Die Briefe des Johannes
1. Johannes 2
Die letzten Verse von Kapitel 1 haben uns gezeigt, daß wir nicht sagen können, daß wir keine Sünde haben, noch daß wir nicht gesündigt haben. Der Anfang von Kapitel 2 kommt nun einem Gegengewicht gleich, damit wir nicht zu eilig schlußfolgern, wir könnten uns, wenn wir sündigen, mit dem Hinweis entschuldigen, dem sei eben nicht abzuhelfen, das sei praktisch unvermeidbar. Aber das stimmt nicht. Johannes schrieb uns dies, damit wir nicht sündigen. Andere Schriftstellen sprechen von besonderer Vorsorge, die getroffen ist, um uns vom Fallen in Sünde zurückzuhalten. Hier geht es darum, daß wir innerhalb der heiligen Gemeinschaft, von der Vers 3 in Kapitel 1 spricht, bewahrt bleiben. Der Genuß dieser Gemeinschaft schließt Sünde aus-, ebenso wie Sünde vom Genuß der Gemeinschaft ausschließt, bis wir sie bekannt haben.
Es besteht ausreichende Vorsorge, daß wir nicht zu sündigen brauchen, obwohl Sünde noch in uns ist. Wir müssen nicht sündigen. Es gibt keine Entschuldigung, wenn wir es trotzdem tun. Aber es gibt, Gott sei Dank, in diesem Fall für uns „einen Sachwalter bei dem Vater“. Das Wort, das hier mit Sachwalter wiedergegeben ist, ist dasselbe wie das, was nach der Fußnote zu
Es ist vom „Vater“ die Rede, beachten wir das wohl. Und zwar deshalb, weil der Sachwalter für solche auftritt, die bereits Kinder Gottes sind. Die ersten Worte des Kapitels lauten „Meine Kinder“ – der hier benutzte Ausdruck bezeichnet nicht „Säuglinge“ oder sehr kleine Kinder, sondern „Kinder“ in dem allgemein gebrauchten Sinn. In dieser lieblichen Form umschließt der betagte Apostel alle wahren Kinder Gottes als seine eigenen. In diese gesegnete Beziehung sind wir durch unseren Heiland eingeführt worden, wie
Die Gerechtigkeit unseres Sachwalters wird betont. Wir hätten vielleicht erwartet, daß Seine Güte und Barmherzigkeit vorgestellt würden. Doch wir finden an anderer Stelle, daß der Nachdruck auf der Gerechtigkeit liegt, wenn es sich um Sünde handelt, und das ist hier der Fall. Er nimmt sich unserer Sache in der Gegenwart des Vaters an, wenn wir sündigen, und Er sorgt dafür, daß die Gerechtigkeit zu ihrem Ziel kommt. Die Herrlichkeit des Vaters darf einerseits durch unsere Sünde nicht getrübt werden; andererseits wird Er gerechterweise mit uns handeln, so daß wir zu einer angemessenen und richtigen Verurteilung unserer Sünde kommen, zum Bekenntnis gebracht werden und Vergebung und Reinigung erlangen.
Er ist sowohl unser Sachwalter droben als auch „die Sühnung für unsere Sünden“. Diese Tatsache führt uns zurück zu dem Fundament, auf dem, einem Felsen gleich, alles ruht. Sein Sühnopfer ist jeder Forderung Gottes an uns begegnet, und Er übt Seine Sachwalterschaft bei dem Vater auf dieser gerechten Grundlage aus. Seine Sühnung hat für uns als Sünder die ewigen Fragen, die unsere Sünde aufgeworfen hatte, entschieden. Seine Sachwalterschaft behandelt die Fragen in unserer Beziehung zum Vater, die aufkommen, wenn wir als Kinder Gottes sündigen.
Sühnung ist das, was wir die Gott zugewandte Seite des Todes Christi nennen können. Dabei geht es um die fundamentale Frage, wie dem göttlichen Anspruch der Sünde gegenüber begegnet werden konnte. Wie dem Bedürfnis des Sünders begegnet werden konnte, muß demgegenüber an die zweite Stelle treten. Wenn deshalb Paulus im Römerbrief das Evangelium entfaltet, finden wir als erste Erwähnung des Todes Christi die Worte: „ein Gnadenstuhl [oder: Sühnungsmittel] durch den Glauben an sein Blut“ (3,25). Der Tatsache der „Stellvertretung“ begegnen wir deutlich erst in Kapitel 4,25, wo wir von Ihm lesen, daß Er „unserer Übertretungen wegen dahingegeben wurde“.
Wenn es um den zu Gott gerichteten Aspekt des Todes Christi geht, dann gehört dazu der denkbar größte Anwendungsbereich – „die ganze Welt“. Haben wir aber die stellvertretende Seite vor Augen, so bezieht sie sich nur auf Gläubige – dann geht es um „unsere Übertretungen“ oder „die Sünden vieler“. Doch obwohl nur Gläubige unter die tatsächlichen Segnungen des Todes Christi kommen, mußte Gott Genugtuung geleistet werden hinsichtlich jeder Sünde, die je von Menschen begangen worden ist, hinsichtlich all der Rechtsverletzung, die die Sünde bewirkt hat. Im Tod Christi ist Gott so völlig Genugtuung geleistet worden, daß Er daher ungehindert den Menschen Vergebung anbieten kann, ohne auch nur im geringsten Grad einen Grundzug Seiner Natur und Seines Charakters preiszugeben.
Sühnung ist ein Wort, das viele Gegner des Evangeliums oft zu Zorn und Spott veranlaßt. Sie nehmen an, es bedeute das, was Helden darunter verstehen – die Besänftigung einer bösen, feindlichen, blutgierigen Macht durch viel Blutvergießen. Aber in der Schrift ist das Wort zu einer ganz und gar höheren Ebene erhoben. Wohl hat es noch den allgemeinen Sinn von Beschwichtigung oder günstig stimmen durch ein Opfer, aber es gibt keinen Grund, Gott als feindlich oder blutgierig zu betrachten. Er ist unendlich heilig. Er ist gerecht in all Seinen Wegen. Er ist von ewiger Erhabenheit. Gerade Seine Natur und alle Seine Wesenszüge müssen Genugtuung erhalten und durch die Verhängung der angemessenen Strafe verherrlicht werden. Dabei ist Er nicht gegen den Menschen, sondern für ihn; denn was die Gerechtigkeit gefordert hat, das hat die Liebe bereitet, wie es später in diesem Brief heißt: „... daß er uns geliebt und seinen Sohn gesandt hat als eine Sühnung für unsere Sünden“ (4, 10). Gott selbst hat die Sühnung bereitet. Sein eigener Sohn, der Gott war, wurde diese Sühnung. Sühnung, wenn wir sie recht verstehen, ist kein herabsetzender Begriff, sondern ein erhebender. Herabsetzend ist allein die Vorstellung, die diese Widersacher davon haben. Sie versuchen, ihre entwürdigenden Ideen in das Evangelium hineinzubringen, aber Gottes Wort widerlegt ihre Vorstellungen.
Wir kommen jetzt zur Betrachtung eines weiteren Anspruchs, der fälschlicherweise zu bestimmten Gelegenheiten erhoben worden war – „Ich kenne ihn.“ Es ist in der Tat für den Gläubigen möglich, mit tiefer Freude zu sagen, daß er Gott kennt, da uns ja „Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus“ gewährt ist, denn ohne Kenntnis kann es ja keine Gemeinschaft geben. Doch ist auch hier wieder ein Prüfstein anzulegen, weil eine solche Behauptung sich als bloße Anmaßung erweisen könnte. Dieser Prüfstein ist der Gehorsam den Geboten gegenüber, die Er uns gegeben hat. Ihn zu kennen ist untrennbar damit verknüpft, Ihm zu gehorchen.
Wenn wir Seine Gebote halten, wissen wir, daß wir Ihn kennen. Getrennt von diesem Gehorsam kann es diese Erkenntnis nicht geben, und die Behauptung, wenn sie gemacht wird, enthüllt nur, daß die Wahrheit nicht in dieser Person ist. Vergleiche Vers 4 mit Vers 8 in Kapitel 1. Die Wahrheit ist nicht in jemand, der behauptet, keine Sünde zu haben, ebensowenig ist sie in dem, der beansprucht, Erkenntnis Gottes zu haben, und doch Seinen Geboten nicht gehorcht.
Laßt uns die Tatsache klar erfassen, daß es im Christentum Gebote gibt, obwohl sie nicht der Art des alttestamentlichen Gesetzes entsprechen. Damit meinen wir, daß sie uns nicht gegeben sind, um durch sie unsere Stellung vor Gott zu begründen oder aufrechtzuerhalten. Jeder bestimmte Ausdruck des Willens Gottes hat die Gültigkeit eines Gebotes, und wir werden finden, daß dieser Brief uns viel über Seine Gebote zu sagen hat, und sie „sind nicht schwer“ (5,3). Das Gesetz des Christus ist ein Gesetz der Freiheit, weil wir Sein Leben und Seine Natur empfangen haben.
Vom Halten Seiner Gebote kommen wir nun zum Halten Seines Wortes (V. 5). Dieser Punkt geht noch weiter. Sein Wort umfaßt alles, was Er uns über Seine Gedanken und Seinen Willen offenbart hat. Das ist mehr als Seine Gebote, die darin natürlich eingeschlossen sind. Jemand mag seinen Söhnen viele bestimmte Anweisungen geben – seine Gebote. Darüber hinaus aber haben diese Söhne eine gründliche Kenntnis seiner Denkweise aus den täglichen Mitteilungen und dem jahrelangen Umgang, und mit kindlicher Ergebenheit beachten sie sein Wort sorgfältig, selbst wenn keine klaren Anordnungen vorliegen. So sollte es auch bei Gottes Kindern sein. Und wenn es so ist, dann ist in ihnen die Liebe Gottes „vollendet“, denn sie hat in ihnen ihre entsprechende Wirkung ausgeübt und das gewünschte Ergebnis erreicht.
Außerdem wissen wir durch solchen Gehorsam, „daß wir in ihm sind“. Unser Sein „in ihm“ schließt ein, daß wir an Seinem Leben und an Seiner Natur teilhaben. Es gibt natürlich eine enge Verbindung zwischen dem Wissen, „daß wir ihn kennen“ (V. 3) und dem Wissen, „daß wir in ihm sind“ (V. 5). Das zweite führt uns zu einer noch tieferen Einsicht. Engel kennen Ihn und gehorchen Seinen Befehlen. Wir sollten Ihn kennen als solche, die in Ihm sind, und deshalb sollten wir die geringste Andeutung Seines Gedankens oder Seines Wunsches verstehen und dadurch zu freudigem Gehorsam angespornt werden.
Da wir in Ihm sind, sollen wir „in ihm bleiben“, und das bedeutet wohl, daß wir in dem vollen Bewußtsein und der Kraft der Tatsache, in Ihm zu sein, verharren. Nun können wir leicht sagen „Ich bleibe in Ihm“, aber wenn das so ist, müssen wir auch das hervorbringen, was diese Behauptung als berechtigt erweist. So jemand ist „schuldig, selbst auch so zu wandeln, wie er gewandelt hat“. Wenn wir Sein Leben haben und auch in der Kraft und dem Genuß dieses Lebens stehen, dann wird sich dieses in unseren Wegen und Handlungen so ausdrücken, wie es bei Ihm der Fall war. Die Gnade und die Kraft in unserem Wandel werden, mit Ihm verglichen, gering und schwach sein. Doch dieser Wandel wird dem Seinen ähnlich sein. Er wird sich dem Grad nach, nicht der Art nach unterscheiden.
Welch außerordentliche Erhabenheit sollte demnach unseren Wandel kennzeichnen! Wie sollte er weit über dem stehen, was zu alttestamentlicher Zeit angebracht war. Als Johannes diese Worte schrieb, mögen sehr viele geneigt gewesen sein, gegen die vermeintlich allzu hohen Maßstäbe und die Einführung von etwas gänzlich Neuem zu protestieren. Deshalb versichert er ihnen in Vers 7, daß das, was er sagte, nicht neu war – in der Weise, wie die Lehren der Antichristen neu waren –, sondern vielmehr ein altes Gebot. In einem anderen Sinn freilich war es zugleich ein neues Gebot. Das ist kein Widerspruch, obschon ein Paradox. Es war ein altes Gebot, denn es war von Anfang an in Christus zum Ausdruck gebracht worden, da es Gottes heiliger Wille und Sein Wohlgefallen für den Menschen war. Und so enthielt es nichts, was den neuen Vorstellungen der Gnostiker ähnlich war. Trotzdem war es ein neues Gebot, denn jetzt sollte es in solchen zum Ausdruck gebracht werden, die Christus angehörten, deshalb war es für sie etwas Neues. „Was wahr ist in ihm und in euch“, sagt Johannes. Das Leben, das in Christus offenbart wurde und das zuerst ausschließlich in Ihm war, muß jetzt auch in den Gläubigen, die in Ihm sind, gefunden werden. So wie sie in Ihm bleiben, wird das Leben in ihnen sich in der gleichen Weise zeigen und ähnliche Früchte tragen.
Und so lesen wir, daß „das wahrhaftige Licht schon leuchtet“. Hier ist die denkbar innigste Verbindung zwischen Leben und Licht. Wenn das wahre Leben in Christus offenbart wurde, so leuchtete das wahre Licht gleicherweise in Ihm. Wenn wir an diesem wahren Leben teilhaben, wird das wahre Licht auch in uns leuchten. „Die Finsternis vergeht“, schreibt der Apostel, nicht: „ist vergangen“. Wir müssen auf die zukünftige Welt warten, um sagen zu können, daß die Finsternis vergangen ist. Doch klar ist, daß sie vergeht, denn das wahre Licht hat zu leuchten begonnen in Christus und in denen, die Ihm angehören. Wenn Gott im Gericht handelt und das Licht und das Leben dieser Welt mit ihrem trügerischen Wesen ausgelöscht werden, dann wird die Finsternis tatsächlich vergangen sein. Gegenwärtig können wir uns freuen in der Gewißheit, daß sie vergeht und daß das wahre Licht leuchtet. Je mehr wir so wandeln, wie Er gewandelt ist, um so wirksamer wird das Licht durch uns leuchten.
Wenn das Licht nun im Begriff ist, in uns und durch uns zu leuchten, so müssen wir selbst in dem Licht sein. Nehmen wir für uns in Anspruch, in dem Licht zu sein? Nun ja, wieder steht uns ein einfacher Prüfstein zur Verfügung, an dem erkannt werden kann, ob dieser Anspruch berechtigt ist. Wenn jemand sagt, daß er in dem Licht sei, er haßt aber seinen Bruder, so erweist sich dieser Anspruch als falsch, und er befindet sich in der Finsternis. Das heißt, daß er Gott nicht wirklich kennt – er ist nicht in dem Licht Gottes, das in Christus offenbart ist. Keiner kann in dem Licht Gottes sein, der nicht auch in dem Leben Gottes ist, welcher Liebe ist. Deshalb lesen wir etwas später in diesem Brief: „Wer den Bruder nicht liebt, bleibt in dem Tode“ (3,14). So entdecken wir jetzt, daß Leben, Licht und Liebe zusammengehören, und es liegt in der Natur dieser Dinge, daß sie als Prüfsteine dienen, das eine jeweils für die anderen. Jemand, der seinen Bruder liebt, offenbart das Leben entsprechend Kapitel 3. Hier geht es darum, daß er in dem Licht bleibt.
Johannes fügt die Bemerkung hinzu: „Und kein Ärgernis [oder: kein Anlaß zum Anstoß] ist in ihm“. Das steht im Gegensatz zu dem, was in Vers 11 folgt, wo von jemand, der seinen Bruder haßt, gesagt wird, daß er Iin der Finsternis ist, daß er in der Finsternis wandelt und nicht weiß, wohin er geht. In uns selbst haben wir kein Licht, genauso wie der Mond nur Licht hat, wenn er von der Sonne beschienen wird. So ist jemand, der seinen Bruder haßt und daher in der Finsternis ist, völlig finster in sich selbst, und folglich wird er für andere ein Anlaß zum Anstoß. Er fällt selbst und wird für andere zu einem Stein des Anstoßes. Solche Stolpersteine waren die Antichristen und ihre Nachfolger. Jemand, der liebt, als Frucht davon, daß er göttliches Leben hat, wandelt in dem Licht, und er fällt nicht, noch ist er ein Stein des Anstoßes.
Seinen Bruder zu lieben bedeutet natürlich, jeden und alle zu lieben, die mit uns aus Gott geboren sind. Es ist die Liebe der göttlichen Natur, die sich zu jedem erstreckt, der in diese göttliche Familie eingetreten ist – die Kinder Gottes als Kinder Gottes zu lieben, unabhängig von allen menschlichen Zuneigungen oder Abneigungen.
Ein neuer Abschnitt beginnt mit Vers 12. In Kapitel 1,4 hatte Johannes auf die Themen hingewiesen, die ihn zum Schreiben veranlaßten. Jetzt läßt er uns die Grundlage erkennen, auf der seine Mitteilungen ruhen. Alle die, an die er sich wandte, standen in der wunderbaren Gnade, daß ihre Sünden vergeben waren, und alle nahmen die Stellung von Kindern ein. Der Ausdruck, der hier mit „Kinder“ wiedergegeben ist, bezeichnet ganz allgemein Kinder. Er schließt alle Kinder Gottes ohne Unterschied ein. Die Vergebung, die wir empfangen haben, ist allein um Seines Namens willen unser Teil. Alle wirksame Kraft, alles Verdienst liegt gänzlich bei Ihm. Der Brief richtet sich an uns als solche, die Vergebung empfangen haben und die in eine von Gott selbst gebildete Beziehung gebracht sind.
Auf der anderen Seite gibt es Unterschiede in der Familie Gottes. Sie werden uns in Vers 13 vorgestellt. Es gibt „Väter“, „Jünglinge“ und „Kindlein“ oder „Babys“. Johannes deutet damit die verschiedenen Stufen im geistlichen Wachstum an. Im geistlichen Leben müssen wir alle als Babys beginnen. Normalerweise sollten wir uns dann zu Jünglingen weiterentwickeln und schließlich Väter werden. Jede der drei Klassen ist von gewissen Merkmalen geprägt.
Vers 13 nennt diese charakteristischen Kennzeichen der Empfänger. Die Väter sind dadurch gekennzeichnet, daß sie den erkannt haben, der von Anfang ist, das heißt, sie sind gereift in der Erkenntnis Christi, des „Wortes des Lebens“, in dem das ewige Leben offenbart worden war. Sie haben wahrhaft den erkannt, in dem alles enthüllt worden ist, was von Gott erkannt werden kann. Alle andere Erkenntnis versinkt in Bedeutungslosigkeit im Vergleich mit dieser Erkenntnis. Die Väter besitzen sie.
Die Jünglinge sind dadurch gekennzeichnet, daß sie den Bösen überwunden haben. Spätere Verse in diesem Kapitel machen die Bedeutung dieser Aussage noch klarer. Sie haben die listigen Fallstricke des Teufels in den antichristlichen Lehren dadurch überwunden, daß sie durch Gottes Wort auferbaut worden sind. In unseren früheren Jahren als Gläubige, bevor wir Zeit fanden, uns fest in den Unterweisungen des Wortes gründen zu lassen, waren wir weit mehr gefährdet, von spitzfindigen, dem Wort widersprechenden Lehren irregeleitet und so von dem Bösen überwunden zu werden.
Dies ist die Gefahr, der die Kindlein ausgesetzt sind, wie wir sehen werden. Doch sie haben ein schönes Merkmal, das sie auszeichnet – sie kennen den Vater. Ein menschlicher Säugling zeigt sehr bald eine instinktive Fähigkeit, seine Eltern zu erkennen. So ist es auch bei den Kindern Gottes. Sie haben Seine Natur, und deshalb kennen sie Ihn. Sie haben noch vieles über den Vater zu lernen, aber sie kennen Ihn. Als Kinder Gottes laßt uns geübt sein, daß wir keine Kindlein bleiben. Wir müssen als solche beginnen, aber laßt uns nach Vertrautheit mit dem Wort Gottes streben, die unser geistliches Wachstum fördert und uns anleitet, Jünglinge zu werden und zur gegebenen Zeit auch Väter.
Nachdem der Apostel in Vers 13 die Merkmale angeführt hat, die Väter, Jünglinge und Kindlein auszeichnen, beginnt er mit Vers 14 seine besondere Botschaft an jede dieser drei Gruppen. Wieder sind es zuerst die Väter, an die er sich wendet.
Seine Botschaft an sie ist äußerst kurz. Außerdem benutzt er den gleichen Wortlaut wie im vorhergehenden Vers. Das ist bemerkenswert, und wir mögen uns wohl nach dem Grund dafür fragen. Er liegt, wie wir glauben, in der Tatsache, daß wir, wenn wir zur Erkenntnis dessen kommen, „der von Anfang war“, eine Erkenntnis Gottes in ihrer ganzen und ewigen Fülle erreicht haben, über die hinaus es nichts gibt. Er ist der „Sohn“ und „das Wort“, das „Wort des Lebens“, das unter uns offenbart worden ist. Er ist der, der von Anfang ist. In Ihm kennen wir Gott, und außerhalb der unauslotbaren Tiefe dieser Erkenntnis gibt es nichts.
Die Väter nun kennen Ihn in dieser tiefen und wunderbaren Weise. Der Gott, der Liebe ist, ist die Wohnung ihrer Seelen geworden, und indem sie in der Liebe bleiben, bleiben sie in Gott, und Gott in ihnen. Sie brauchen nur fortzufahren, diese Erkenntnis zu vertiefen. Nichts wird ihnen gesagt, was außerdem noch nötig wäre.
Diese Höhe haben die Jünglinge bisher nicht erreicht, aber sie sind auf dem Weg dorthin. Es zeichnet sie aus, daß sie den Bösen überwunden haben, wie Vers 13 uns mitteilte. Jetzt erfahren wir, wie dieser Sieg errungen werden konnte. Sie waren erstarkt durch das in ihnen bleibende Wort Gottes.
Wir alle treten als Kindlein in das christliche Leben ein. Bei gesundem Wachstum schreiten wir dann fort und werden zu Jünglingen. Nun muß die Erkenntnis des Wortes Gottes als besonders wichtig an erster Stelle stehen. Wir können nicht in etwas bleiben, wenn wir es gar nicht kennen. Hier werden wir nun direkt mit der Ursache konfrontiert, warum viele wahre Gläubige – und das jahrelang – im Stadium von Kindlein bleiben, ja, geradezu verkümmerten Säuglingen gleichen. Sie sind nie richtig mit dem Wort Gottes vertraut geworden. Der große Widersacher des Werkes Gottes weiß sehr wohl, wie notwendig das wäre, und sobald wir diese Tatsache erfaßt haben, ist es nicht schwer zu entdecken, wie geschickt er mit seinen tiefversteckten Absichten zu Werke geht.
Die römische Kirche hat jahrhundertelang die Bibel ihren Anhängern mit der Begründung vorenthalten, daß sie als Gottes Wort zu erhaben für das Verständnis von Laien sei und nur von kirchlichen Lehrern ausgelegt werden könne. In der protestantischen Welt ist der Modernismus vorherrschend. In seinen voll entwickelten Strömungen leugnet er das Wort Gottes vollständig-, die Bibel ist ihnen lediglich eine Sammlung zweifelhafter Legenden, durchsetzt mit altmodischen religiösen Überlegungen. In seiner abgeschwächten Form – die oft wahre Christen irreführt und deshalb um so schädlicher ist, was uns selbst betrifft – schwächt der Modernismus die Autorität des Wortes und verurteilt seine Anhänger zu einer immerwährenden geistlichen Säuglingschaft. Und wo solche Übel nicht vorhanden sind, wie häufig sind die Leute da zufrieden, wenn sie ihre Kenntnis des Wortes aus den Abschnitten empfangen, über die gerade gepredigt wird. Es kommt ihnen nicht in den Sinn, für sich selbst das Wort zu lesen, Stellen anzustreichen, daraus zu lernen und innerlich zu verarbeiten. So aber verkümmert ihr Wachstum.
Nun sollen wir nicht nur das Wort kennen, es soll in uns bleiben. Es muß unsere Gedanken und Neigungen durchdringen; es will uns überwachen und unser ganzes Leben steuern. Bei wem dieser Punkt erreicht wird, von dem kann dann gesagt werden, daß er stark ist, weil er auf den unüberwindlichen Felsen der Heiligen Schrift gegründet ist. Aber auch in diesem Fall ist die Kraft nicht alles, denn solche müssen noch weitergeführt werden zu der Erkenntnis dessen, der von Anfang ist, zu dem, was die Väter auszeichnet.
Die Jünglinge sind einer Gefahr ausgesetzt, die sie, wenn sie ihr nicht entgehen, hindern wird, zu dieser erhabenen Erkenntnis vorzudringen. Diese Gefahr ist die Welt und die Liebe zu ihr. Dabei geht es nicht nur um die Welt im Sinn eines abstrakten Begriffs, sondern um die konkreten, materiellen Dinge, die in der Welt sind. Wir gebrauchen eine ganze Menge dieser Dinge, und gelegentlich erfreuen sie uns auch, aber lieben sollten wir sie nicht. Was wir lieben, beherrscht uns, und nicht die Welt sollte über uns herrschen, sondern der Vater. Die Liebe zur Welt und die Liebe zum Vater schließen sich gegenseitig aus. Sie können uns nicht beide zugleich besitzen. Es kann nur die eine oder die andere sein. Welche Liebe hat von uns Besitz ergriffen?
Wenn die Liebe des Vaters uns beherrscht, werden wir die Welt in ihrem wahren Licht sehen. Wir werden über eine geistliche Befähigung verfügen, die den Röntgen-Strahlen vergleichbar ist. Wir werden unter der Oberfläche der Dinge das Skelettgerippe sehen, auf dem alles aufgebaut ist. Dieses Skelett wird in Vers 16 beschrieben: „Die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens“. Sie alle sind nicht vom Vater, sondern gänzlich von der Welt.
Die Lust des Fleisches ist der Wunsch, zu haben – der Wunsch, für sich selbst die Dinge zu besitzen, die dem Fleisch dienen. Die Lust der Augen ist der Wunsch, zu sehen – ob mit den natürlichen Augen oder den Augen des Herzens – all die Dinge, die unserem Vergnügen dienen. Sie werden dann die rastlosen intellektuellen Sehnsüchte des Menschen ebenso befriedigen wie seine beständige Jagd nach spektakulären Vergnügungen. Der Hochmut des Lebens ist der Wunsch, zu sein – das Verlangen, jemand oder etwas zu sein, was dem Stolz des Herzens dient. Dieses Übel sitzt von den dreien am tiefsten und wird oft am wenigsten vermutet.
Hier wird für uns der Untergrund, auf dem das Weltsystem erbaut ist, bloßgelegt. Jeder Punkt ist dem Vater ganz und gar entgegengesetzt und damit der zukünftigen Welt, die an die Stelle der gegenwärtigen Weltordnung treten wird. „Die Welt vergeht“ wird uns gesagt, und ebenso ihre Lust. Das zu hören, überrascht uns nicht. Welche Barmherzigkeit, daß es so ist. Könnte es ein größeres Unheil geben, als daß die Welt mit ihrer Lust ewig dauern würde? Die Welt wird verschwinden; der Vater und Seine Welt werden bleiben. Wir wären tatsächlich töricht, wenn uns eine Liebe erfüllte, die vergeht, anstelle dieser Liebe zu Ihm, die bleibt.
Wie auffallend ist die Gegenüberstellung in Vers 17. Wir hätten vielleicht erwartet, daß das Ende des Verses lautet: „Der Vater aber bleibt.“ Das ist jedoch so offensichtlich, daß es einer erneuten Feststellung nicht bedarf. „Wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit“ – das ist eine herrliche Tatsache. Es ist die Welt, die „vergeht“. Wenn Gläubige sterben, so sagen wir, der und der ist „von uns gegangen“. Die Welt existiert ganz gut ohne sie weiter und erscheint recht stabil. Der Apostel Johannes betrachtet die Dinge von der göttlichen Seite aus und hilft uns, dasselbe zu tun. Dann haben auch wir den Eindruck einer vergehenden Welt. Doch der, der den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit, obwohl er der irdischen Szene entrückt wird. Der Wille Gottes ist fest und bleibend. Wer diesem Willen dient, bleibt ebenfalls.
Von Vers 18 an bis Vers 27 werden die „Kindlein“ angesprochen. Ohne jede Vorbemerkung stößt der Apostel eine Warnung aus in Bezug auf die antichristlichen Lehrer, die überall auftraten. Der „Antichrist“ ist eine unheilvolle Persönlichkeit, deren Erscheinen für die letzten Tage vorhergesagt ist. Er ist noch nicht gekommen, doch sind viele unbedeutendere Menschen, die seinen bösen Charakter mehr oder weniger zeigen, längst aufgetaucht. Daran sehen wir, daß wir in der letzten Zeit leben, nämlich in der Periode, die diesem Zeitpunkt vorausgeht, wo das Böse seinen Höhepunkt erreichen und einem umfassenden Gericht anheimfallen wird.
Die Antichristen nun, die da waren, als Johannes schrieb, hatten einmal ihren Platz unter den Gläubigen eingenommen, wie wir aus Vers 19 ersehen. Aber dann hatten sie die Verbindung zu ihnen gelöst und waren aus ihrer Mitte weggegangen. Dadurch hatten sie selbst angezeigt, daß sie nie wirklich zur Familie Gottes gehört hatten – sie waren nicht „von uns“. Der wahre Gläubige ist daran zu erkennen, daß er den Glauben festhält. Sie hatten ihn aufgegeben und die Gemeinschaft der Christen verlassen, woran man sehen konnte, daß sie keine lebendige Verbindung mit den Kindern Gottes hatten. Das wahre Kind Gottes hat die Salbung von dem Heiligen, und genau das war es, was die Antichristen nie besessen hatten.
Die „Salbung“ in Vers 20 ist gleichbedeutend mit der „Salbung“ in Vers 27, und in beiden Fällen wird auf den Heiligen Geist Bezug genommen. Da er den Kindern Gottes innewohnt, wird Er ihnen zur Quelle ihres geistlichen Verständnisses. Das einfältigste Kindlein innerhalb der göttlichen Familie hat die Salbung empfangen, so daß man von ihm sagen kann, daß es „alles weiß“. Das hier im Grundtext benutzte Wort für wissen bedeutet innerliche, bewußte Erkenntnis. Wenn es hierbei um erworbene Kenntnisse ginge, dann gäbe es zehntausend Dinge, über die ein solches Kindlein zunächst unwissend ist. Aber die Salbung verleiht ihm diese innerliche Fähigkeit, die alle Dinge in seine Reichweite bringt. Es kann alle Dinge seinem Wesen nach erkennen, wenn auch noch nicht in den Einzelheiten.
Daher kann sogar von einem Kindlein gesagt werden, daß es „die Wahrheit weiß“; es besitzt die Fähigkeit, zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden. Es mag im Augenblick das Evangelium nur in seinen einfachsten Grundzügen verstehen; doch im Evangelium hat es unverfälschte Wahrheit – Grundwahrheit, aus der alle Folgewahrheiten hervorgehen –, und jede Lüge des Teufels kann entlarvt werden, wenn sie auf dem leuchtenden Hintergrund des Evangeliums betrachtet wird.
Jede Lüge des Teufels zielt irgendwie auf die Wahrheit ab, die den Christus Gottes betrifft. Er ist kein durchschnittlicher Schütze, und selbst wenn er scheinbar nach den äußeren Ringen der Scheibe schießt, kalkuliert er den Rückstoß und andere Nebeneinflüsse mit ein, so daß die Kugeln sauber im Zentrum landen. In den Tagen des Apostels griff er ganz öffentlich diesen Mittelpunkt an. Die Antichristen leugneten dreist, daß Jesus der Christus sei. Sie leugneten den Vater und den Sohn. In unserer Zeit tun das immer noch einige von ihnen. Andere aber, und das dürfte die Mehrheit sein, bringen scharfsinnige Lehren in Umlauf, die auf den ersten Blick nicht so schädlich wirken, schließlich jedoch zu denselben Leugnungen führen, die ins Zentrum des Ziels treffen.
Der Antichrist wird bei seinem Erscheinen die totale Leugnung des Vaters und des Sohnes personifizieren. Er wird „sich erheben und groß machen über jeden Gott, und wider den Gott der Götter wird er Erstaunliches reden“ (
Das ganze Alte Testament weist darauf hin, daß Jesus der Christus ist, wie
Es ist beachtenswert, daß Irrtum sehr häufig die Form einer Verneinung, der Wahrheit annimmt. Leugnungen oder Verneinungen sind gefährlich. Sie sollten nur mit Vorsicht ausgesprochen werden und auf eine weitgehende Kenntnis gestützt sein. Gewöhnlich ist mehr Wissen nötig, etwas zu verneinen, als etwas zu behaupten. Ich kann z.B. behaupten, daß eine gewisse Sache in der Bibel steht, und ich brauche nur einen Bibelvers anzugeben, um zu beweisen, was ich sage. Wenn ich aber leugne, daß etwas in der Bibel steht, dann ist es erforderlich, die Bibel von Anfang bis Ende zu kennen, um sicher zu sein, daß man mir nicht mit Erfolg widersprechen kann.
Von Anfang an nun ist Jesus als der Christus offenbart worden, und als Sohn hat Er den Vater kundgetan. Zu diesem Wissen waren selbst die Kindlein gelangt, und es sollte in ihnen bleiben, wie es auch in uns bleiben soll. Jesus ist der Christus, d.h. der Gesalbte; wir haben die Salbung empfangen, so daß die Wahrheit in uns bleiben kann, und dann – als Folge hiervon – werden wir in dem Sohn bleiben und in dem Vater.
Der Apostel Paulus belehrt uns, daß wir „in Christus“ sind als ein Ergebnis des Werkes der Gnade Gottes. Der Apostel Johannes belehrt uns hinsichtlich der Offenbarung des Vaters und des Sohnes und weiter über die Gemeinschaft, die in Verbindung mit dieser Beziehung gebildet ist, in die jedes Kind Gottes – sogar das jüngste Kindlein – gebracht ist, so daß wir fortsetzen können „in dem Sohn und in dem Vater“. Der Sohn kommt zuerst, da wir nur in dem Vater bleiben können, wenn wir in Ihm bleiben. Dieses „Bleiben“ bedeutet, in der bewußten Erkenntnis und im Genuß des Sohnes und des Vaters zu bleiben, was uns möglich ist, da wir aus Gott geboren sind und die Salbung empfangen haben.
Dieses „Bleiben“ in dem Sohn und in dem Vater ist ewiges Leben. Es gab die Verheißung ewigen Lebens sogar „vor den Zeiten der Zeitalter“, wie es in
All dies hatte der Apostel geschrieben, um die Kindlein gegenüber den verführerischen Lehrern zu befestigen. In Vers 27 kommt er wieder auf die Salbung zurück, denn durch den Geist, der ihnen gegeben war, waren ihnen alle diese Dinge zugänglich gemacht worden. Welcher Trost liegt darin, zu wissen, daß diese Salbung in uns bleibt. Es gibt da keine Veränderung und kein Versagen. Und nicht nur, daß die Salbung bleibt, sie unterweist auch in allen Dingen. Belehrung mag uns von außen her erreichen, doch die Fähigkeit, sie aufzunehmen, haben wir durch den Heiligen Geist. Es ist nicht erforderlich, daß irgend jemand uns belehrt. Diese Bemerkung beabsichtigt nicht, Lehrer herabzusetzen, die der Herr erweckt und begabt haben mag, Sein Werk zu tun. Sonst könnten wir diese Aussage mißbrauchen, um sogar den Brief, den wir lesen, herabzusetzen. Sie will uns aber darauf aufmerksam machen, daß selbst begabte Lehrer nicht unbedingt unentbehrlich sind, wohl aber die Salbung.
Die Salbung selbst ist „wahr“. Dies wird in Kapitel 5,6 mit etwas anderen Worten (“die Wahrheit“) wiederholt. So ist auch Christus die Wahrheit (
Gott sei Dank, die Salbung ist auch unser Teil. Daher gilt auch uns das Wort: „Ihr werdet in ihm bleiben.“ Wir mögen nur Kindlein sein; wir mögen wenig Erkenntnis haben; aber möge doch nichts uns ablenken von diesem Leben und dieser Gemeinschaft, in die wir hineingestellt sind. Alles hat seinen Mittelpunkt in Ihm. Laßt uns in Ihm bleiben!
Der Abschnitt, der im besonderen an die „Kindlein“ gerichtet ist, beginnt mit Vers 18 und endet mit Vers 27. In Vers 28 haben wir nicht mehr „Kindlein“, sondern „Kinder“ in einem allgemeineren Sinn, dasselbe Wort, das auch in den Versen 1 und 12 sowie im nächsten Kapitel in den Versen 7, 10 und 18 gebraucht wird.
Ab Vers 28 richtet der Apostel seine Ausführungen wieder an die ganze Familie Gottes, an alle, die Seine Kinder sind, ohne Rücksicht auf ihr geistliches Wachstum oder ihren Zustand. Er hatte soeben den Kindlein zugesichert, daß die Salbung ihr Teil war und daß sie daher in Ihm bleiben sollten. Jetzt wendet er sich an die ganze Familie Gottes und ermahnt sie, in Ihm zu bleiben. Was für die Kindlein gut ist, ist für alle gut, und dieses Bleiben ist der einzige Weg zu aller geistlichen Fruchtbarkeit und zu allem Wachstum. Wenn wir von Ihm abgelenkt werden und die Neigungen und Interessen unserer Herzen an den Dingen der Welt hängen, dann sind wir schwach und unfruchtbar. Der Apostel schaute auf die Offenbarung des Christus, wenn auch jeder von uns in seinem wahren Charakter offenbar werden wird. Er wünschte, daß wir alle Freimütigkeit an diesem Tag hätten und nicht beschämt würden.
Er wird offenbart werden, und wir werden bei Seiner Ankunft mit Ihm offenbart werden; und da gibt es offensichtlich die Möglichkeit, daß ein Gläubiger in dieser ernsten Stunde beschämt werden kann. Es ist sehr wahrscheinlich, daß der Apostel mit diesen Worten sein eigenes Verantwortungsgefühl ihnen gegenüber ausdrückt, und er wünscht, daß sie ihm an diesem Tag – wenn wir es einmal so sagen dürfen – zur Ehre sind. Doch zeigen sie sicherlich auch an, daß jeder von uns seiner eigenen Verantwortung wegen beschämt werden kann. Laßt uns doch jeder für sich so wirklich in Ihm bleiben, daß wir jetzt fruchtbar sein können und dann Freimütigkeit haben. Dann werden weder wir beschämt sein noch die, die sich um uns bemüht haben, ob als Evangelisten oder als Hirten.