Die Erziehung in der Schule Gottes

Adam

Ich beginne demgemäß bei Adam. Obgleich er eigentlich nicht am Anfang des Glaubenslebens steht, war er doch der Gegenstand ernster Zucht und ein bemerkenswertes Beispiel ihrer Wirkung. Einst hatte Adam die Zucht nicht nötig - ein Zustand, den später nie ein Mensch kennengelernt hat. Als er in Übertretung fiel, brach der Tag der Zucht an. Er, der nach dem Bilde Gottes geschaffen war, der Gott näher stand als jedes andere Geschöpf, ist jetzt von einem Geist und einer Natur erfüllt, die Gott so entgegengesetzt sind, daß er, wenn er für Gott leben will, lernen muß, seinem eigenen Willen zu entsagen, geübt unter der mächtigen Hand Gottes. Für Adam muß dies ein eigenartiger Gegensatz zu der einst ruhigen Unterwerfung seines Sinnes unter den Willen Gottes gewesen sein. Folglich muß er ihn um so mehr gefühlt haben, und während der Widerstand seines Herzens unterdrückt wurde, muß er die Herrschaft Gottes mit der Machtlosigkeit der Unschuld verglichen haben. Im Zustand der Unschuld war er gefallen, und ihn, den Gefallenen, erhob die Hand Gottes -und er war nicht unwissend oder teilnahmslos dabei, sondern tätig, von seiner Schuld überführt. Die Unschuld war bei ihm schwach gewesen. Die Macht Gottes, die seine nicht mehr unschuldige Natur unterwarf, war groß und mächtig. Nie wieder hätte er den Zustand der Unschuld zurückgesehnt, denn er wußte, wie schwach jener war. Er wußte, daß er als Gefallener in der Macht Gottes mehr vermochte, als er ohne Hilfe im Zustand der Unschuld je hätte versuchen können. Als Unschuldiger hatte er keinen Begriff von dem Wert des Lebens; als Gefallener, der an die Offenbarung Gottes glaubte, konnte er jetzt das einzige Geschöpf, dem er bisher einen Namen gegeben hatte, die Mutter aller Lebendigen nennen. Unter dem Urteil des Todes konnte er von Leben reden, während er als Unschuldiger - wenn er ungehorsam war - mit dem Tod bestraft wurde. Die Unschuld konnte jetzt keinen Reiz mehr für ihn haben. Sie war zwar eine Zeit wunderbarer Seligkeit gewesen, aber ein Zustand, in dem er nicht bleiben konnte; unter der Zucht Gottes steht er nun sittlich höher, obgleich stellungsmäßig tiefer. Adam wurde nicht betrogen, sondern beeinflußt. Früh entdeckt er die Schwächen der Natur, die schließlich zu seinem Fall führten. Weder die Welt und ihre Herrlichkeit noch irgendeine Art der niederen Geschöpfe konnte das Sehnen Adams nach einem Gefährten stillen: für ihn wurde keine Hilfe gefunden, und es war „nicht gut, daß er allein war.“ Das Verlangen seiner Natur war nicht befriedigt; aber als diejenige, die ihn befriedigte, betrogen wurde, gibt er ihrem Einfluß nach, wie er selbst gesteht: „Sie gab mir ... und ich aß“. So eröffnet der erste Mensch das Geheimnis seines Herzens, daß er von jemand anders abhängig war, so daß, als Satan nicht wagte ihn zu betrügen, Eva als die Person seiner Zuneigungen ihn mit Erfolg beeinflußte. jetzt haben beide entdeckt, daß sie Gott entfremdet sind und verbergen sich vor Seiner Gegenwart; aber jetzt werden ihnen die ersten Lehren der Gnade Gottes zuteil.

Zucht ist eigentlich sowohl Überführung von Sünde, als auch Zurechtweisung. Züchtigung oder Zurechtweisung verbunden mit Leiden um der Sünde willen machen mich zu einem Teilhaber der Herrlichkeit. Meine Natur wird dadurch nicht verbessert, aber ich werde so von ihrer völligen Hilflosigkeit überzeugt, daß ich mich Gott hingeben kann, und das ist die wahre und klare Bedeutung der Heiligung, „ohne welche niemand den Herrn schauen wird.“ Von Sünde überführt zu werden, ist äußerst schmerzlich, und wenn wir nicht ein starkes Bewußtsein von der Gnade Gottes haben, wenn wir überführt werden, dann werden wir sehr niedergedrückt sein und dazu neigen, in der Verzweiflung alles aufzugeben. Daher die Ermahnung: „noch ermatte, wenn du von ihm gestraft (griechisch auch überführt) wirst.“ Gott überführt nicht vorschnell. Er möchte, daß wir durch die Wirkung Seines Wortes auf unser Gewissen uns selbst zuerst überführen. Es hilft wenig, einem eitlen Menschen seine Fehler vorzuhalten; im Allgemeinen veranlaßt ihn das nur, sie noch besser zu verbergen oder herabzumildern. Es ist sehr schwierig, jemanden, der krank ist, aber es selbst nicht glaubt, dahin zu bringen, daß er die notwendige Lebensweise befolgt; je mehr Einwendungen man ihm macht, desto eifriger wird er versuchen, zu beweisen, daß man Unrecht hat, und so verschlimmert man die Krankheit, die man lindern wollte. Aber die wahrhaft von Sünden überführte Seele gleicht dem Kranken, der zitternd die Gefahr erkennt, und ist willig bereit, jede wahre Zurechtweisung und Hilfe anzunehmen.

Als Adam die Pläne seines entfremdeten verderbten Herzens vollendet hatte, als die Schürzen von Feigenblättern sie bedeckten, und er sich hinter den Bäumen versteckt hatte, erreichte ihn die forschende Stimme Gottes, obwohl er ihr zu entgehen versuchte. Dazu neigen wir immer zuerst, wenn das Licht des Wortes uns erreicht; wir versuchen dem Licht zu entweichen wie die Pharisäer, die die Gegenwart des Herrn verließen. Daher wird uns beständig erlaubt, unsere Pläne bis zu Ende durchzuführen, damit wir erfahren, wie nichtig sie sind. Manche Stunde, mancher lange Tag wird vergeudet bei der Durchführung von Plänen, die, am forschenden Worte Gottes geprüft, ganz und gar aufgegeben werden müssen. Welcher Art sind diese Pläne? Sind sie dazu angetan, dich von Gott zu entfernen und vor Ihm zu verbergen, oder dich nahe zu Ihm zu bringen und Ihm die kleinsten Geheimnisse deines Herzens zu enthüllen? Diese Frage ist ihr Prüfstein. Die Pläne Adams sollten ihn verhüllen, um dem Auge Gottes zu entgehen, und Gott ließ ihn seine Absicht zu Ende führen. O, wie gut wissen wir alle, was das ist! Der arme verlorene Sohn versucht sein Glück im fernen Land, aber er kehrt als wahrhaft gedemütigter Mann in das Vaterhaus zurück. Die vielen Absichten werden gut geprüft und für nichtig befunden, und dann lauscht die Seele den gnädigen Worten, denen sie so gerne entflohen wäre. Es ist schrecklich, die Frage: „Wo bist du?“ beantworten zu müssen. wenn man die Unzulänglichkeit aller Mittel, die das Gewissen vor der Wirkung des Wortes Gottes schirmen Sollen, entdecken muß. Gefiel es dem verlorenen Sohn, sie zu beantworten, als er die Schweine hütete? Gefiel es Petrus, sie zu beantworten, als er sich am Feuer der Feinde seines Herrn wärmte? Gefiel es Adam, wenn er sich an die Stellung, die er einnahm, erinnerte, im Gegensatz zu der, die er verwirkt hatte?

Die Antwort auf die Frage: „Wo bist du?“ offenbart den Zustand des Gewissens. Die Stimme Gottes erforscht das Gewissen, und wenn dieses nicht erkannt hat, daß es mit Gott zu tun hat, muß seine Antwort lauten: „Ich fürchte mich“. Die erste Regung eines beschwerten Gewissens ist, sich zu verbergen. Es möchte weder sich selbst sehen, noch daß irgendein anderer es sieht, wie es ist, und beim Klang der Stimme Gottes versteckt es sich, und Verstecken verrät sowohl Entfernung als auch Ausweichen. Wenn man seine Zuflucht zum Verbergen nimmt, muß eine gewisse Tätigkeit des Gewissens vorhanden sein, besonders, wenn keine andere Strafe zu erwarten ist, als die Tatsache der Offenbarung der Schuld. Im Grunde nehmen wir unsere Zuflucht zum Verstecken, um besser zu erscheinen, als wir sind. Wenn wir willens wären, uns so zu zeigen, als wir sind, würde es kein Verstecken geben. Noch nie wurde eine Maske zu etwas anderem als zur Selbsterhöhung benutzt, und noch nie wurde eine Lüge zu einem anderen Zweck aufrechterhalten als dem, unverdiente Anerkennung zu bekommen. Wenn Gott sich mit uns beschäftigt, erfahren wir, daß „alles bloß und aufgedeckt ist vor den Augen dessen, mit dem wir es zu tun haben“. Das Wort (Hebräer 4,12-13) wirkt auf unser Gewissen „durchdringend bis zur Scheidung von Seele und Geist . . ., und ist ein Beurteiler der Gedanken und Gesinnungen des Herzens“; aber es führt zu Gott. Er ist es, „mit dem wir es zu tun haben.“ Die Stimme Jehovas durchdrang die Seele Adams, und obwohl er mit Feigenblättern umgürtet war, was seinem eigenen sittlichen Maßstab genügte, prüfte ihn das Wort, als es zu ihm kam, und er fürchtete sich, weil er nackt war - nackt vor Gott - und er versteckte sich.

Es ist wichtig, sich mit diesen beiden Tätigkeiten des Gewissens zu beschäftigen, denn ihre Verwechslung führt zu mancherlei Übungen und Verwirrung der Seele. Wenn ein Mensch sein Gewissen beruhigt und irgendein System angenommen hat, das den wahren Zustand seiner Seele vor ihm selbst und anderen verborgen hält, schwimmt er eine Zeitlang auf stillem Wasser, aber sobald er die Stimme des Herrn hört, scheinen ihm alle Elemente sich in einem Wirbelsturm zu befinden. Sein Schlaf wird unterbrochen, er ist wie der überführte Petrus in Lukas 5,8: er „fürchtet sich“. Die Tatsache, daß er vor Gott bloß und aufgedeckt ist, kommt ihm mit schrecklicher Klarheit zum Bewußtsein, und das umsomehr, weil er sich selbst betrogen und sein Ruf bei seinen Mitmenschen ihn darin noch bestärkt hat. Die Wirksamkeit des Wortes Gottes würde furchtbar und überwältigend sein, hätten wir nicht „einen großen Hohenpriester, der durch die Himmel gegangen ist, Jesum, den Sohn Gottes.“ Er, „der in allem versucht worden ist in gleicher Weise wie wir, ausgenommen die Sünde“, kommt uns mit Seinem Mitgefühl entgegen, sobald wir durch die Wirkung des Wortes von der Sünde abgesondert sind, und Seine Sühnung in ihrer ganzen Wirkung vor Gott bringt das überführte Gewissen am Thron der Gnade zur Ruhe, damit es dort die Gnade empfangen kann, die es bedarf.

Das ist es gerade, was Adam lernen mußte; daher verfolgt ihn die Stimme bis in sein Versteck. Umsonst versuchen wir, dem Auge Gottes zu entgehen, wenn Er beschließt, uns zu suchen.

Nähmen wir „Flügel der Morgenröte“ und ließen uns nieder „am äußersten Ende des Meeres“, so würde Er uns auch dort erreichen! O, wie bemäntelt sich das Gewissen, das Gott zu entfliehen trachtet, mit dem Blattwerk dieser Welt! Es bekleidet die höchsten und ehrenvollsten Ämter, aber vergebens! die „Wächter“ werden laut rufen: „Hauet den Baum um und schneidet seine Zweige weg, und streifet sein Laub ab“ (Dan 4, 14). Der Zufluchtsort der Lügen wird bloßgelegt werden, und die Seele muß sich vor Gott verantworten. Sie muß die Frage: „Wo bist du?“ beantworten, und die ganze Antwort besteht in den einfachen Worten: Ich fürchtete mich, denn ich bin nackt, und ich versteckte mich.“ In dem Augenblick, wo die Seele ein volles Bekenntnis ablegt, befindet sie sich auf dem Boden der Vergebung und Wiederherstellung, und der Geist weist sie zu Recht wie einen Freund. Adam hatte seine eigenen Mittel erprobt; sie waren nutzlos und nichtig, und jetzt lauscht er der Gnade, die von einem sicheren, vollkommenen Mittel spricht. Aber erst eröffnet er den ganzen wahren Zustand seiner Seele, er bekennt seine Furcht, seine Nacktheit, seinen Versuch, sich zu verstecken. Das hatte die Erziehung bewirkt. Nun belehrt Gott ihn. Adam ist demütig, und Gott wird ihn Seine Wege lehren. Er hat erfahren, daß die Unschuld keinen Schutz gegen einen bösen Einfluß gewährte und daß das Fehlen eines bösen Beweggrundes noch keine Garantie für wahres sittliches Handeln war. Er allein wußte, was Unschuld war, und doch war sie kein Schutz gewesen. Er hatte der Versuchung nachgegeben. Obwohl er weiß, daß seine Unschuld dahin ist und daß böse Beweggründe herrschen können, glaubt er, seine Schande bedecken und beschönigen zu können. Das Mittel, das er anwandte, genügte seinem sittlichen Gefühl, und was unendlich viel trügerischer war, es genügte dem sittlichen Gefühl der Person, deren gute Meinung es sich erhalten wollte und deren Zufriedenheit die Stütze seiner eigenen Zufriedenheit war. Das ist ein Fallstrick, durch den selbst gottesfürchtige Menschen zu Fall kommen. Mit anderen Worten: der gute Ruf bei Freunden wird dem Gewissen als Urteilsspruch der höchsten Instanz aufgedrückt und immer, wenn ängstliche Fragen auftauchen, als endgültig und entscheidend vorgebracht. In dieser Art von Ansehen liegt eine Wechselwirkung: was du bei mir zuläßt, lasse ich auch bei dir zu. Wenn ein Schurz aus Feigenblättern den Anforderungen deines sittlichen Gefühls genügt und du ihn für  mich als ausreichend ansiehst, tue ich dasselbe bei dir. Das ist das Wesen und der Charakter alles menschlichen und religiösen Ansehens. Aber die Stimme Gottes erklingt und Adam in seinem lügnerischen und gefallenen Zustand ist bestürzt. Diese Stimme erforscht die ganze Lage, und am Ende sieht er sich „bloß und aufgedeckt vor den Augen dessen, mit dem wir es zu tun haben“. Er bekennt alles und steht nun auf der höchsten Stufe der Belehrung, mit einem demütigen, bußfertigen Geist. Auf die Aufforderung Gottes hin bekennt er - obgleich entschuldigend und beschönigend - daß er versucht worden ist und gegessen hat. Seine Rechtfertigung erniedrigt ihn sittlich mehr als die Anklage, vor der er sich zu rechtfertigen sucht. Dennoch ist es ein Bekenntnis und wird als solches angenommen, und unser Gott beginnt das gnadenreiche Werk der Entfaltung Seiner Ratschlüsse.

Jedem, der an dieser erstaunlichen Szene teilgenommen hat, wird nun das Urteil zugemessen entsprechend der Rolle, die er darin gespielt hat. Als erstes wird das Urteil über Satan verkündigt, und während seine Verdammnis beschlossen ist, wird dem lauschenden Adam Befreiung von diesem und ewige Heilung durch das Evangelium verkündet. Es ist die Weise Gottes bei der Wiederherstellung einer Seele, sie zunächst auf die Macht und Gnade Gottes zu gründen. Dies erfuhr Petrus durch den Fischzug und die Worte Jesu (Lk 5). Es ist die Grundlage aller göttlichen Wiederherstellung. Wenn das Herz wieder aufgerichtet ist, wie bei David, als Nathan sprach.- „So hat auch Jehova diese Sünde hinweggetan“, dann ist es stark genug, zu hören, welche Zucht notwendig ist das zu verbessern, was der Sünde Gelegenheit zu wirken gab. Es ist wichtig, sich den Vorgang *zu vergegenwärtigen, wodurch Gott der Seele die Zucht offenbart, die Er auferlegen will. Was auch immer unseren Fehltritt hervorgerufen hat, wird gebranntmarkt und zwar nicht mit allgemeinen Worten, sondern im Verhältnis und der Art der Schuld, und zugleich wird die wahre Art und Weise der Befreiung angekündigt. Satan wird nicht nur verurteilt, sondern die Wirkung seiner Bosheit auf den Menschen wird seine eigene unabänderliche Vergeltung sein. Der Mensch wird an seinem Feinde gerächt werden. Der Schlange wird nicht nur als sichtbares Urteil bestimmt auf dem Bauche zu kriechen und Staub zu fressen, in ständiger Feindschaft mit dem Samen des Weibes, sondern „auf ihren Scheitel wird herabstürzen ihre Gewalttat“ (Ps 7,16); ihr Kopf sollte zermalmt werden.

Danach kommt das Gericht über das Weib. Sie war die unmittelbare Ursache für Adams Fehltritt; aber da der Hauptschuldige sein Urteil empfangen hat, muß sie nun ihr Urteil hören. Sie wird verurteilt zu Zeiten großer Mühsal bei jedem Zuwachs zur menschlichen Familie, die durch ihre Mitwirkung der Macht des Todes unterworfen ist, und zu bedingungsloser Unterwerfung unter ihren Mann, denn daß es ihr hieran ganz gefehlt hatte, führte zu ihrem und auch zu Adams Fall. jeder der Übertreter wird nicht nur zu einer Strafe verurteilt die seiner Schuld entspricht, sondern auch das Verhältnis, in dem die Schuld Adam berührte, wird besonders berücksichtigt. Der Knecht Gottes kann nicht ungestraft ausgehen, aber er darf selbst nicht irren. Der gerechte Gott wird seine Sache rächen, aber nur in Gerechtigkeit. Er kann die Schwachheit Seines Knechtes nicht übersehen, obwohl Er ihn retten wird, wenn das ungemilderte Urteil ausgeführt ist. Wenn Gott richtet, wird unparteiisch Recht gesprochen. Aber Taten sind in einem höheren oder geringeren Maße sträflich, wobei dasjenige, was den Zeugen Gottes von ihm entfernt, sträflicher ist, als der Fehler, den der Zeuge offenbart, während er entfernt wird. Derjenige, der einen anderen verführt, erhält eine schwerere Strafe als der Verführte, nichtsdestoweniger wird der Verführte nicht frei ausgehen, denn er hat sittliche Schwachheit erwiesen. Das Auferlegen von Strafen geschieht nicht notwendigerweise zur Besserung. Es bestand keine Hoffnung, Satan zu bessern, dennoch werden schwere Strafen über ihn verhängt, weil Adam durch ihn gelitten hatte. Der Mensch war Gottes Stellvertreter auf Erden; an ihm begangenes Unrecht war Verrat gegen Gott. Daher liegt in der göttlichen Zucht immer eine Verbesserung des bösen Grundsatzes der Natur und zugleich Vergeltung für das Vergehen, das wir an unserem Mitmenschen begangen haben mögen. Das wird im Urteil Adams verdeutlicht. Seine Sünde bestand darin, daß er der Bitte seiner Frau im Widerspruch zum Worte Gottes nachgegeben hatte, Wahrscheinlich tat er das nicht mit Absicht, d. h. nicht mit Überlegung. Aber das Wort war nicht in seinem Herzen und leitete ihn nicht, denn wenn das der Fall gewesen wäre, hätte er der Stimme seiner Frau kein Gehör geschenkt. Aber nachdem er seinen Platz aufgegeben hat, muß er die Strafe dafür tragen und der große Sklave und Arbeiter auf jener Erde werden, deren Herrscher und Fürst er gewesen war. Alles auf ihr würde Zeichen der Widersetzlichkeit gegen ihren rechtmäßigen Herrn tragen. Um die Prüfung zu mildern, muß er sein Leben in mühseliger Arbeit verbringen, um leben zu können, aber am Ende muß er zum Staube zurückkehren, denn vom Staube war er. In all diesem liegt ernste Belehrung: wenn wir die Stellung, in die Gott uns versetzt hat, aufgeben, wird uns diejenige, in die wir uns zurückziehen, unweigerlich auf furchtbare Weise an das erinnern, was wir verwirkt haben. jeder kleinste Dorn erinnerte Adam daran, daß er seine Herrschaft verloren hatte, weil er auf die Stimme seiner Frau gehört hatte. Wenn David sich von den Pflichten eines Königs zurückzog (2. Sam 11, 1), so mußte er auf schmerzliche Weise auch dessen Ehren verlieren (2. Sam 15 ff). Durch den erfolgreichen Aufstand seines eigenen Sohnes wird er daran erinnert, wie leicht er die Pflichten eines Königs genommen hatte. „Verflucht sei, wer das Werk Jehovas lässig treibt.“ Der ganze Einfluß eines Barnabas brachte Paulus nicht dazu, Markus mitzunehmen, der aus Pamphylien zurückgegangen war. Die Weigerung des Apostels Paulus erinnerte Markus daran, wie er mit dem Platz, der einst sein war, gespielt und ihn verlassen hatte, und daß der Platz leichter zu verlieren als wiederzuerlangen war. Dies ist auch die Art der Zucht bei Adam. Alles erinnert ihn an das Verlorene, und je weniger sorgfältig und fleißig er arbeitet, um die zahlreichen Erinnerungen an sein Versagen zurückzudrängen, desto stärker vermehrten sie sich und desto weniger konnte er sich gegen sie behaupten. Im Schweiße seines Angesichts erleichterte er sich seine Stellung um der Bedürfnisse willen. David kehrte nach ernster Züchtigung auf den Thron zurück. Markus war „nützlich für den Dienst“, nachdem die Zucht ihre Wirkung getan hatte. Der Glaube wandelt stets über der Zucht, obwohl er von ihr lernt. Adam hört das Urteil über alle, und indem er ihm im Glauben zustimmt, erhebt er sich darüber und nennt seine Frau Eva, denn sie ist „die Mutter aller Lebendigen“. Der Glaube reicht bis zu Gott; daher kann er sich der Stellung unterwerfen, die einer irrenden Seele gerechterweise zufällt, und er kann in bezug auf die Zeit und Art der Befreiung auf Gott blicken. Er nimmt die Strafe für seine Sünde nicht nur als Vergeltung, sondern als Verbesserungsmaßregel an. In der Tat hat die Zucht ihre größte Wirkung erreicht, wenn die Seele sich ihr im Vertrauen auf Gott unterwirft. Das beweist Adam; denn indem er seine Frau Eva nennt, macht er seine früheren Vorwürfe wieder gut, und was in seiner nicht unterworfenen Natur Ursache seines Kummers war, ist nun für das Glaubensauge ein Kanal des Lebens. Als Gezüchtigter und im Glauben Wandelnder wird Adam von Gott bekleidet, aber die Zucht kann nicht beendet oder aufgeschoben werden. Gott schickt ihn hinaus, den Erdboden zu bebauen, von dem er genommen ist, damit er erkennt, was für ein Mensch er ist, und erfährt, wie sein Glaube ihm erhalten wird.

In unserem unmittelbaren Lebensbereich, im engsten Kreise, wo am wenigsten Zurückhaltung besteht, offenbaren wir uns am ehesten. Wie soll ein Mann, der nicht einmal seinem eigenen Haus vorstehen kann, für die Versammlung Gottes Sorge tragen? Macht läßt sich zu Hause wirksamer ausüben, als in der Ferne. Wenn Adam aus der Zucht lernt, so sollte das in seiner Kraft gesehen werden, das Böse, wofür er litt, zu meiden. Es scheint, als ob er nichts gelernt hat, denn Eva nimmt es auf sich, seinem ältesten Sohn einen Namen zu geben; sie verliert wiederum ihren Platz aus dem Auge, und zweifellos füllte sie ihren Erstgeborenen mit Wünschen (wie sein Name andeutet), die zu seinem furchtbaren Widerspruch gegen Gottes Verheißung führten, wodurch auf schmerzliche Weise bewiesen wurde, daß sie die Verheißungen Gottes nicht verstanden hatte. Wo Leben erwartet wurde, gab es Verwüstung des Todes; die Tatsache, daß ein Kind ermordet wurde und das andere sein Mörder war, und zwar das, auf den sich ihre Hoffnungen konzentrierten, muß für Adam eine Prüfung gewesen sein, die wir nur schwer nachempfinden können. Aber es war eine wirkungsvolle Zucht; denn obwohl wir lesen, daß m erster Linie Eva ihren Sohn benannte, lesen wir auch, daß Adam seinen Namen Seth nannte, und das zeigt, wie mir scheint, daß er endlich gelernt hatte, was die Zucht ihn lehren sollte: außerhalb jeder Beeinflussung für Gott zu handeln und nicht zu erlauben, daß irgend etwas ihn vom Pfade des Glaubens abzog. In der letzten uns aufgezeichneten Tat seines Lebens scheint er dies gelernt zu haben; sein wohlgefälliges Ende zeigt die Wirkung der Zucht und gibt seiner Lebensgeschichte einen passenden, glücklichen Schluß.

Wir lernen aus der Geschichte, daß Unschuld oder das Fehlen böser Beweggründe noch kein wirksamer Schutz gegen Beeinflussung ist. Wenn wir unser eigenes sittliches Gefühl oder das einer anderen Person zufriedenstellen, beweist das noch nicht, daß wir Gottes Forderungen an uns genügt haben oder genügen können. Wenn wir aufhören, unseren von Gott zu. gewiesenen Platz zu bewahren, werden wir sicher fallen, und das Wort Gottes, das uns auf unserem Platz bewahrt hätte, wirkt außerhalb jenes Platzes nicht auf das Herz. Aber während wir erfahren, was es heißt, unseren Neigungen zu folgen, wird unsere Zucht immer so beschaffen sein, daß sie unsere Fehler berichtigt und uns auf sehr feine Art daran erinnert, was wir durch unsere Schwachheit geworden sind, wie das die Dornen bei Adam taten.

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