Einführende Vorträge zum Matthäusevangelium
Kapitel 2
Das nächste Kapitel zeigt uns ein weiteres Kennzeichen dieses Evangeliums. Das Ziel des ersten Kapitels bestand darin, uns Beweise von der wahren Herrlichkeit und dem Wesen des Messias zu geben im Gegensatz zu jüdischen Einschränkungen und ihrem Unglauben bezüglich seiner Person. Das zweite Kapitel zeigt uns die Aufnahme, die der Messias seitens Jerusalems, des Königs und des Volkes im Land Israel, verglichen mit den Weisen aus dem Osten, fand. Wenn Er wirklich vom königlichen Samen Davids war, wenn seine Herrlichkeit jede menschliche Abstammung weit übertraf – welch einen Platz fand Er dann tatsächlich in seinem Land und bei seinem Volk? Sein Recht war unangreifbar. Welche Verhältnisse traf Er an, als Er schließlich in Israel gefunden wurde? Von Anfang an ist die Antwort: Er war der verworfene Messias. Er war verworfen, und zwar am nachdrücklichsten von denen, deren Verantwortlichkeit vor allem darin bestand, Ihn anzunehmen. Es waren nicht die Unwissenden; es waren nicht diejenigen, die durch üppiges Wohlleben betäubt waren. Es war Jerusalem; es waren die Schriftgelehrten und Pharisäer. Ja, selbst das ganze Volk war schon durch den bloßen Gedanken an die Geburt des Messias bestürzt.
Was den Unglauben Israels so erschütternd herausstellte, war dies: Gott würde ein angemessenes Zeugnis in Bezug auf einen solchen Messias geben. Und wenn die Juden nicht dazu bereit waren, dann würde Er sogar von den Enden der Erde einige Herzen versammeln, um Jesus – Jesus-Jahwe, den Messias Israels – zu begrüßen. Folglich finden wir jene Heiden, die aus dem Osten heranzogen und von dem Stern geleitet wurden, der zu ihren Herzen sprach. Schon immer war die Überlieferung von dem allgemeinen Inhalt der Prophezeiung Balaams unter den orientalischen Völkern, und nicht nur bei ihnen, lebendig, dass ein Stern erscheinen sollte – ein Stern in Verbindung mit Jakob (
Das ist umso bemerkenswerter, wenn wir bei Lukas denselben Jesus als kleines Kind in den Armen eines betagten Mannes mit weit mehr göttlichem Verständnis sehen, als sich diese Weisen aus dem Morgenland rühmen konnten (
Im Folgenden finden wir, wie den Weisen von Gott ein Wink gegeben wird, damit sie auf einem anderen Weg wieder zurückzogen. Auf diese Weise wurde die Absicht des verräterischen Herzens und grausamen Verstandes des edomitischen Königs vereitelt, der dennoch zum Schlächter der Unschuldigen wird.
Als Nächstes kommt die bemerkenswerte Prophezeiung hinsichtlich des Christus, zu der wir ein Wort sagen müssen, nämlich die Prophezeiung Hoseas. Unser Herr wird aus dem Bereich des Sturmes nach Ägypten getragen. Das entsprach tatsächlich der ganzen Geschichte seines Lebens. Es brachte Ihm beständig Leiden und war ein Weg der Schmerzen und der Schande. In dem Herrn Jesus lag kein Heldentum, sondern eher das Gegenteil. Nichtsdestoweniger war Er Gott, der seine Majestät verhüllte. Er war Gott in der Person eines Menschen, in jenem Kind, das den niedrigsten Platz in dieser stolzen Welt einnahm. Deshalb finden wir hier keine Wolke, die Ihn verdeckte, keine Feuersäule, die Ihn schützte. Er beugte sich vor dem Sturm und wich zurück. Er wurde von seinen Eltern nach Ägypten, jenem alten Schmelzofen der Leiden seines Volkes, getragen. So musste unser Herr Jesus von Anfang an, schon als kleines Kind, den Hass der Welt schmecken. Er musste schon als Kind erfahren, was es heißt, vollständig gedemütigt zu werden. Die Prophezeiung wurde also erfüllt, und zwar in ihrer tiefsten Bedeutung. Gott rief nicht nur Israel aus Ägypten, sondern auch seinen Sohn. Er war der wahre Israel. Jesus war der wahre Weinstock vor Gott (
Als sie zur gegebenen Zeit nach dem Tod Herodes des Großen in das Land Israel zurückkehren, erhalten, wie uns erzählt wird, seine Eltern eine göttliche Weisung und wenden sich ab in die Gegenden Galiläas. Das ist eine weitere wichtige Wahrheit; denn auf diese Weise wurde nicht nur die Prophezeiung eines einzigen Propheten erfüllt, sondern aller. „Damit erfüllt würde, was durch die Propheten geredet ist: ,Er wird Nazarener genannt werden‘“ (V. 23). Es war ein Name der Verachtung seitens der Menschen; denn Nazareth war die verachtetste Stadt in dem verachteten Land Galiläa. Das war in der Vorsehung Gottes der rechte Ort für Jesus. So erfüllte sich die allgemeine Stimme der Propheten, die von Ihm zeugten als dem von den Menschen am meisten Verachteten und Verworfenen. Und das war Er auch. Das galt sogar von dem Ort, in dem Er lebte. „Damit erfüllt würde, was durch die Propheten geredet ist: ,Er wird Nazarener genannt werden‘“.