Auf dass Er uns zu Gott führe
Versiegelung
In dem auch ihr, nachdem ihr gehört habt das Wort der Wahrheit, das Evangelium eures Heils – in dem ihr auch, nachdem ihr geglaubt habt, versiegelt worden seid mit dem Heiligen Geist der Verheißung, der das Unterpfand unseres Erbes ist, zur Erlösung des erworbenen Besitzes, zum Preise seiner Herrlichkeit. (Eph 1,13.14)
Gestern Abend haben wir uns damit beschäftigt, was Befreiung ist. Sie ist das Teil eines jeden, der an das Werk des Herrn Jesus glaubt und die Folgen dieses Werkes für sich in Anspruch nimmt. Ein solcher weiß, dass Gott im Blick auf seine Sünden vollkommen zufriedengestellt ist, denn Christus ist dafür unter dem Gericht Gottes auf dem Kreuz gestorben. Gott hat Ihn dort zur Sünde gemacht und auf diese Weise das sündige Fleisch in Ihm gerichtet (Röm 8,3). Das bedeutet aber auch, dass wir mit Christus gestorben sind (vgl. Kol 2,20) und jeder Einzelne sagen darf: „Ich bin mit Christo gekreuzigt“ (Gal 2,20). Also sollen wir uns der Sünde für tot halten (Röm 6,11), denn Gott betrachtet uns als in Christus gestorben (Kol 3,3). Wer das glaubt, hat Frieden mit Gott und ist befreit.
Wir haben auch gesehen, dass jemand, der in Römer 5 ankommt und sagen kann: „Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott“, auch zugleich in Römer 8 ankommt und weiß, dass keine Verdammnis mehr für die ist, die in Christo Jesu sind. Es ist nicht so, dass jemand, der Römer 5 erreicht hat, danach noch die Erfahrungen von Römer 6 und 7 zu machen hat, um dann schließlich in Römer 8 anzukommen. Normalerweise machen wir die Erfahrungen von Römer 5, 1 und 8, 1 gleichzeitig.
Wer wirklich Frieden mit Gott hat und weiß, dass er in der Gunst Gottes steht und sich der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes rühmt, wird nicht mehr ausrufen: „Ich elender Mensch! wer wird mich retten von diesem Leib des Todes?“ (Röm 7,24). Diese Kapitel sind nämlich nicht chronologisch, sondern behandeln zwei verschiedene Wahrheiten: von Kapitel 1,18–5,11 geht es um die Frage unserer Sünden und unserer Schuld, um unsere sündigen Taten, wozu natürlich auch sündige Worte und Gedanken zählen. Von Römer 5,12 an bis Kapitel 8 geht es dagegen um unseren Zustand, um das, was wir von Natur aus sind. Dabei spielen die sündigen Taten keine Rolle. Selbst ein kleines Kind, das soeben geboren ist, hat diese sündige Natur, auch wenn es noch keine einzige Sünde getan hat. Es ist in dem Gleichnis und nach dem Bild Adams (1. Mo 5,3), der ein Sünder geworden war, und deshalb verwerflich für Gott. Aber das Werk des Herrn Jesus reicht für jeden aus, der Teil daran hat. Es reicht aus für all die sündigen Taten, die ein Mensch getan hat. Denn Gott hat seine Sünden auf Ihn gelegt: „Welcher selbst unsere Sünden an seinem Leib auf dem Holz getragen hat“ (1. Pet 2,24). Doch Christus hat nicht nur unsere Sünden getragen, sondern Er wurde auch zur Sünde gemacht, zu dem, was wir von Natur sind, wie wir in 2. Korinther 5,21 lesen: „Den, der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm.“ Wer glaubt, was das Wort Gottes über das Werk des Herrn Jesus sagt, hat Frieden mit Gott und ist befreit. Er ist ein Christ geworden.
Nun, in Römer 8,11 lesen wir, dass in einem solchen der Geist Gottes wohnt, und in Epheser 1,13, dass derjenige, der das Evangelium geglaubt hat, versiegelt worden ist mit dem Heiligen Geist. Gott setzt sein Siegel auf den, der seinem Wort glaubt. Bereits in Römer 5,5 lesen wir, dass der Heilige Geist uns gegeben worden ist, nachdem wir Frieden mit Gott bekommen haben. Danach wird in Römer 6 und 7 nicht mehr über den Heiligen Geist gesprochen, sondern erst wieder in Kapitel 8,9: „Wenn aber jemand Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein.“
Ich möchte kurz auf diesen Vers etwas näher eingehen, weil über den Ausdruck „der ist nicht sein“ einige Verwirrung besteht. Dieser Ausdruck wird sehr klar, wenn wir den Zusammenhang dieses Verses beachten. Es heißt hier nicht, dass derjenige, der Christi Geist nicht hat, nicht von neuem geboren ist, sondern dass er „nicht sein“ ist, d. h. dass er kein Christ ist. Der Ausdruck „Christ“ besagt viel mehr, als dass jemand von neuem geboren und bekehrt ist. In Johannes 3 wird gesagt, dass kein Mensch mit Gott in Verbindung kommen kann, wenn er nicht von neuem geboren ist. Das gilt nicht nur für die Gläubigen des Neuen Testamentes, sondern das galt auch für alle Gläubigen des Alten Testamentes. Mit einem Menschen, dessen Gebilde der Gedanken seines Herzens nur böse ist (1. Mo 6,5), kann Gott unmöglich in Verbindung stehen. Seit dem Sündenfall können nur solche Menschen mit Gott in Verbindung kommen, die von neuem geboren sind. Das war im Alten Testament so, das ist heute so, und das wird auch nach der Entrückung der Versammlung der Fall sein: auch dann werden Menschen, die zuvor das Evangelium der Gnade nicht gehört hatten und dann zur Bekehrung kommen, von neuem geboren werden.
Und schließlich werden auch von denen, die im 1000-jährigen Reich leben werden, nur diejenigen nicht vor dem großen weißen Thron stehen und nicht in den Feuersee geworfen werden (Off 20), die von neuem geboren sind. Obwohl also die Gläubigen des Alten Testamentes von neuem geboren waren, waren sie deshalb doch keine Christen. Ich werde sogleich noch darauf zurückkommen, was für einen Christen kennzeichnend ist.
Genau genommen stehen Frieden mit Gott und die Befreiung nicht in direkter Verbindung mit unserem Glauben an die Person des Herrn Jesus, ebensowenig wie die neue Geburt in direktem Zusammenhang mit dem Glauben an das vollbrachte Werk des Herrn Jesus steht. Die Gläubigen des Alten Testamentes waren von neuem geboren, obwohl sie den Herrn Jesus nicht kannten, wie wir Ihn kennen. Sie kannten Ihn nur als den Engel des HERRN, bzw. als Gott (den HERRN). Ebenso waren die Jünger des Herrn Jesus – mit Ausnahme natürlich von Judas Iskariot – bereits vor dem Kreuz von neuem geboren, denn der Herr sagt ausdrücklich zu Ihnen: „Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe“ (Joh 15,3; vgl. 13, 10+11). Trotzdem hatten die Jünger in der Zeit vor dem Kreuz keinen Frieden mit Gott und waren auch nicht befreit, genausowenig wie die Gläubigen des Alten Testamentes. Sie wussten nicht einmal, dass es den Frieden mit Gott gab. Sie hofften, dass Gott gnädig sein würde, und vertrauten darauf, dass Gott Sünden vergeben würde (siehe z. B. Ps 32 und 51). Doch Frieden mit Gott, die vollkommene Gewissheit, dass zwischen Gott und mir nichts mehr geordnet zu werden braucht, konnte es erst geben, nachdem der Herr Jesus das Werk vollbracht hatte und aus den Toten auferstanden war. Als Er in Johannes 20 nach der Auferstehung in die Mitte der Seinen trat, sagte Er zum ersten Mal zu ihnen: „Friede euch“. Das hatte Er zuvor niemals gesagt.
Wir haben an einem der vorigen Abende in Römer 4,24+25 gesehen, dass Christus unserer Sünden wegen dahingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt worden ist. Wir glauben nun an Gott als Denjenigen, der Christus aus den Toten auferweckt hat. Durch diesen Glauben sind wir gerechtfertigt und haben Frieden mit Gott. Das ist nur möglich aufgrund dieser beiden Tatsachen: erstens durch das Werk und die Auferstehung des Herrn Jesus und zweitens dadurch, dass in dieser Auferstehung offenbart wurde, dass Gott durch das Werk des Herrn Jesus vollkommen befriedigt ist.
Wer das im Glauben annimmt, hat Frieden mit Gott, ist befreit, und der Heilige Geist kommt, um persönlich in ihm zu wohnen. Bis zum Pfingsttag hat es keinen einzigen Menschen gegeben, in dem der Heilige Geist wohnte, mit Ausnahme natürlich in dem Herrn Jesus. Am Pfingsttag wurde zum erstenmal der Heilige Geist in Menschen ausgegossen. Nun haben wir in Römer 8,9 gelesen: „Wenn aber jemand Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein.“ Wie ich bereits gesagt habe, bedeutet dieser Ausdruck, dass jemand, der den Geist Christi nicht hat, kein Christ ist. Ein Christ ist jemand, der Frieden mit Gott hat, der aus der Macht der Sünde, der Welt und Satans befreit ist und den Heiligen Geist empfangen hat. Es ist also möglich, dass jemand von neuem geboren ist, ohne den Heiligen Geist zu besitzen, und er ist somit dann auch kein Christ.
Wir haben in Epheser 1,13 die lehrmäßige Feststellung gefunden, wann jemand den Heiligen Geist empfängt: „ ...nachdem ihr gehört habt das Wort der Wahrheit, das Evangelium eures Heils, in dem ihr auch, nachdem ihr geglaubt habt, versiegelt worden seid mit dem Heiligen Geist der Verheißung.“ Wer also glaubt, was Gott im Evangelium verkündigen lässt, dass Christus für denjenigen, der an das vollbrachte Werk glaubt, gestorben ist, wird von Gott mit dem Heiligen Geist versiegelt. Die Versiegelung ist eine der Seiten der Innewohnung des Heiligen Geistes: Gott setzt auf denjenigen sein Siegel, den Er als einsgemacht sieht mit Christus in seinem Tod und den Er daher als seinen Sohn, als Christen, anerkennen kann. Ein solcher entspricht dem, was Gott sich in seinem Ratschluss vorgenommen hat.
In Epheser 1,5 lesen wir, dass Gott uns zur Sohnschaft zuvorbestimmt hat, und in Römer 8,29, dass Er uns zuvorbestimmt hat, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein. Es war sein Ratschluss, dass wir dem Bild seines Sohnes gleichförmig sein sollten, damit dieser Sohn der Erstgeborene unter vielen Brüdern wäre. Gleichförmig dem Bild seines Sohnes zu sein bedeutet, dem Herrn Jesus als Sohn gleichförmig zu sein und die gleiche Stellung wie Er vor Gott einzunehmen. Zwei weitere Stellen, die über das Empfangen des Heiligen Geistes sprechen, sind Galater 4,6: „Weil ihr aber Söhne seid, so hat Gott den Geist seines Sohnes in unsere Herzen gesandt“, und Römer 8,14+15: „Denn so viele durch den Geist Gottes geleitet werden, diese sind Söhne Gottes ... einen Geist der Sohnschaft habt ihr empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater! Der Geist selbst zeugt mir unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind.“ Hier heißt es sogar, dass jemand, der durch den Heiligen Geist geleitet wird, ein Sohn Gottes ist. Ist denn derjenige, der nicht von dem Geist Gottes geleitet wird, kein Sohn Gottes? Jedenfalls können wir sagen, dass jemand, der den Heiligen Geist noch nicht empfangen hat, kein Christ ist in dem Sinn, wie Gottes Wort diesen Ausdruck gebraucht.
Auch wenn ich ein wenig vom Thema abweiche, möchte ich doch gerne etwas bei dem Ausdruck verweilen: „So viele durch den Geist Gottes geleitet werden, diese sind Söhne Gottes.“ Man könnte daraus die Schlussfolgerung ziehen, dass jemand, der den Heiligen Geist empfangen hat, aber wieder abweicht und untreu ist, kein Sohn Gottes mehr ist. So weit dürfen wir nicht gehen, obwohl diese Schlussfolgerung in eine richtige Richtung weist. Wir lesen dazu in 2. Korinther 6,14–18: „Seid nicht in einem ungleichen Joch mit Ungläubigen. Denn welche Genossenschaft hat Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? Oder welche Gemeinschaft Licht mit Finsternis? Und welche Übereinstimmung Christus mit Belial? Oder welches Teil ein Gläubiger mit einem Ungläubigen? Und welchen Zusammenhang der Tempel Gottes mit Götzenbildem? Denn ihr seid der Tempel des lebendigen Gottes, wie Gott gesagt hat: Ich will unter ihnen wohnen und wandeln, und ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein.'
Darum geht aus ihrer Mitte aus und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt Unreines nicht an, und ich werde euch aufnehmen; und ich werde euch zum Vater sein, und ihr werdet mir zu Söhnen und Töchtern sein, spricht der Herr, der Allmächtige.“ Hier sehen wir also, dass, wenn Gläubige in unreinen Verbindungen mit Ungläubigen stehen, Gott sie nicht öffentlich als seine Söhne anerkennt. Gott kann sich dann nicht als Vater zu uns bekennen, obwohl wir vielleicht Kinder Gottes sind, also aus Ihm geboren sind. Kennen wir nicht etwas Ähnliches aus dem praktischen Leben? Wenn ein Kind unartig ist, kann der Vater es nicht als sein liebes Kind behandeln, sondern muss es vielmehr bestrafen. Er kann ihm seine väterliche Liebe nicht zeigen. Es entspricht einem normalen Verhältnis zwischen Vater und Sohn, dass der Vater seinem Sohn sein Herz öffnet und seine Gedanken mit ihm teilt. Doch das kann der Vater so lange nicht tun, wie der Zustand des Sohnes es nicht erlaubt. So sehen wir, dass es auch in dieser Beziehung praktisch wahr ist, wenn Römer 8 sagt: „So viele durch den Geist Gottes geleitet werden, diese sind Söhne Gottes.“ Gott kann sie nur dann praktisch als seine Söhne anerkennen, wenn sie sich von dem Geist Gottes leiten lassen. Die angeführten Stellen zeigen uns also, wann jemand mit dem Heiligen Geist versiegelt wird und dass die Versiegelung bedeutet, dass Gott einen solchen als seinen Sohn, als einen Christen anerkennt.
Gottes Wort verwendet aber auch noch andere Ausdrücke für die Innewohnung des Heiligen Geistes, die wieder auf andere Seiten hinweisen. In 1. Johannes 2 und in 2. Korinther 1 wird über die Salbung mit dem Heiligen Geist gesprochen. Wir kennen aus dem Alten Testament eine Salbung mit Öl. Öl ist in der Schrift, wie wir aus Sacharja 4 wissen, ein Bild des Heiligen Geistes. Im Alten Testament wurden Könige, Priester und Propheten mit Öl gesalbt und erhielten durch diese Salbung ihre Würde. Die Salbung mit dem Heiligen Geist weist also auf eine besondere Würde hin, die wir empfangen haben, aber auch darauf, dass wir Einsicht empfangen haben: „Ihr habt die Salbung von dem Heiligen und wisst alles“ (1. Joh 2,20) und: „ ... sondern wie dieselbe Salbung euch über alles belehrt“ (1. Joh 2,27).
Ich möchte noch einige Stellen vorlesen, die über das Empfangen des Heiligen Geistes sprechen: „Wisst ihr nicht, dass euer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist?“ (1. Kor 6,19) und: „Wenn aber der Geist ... in euch wohnt ... „ (Röm 8,11). In diesen Stellen geht es um das Wohnen des Heiligen Geistes in uns. Dieses Wohnen hatte der Herr Jesus in Johannes 14 angekündigt, als Er sagte, dass Er den Vater bitten würde, den Tröster, den Heiligen Geist zu senden: „Er bleibt bei euch und wird in euch sein“ (V. 17). „In euch“ deutet auf die persönliche Seite der Innewohnung des Heiligen Geistes hin und „bei euch“ auf die Gemeinschaft der Gläubigen als Versammlung durch den Heiligen Geist. Die gemeinschaftliche Seite der Innewohnung des Heiligen Geistes finden wir z. B. in 1. Korinther 3,16: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“ und in Epheser 2,22: „ ...zu einer Behausung Gottes im Geist“. Die Versammlung ist das Haus Gottes auf der Erde, in dem Gott, der Heilige Geist, wohnt. In diesem Sinn ist der Heilige Geist „bei uns“.
Wenn wir in Epheser 1 von der Versiegelung mit dem Heiligen Geist und in 2. Korinther 1 von der Salbung gelesen haben, handelt es sich doch um ein und dieselbe Tatsache, die nur von verschiedenen Seiten aus betrachtet wird. Solange der Heilige Geist nicht in einem Menschen wohnt, kann nicht die Rede davon sein, dass er versiegelt oder gesalbt ist. Wir kommen noch einmal auf die Frage zurück, wann jemand den Heiligen Geist empfängt. Die Antwort haben wir bereits in Epheser 1,13 gefunden: „Nachdem ihr geglaubt habt.“ Hier steht also nicht: Nachdem ihr bekehrt oder von neuem geboren wart, sondern: „Nachdem ihr geglaubt habt“. Die Frage ist nun: Was hatten die Epheser geglaubt? Natürlich glaubt jemand, der bekehrt ist, an Gott und zweifelt auch nicht an der Wahrheit des Wortes Gottes. Es ist unmöglich, dass jemand wirklich bekehrt ist und doch innerlich in seinem Herzen daran zweifelt dass die Bibel das Wort Gottes ist. Es kann sein, dass sein Verstand zweifelt, und wenn man ihn fragen würde, ob er glaubt, dass die Bibel von Gott eingegeben ist, würde er vielleicht nicht wissen, was er sagen soll. Doch in seinem Herzen glaubt er. Würde man mit ihm darüber sprechen, was Gott über den Menschen sagt, so würde er den Worten der Bibel Recht geben. Das Wort Gottes hat sein Gewissen berührt und ihm gezeigt, dass er ein verlorener Sünder ist. Das, was in diesem Wort über die Güte Gottes steht, hatte ihm den Mut gegeben, mit seiner Schuld zu Gott zu gehen und sich selbst anzuklagen. Dazu ist noch nicht nötig, dass er das Werk des Herrn Jesus kennt und weiß, dass das Werk für ihn geschehen ist. Jemand, der bekehrt ist, weiß noch nicht viel mehr, als dass er ein verlorener Sünder ist. Es hat eine Sinnesänderung bei ihm stattgefunden, er hat Buße getan (was in dem Wort Bekehrung eingeschlossen ist) und hat erkannt, dass Gott, wenn Er gerecht ist, ihn richten muss. Der Heilige Geist hat ein neues Leben in ihm gewirkt. Erst danach kann Gott zu ihm sagen: Ich habe ein Evangelium für dich, eine frohe Botschaft. Ich habe meinen Sohn für verlorene Sünder gesandt. Gott verkündigt keinem Menschen das Evangelium, solange er sich nicht als verlorener Sünder erkannt hat.
Was hatten die Gläubigen in Ephesus nun geglaubt? Paulus sagt zu ihnen: „Das Wort der Wahrheit, das Evangelium eures Heils.“ Das griechische Wort für Heil bedeutet auch „Errettung“, so wird dieses Wort auch an einigen Stellen in der Elberfelder Übersetzung wiedergegeben (siehe Röm 13,11; Heb 2,3.10; 1. Pet 1,5.9.10, 2,2, 2. Pet 3,15). In 1. Korinther 15 finden wir eine Beschreibung dieses Evangeliums: „Ich tue euch aber kund, Brüder, das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, das ihr auch angenommen habt, in dem ihr auch steht, durch welches ihr auch errettet werdet, (wenn ihr an dem Wort festhaltet, das ich euch verkündigt habe) es sei denn, dass ihr vergeblich geglaubt habt.“ Dann sagt Paulus, was er verkündigt hat: „Denn ich habe euch zuerst überliefert, was ich auch empfangen habe: dass Christus für unsere Sünden gestorben ist, nach den Schriften; und dass er begraben wurde, und dass er auferweckt worden ist am dritten Tag, nach den Schriften.“ (1. Kor 15,1–4). Das Evangelium, das die Korinther angenommen hatten, beinhaltete also nicht nur, dass Christus nach den Schriften für ihre Sünden gestorben war, sondern auch, dass Er begraben wurde, und drittens, dass Er am dritten Tag auferweckt wurde. Wer also glaubt, dass Christus für seine Sünden gestorben ist, ist damit noch nicht errettet.
Er weiß zwar, dass der Herr Jesus das Werk auf dem Kreuz vollbracht hat, und vielleicht auch, dass Er dieses Werk aus Liebe zu ihm getan hat, wie Galater 2,20 sagt: „Der Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat.“ Aber er weiß noch nicht, dass Gott durch dieses Werk völlig zufriedengestellt ist. Das wusste noch niemand, solange der Herr Jesus am Kreuz hing. Der Lohn der Sünde ist der Tod (Röm 6,23), und der Herr hat diesen Lohn empfangen und ist gestorben. Wenn Gott Ihn nicht auferweckt und in die Herrlichkeit aufgenommen hätte und der Heilige Geist nicht auf diese Erde gekommen wäre, um uns zu sagen, dass der Herr Jesus auferstanden ist, wüssten wir nicht, dass Gott durch das Werk des Herrn Jesus befriedigt ist.
Das Volk Israel wird erst dann wissen, dass Gott auch sie auf der Grundlage des Werkes des Herrn Jesus annimmt, wenn der Herr Jesus aus dem Himmel wiederkommt, um Israel in die Segnungen des 1000-jährigen Reiches einzuführen. Der Überrest des Volkes Israel, der nach der Entrückung gebildet wird, wird zwar darauf vertrauen, dass Gott in seiner Güte bereit ist, Sünden zu vergeben, wie wir das in Psalm 32 finden. Doch andererseits wird dieser Überrest auch wissen, dass sie vor nahezu zweitausend Jahren den Messias an das Kreuz gebracht haben, und ausrufen: Errette uns von Blutschuld, Gott, du Gott meiner Rettung (vgl. Ps 51,14). Doch sicher werden sie erst sein, dass Gott auch sie annimmt aufgrund des Werkes des Herrn Jesus, wenn Er aus dem Himmel wiederkommt und sie erkennen: Gott hat sein Werk angenommen. Vorbildlich finden wir das in 3. Mose 16, wenn Aaron am großen Versöhnungstag in das Heiligtum hineinging und das Volk draußen wartete, dass er wieder herauskommen würde. Wenn er dann wieder aus dem Heiligtum herauskam, wusste das Volk, dass Gott das Opfer angenommen hatte. Noch deutlicher sehen wir das vorbildlich in 3. Mose 9, wo Mose und Aaron ins Heiligtum hineingingen und das Volk segneten, wenn sie wieder herauskamen. Das weist hin auf den Beginn des 1000-jährigen Reiches, wenn der Herr Jesus aus dem Himmel wiederkommt und als der König und Hohepriester seines Volkes erscheint, um das Volk in die Segnungen des 1000-jährigen Reiches einzuführen.
Wir hingegen wissen schon jetzt, dass Gott das Werk des Herrn Jesus angenommen hat, denn es ist der verherrlichte Herr im Himmel, der den Heiligen Geist auf diese Erde gesandt hat (Apg 2,33). Der Herr Jesus selbst hat gesagt, dass der Heilige Geist, den Er senden würde, die Welt überführen würde von Sünde und von Gerechtigkeit und von Gericht (Joh 16,7+8). In Vers 10 erklärt der Herr das näher: „Von Gerechtigkeit aber, weil ich zu meinem Vater gehe.“ Der Heilige Geist zeugt hier auf der Erde davon, dass der Herr Jesus jetzt zur Rechten Gottes in der Herrlichkeit sitzt. Gott hat Ihn aus den Toten auferweckt und Ihm diesen Platz zu seiner Rechten gegeben als Beweis dafür, dass Er durch sein Werk vollkommen zufriedengestellt ist. Das ist auch, wie wir gesehen haben, die Grundlage unseres Friedens mit Gott. Wir, die wir an Ihn glauben, der Jesum, unseren Herrn auferweckt hat – der unserer Übertretungen wegen dahingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt worden ist –, sind gerechtfertigt worden aus Glauben und haben Frieden mit Gott (Röm 4,25–5,1).
Das sind also die drei Hauptpunkte des Evangeliums, die wir in 1. Korinther 15,3+4 gefunden haben: Erstens ist Christus gestorben, zweitens wurde Er begraben, und drittens ist Er auferweckt worden. Wir wollen diese Punkte nun noch einmal in ihrer Reihenfolge durchgehen.
Erstens ist Christus für unsere Sünden gestorben oder, wie Römer 4,25 sagt: „Welcher unserer Übertretungen wegen dahingegeben ... worden ist.“ Welch eine wunderbare Tatsache, dass wir Ihn am Kreuz sehen dürfen. Wir können nun singen: „Auf dem Lamm ruht meine Seele ... Alle, alle meine Sünden hat sein Blut hinweggetan.“ Wir wissen, dass unsere Sünden vergeben sind, weil Er auferstanden ist. Das ist nun die erste wichtige Tatsache, dass wir, nachdem wir bekehrt und von neuem geboren sind, im Glauben annehmen, dass Christus für unsere Sünden gestorben ist.
Zweitens wurde der Herr Jesus begraben. Wir haben gestern in Römer 6 gelesen, dass wir, was unsere Stellung auf der Erde betrifft, in der Taufe zum Ausdruck gebracht haben, dass wir diesen Platz mit Ihm einnehmen. Wir sind auf seinen Tod getauft. Wir drücken durch die Taufe nicht aus, dass wir mit Ihm gestorben sind, sondern machen uns in der Taufe eins mit seinem Tod, werden mit Ihm begraben und nehmen so den Platz seines Todes ein. Natürlich drücken wir das in der Taufe nur deshalb aus, weil wir es geistlich wirklich empfangen haben: In Gottes Augen sind wir mit Ihm vereinigt in seinem Tod. Doch in der Taufe drücken wir aus, dass wir diesen Platz hier auf der Erde mit Ihm auch einnehmen wollen in seinem Grab, wo Er als Gestorbener lag. Das Grab Christi ist der einzig sichere Ort, weil das Gericht dort bereits ausgeübt ist. Die ganze übrige Welt liegt im Argen und wird von Gott gerichtet werden.
Die Schlussfolgerung in Römer 6 ist dann, dass, wenn wir mit Christus gekreuzigt und mit Ihm gestorben sind, wir uns auch der Sünde für tot halten sollen. Das ist die Grundlage der Befreiung. Wenn wir anerkannt haben, dass wir mit Christus gestorben sind, sind wir auch befreit aus der Macht Satans und der Welt, denn Satan und die Welt haben nur Macht über lebende, nicht über gestorbene Menschen. Einem Gestorbenen kann keine Macht der Welt noch etwas antun. So ist ein Christ von Sünde, Satan und der Welt befreit, wenn er in seinem Herzen verwirklicht, wie Gott ihn sieht, nämlich als mit Christus gestorben. Das ist die zweite Voraussetzung dafür, dass jemand den Heiligen Geist empfängt.
Drittens ist Christus nach drei Tagen auferweckt worden. Das ist der Beweis dafür, dass Gott durch dieses Werk vollkommen zufriedengestellt wurde, sowohl was unsere Sünden als auch was unsere alte Natur betrifft. Christus lebt jetzt jenseits von Tod und Grab. Mit Ihm sind auch wir auferweckt worden und haben das Auferstehungsleben empfangen (das ist allerdings schon das Thema des Kolosserbriefes und nicht mehr des Römerbriefes). Nachdem der Herr Jesus auferweckt war, konnte Er in die Mitte der Jünger treten und zu ihnen sagen: „Friede euch!“ (Joh 20,19+21). Danach hauchte Er sein eigenes Leben, das Auferstehungsleben, in sie mit den Worten: „Empfangt (den) Heiligen Geist!“
Es geht hier noch nicht um die Person des Heiligen Geistes, denn die empfingen die Jünger erst genau fünfzig Tage später am Pfingsttag. Mit „Heiliger Geist“ ist hier das durch den Geist gewirkte neue Leben gemeint, wie der Herr in Johannes 3,6 sagt: „Was aus dem Geist geboren ist, ist Geist.“ Dort wird dieses Leben „Geist“ genannt. Es ist das Leben, das der Herr in Johannes 10,10 „Leben in Überfluss“ nennt. Wir können auch sagen, es ist das ewige Leben, das nur diejenigen empfangen, die in der Zeit der Verwerfung Christi mit Ihm vereinigt sind, wir, die Christen, die zur Versammlung des lebendigen Gottes gehören.
Das also ist „das Evangelium eures Heils“. Durch den Glauben an dieses Evangelium waren die Epheser errettet worden, d. h. aufgrund dieses Glaubens hatte Gott sie mit dem Heiligen Geist versiegelt (Eph 1,13).
Daraus geht also hervor, dass nur derjenige mit dem Heiligen Geist versiegelt ist, der auch Frieden mit Gott hat. Hiermit meine ich einen gefestigten Frieden mit Gott. Es kann sein, dass jemand heute glaubt, dass nichts mehr zwischen ihm und Gott steht und doch morgen wieder daran zweifelt, ob das wirklich so ist. Das ist kein gefestigter Friede mit Gott. Wahrer Friede setzt voraus, dass jemand im Glauben annimmt, was Gottes Wort sagt, nämlich dass Gott durch das Werk des Herrn Jesus vollkommen befriedigt ist. Wer diesen Frieden mit Gott hat, diesen versiegelt Gott mit dem Heiligen Geist. Das macht eigentlich auch klar, dass wir normalerweise zur gleichen Zeit in Römer 5,1 und Römer 8,1 ankommen. Wer Frieden mit Gott hat und weiß, dass er in der Gunst Gottes steht und sich der Herrlichkeit Gottes rühmt, weiß auch, dass keine Verdammnis für die ist, die in Christus Jesus sind. So jemand hat dem Evangelium völlig und nicht nur halb geglaubt, weiß also, dass Gott alles vollkommen in Ordnung gebracht hat. Einen solchen anerkennt Gott als Christen, als sein Kind, als seinen Sohn und versiegelt ihn mit dem Heiligen Geist. Gott, der Heilige Geist, kommt, um in ihm zu wohnen. Er macht den Leib dieses Menschen 1, dieses Christen, zu seinem Tempel.
Nun möchte ich noch etwas ausführlicher darauf eingehen, was ich nur kurz angedeutet habe, dass ein Christ neues Leben empfangen hat, das in Johannes 10,10 als „Leben in Überfluss“ bezeichnet wird und wiederholt in Gottes Wort „das ewige Leben“ genannt wird. Es ist göttliches Leben, wie Petrus es nennt: „Damit ihr ... Teilhaber der göttlichen Natur werdet“ (2. Pet 1,4). Es ist das göttliche Leben in seiner reichsten Form. Auch die Gläubigen im Alten Testament hatten göttliches Leben, so wie es auch die Gläubigen nach der Entrückung haben werden. Um mit Gott in Verbindung zu kommen, muss man neues, göttliches Leben haben. Doch nur die Gläubigen in dieser Zeit der Verwerfung des Herrn Jesus, also vom Pfingsttag an bis zur Entrückung der Versammlung, haben dieses Leben in dieser reichen Form, das der Herr, Jesus selbst in Johannes 3,15+16 „ewiges Leben“ nennt.
Wir haben dieses Leben nur als Folge des Werkes des Herrn Jesus erhalten: „...also muss der Sohn des Menschen erhöht werden, damit jeder, der an ihn glaubt, ewiges Leben habe“ und „damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.“ Nach 1. Johannes 5,20 ist es das Leben des Herrn Jesus selbst: „Dieser (Jesus Christus) ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben.“ Im ersten Kapitel desselben Briefes lesen wir, dass Er als Gott, der Sohn, das ewige Leben ist, das Leben, das bei dem Vater war und uns offenbart worden ist. Wir, die wir zum Leibe Christi gehören, haben das wunderbare Vorrecht, dieses ewige Leben zu besitzen. Der Besitz des ewigen Lebens und das Innewohnen des Heiligen Geistes sind die beiden Dinge, die nur Christen haben und die sie als Christen charakterisieren. Jemand, der nicht die Gewissheit hat, dass seine Sünden vergeben sind, ja noch mehr, der keinen Frieden mit Gott hat und nicht befreit ist, ist daher kein Christ im Sinn der Schrift. Erst derjenige, der den Heiligen Geist empfangen hat, der also dem Evangelium des Heils geglaubt hat, ist ein Christ.
Vielleicht wendet jemand ein: Sind diese Dinge nicht nur eine Frucht der Gnade? Selbstverständlich! Doch ist Vergebung, ist die neue Geburt keine Frucht der Gnade? Und doch lesen wir ausdrücklich in Gottes Wort, dass Gott nur dann Sünden vergibt, wenn sie bekannt werden. Es ist unendliche Gnade, dass wir unsere Sünden bekennen dürfen. Diejenigen, die mit ihren Sünden zu Gott gegangen sind und sie bekannt haben, wissen nur allzu gut, dass es der Heilige Geist war, der uns dahin geführt hat. Von uns aus wollten wir nicht zu Gott kommen. Doch der Heilige Geist hat unser Gewissen in das Licht Gottes gebracht, so dass wir sahen, dass wir verlorene Sünder waren. Als wir keinen Rat mehr wussten und überzeugt waren, dass nur die Hölle für uns offenstand, blieb uns kein anderer Ausweg, als zu Gott zu gehen und Ihm unsere Sünden zu bekennen. Das alles ist Gnade. Das ändert den Grundsatz nicht, dass Sünden nur dann vergeben werden, wenn sie bekannt werden: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit“ (1. Joh 1,9).
So ist es auch mit dem Evangelium. Wir sind gerechtfertigt worden durch den Glauben. Es ist Gnade, wenn Gott uns rechtfertigt, und das geschieht allein aufgrund des Werkes des Herrn Jesus. Der Hebräerbrief sagt: „Mit einem Opfer hat er auf immerdar vollkommen gemacht, die geheiligt werden“ (Kap. 10,14). Gott sieht bei einem Kind Gottes keine Sünden mehr. Das ist Gnade. Und doch steht in Römer 5,1: „Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus (oder: aufgrund von) Glauben, so haben wir Frieden mit Gott.“ Wir haben also Frieden mit Gott aufgrund des Glaubens. Nur wenn wir glauben, wenn wir auf das vertrauen, was Er gesagt hat, eben weil Er es gesagt hat, werden wir gerechtfertigt und empfangen Frieden mit Gott. Erst wenn wir geglaubt haben, dass Gott vollkommen befriedigt ist und deshalb unsere Sünden vergeben hat und auch unsere alte Natur in Christus gerichtet hat und sie daher als gestorben betrachtet, sind wir befreit. Gott versiegelt uns dann und anerkennt uns als Gläubige. Der Heilige Geist nimmt Besitz von uns. Er kommt, um in unserem Leib zu wohnen, wie 1. Korinther 6,19 sagt: „Wisst ihr nicht, dass euer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist?“
Dann sind wir wirklich Christen und auch fähig, durch den Heiligen Geist die Gedanken Gottes zu verstehen. Solange in meinem Herzen Furcht vor Gott ist und ich nicht weiß, dass alles zwischen Gott und mir vollkommen geordnet ist, ich also keinen Frieden mit Gott habe und nicht befreit bin, kann ich mich nicht mit den Gedanken Gottes beschäftigen. Es ist der Heilige Geist, der uns in die Gedanken Gottes einführt. Wir lesen in 1. Korinther 2 ausdrücklich, dass die Bibel das Wort Gottes ist und dass die Worte, die darin gebraucht werden, geistliche Worte sind, die geistliche Dinge mitteilen: „Wir (das sind die Apostel und die Schreiber der Bibelbücher) aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott ist, damit wir die Dinge kennen, die uns von Gott geschenkt sind, die wir auch verkündigen, nicht in Worten, gelehrt durch menschliche Weisheit, sondern in Worten, gelehrt durch den Geist, mitteilend geistliche Dinge durch geistliche Mittel. Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist, denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird; der geistliche aber beurteilt alles, er selbst aber wird von niemand beurteilt; denn wer hat den Sinn des Herrn erkannt, der ihn unterweise? Wir aber haben Christi Sinn“ (V. 12–16). Nur jemand, der geistlich ist, kann also das Wort Gottes verstehen.
Nun kann es sein, dass jemand von neuem geboren ist, den Heiligen Geist empfangen hat, eine geistliche Gesinnung hatte und dann doch in einen Zustand gerät, in dem Gott ihn nicht mehr als seinen Sohn anerkennen kann, weil er in Verbindungen lebt, wie sie in 2. Korinther 6,14 beschrieben werden. Gottes Wort nennt eine solche Person, die nicht geistlich ist, fleischlich. Das ist nicht dasselbe wie „im Fleisch“ (Röm 7,5). Der Ausdruck „im Fleisch“ weist auf den Zustand eines Unbekehrten hin, der nicht von neuem geboren ist. Der normale Zustand eines Christen ist es, geistlich zu sein. Denn er weiß ja, dass seine Sünden abgewaschen sind, dass er mit Christus gestorben ist und ein neues Leben empfangen hat, in dem er vor Gott steht. Gott hat ihn mit dem Heiligen Geist versiegelt. Sein ganzes Leben wird gekennzeichnet durch dieses neue Leben und den Heiligen Geist, der in diesem neuen Leben wirkt. Alle Taten und Worte eines solchen Christen tragen den Stempel des Heiligen Geistes. Dieser Zustand ist die notwendige Voraussetzung, um Gottes Wort verstehen zu können.
In 1. Korinther 3,1 sagt der Apostel Paulus zu den Korinthern: „Und ich, Brüder, konnte nicht zu euch reden als zu Geistlichen, sondern als zu Fleischlichen.“ Die Fußnote sagt, dass das griechische Wort eigentlich mit „Fleischernen“ übersetzt werden müsste. Es gibt nämlich im Griechischen zwei Wörter für das deutsche „fleischlich“: sarkinos und sarkikos. Sie unterscheiden sich also lediglich durch einen einzigen Buchstaben. Sarkinos finden wir z. B. in Römer 7,14, wo es den Zustand von jemandem andeutet, der zwar von neuem geboren ist, aber noch nicht befreit ist und noch in dem schrecklichen Kampf von Römer 7 steht und schließlich ausruft: „Ich elender Mensch! wer wird mich retten von diesem Leib des Todes?“ (V. 24). Die Korinther waren nicht mehr in diesem Kampf.
Sie hatten den Heiligen Geist empfangen. Trotzdem musste der Apostel schreiben: „Ich konnte nicht zu euch reden als zu Geistlichen (sie waren nicht geistlich), sondern als zu Fleischlichen (sarkinos).“ Er sagt nicht: Ihr seid fleischlich; sondern: Ich müsste euch eigentlich so schreiben, als wärt ihr noch nicht über die Erfahrungen von Römer 7 hinausgekommen. Ihr versteht nicht mehr als das. Wenn ihr auch den Heiligen Geist empfangen habt, seid ihr doch nicht geistlich; das Fleisch herrscht in euch. Doch dann sagt er in Vers 3: „Ihr seid noch fleischlich“ und gebraucht hier für „fleischlich“ das andere Wort (sarkikos). Das kennzeichnet jemanden, der zwar ein Kind Gottes geworden ist, den Heiligen Geist empfangen hat und in dem Augenblick auch geistlich war, aber danach seiner alten Natur in seinem praktischen Leben doch wieder einen Platz eingeräumt hat. Er hat nicht Teil an der Beschneidung, wie Paulus sie in Philipper 3,3 beschreibt: „Wir sind die Beschneidung, die wir durch den Geist Gottes dienen und uns Christi Jesu rühmen und nicht auf Fleisch vertrauen.“
Fleischliche Christen vertrauen sehr wohl auf Fleisch, obwohl sie Kinder Gottes sind. Sie verhalten sich wie die Korinther, die nicht durch den Geist Gott dienten und nicht auf den Geist seines Sohnes vertrauten, sondern sich viel mehr der Gaben rühmten, die sie empfangen hatten, z. B. dass sie in fremden Sprachen reden konnten, ohne sie gelernt zu haben. Sie rühmten sich auch ihrer Redekunst und ihres schönen Griechisch. Diese letzteren Dinge sind an sich nicht „böse“, sie sind aber von dieser Erde, von dem Fleisch. Paulus sagt in Philipper 3, dass die Tatsache, dass er ein Jude, ein Pharisäer und nach dem Gesetz tadellos war, etwas von dem Fleisch war. Es ist eine große Ehre für einen Menschen, auf der Erde zum Volk Israel zu gehören, denn es ist das einzige Volk Gottes auf dieser Erde. All das achtete Paulus für Schaden und Dreck, denn es war von dem Fleisch, und es hinderte ihn daran, nur mit dem Herrn beschäftigt zu sein.
Ein Kind Gottes ist also dann fleischlich, wenn es irdische Dinge hoch einschätzt und noch in Irgendeiner Form auf Fleisch vertraut. Der Maßstab ist: Durch den Geist Gott dienen und in allen Dingen allein auf den Herrn Jesus vertrauen. Wer stattdessen auf seinen Verstand vertraut, auf seine Geschicklichkeit als Kaufmann, auf sein Verständnis für technische Zusammenhänge, auf seine Sprachbegabung oder auch auf seinen Dienst und seine Schriftkenntnisse, ist fleischlich. Das bedeutet dann aber auch, wie wir in 1. Korinther 3 finden, dass wir nicht mehr fähig sind, die Gedanken Gottes zu verstehen. Der Apostel Paulus hätte den Korinthern gerne über die „Weisheit unter den Vollkommenen“ (1. Kor 2,6) geschrieben. Vollkommene sind solche, die Gottes Wort Heilige und Treue (wörtlich Gläubige) nennt (Eph 1,1; Kol 1,2). Es sind solche, die den Glauben, die Lehre des Wortes Gottes, in ihre Herzen aufgenommen haben. Sie gehen jetzt praktisch ihren Weg als Beschnittene. Das ist der Zustand derer, die den Gedanken Gottes entsprechen und diese Gedanken verstehen können. Römer 8 sagt von ihnen, dass sie Söhne Gottes sind, weil sie durch den Geist Gottes geleitet werden (V. 14).
Ein Christ ist also dadurch gekennzeichnet, dass er den Heiligen Geist besitzt. Wir haben auch gesehen, dass das Empfangen des Heiligen Geistes unter drei Aspekten in Gottes Wort vorgestellt wird:
1. Der Heilige Geist ist das Siegel“ das Gott auf uns setzt. Dadurch anerkennt Er uns als seine Kinder, als Glieder des Leibes Christi.
2. Er ist die Salbung“ durch die wir alles verstehen können: „Ihr habt die Salbung von dem Heiligen und wisst alles“ (1. Joh 2,20.27).
3. Der Heilige Geist wohnt in uns.
Ich möchte nun diese Aspekte noch einmal kurz zusammenfassen, um dann noch etwas ausführlicher auf das Wohnen des Heiligen Geistes in dem Gläubigen einzugehen.
Erstens haben wir gesehen, dass Gott sein Siegel auf denjenigen setzt, der dem Evangelium geglaubt hat. Das bedeutet auch, dass Gott uns in die vollen Segnungen seines Erbes einführen wird. Der Apostel Paulus schreibt davon in Epheser 1, dass Gott „uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christo, wie er uns auserwählt hat in ihm vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und tadellos seien vor ihm in Liebe“ (V. 3.4). Gott hat „uns zuvorbestimmt ... zur Sohnschaft durch Jesum Christum für sich selbst“ und „uns begnadigt ... in dem Geliebten“ (V. 5.6). Im weiteren Verlauf dieses Kapitels sehen wir, dass Christus im 1000-jährigen Reich über das Weltall herrschen wird und dass wir dann mit Ihm herrschen werden (V. 11–13). Jeder, der den Heiligen Geist empfangen hat, hat damit das Unterpfand dafür, dass er mit Ihm herrschen wird. Er ist das Unterpfand unseres Erbes.
Zweitens haben wir gesehen, dass wir mit dem Heiligen Geist gesalbt sind und dass der Heilige Geist uns die Kenntnis der Gedanken Gottes vermittelt hat. Wir sind durch die Salbung mit dem Heiligen Geist fähig, Priesterdienst für Gott auszuüben. Jeder Priester, der im Alten Testament Gott dienen wollte, musste zuvor mit Öl gesalbt werden (2. Mo 28; 3. Mo 8). Auch wir sind Priester geworden, wie 1. Pet 2,5 sagt, und können ins Heiligtum eingehen, um Gott dort zu dienen. Dieselbe Salbung hat uns aber auch zu Königen gemacht, denn auch Könige wurden im Alten Testament gesalbt. In Offenbarung 1,5 lesen wir, dass Christus uns zu einem Königtum und zu Priestern seinem Gott und Vater gemacht hat. So lesen wir auch in 1. Petrus 2,9, dass wir ein auserwähltes Geschlecht sind, „ein königliches Priestertum, eine heilige Nation“. Gott hat uns zu Königen und Priestern gemacht, weil wir durch den Heiligen Geist die Gedanken Gottes kennen. Diese Salbung mit dem Heiligen Geist lässt uns auch die Stimme des guten Hirten erkennen, wie der Herr selbst in Johannes 10 sagt: „Meine Schafe hören meine Stimme ... und sie folgen mir“ (V. 27). Einem Fremden folgen sie nicht, weil sie die Stimme des guten Hirten kennen und daher beurteilen können, ob Er es ist, der spricht, oder ob es ein Dämon ist, der sich als ein Engel des Lichts ausgibt, oder Satan selbst, von dem wir in 2. Korinther 11,14 lesen, dass er die Gestalt eines Engels des Lichts annehmen kann.
Dieses Urteilsvermögen haben wir praktisch nur insoweit, wie der Heilige Geist frei in uns wirken kann. Die Korinther waren fleischlich, weil in ihnen nicht nur der Heilige Geist wirkte, sondern sie auch auf Fleisch vertrauten. Dadurch war ihr Verständnis vermindert, so dass sie kein Urteilsvermögen mehr hatten.
Drittens haben wir auch gesehen, dass der Heilige Geist in uns wohnt, und dazu möchte ich im Besonderen etwas über die praktischen Auswirkungen im Leben eines Gläubigen sagen. Wenn ein Gläubiger heutzutage den Heiligen Geist empfängt, hat das nichts zu tun mit der Taufe mit dem Heiligen Geist. Gottes Wort ist in diesem Punkt sehr klar. Die Taufe mit dem Heiligen Geist hat einmal stattgefunden, und zwar am Pfingsttag, als der Leib Christi gebildet wurde. Wir lesen in 1. Korinther 12,13: „Denn auch in einem Geist sind wir alle zu einem Leib getauft worden, es seien Juden oder Griechen, es seien Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt worden.“ Die anderen Stellen, wo im Neuen Testament über die Taufe mit dem Heiligen Geist gesprochen wird, sind Matthäus 3,11; Markus 1,8; Lukas 3,16, wo Johannes der Täufer ankündigt, dass der Herr diese Taufe durchführen würde; ferner lesen wir von der Taufe mit dem Heiligen Geist in Apostelgeschichte 1,5, wo der Herr selbst diese Taufe ankündigt, und Apostelgeschichte 11,16, wo Petrus lediglich an die Worte des Herrn über diese Taufe erinnert. Es ging also bei der Taufe mit dem Heiligen Geist ausschließlich darum, dass die einzelnen Glieder Christi am Pfingsttag zu einem Leib getauft wurden (Apg 2,1–4). An diesem Tag wurden die zerstreuten Kinder Gottes in eins versammelt (Joh 11,52). Am Pfingsttag wurden alle Gläubigen durch den Heiligen Geist unzertrennlich miteinander verbunden und jeder einzelne wiederum mit dem verherrlichten Herrn im Himmel. Durch die Kraft Gottes wurde dieser Leib „zusammengeschmiedet“ und kann durch keine Macht auseinandergerissen werden. Dazu kam der Heilige Geist am Pfingsttag auf die Erde, um diesen Leib hier zu bilden. Auf diese Weise wurde die Versammlung auch die Behausung Gottes im Geist (Eph 2,22). Der Heilige Geist wohnt aber nicht nur in der Versammlung als Gesamtheit, sondern auch in jedem einzelnen Gläubigen persönlich. Was bedeutet es nun für unser persönliches Leben, dass der Heilige Geist in uns wohnt?
Dazu lesen wir in Römer 8,4: „Damit das Recht des Gesetzes erfüllt würde in uns, die nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist wandeln.“ Wer nach dem Geist wandelt, dessen praktisches Leben ist durch den Heiligen Geist gekennzeichnet. Das ist der Fall, wenn der Heilige Geist frei in uns wirken kann und wir seiner Leitung keine Hindernisse entgegensetzen. Unser Leib ist der Tempel des Heiligen Geistes (1. Kor 6,19). Öffne ich meinen ganzen Leib, mein ganzes Herz, dem Heiligen Geist, oder halte ich, bildlich gesprochen, einige Zimmer geschlossen, so dass der Heilige Geist sie nicht betreten kann? Ich habe in Frankreich Schlösser gesehen, deren Eigentümer nur in einem Flügel dieses Schlosses wohnten, während der restliche Teil unbewohnt war. So kann es auch bei uns sein: Der Heilige Geist wohnt zwar in uns, aber bestimmte Bereiche in unserem Leben, in unseren Gefühlen, in unserem Herzen verschließen wir Ihm.
Wenn das so bei uns ist, wird unser Leben nicht durch den Heiligen Geist gekennzeichnet, sondern sind wir fleischlich, wie wir in 1. Korinther 3 gelesen haben.
Nun, hier in Römer 8,4 steht, dass in denen, die nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist wandeln, das Recht des Gesetzes erfüllt wird. Was ist dieses Recht? Das Gesetz befiehlt: Du sollst, du sollst nicht. Es ist der Ausdruck der Rechte Gottes, der als Schöpfer von dem Menschen fordern kann, was er tun soll und was nicht. Seine Geschöpfe haben die Aufgabe, Ihm zu gehorchen. Der Herr Jesus ist der Schöpfer und hat alles für sich selbst geschaffen (Kol 1,16). Das Recht des Gesetzes ist also das Recht Gottes auf den Gehorsam seiner Geschöpfe. Diese Rechte Gottes über mein Leben nicht anzuerkennen, das ist das Prinzip der Sünde.
Wann ist etwas Sünde, und warum ist es Sünde? Das ist eine überaus wichtige Frage, besonders für die jungen Gläubigen unter uns. Ist es Sünde, einen Apfel zu essen? Im Regelfall nicht. Aber es kann Sünde sein. Ebenso kann es Sünde sein, ein Buch zu lesen. Doch wann ist es Sünde? Die eindeutige Antwort des Wortes Gottes ist: Jeder, der die Sünde tut, tut auch die Gesetzlosigkeit, und die Sünde ist die Gesetzlosigkeit“ (1. Joh 3,4). Gesetzlosigkeit ist das Nichtanerkennen einer Autorität über mir, der gegenüber ich verpflichtet bin, mich ihr zu unterwerfen. Wir kennen das auch im bürgerlichen Leben. Hier aber geht es um das Verhältnis zu Gott. Ich handle also gesetzlos, wenn ich die Tatsache, dass ich ein Geschöpf bin und dem Schöpfer zu dienen habe, nicht beachte, um so mehr, wenn ich ein Eigentum des Herrn Jesus bin, der mich mit seinem Blut erkauft hat: „Ihr seid um einen Preis erkauft worden; verherrlicht nun Gott in eurem Leib“ (1. Kor 6,20). Alles also, was ich tue, denke oder sage, ohne die Rechte zu berücksichtigen, die der Herr Jesus als mein Erlöser und mein Herr, der mich erkauft hat, ja schon als mein Schöpfer über mich hat, ist Sünde.
So ist es Sünde, wenn ich ein Buch lese, ohne den Herrn gefragt zu haben, ob ich das tun soll, und Er nicht ja dazu gesagt hat. Ich sündige selbst dann, wenn in diesem Buch nichts Falsches steht und vielleicht sogar in diesem Buch das Evangelium klar dargelegt wird. Ebenso ist es Sünde, wenn ich auf die Straße gehe und dort das Evangelium verkündige, ohne vorher den Herrn gefragt zu haben, ob ich das tun soll. An sich ist es eine gute Sache, das Evangelium zu verkündigen. Doch wenn ich es in Unabhängigkeit von dem Herrn tue, sündige ich. Das ist das Prinzip der Sünde. Das bedeutet es, dass in denen das Recht des Gesetzes erfüllt wird, die nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist wandeln. Wenn nämlich mein Leben nach dem Geist ist und der Heilige Geist also alles leiten und bestimmen kann, ist alles, was ich tue, Gott wohlgefällig und zur Ehre des Herrn Jesus. Ist es eigentlich nicht selbstverständlich, dass ich dem Heiligen Geist die Führung in meinem Leben übergebe, nachdem Er Wohnung in mir gemacht hat? Wie kann ich Ihn, Gott, den Heiligen Geist, dazu gebrauchen, dass meine Pläne ausgeführt werden? Wie kann ich Ihn dazu gebrauchen, letzten Endes meinen eigenen Willen zu tun!? Wenn Gott in mir wohnt, kann und darf nur Er die Führung in meinem Leben haben.
Für uns bleibt nur die Frage, die Paulus ausrief, als er von neuem geboren war: Herr, was willst du, dass ich tun soll? Die neue Natur in jedem, der von neuem geboren ist, will nichts anderes als sich Ihm zur Verfügung stellen. Gott, der Heilige Geist, bewirkt dann, dass ich das tue, was Ihm wohlgefällig ist, und Er gibt mir die Kraft dazu. So erfüllt sich dann in meinem ganzen Leben völlig das Recht des Gesetzes. Ich tue dann, was der Schöpfer, was mein Herr mir sagt, und nicht, was der natürliche Mensch, das Fleisch, die alte Natur noch will.
Weiter lesen wir: „Denn die, die nach dem Fleisch sind, sinnen auf das, was des Fleisches ist; die aber, die nach dem Geist sind, auf das, was des Geistes ist. Denn die Gesinnung des Fleisches ist der Tod, die Gesinnung des Geistes aber Leben und Frieden; weil die Gesinnung des Fleisches Feindschaft ist gegen Gott, denn sie ist dem Gesetz Gottes nicht untertan, denn sie vermag es auch nicht. Die aber, die im Fleisch sind, vermögen Gott nicht zu gefallen. Ihr aber seid nicht im Fleisch, sondern im Geist, wenn anders Gottes Geist in euch wohnt“ (Röm 8,5–9). Und weiter in Vers 11: „Wenn aber der Geist dessen, der Jesum aus den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird er, der Christum aus den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen wegen seines in euch wohnenden Geistes.“ Der Heilige Geist, der in uns wohnt, ist also die Garantie dafür, dass wir auferstehen werden.
Wenn wir dem Heiligen Geist in unserem Leben die Führung überlassen, sind wir Söhne Gottes. Gott anerkennt uns dann als solche, und wir können praktischerweise diesen Platz einnehmen. Söhne sind erwachsene Kinder, denen der Vater sein Herz öffnet und die Er an seinen Gedanken teilhaben lässt. Das tut Gott, wenn wir nicht nur unsere Stellung als Kinder Gottes, sondern als Söhne verwirklichen: „Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, wiederum zur Furcht, sondern einen Geist der Sohnschaft habt ihr empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater“ (Röm 8,15). „Abba, Vater“ nannte der Herr Jesus, als Er auf Erden war, den Vater, und wir dürfen den Vater ebenfalls jetzt so ansprechen. „Der Geist selbst zeugt mit unserem Geist [also mit unserem neuen Leben], dass wir Kinder Gottes sind. Wenn aber Kinder, so auch Erben – Erben Gottes und Miterben Christi“ (V. 16.17). In Vers 26 lesen wir dann: „Desgleichen aber nimmt auch der Geist sich unserer Schwachheit an; denn wir wissen nicht, was wir bitten sollen, wie sich's gebührt, aber der Geist selbst verwendet sich für uns in unaussprechlichen Seufzern.“ Gibt es nicht Umstände, in denen wir nicht wissen, was wir bitten sollen, weil uns die Einsicht fehlt, die der Herr hat? Doch wenn wir es auch nicht wissen, Gott, der Heilige Geist, ist in uns, und er verwendet sich für uns. Er weiß, was gut ist. So steigt unser Gebet doch auf zu Ihm, denn der Heilige Geist ist es, der sich mit uns einsmacht und in unserem Namen vor Gott dem Ausdruck gibt, was wir brauchen.
Eine wunderbare Tatsache in Verbindung mit der Innewohnung des Heiligen Geistes finden wir in Galater 5,16.17: „Wandelt im Geist, und ihr werdet die Lust des Fleisches nicht vollbringen. Denn das Fleisch gelüstet wider den Geist, der Geist aber wider das Fleisch; diese aber sind einander entgegengesetzt, damit ihr nicht das tut, was ihr wollt.“ Den Kampf gegen das Fleisch, das noch in mir ist und sich behaupten will, das die Führung in meinem Leben haben will, brauche nicht ich zu führen, sondern führt der Heilige Geist, der in mir wohnt. Wir können diesen Kampf auch überhaupt nicht kämpfen. Für uns gilt die Erfahrung aus Römer 7,15: „Denn nicht was ich will, das tue ich, sondern was ich hasse, das übe ich aus.“ Und warum ist das so? Weil das Fleisch in mir Macht über mein praktisches Leben hatte. Jetzt aber wohnt der Heilige Geist in mir, und er führt diesen Kampf. „Das Fleisch gelüstet wider den Geist, der Geist aber wider das Fleisch, diese aber sind einander entgegengesetzt“ – nicht: damit ihr nicht sündigt, sondern „damit ihr nicht das tut, was ihr wollt.“ Wir haben nicht unserem eigenen Willen zu folgen, sondern das zu tun, was Er uns sagt. Der Heilige Geist wird das Fleisch besiegen und dafür sorgen, dass es nicht dazu kommt, in meinem praktischen Leben zu wirken. Gottes Kraft steht uns zur Verfügung, damit Er diesen Kampf für uns führen kann.
Abschließend möchte ich noch einige Worte über den Heiligen Geist sagen, wie er uns in Johannes 4 vorgestellt wird. Der Herr Jesus spricht dort über lebendiges Wasser. Das beinhaltet die beiden Dinge, die wir auch in Johannes 3,5 finden: „Aus Wasser und Geist“. Sie werden hier zusammengefasst in dem einen Ausdruck: lebendiges Wasser. Wasser ist, wie wir gesehen haben, ein Bild des Wortes Gottes; hier als lebendiges Wasser gesehen, das eine innere Kraft in sich hat. Wasser springt aus sich selbst nicht hoch, wohl aber lebendiges Wasser: es hat eine innere Kraft in sich. Wir haben in 1. Korinther 2 gesehen, was diese innere Kraft ist: der Heilige Geist, der dieses Buch gegeben hat, der diese geistlichen Worte mitgeteilt hat und der die geistlichen Dinge, die in diesen Worten eingeschlossen sind, offenbart. Nun sagt der Herr Jesus, dass das Wasser, das Er geben würde, eine Quelle in uns werden würde, die ins ewige Leben quillt (eigentlich: aufspringt). Der Heilige Geist bringt das neue Leben, das ich in der neuen Geburt empfangen habe, in eine lebendige Verbindung mit Ihm, der der wahrhaftige Gott und das ewige Leben ist. Durch diese lebendige Verbindung kann ich Ihn und seine Herrlichkeit, die Herrlichkeit seiner Person und seiner Stellung, schon jetzt in mein Herz aufnehmen und genießen. Wir können seine Herrlichkeit anschauen, wie Hebräer 2,9 sagt: „Wir sehen aber Jesum ... mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt.“ Wir sehen Ihn so, wie Stephanus Ihn sah: „Ich sehe ... den Sohn des Menschen zur Rechten Gottes stehen“ (Apg 7,56). Nicht mit unseren natürlichen Augen, sondern mit den Augen des Herzens (Eph 1,18). Das ist deshalb möglich, weil der Heilige Geist, Gott, der Heilige Geist, in diesem Wort die Herrlichkeit des Herrn Jesus entfaltet, so dass wir Ihn dadurch sehen können.
Dasselbe finden wir auch in Johannes 7, wo der Herr Jesus am achten Tag des Laubhüttenfestes ausrief. „Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir und trinke. Wer an mich glaubt, gleichwie die Schrift gesagt hat, aus dessen Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“
Und Johannes fügt dann hinzu: „Dies aber sagte er von dem Geist, den die an ihn Glaubenden empfangen sollten; denn noch war der Geist nicht da, weil Jesus noch nicht verherrlicht worden war“ (V. 37–39). Der achte Tag ist ein Bild des ewigen Zustandes, während die ersten sieben Tage von, der Ruhe für Israel in dem 1000-jährigen Reich sprechen. Nach den sieben Tagen beginnt der achte Tag, und das kann nur noch die Ewigkeit sein. Der Heilige Geist in uns macht uns fähig, jetzt schon die Dinge zu genießen, die, bildlich gesprochen, am achten Tag, also in der Ewigkeit, unser Teil sein werden. Die Segnungen des ewigen Zustandes werden nicht nur in der Herrlichkeit, in dem neuen Himmel, im Vaterhaus, unser Teil sein, sondern der Heilige Geist, der diese Dinge alle kennt, hat sie bereits in dem Wort Gottes offenbart. Wenn wir in einem geistlichen Zustand sind und das Wort Gottes lesen, sehen wir diese Herrlichkeit schon jetzt. Der Heilige Geist ist die göttliche Kraft in uns, die uns fähig macht, diese Segnungen in Besitz zu nehmen, so dass wir schon jetzt die Dinge genießen können, die in alle Ewigkeit im Vaterhaus unser Teil sein werden. Wenn der Herr Jesus selbst mein Leben ist und Gott, der Heilige Geist, in mir wohnt und die Kraft ist, die in diesem neuen Leben wirkt und mich fähig macht, alle geistlichen Segnungen in Besitz zu nehmen – wie unendlich reich bin ich dann.
In Johannes 17 sagt der Herr zu seinem Vater: „Dies aber ist das ewige Leben, dass sie dich (Vater), den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen“ (V. 3). Das ist unser Teil: Gott als unseren Vater zu kennen, seine Herrlichkeit zu genießen und den Herrn Jesus zu kennen als Gott, den Sohn, und Ihn als den verherrlichten Menschen im Himmel zu sehen, seine Herrlichkeit und all die Schätze zu sehen und zu genießen, die unser Teil sein werden, wenn wir bei Ihm sind. Doch wir können sie schon jetzt in unsere Herzen aufnehmen und genießen. Ist das nicht wunderbar?! So reich ist nach Gottes Gedanken ein Christ! Wir sind noch auf der Erde, noch nicht im Haus des Vaters, aber wir werden dorthin kommen. Solange wir auf der Erde sind, haben wir das Fleisch noch; es bleibt hier zurück, wenn der Herr kommt, um uns heimzuholen. Doch schon hier auf der Erde gilt: Der Heilige Geist wohnt in mir. Ich bin das Eigentum des Herrn Jesus, bin um einen Preis erkauft worden, und Er ist mein Leben. Gott, der Heilige Geist, wohnt in meinem Leib und will den Kampf gegen das Fleisch für mich führen, so dass ich nicht zu kämpfen brauche. Er betet für mich, wenn ich nicht weiß, was ich beten soll. Er ist mein Fürsprecher, der mich in allem vertritt und der alles tut, was notwendig ist. Der Herr Jesus tut das für uns im Himmel, und der Heilige Geist tut das genauso hier auf der Erde. Wie glücklich ist doch ein Christ! Wir dürfen all das im Glauben annehmen, was Gottes Wort uns sagt: Was wir als Sünder waren und wer Gott in seiner Herrlichkeit und Gerechtigkeit Ist, was Gott in dem Werk des Herrn Jesus für uns getan hat, dass alles in Ordnung gebracht ist und alle Hindernisse beseitigt sind, so dass alles, worüber wir heute abend gesprochen haben, unser Teil wird, wenn wir den Weg gehen, den Er uns gezeigt hat. „Unendliche Liebe, wie reich machst du doch“, singen wir von dem Herrn Jesus. Wir können es auch von dem Vater singen, der es in seinem Herzen hatte, uns dies alles zu geben.
Der Sohn hat das Werk vollbracht, weil auch Er uns liebte, „der Sohn Gottes, der mich geliebt hat“ (Gal 2,20), und Er hat es dem Vater möglich gemacht, uns alle diese Dinge zu geben.
Fußnoten
- 1 Gottes Wort nennt in den Briefen Christen im Allgemeinen nicht mehr Menschen, sondern bezeichnet mit „Menschen“ in der Regel Ungläubige.