Betrachtung über Markus (Synopsis)
Kapitel 2
Die überall bekannt gewordene Heilung des Aussätzigen führt die Volksmenge herbei, und dies veranlasst Jesus, in die Wüste zurückzukehren. Doch kaum zeigt Er sich später wieder in der Stadt, so kommt sogleich die Menge zusammen. Welch ein lebendiges Gemälde von dem Leben Jesu als Diener! Er predigt; das war sein Zweck und sein Dienst (Mk 1,38). Jedoch stellt Er, in der demütigen Erfüllung des Ihm anvertrauten Werkes, durch seinen Dienst und seine Liebe – denn wer vermag zu dienen wie Gott, wenn Ihm das zu tun gefällt? – Seine göttlichen Rechte ans Licht. Er kannte die wahre Quelle aller Gebrechen, und Er konnte Hilfe schaffen. „Deine Sünden sind dir vergeben!“ sagt Er zu dem armen an Gicht Erkrankten, der zu Ihm gebracht wurde mit einem Glauben, der alle Schwierigkeiten überwand, der trotz dieser durchdrang mit der Beharrlichkeit des Glaubens, die genährt wird durch das Bewusstsein der Not und der Gewissheit, dass in Ihm, den man sucht, Kraft zu finden ist (V. 5). Den Einwendungen der Schriftgelehrten tritt Er mit einer Antwort entgegen, die jeden Widerspruch zum Schweigen bringt (V. 8–11). Jesus übt die Macht aus, die Ihm das Recht und die Gewalt gab, dem armen Kranken die Vergebung seiner Sünden zuzusichern 1. Das Murren der Schriftgelehrten stellte als Lehre deutlich ans Licht, wer vor ihnen stand, so wie der Ausspruch der Priester, die den Aussätzigen für rein erklärten, das Siegel ihrer Autorität auf die Wahrheit drückte, dass der HERR, der Arzt Israels, gegenwärtig war (V. 12). Jesus verfolgt seinen Dienst, Sein Zeugnis; und die Wirkung davon ist, dass es offenbar wird: der HERR ist gegenwärtig und hat sein Volk besucht. Der 103. Psalm erfüllte sich hinsichtlich der Rechte und der Offenbarung der Person Dessen, der da tätig war.
Jesus verlässt dann die Stadt. Begleitet von dem herbeiströmenden Volk, belehrt Er es von neuem (V. 13). Die Berufung Levis gibt Veranlassung zu einer neuen Entfaltung seines Dienstes. Er war gekommen, „um Sünder zu rufen und nicht Gerechte“. Hierauf erklärt Er, ihnen, dass Er die neue göttliche Energie, die sich in Ihm entfaltete, nicht in die alten Formen des Pharisäismus fassen könne. Noch ein anderer Grund war dagegen, nämlich die Gegenwart des Bräutigams. Wie konnten die Gefährten des Bräutigams fasten, während der Bräutigam bei ihnen war? Er sollte von ihnen genommen werden, und dann würde die Zeit für sie kommen, zu fasten (V. 18–20). Der Herr fährt fort, die Unvereinbarkeit der alten jüdischen Gefäße mit der Macht des Evangeliums zu betonen; wollte man dieses mit jenem, dem Judentum, verbinden, so würde es dies nur zerstören (V. 21. 22).
Das, was sich ereignete, als die Jünger durch die Saaten gingen, bestätigte diese Lehre. Angesichts des von Gott verordneten Königs, der aber verworfen und ein Pilger auf Erden war, verloren die gesetzlichen Verordnungen ihre Geltung. Zudem war der Sabbat, dieses Zeichen des Bundes zwischen Gott und den Juden, um des Menschen willen, und nicht der Mensch um des Sabbats willen; deshalb war Jesus, der Sohn des Menschen, Herr des Sabbats. Weil Er als Sohn Davids verworfen wurde, verloren die Verordnungen ihre Kraft und waren Ihm untergeordnet. Als Sohn des Menschen, als Besitzer (in den Augen Gottes) aller Rechte, die Gott dem Menschen verliehen hatte, war Er Herr des für den Menschen angeordneten Sabbat (V. 25–28). Dem Grundsatz nach war das Alte vergangen. Das war aber nicht alles; die neuen Dinge der Gnade und der Macht ließen die alte Ordnung der Dinge tatsächlich nicht zu. Die Frage war, ob Gott in Gnade handeln und in der Mitte seines Volkes in unumschränkter Weise Segen verleihen konnte oder nicht; ob Er sich der Autorität der Menschen, die sich seiner Güte entgegen auf seine Verordnungen stützten, unterwerfen musste, oder ob Er nach seiner eigenen Macht und Liebe Gutes tun konnte als Der, der erhaben ist über alles. Sollte der Mensch dem Wirken der Güte Gottes Grenzen setzen? Und das war in Wahrheit der neue Wein, den der Herr dem Menschen brachte.
Fußnoten
- 1 Wir müssen, wie bereits früher ausgeführt, unterscheiden zwischen Vergebung in der Regierung Gottes und unbedingter Vergebung der Sünden. Doch so wie der Mensch einmal ist, wäre die erste nicht möglich gewesen ohne die zweite. Doch bevor Christus verworfen und gestorben war, war diese zweite nicht völlig offenbart.