seiner Versuchung in der Wüste. In den Pfaden Jehovas blickte Er auf Ihn, damit Er Seine Schritte befestige. Diese Abhängigkeit ist ein Teil der Gerechtigkeit im Menschen. Er rief Gott an in der vollen Gewissheit, dass Er Ihn erhören werde, und das ist auch unser Vertrauen.
Einen solchen Pfad ist Christus gegangen. Er gründet darauf auch Seine Erwartung, dass die Macht Gottes eintreten werde, um Ihn gegen die Gesetzlosen, die Ihn unterdrückten, zu beschützen – wie Gott stets diejenigen rettet, die auf Ihn vertrauen. Seine Feinde waren im Wohlstand, mit ihrem Munde redeten sie stolz; aber Jehova war Seine Zuflucht, auch wenn Er mit Seiner Rettung noch zögerte; doch wartete Er auf das offenbare Einschreiten Jehovas zu Seinen Gunsten. Beachten wir, dass die Vollkommenheit des Herzens, des sittlichen Charakters, ein nahes, inniges Vertrauen auf Gott sowie das Bewusstsein bewirkt, dass man wertgeachtet ist vor Seinen Augen. Auch in uns wünscht Gott dieses Gefühl zu sehen, denn Er lässt uns sagen: „Ihr seid vorzüglicher als viele Sperlinge“, und: „Selbst die Haare eures Hauptes sind alle gezählt.“ Bei Christo war das alles vollkommen, und Er ruft zu Jehova, dass Er Ihn bewahren möge wie den Augapfel im Auge – wie jemand sein Kostbarstes bewahrt.
Übrigens waren diese wohllebenden Gesetzlosen schließlich doch nur Werkzeuge in der Hand Jehovas, Menschen dieser Welt, die alles, was ihr Herz nur wünschen konnte, durch die äußere Vorsehung Gottes erhalten hatten. Doch wie schwer war das zu verstehen für einen Juden, der nach dem Gesetz erwarten durfte, gesegnet zu sein in seinem „Korb und Backtrog und der Frucht seines Leibes!“ (Siehe 5. Mo 28, 4. 5; vergleiche auch die Gleichnisse vom reichen Mann und dem armen Lazarus und von dem ungerechten Verwalter in Lukas 16). So wird uns denn der Bruch mit dieser Welt und ein Platz in Herrlichkeit in der zukünftigen Welt hier klar vor Augen gestellt. Und sicherlich, das Antlitz Jehovas in Gerechtigkeit zu schauen und Ihm gleich zu sein nach dem Erwachen in einer anderen Welt, wiegt das Teil der Menschen dieser Welt wohl auf. Es ist beachtenswert, dass hier auf den Tod und eine andere Welt hingewiesen wird, obwohl auch von Rettung die Rede ist, indem der Überrest hier in bestimmter Weise eingeführt wird. Es ist dasselbe wie in Matthäus 5; dort finden wir auch beides. – Wir sehen also in diesem ersten Buche der Psalmen die Juden am Ende der Tage, aber in Umständen, die denen des Lebens Christi hienieden ähnlich sind, d. h. sie wandeln als Heilige inmitten eines gottlosen Volkes.