Betrachtung über Johannes (Synopsis)

Kapitel 17

Betrachtung über Johannes (Synopsis)

Dieses Kapitel teilt sich folgendermaßen ein: Die Verse 1 – 5 beziehen sich auf Christum Selbst, auf das Einnehmen Seiner Stellung in Herrlichkeit, auf Sein Werk und auf jene Herrlichkeit, die Seiner Person und dem Resultat Seines Werkes angehören. Die Verse 1 – 3 zeigen Seine neue Stellung in doppelter Beziehung: „Verherrliche Deinen Sohn“; Ihm ist Gewalt verliehen über alles Fleisch, auf dass Er denen, die Ihm gegeben sind, ewiges Leben gebe. Die Verse 4 und 5 stellen das Werk Jesu und dessen Resultate dar. In den Versen 6 – 13 redet Er von Seinen Jüngern als in dieses Verhältnis zu dem Vater versetzt, indem Er ihnen Dessen Namen geoffenbart und ihnen zugleich die Worte gegeben hat, die Er Selbst vom Vater empfangen hatte, damit sie den vollen Segen dieses Verhältnisses genießen möchten. Auch bittet Er für sie, dass sie eins sein möchten, wie Er und der Vater eins waren. In den Versen 14 – 21 wird ihr hieraus hervorgehendes Verhältnis zu der Welt dargestellt, in den Versen 20 und 21 führt Er diejenigen, die durch ihr Wort an Ihn glauben werden, in den Genuss ihrer Segnung ein, und endlich machen uns die Verse 22 – 26 mit dem Resultat für sie bekannt, sowohl für die Zukunft als auch während sie noch in dieser Welt weilen: sie besitzen die Herrlichkeit, die Christus Selbst vom Vater empfangen hatte – sie sollen bei Ihm sein, im Genuss des Schauens Seiner Herrlichkeit – die Liebe des Vaters wird hienieden mit ihnen sein, so wie Christus Selbst ihr Gegenstand gewesen war, ja, Christus Selbst wird in ihnen sein. Die drei letzten Verse allein versetzen die Jünger in den Himmel – eine noch hinzukommende Wahrheit.

Das ist der kurze Inbegriff dieses bewunderungswürdigen Kapitels, in dem uns erlaubt wird, nicht die Unterredungen Christi mit den Menschen, sondern die Wünsche Seines Herzens zu hören, wenn Er dieses vor Seinem Vater zum Segen der Seinigen ausschüttet. Welch eine wunderbare Gnade, dass wir diese Wünsche anhören und alle die Vorrechte verstehen dürfen, die aus der Tatsache entspringen, dass Er solche Sorge für uns trägt, und dass wir der Gegenstand der Unterredungen des Sohnes mit dem Vater und ihrer gemeinsamen Liebe zu uns sind – wenn Christus Sein Begehren, das was Er auf dem Herzen hat, ausspricht und es dem Vater als Seine eigenen persönlichen Wünsche darlegt! Einige Erläuterungen mögen zum Verständnis einzelner Stellen in diesem herrlichen und kostbaren Kapitel dienen. Möge der Geist Gottes uns darin beistehen!

Der Herr, dessen Blicke der Liebe bisher Seinen Jüngern auf der Erde zugewandt gewesen waren, erhebt jetzt Seine Augen gen Himmel und richtet Sich an Seinen Vater. Die Stunde der Verherrlichung des Sohnes war gekommen, damit Er von der Herrlichkeit aus den Vater verherrliche. Das ist, im Allgemeinen gesprochen, die neue Stellung. Die Laufbahn Jesu hienieden war beendet, und Er sollte gen Himmel fahren. Hieran knüpfen sich zwei Dinge: die Gewalt über alles Fleisch und die Gabe des ewigen Lebens an alle, die der Vater Ihm gegeben hatte. „Das Haupt jedes Menschen ist Christus.“ Die, welche der Vater Ihm gegeben hatte, empfangen ewiges Leben von Ihm, der hinaufgestiegen ist in die Höhe. Ewiges Leben war die Erkenntnis des Vaters, des allein wahren Gottes, und Jesu Christi, den Er gesandt hatte (V. 3). Die Erkenntnis des Allmächtigen gab dem Glaubenspilger Zuversicht; die Erkenntnis Jehovas verlieh die Gewissheit der Erfüllung der Verheißungen Gottes an Israel; die Erkenntnis des Vaters, der Jesum Christum, den Sohn (den gesalbten Menschen und Heiland), gesandt hat, war ewiges Leben. Die wahrhaftige Erkenntnis, von der hier die Rede ist, war nicht ein äußerer Schutz oder eine zukünftige Hoffnung, sondern die Mitteilung (im Leben) der Gemeinschaft mit der von der Seele gekannten Sache – der Gemeinschaft mit Gott Selbst, der völlig als der Vater und der Sohn gekannt ist. Es handelt sich hier nicht um die Göttlichkeit Seiner Person (obgleich nur eine göttliche Person an einem solchen Platze sein und so sprechen konnte), sondern um den Platz, den Er zur Erfüllung der Ratschlüsse Gottes eingenommen hatte. Das, was in diesem Kapitel von Jesu gesagt ist, konnte nur von jemandem gesagt werden, der Gott ist; aber der Punkt, um den es sich handelt, ist Sein Platz in den Ratschlüssen Gottes und nicht die Offenbarung Seiner Natur. Er empfängt alles von Seinem Vater; von Ihm ist Er gesandt 1. In 1. Joh 5,20 finden wir dieselbe Wahrheit von der Mitteilung des ewigen Lebens in Verbindung mit Seiner göttlichen Natur und Seiner Einheit mit dem Vater. In der Stelle, die uns beschäftigt, erfüllt Er den Willen des Vaters und ist von Ihm abhängig in der Stellung, die Er eingenommen hatte, ja selbst in derjenigen, die Er in der Herrlichkeit einzunehmen im Begriff stand, wie herrlich auch Seine Natur sein mag. Im 5. Kapitel unseres Evangeliums macht Er lebendig, welche Er will; hier gibt Er denen das Leben, die der Vater Ihm gegeben hat; und das Leben, das Er gibt, wird verwirklicht in der Erkenntnis des Vaters und Jesu Christi, den der Vater gesandt hat.

Der Herr bezeichnet hierauf die Bedingungen, unter denen Er Seinen Platz droben einnimmt. Er hatte den Vater auf der Erde vollkommen verherrlicht; an der Offenbarung Gottes, des Vaters, hatte nichts gefehlt, wie groß auch die Schwierigkeiten gewesen sein mochten. Der Widerspruch der Sünder bot nur eine Gelegenheit dar, um den Vater zu offenbaren; aber gerade dies machte das Leiden Jesu unendlich groß. Trotzdem hatte Er diese Verherrlichung Gottes auf der Erde vollbracht angesichts von allem, was sich widersetzte. Seine Verherrlichung bei dem Vater im Himmel war jetzt nur eine notwendige, der Gerechtigkeit entsprechende Folge. Überdies hatte Jesus diese Herrlichkeit bei Seinem Vater gehabt, ehe die Welt war. Sein Werk und Seine Person gaben Ihm gleicherweise ein Recht darauf. Der Vater, verherrlicht auf der Erde durch den Sohn, der Sohn, verherrlicht bei dem Vater droben – das ist die in diesen Versen enthaltene Offenbarung. Das Teilnehmen an dieser Herrlichkeit war also ein Recht, das aus Seiner Person als Sohn hervorging; aber Er trat in diese Herrlichkeit ein als Mensch, und zwar weil Er als solcher Seinen Vater vollkommen auf der Erde verherrlicht hatte. Dies sind also die Verse, die sich auf Christum beziehen. Zugleich sehen wir hier das Verhältnis, in dem Er als Mensch, als Sohn des Vaters, diesen neuen Platz betritt, sowie das Werk, durch das Er dies in Gerechtigkeit tut und uns dadurch ein Anrecht gibt und den Charakter verleiht, in dem wir dort einen Platz haben.

Jetzt (V. 6 u. f.) redet Jesus von den Jüngern und zeigt, wie sie in Verbindung mit Seiner Stellung in ihren besonderen Platz eintreten, in dieses Verhältnis zu dem Vater. Er hatte den Namen des Vaters denen geoffenbart, die der Vater Ihm aus der Welt gegeben hatte: sie gehörten dem Vater, und der Vater hatte sie Jesu gegeben. Sie hatten das Wort des Vaters bewahrt; es war der Glaube an die Offenbarung, die der Sohn von dem Vater gemacht hatte. Die Worte der Propheten waren wahr; die Gläubigen genossen sie, und ihr Glaube wurde durch diese unterstützt. Aber das Wort des Vaters durch Jesum offenbarte den Vater Selbst in Dem, den Er gesandt hatte, und stellte alle diejenigen, die sie aufnahmen, in das Verhältnis der Liebe, das Christus Selbst genoss; und den Vater und den Sohn kennen, war das ewige Leben. Das war etwas ganz anderes als die Hoffnungen, die mit dem Messias oder mit dem, was Jehova Ihm gegeben hatte, in Verbindung standen. In dieser Weise werden auch die Jünger dem Vater vorgestellt, nicht aber als solche, die Christum in dem Charakter des Messias aufgenommen hatten und Ihn als denjenigen ehrten, der Seine Macht kraft jenes Titels besaß. Sie hatten erkannt, dass alles, was Jesus hatte, von dem Vater war (V. 7). Jesus war also der Sohn. Sein Verhältnis zu dem Vater wurde anerkannt. Und wie unverständig die Jünger auch sein mochten, so erkennt der Herr sie dennoch an nach Seiner Wertschätzung ihres Glaubens gemäß dem Gegenstande dieses Glaubens, so wie Er denselben kannte, und nicht nach ihrem Verständnis. Köstliche Wahrheit! (vgl. Joh 14,7)

Sie erkannten also Jesum an als Denjenigen, der alles von dem Vater, und nicht als Messias von Jehova, empfangen hatte; denn alle die Worte, die der Vater Ihm gegeben, hatte Er ihnen gegeben (V. 8). Auf diese Weise waren sie durch Jesum in ihren eigenen Seelen zum Bewusstsein des Verhältnisses zwischen dem Sohne und dem Vater und in volle Gemeinschaft gebracht worden, gemäß den Mitteilungen des Vaters an den Sohn in diesem Verhältnis. Er redet von ihrer Stellung durch den Glauben, nicht aber von ihrer Verwirklichung dieser Stellung. Die Jünger hatten also anerkannt, dass Jesus von dem Vater ausgegangen war, und dass Er mit der Autorität des Vaters kam: der Vater hatte Ihn gesandt. Von dort kam Er, und zwar ausgerüstet mit der Autorität einer Sendung von Seiten des Vaters. Das war die Stellung der Jünger durch den Glauben.

Und jetzt – indem die Jünger schon in dieser Stellung sind – stellt Er sie, Seinen Gedanken und Wünschen entsprechend, im Gebet vor den Vater. Er bittet für sie, indem Er sie durchaus von der Welt unterscheidet (V. 9 u. f.). Die Zeit wird kommen, wo Er Seine Bitten betreffs der Welt (nach Psalm 2) dem Vater vorbringen wird; jetzt aber tut Er es noch nicht, sondern Er bittet für die, die der Vater Ihm aus der Welt gegeben hatte; denn sie waren ein Eigentum des Vaters; und alles, was des Vaters ist, steht in wesentlichem Gegensatz zu der Weit (vgl. 1. Joh 2,16).

Der Herr stellt dem Vater zwei Beweggründe für Seine Bitten vor: 1. Sie gehörten dem Vater, so dass der Vater um Seiner eigenen Herrlichkeit willen und wegen Seiner Liebe zu dem, was Sein war, sie bewahren musste; 2. Jesus war in ihnen verherrlicht so dass, wenn Jesus der Gegenstand der Liebe des Vaters war, der Vater auch aus diesem Grunde sie bewahren musste. Überdies konnten die Interessen des Vaters und des Sohnes nicht getrennt werden. Wenn die Jünger das Eigentum des Vaters waren, so gehörten sie tatsächlich auch dem Sohne; und dies war nur ein Beispiel von jener allgemeinen Wahrheit, dass alles, was des Vaters war, auch dem Sohne gehörte, und alles, was des Sohnes war, dem Vater (V. 10). Welch ein Platz für uns – der Gegenstand dieser gegenseitigen Liebe, dieser gemeinsamen und unzertrennlichen Interessen des Vaters und des Sohnes zu sein!

Das also ist der große Grundsatz, die große Grundlage des Gebetes Christi. Er betete zum Vater für Seine Jünger, weil sie dem Vater angehörten. Jesus konnte deshalb nicht anders als ihre Segnung suchen; und der Vater musste ein ganzes Interesse für die Jünger haben, weil Christus in ihnen verherrlicht werden sollte.

Der Herr stellt hierauf die Umstände dar, auf die Sein Gebet sich bezog. Er Selbst war nicht mehr in dieser Welt; die Jünger würden Seine persönliche Fürsorge, als bei ihnen anwesend, entbehren, sie würden in dieser Welt sein, während Er zu dem Vater ging. Das ist die Grundlage Seiner Bitte hinsichtlich ihrer Stellung. Er bringt sie deshalb in Verbindung mit dem „heiligen Vater“, mit all der vollkommenen Liebe eines solchen Vaters, Seines und ihres Vaters, indem Er (und das war ihre Segnung) die Heiligkeit aufrecht erhielt, die, sollten sie anders in Verbindung mit Ihm sein, Seine Natur erheischte. Es handelte sich um die unmittelbare Hut des Vaters. Der Vater würde diejenigen in Seinem eigenen Namen bewahren, die Er Jesu gegeben hatte. Auf diese Weise war die Verbindung eine unmittelbare. Jesus übergab sie Ihm, und zwar nicht nur als dem Vater gehörend, sondern jetzt als die Seinigen – bekleidet mit dem ganzen Werte, den dieser Umstand ihnen in den Augen des Vaters verlieh.

Der Gegenstand Seiner Sorge war, sie in der Einheit zu bewahren, gleichwie der Vater und der Sohn eins sind. Ein einziger göttlicher Geist war das Band dieser Einheit; in diesem Sinne war das Band wahrhaft göttlich. In soweit sie mit dem Heiligen Geiste erfüllt waren, hatten sie nur einen Sinn, eine Absicht, ein Ziel. Das ist die Einheit, von der hier die Rede ist. Der Vater und der Sohn waren ihr alleiniger Gegenstand; die Erfüllung ihrer Absichten und Zwecke war ihr alleiniges Trachten. Sie hatten nur die Gedanken Gottes, weil Gott Selbst, der Heilige Geist, die Quelle ihrer Gedanken war. Es war nur eine einzige göttliche Macht und Natur, die sie vereinigte, nämlich der Heilige Geist. Der Sinn, das Ziel, das Leben, das ganze moralische Dasein waren demzufolge eins. Die Worte des Herrn stehen notwendigerweise auf der Höhe Seiner eigenen Gedanken, wenn Er Seinen Wünschen für die Seinigen Ausdruck verleiht. Wenn es sich um die Verwirklichung handelt, so müssen wir an den Menschen denken, aber auch an eine Kraft, die in der Schwachheit vollbracht wird.

Die Summe der Wünsche des Herrn ist: Söhne, Heilige unter der Sorge des Vaters, die eins sind, nicht durch eigene Anstrengung oder durch Übereinkunft, sondern gemäß göttlicher Macht. Während Er hier war, hatte Er sie in dem Namen des Vaters bewahrt. Er war treu, um alles das zu erfüllen, was der Vater Ihm übergeben hatte, und keinen von denen, die Sein waren, zu verlieren. Was Judas betrifft, so erfüllte sich im Blick auf ihn nur das Wort Gottes. Die bewahrende Sorge von Seiten Jesu, als anwesend in der Welt, konnte jetzt nicht länger fortdauern. Aber Er redete dies, während Er noch hienieden war und die Jünger es hören konnten, damit sie verstehen möchten, dass sie vor dem Vater in dieselbe Stellung versetzt seien, die Christus innehatte, und damit die Freude, die Christus in eben dieser Verbindung genossen hatte, in ihnen völlig werden möchte. Welch eine unaussprechliche Gnade! Sie verloren Ihn für ihr natürliches Auge, um sich (durch Ihn und in Ihm) in Seinem eigenen Verhältnis zu dem Vater wieder zu finden und alles das zu genießen, was Er in dieser Gemeinschaft hienieden genossen hatte – als solche, die in ihrem eigenen Verhältnis zu dem Vater Seinen Platz einnahmen. Deshalb hatte Er ihnen alle die Worte mitgeteilt, die Ihm der Vater gegeben hatte – die Mitteilungen Seiner Liebe zu Ihm, während Er als Sohn hienieden wandelte; und unter dem besonderen Namen „heiliger Vater“, in dem der Sohn Selbst Sich auf Erden an Ihn wandte, sollte der Vater diejenigen bewahren, die der Sohn hier zurückließ. Auf diese Weise sollten sie Seine Freude völlig in sich haben.

Das war ihr Verhältnis zu dem Vater während der Abwesenheit Jesu; und nun spricht Er (V. 14 u. f.) von ihrem Verhältnis zu der Welt, das aus jenem entsprang. Er hatte ihnen das Wort Seines Vaters gegeben – nicht die Worte Seines Vaters, um sie mit Ihm in Gemeinschaft zu bringen, sondern Sein Wort, das Zeugnis dessen, was Er war. Die Welt hatte sie gehasst, wie sie Jesum (das lebendige und persönliche Zeugnis des Vaters) und den Vater Selbst gehasst hatte. In dieser Weise in Verbindung mit dem Vater, der sie aus den Menschen dieser Welt herausgenommen, und Dessen Wort (und in dieser Erkenntnis das ewige Leben in dem Sohne) sie empfangen hatten, waren sie nicht von der Welt, gleichwie Jesus nicht von der Welt war; und deswegen hasste sie die Welt. Dennoch bittet der Herr nicht, dass sie aus derselben weggenommen werden möchten, sondern dass der Vater sie vor dem Bösen bewahre. Er geht in die Einzelheiten Seiner Wünsche in dieser Beziehung ein, und zwar auf Grund der Tatsache, dass sie nicht von der Welt waren; und diesen Gedanken wiederholt Er als die Grundlage ihrer Stellung hienieden. „Sie sind nicht von der Welt, gleichwie ich nicht von der Welt bin.“ (V. 16). Was sollten sie denn sein? Nach welcher Regel, nach welchem Muster sollten sie gebildet werden? Nach der Wahrheit; und das Wort des Vaters ist Wahrheit. Christus war stets das Wort, aber das lebendige Wort unter den Menschen. In den Schriften besitzen wir es geschrieben und befestigt: sie offenbaren Ihn und zeugen von Ihm. Auf diese Weise sollten die Jünger abgesondert werden. „Heilige sie durch die Wahrheit: Dein Wort ist Wahrheit“ (V. 17). So sollten sie persönlich sein, gebildet durch das Wort des Vaters, wie Er in Jesu geoffenbart war.

Dann folgt ihre Sendung. Jesus sendet sie in die Welt, wie der Vater Ihn in die Welt gesandt hatte. Aber obwohl in die Welt gesandt, sind sie keineswegs von der Welt. Sie werden von Seiten Christi in die Welt gesandt; wären sie von der Welt, so könnten sie nicht in diese gesandt werden. Allein es war nicht nur das Wort des Vaters als die Wahrheit, noch Dessen Mitteilung durch Christum, während Er bei Seinen Jüngern gegenwärtig war (Punkte, von denen Jesus von Vers 14 bis jetzt gesprochen hat: „Ich habe ihnen dein Wort gegeben“), sondern Er heiligte Sich Selbst. Er sonderte Sich Selbst ab als ein himmlischer Mensch, höher als die Himmel, ein verherrlichter Mensch in der Herrlichkeit, damit die ganze Wahrheit in Seiner Person hervorstrahlen möchte, – in Ihm, der auferweckt ist aus den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, indem so alles, was der Vater ist, in Ihm entfaltet wurde: das Zeugnis göttlicher Gerechtigkeit, göttlicher Liebe und göttlicher Macht, wodurch die Lüge Satans, durch die der Mensch getäuscht und der Betrug in die Welt eingeführt worden ist, gänzlich vernichtet wurde – das vollkommene Muster von dem, was der Mensch war nach den Ratschlüssen Gottes und als der Ausdruck Seiner Macht, moralisch und in Herrlichkeit – das Bild des unsichtbaren Gottes. Jesus hat Sich Selbst an diesem Platz abgesondert, damit die Jünger geheiligt werden möchten durch die ihnen gemachte Mitteilung von dem, was Er war; denn diese Mitteilung war die Wahrheit und schuf die Jünger nach dem Bilde dessen, was sie offenbarte. Es war die durch Christum hienieden geoffenbarte Herrlichkeit des Vaters und diejenige, in die Er als Mensch aufgefahren ist; denn das ist das vollständige Ergebnis (die Entfaltung in Herrlichkeit) der Art und Weise, in der Er Sich Selbst für Gott, jedoch zu Gunsten der Seinigen, abgesondert hat. So sehen wir denn hier nicht nur, wie das Wort die Gedanken bildet und regiert, indem es uns in moralischer Weise für Gott absondert, sondern auch welch eine gesegnete Liebe daraus entspringt, dass wir diese Wahrheit in der Person Christi besitzen, indem unsere Herzen in Gnade mit Ihm verbunden sind. Damit endigt der zweite Teil dessen, was sich im Blick auf Gemeinschaft und Zeugnis auf die Jünger bezog.

In Vers 20 bezeugt Jesus, dass Er auch für jene bitte, die durch das Wort der Jünger an Ihn glauben würden. Der Charakter der Einheit, von der hier die Rede ist, unterscheidet sich ein wenig von demjenigen in Vers 11. Indem Er dort von den Jüngern redet, sagt Er: „Auf dass sie eins seien, gleichwie wir“; denn die Einheit des Vaters und des Sohnes zeigte sich in demselben festen Vorsatz, denselben Zielen, derselben Liebe, demselben Werke – kurz in allem. Diese Art der Einheit sollten die Jünger daher besitzen. Hier (V. 20) finden die Glaubenden, insofern sie das Mitgeteilte aufnehmen und genießen, ihre Einheit in der Macht der Segnung, in die sie gebracht worden sind. Durch einen Geist, in dem sie notwendigerweise vereinigt sind, haben sie einen Platz in Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne. Es ist die Gemeinschaft des Vaters und des Sohnes 2. Daher bittet der Herr, dass sie eins sein möchten in Ihnen, in dem Vater und dem Sohne. Das war das Mittel, durch das die Welt glauben sollte, dass der Vater den Sohn gesandt hatte; denn hier sind diejenigen, die dies geglaubt haben, – wie verschieden auch ihre Interessen und Gewohnheiten sind, und wie stark ihre Vorurteile gewesen sein mögen – eins in dem Vater und dem Sohne durch diese mächtige Offenbarung und dieses Werk.

Damit endet das Gebet des Herrn als solches, nicht aber Seine Unterredung mit Seinem Vater. Er gibt den Seinigen (und hier werden die Zeugen und die Gläubigen zusammengenommen) die Herrlichkeit, die der Vater Ihm gegeben hat; und dies ist die Grundlage einer anderen, einer dritten Art von Einheit. Allerdings werden in der Herrlichkeit alle teilhaben an dieser unbedingten Einheit des Sinnes, des Zweckes und des festen Vorsatzes, die in der Einheit des Vaters und des Sohnes gefunden wird. Wenn das Vollkommene gekommen ist, so ist in der Herrlichkeit allen das natürlich, was der Heilige Geist geistlicherweise hervorgebracht hatte, indem Seine absondernde Energie alles andere ausschloss. Aber der Grundsatz des Vorhandenseins dieser Einheit verleiht dieser Wahrheit noch einen anderen Charakter, nämlich den der Offenbarung, oder wenigstens einer inneren Quelle, die ihre Offenbarung in den verherrlichten Gläubigen verwirklicht: „Ich in ihnen und du in mir“, sagt Jesus (V. 23). Das ist nicht die einfache, vollkommene Einheit von Vers 11, noch das gegenseitige Verhältnis und die Gemeinschaft von Vers 21; es ist Christus in allen Gläubigen und der Vater in Christo – eine Einheit, die sich in Herrlichkeit kundgibt und nicht nur durch Gemeinschaft – eine Einheit, in der alles vollkommen mit seiner Quelle verbunden ist. Christus, den allein die Gläubigen offenbaren sollten, ist in ihnen; und der Vater, den Christus vollkommen geoffenbart hat, ist in Ihm. Dann wird die Welt (denn dieses wird in der Herrlichkeit des Tausendjährigen Reiches stattfinden und vor der Welt geoffenbart werden) erkennen3, dass Jesus von dem Vater gesandt worden ist (wer könnte es leugnen, wenn Er in Herrlichkeit geschaut werden wird?), und dass die Jünger von dem Vater geliebt worden sind, wie Jesus Selbst geliebt war. Die Tatsache, dass sie dieselbe Herrlichkeit wie Christus besitzen, wird dies letztere beweisen.

Aber noch mehr. Es gibt etwas, das die Welt nicht schauen wird, weil sie dort, wo man es sehen kann, nicht sein wird: „Vater, ich will, dass die, die du mir gegeben hast, auch bei mir seien, wo ich bin“ (V. 24). Dort sind wir nicht nur Christo ähnlich, dem Sohne gleichgemacht, indem wir das Bild des himmlischen Menschen vor den Augen der Welt tragen, sondern wir sind bei Ihm. Jesus wünscht, dass wir Seine Herrlichkeit schauen 4 sollen. Welch ein Trost und welch eine Ermunterung für uns, nachdem wir Seine Schmach geteilt haben! Aber um so köstlicher für uns, wenn wir sehen, dass Er, der als Mensch verunehrt worden ist, eben deswegen und weil Er um unsertwillen Mensch wurde, verherrlicht werden wird mit einer Herrlichkeit, die jede andere übertrifft, mit Ausnahme der Herrlichkeit Dessen, der Ihm alles unterworfen hat. Denn der Herr spricht hier von einer Ihm gegebenen Herrlichkeit. Dies macht es so köstlich für uns, dass Jesus diese Herrlichkeit durch Seine Leiden für uns erworben hat; und doch gehörte sie Ihm völlig als gerechte Belohnung dafür, dass Er in jenen Leiden den Vater vollkommen verherrlicht hat. Das ist eine besondere Freude, die ganz außer dem Bereich der Welt liegt. Die Welt wird die Herrlichkeit sehen, die wir gemeinsam mit Christo besitzen; sie wird erkennen, dass wir geliebt worden sind, wie Er Selbst es war. Allein es gibt für die, die Ihn lieben, ein Geheimnis, das an Seine Person und an unsere Vereinigung mit Ihm geknüpft ist. Der Vater liebte Ihn, ehe die Welt war, mit einer Liebe, die keinen Vergleich zulässt, die unendlich, vollkommen und deshalb in sich selbst befriedigend ist. Wir werden in dem Sinne daran teilhaben, dass wir unseren Geliebten dort sehen, dass wir bei Ihm sind und die Herrlichkeit schauen, die der Vater Ihm gegeben hat gemäß der Liebe, womit Er Ihn geliebt hat, ehe die Welt in den Wegen Gottes irgendeinen Platz fand. Bis zu dieser Stelle werden wir als solche betrachtet, die sich in der Welt befinden oder die vor der Welt in Herrlichkeit geoffenbart werden; hier aber als solche, die im Himmel sind, außerhalb aller Ansprüche oder aller Begriffe der Welt; und Christus wird gesehen im Genusse der Frucht jener Liebe, die der Vater zu Ihm hatte, ehe die Welt war. Christus war damals die Wonne des Vaters. Wir werden Ihn im Genuss der ewigen Frucht dieser Liebe schauen. Wir werden in alle Ewigkeit dort bei Ihm sein, um uns der Tatsache zu erfreuen, dass Er in dieser Herrlichkeit ist, dass unser Jesus, unser Geliebter, dort ist, und dass Er das ist, was Er ist.

Indes, da es sich also verhält, gibt es Gerechtigkeit in den Wegen Gottes hinsichtlich der Verwerfung Christi. Er hatte den Vater völlig, vollkommen geoffenbart. Die Welt hatte Ihn nicht erkannt, aber Jesus hatte Ihn erkannt, und die Jünger, hatten erkannt, dass der Vater Ihn gesandt hatte. Der Herr wendet Sich hier nicht an die Heiligkeit des Vaters, damit Er die Seinigen diesem gesegneten Namen gemäß bewahre, sondern Er wendet Sich an Seine Gerechtigkeit, damit Er einen Unterschied mache zwischen der Welt einerseits und Jesu und den Seinigen andererseits; denn dazu war nicht nur eine moralische Ursache vorhanden, sondern auch die unaussprechliche Liebe des Vaters zum Sohne. Und Jesus wünscht, dass wir uns, während wir hienieden sind, des Bewusstseins erfreuen möchten, dass jener Unterschied durch die Mitteilungen der Gnade gemacht worden ist, ehe das Gericht ihn macht. Er hatte den Seinigen den Namen des Vaters kundgetan, und Er will ihnen denselben auch dann noch kundtun, wenn Er hinaufgefahren sein wird, damit die Liebe, mit der der Vater Ihn geliebt hatte, in ihnen sei (dass ihre Herzen sie in dieser Welt besitzen möchten – welche Gnade!), und damit Jesus Selbst in ihnen sei, der Mitteiler dieser Liebe sowie die Quelle der Kraft, um sie zu genießen, indem Er sie – sozusagen – in ihre Herzen, in denen Er Selbst wohnt, leitet, und zwar in all der Vollkommenheit, in der Er sie genoss – Er, die Kraft, das Leben, die Fähigkeit, das Recht und das Mittel, um diese Liebe so und als solche im Herzen zu genießen. Denn in dem Sohne, der uns dieselbe kundtut, erkennen wir den Namen des Vaters, den Er uns offenbart. Das will sagen, der Herr wünscht, dass wir jetzt dieses Verhältnis in Liebe, in dem wir Ihn im Himmel sehen werden, genießen möchten.

Fußnoten

  • 1 Je mehr wir das Evangelium des Johannes untersuchen, desto mehr werden wir jemanden sehen, der da spricht und handelt, wie eine göttliche Person - eins mit dem Vater - es allein tun konnte, der dies jedoch immer tut wie Einer, der den Platz eines Dieners eingenommen hat, und der Sich nichts nimmt, sondern alles von Seinem Vater empfängt. „Ich habe dich verherrlicht“; „und nun verherrliche du mich.“ Welch eine Sprache! Wie offenbart sie eine völlige Gleichförmigkeit der Natur und der Liebe! Aber der Herr sagt nicht: „Und nun will ich mich selbst verherrlichen.“ Er hat den Platz eines Menschen eingenommen, um alles zu empfangen, mag es selbst eine Herrlichkeit sein, die Er bei dem Vater hatte, ehe die Welt war. Dies ist von ausnehmender Schönheit.
  • 2 Vergleiche 1. Joh 1,3. Wie ähnlich ist die Sprache des Apostels derjenigen Christi!
  • 3 Jesus sagt hier nicht: „auf dass die Welt glaube“.
  • 4 Dies entspricht dem Eintritt von Moses und Elias in die Wolke (auf dem Berge der Verklärung); außerdem werden sie in derselben Herrlichkeit wie Christus gesehen.
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