Betrachtung über 1. Korinther (Synopsis)

Kapitel 12

Betrachtung über 1. Korinther (Synopsis)

Zunächst galt es, die unterscheidenden Merkmale des Geistes Gottes festzustellen. Es gab böse Geister, die sich unter die Christen einzuschleichen und zu sprechen oder zu handeln suchten, indem sie sich als den Geist Gottes ausgaben, um so alles zu verwirren. Die Christen der gegenwärtigen Zeit glauben kaum an derartige Anstrengungen des Feindes. Geistliche Offenbarungen sind ohne Zweifel jetzt weniger in die Augen fallend als in der Zeit, von welcher der Apostel spricht; aber der Feind passt seine Täuschungsmittel den Umständen an, in denen der Mensch und das Werk Gottes sich gerade befinden, wie Petrus in einem ähnlichen Fall sagt: „Wie falsche Propheten unter dem Volk waren, so werden unter euch falsche Lehrer sein.“ Der Feind hört nicht auf zu wirken. „Verbieten zu heiraten“ usw. war die Lehre der Dämonen. In den letzten Tagen wird sich die Macht des Feindes noch mehr offenbaren. Gott kann ihm durch die Macht seines Geistes und durch die Kraft der Wahrheit wehren; aber wenn er nicht in Schranken gehalten wird, so wirkt er dennoch, indem er die Menschen täuscht, und zwar durch Dinge, von denen man (wenn man nicht selbst bereits verführt ist) unmöglich denken sollte, dass sie ein Mensch mit gesundem Verstand glauben könnte. Aber es ist erstaunlich, was ein Mensch, wenn er sich selbst überlassen ist und nicht von Gott bewahrt wird, glauben kann, sobald die Macht des Feindes wirksam ist. Man spricht von gesundem Verstand, von Vernunft, und sie sind gewiss sehr wertvoll; aber die Geschichte des Menschen zeigt uns, dass Gott allein es ist, der sie uns gibt und erhält.

Hier offenbarte sich der Geist Gottes durch die Wirkungen seiner Macht, die in der Versammlung hervortraten und sogar die Aufmerksamkeit der Welt auf sich zogen. Der Feind ahmte sie nach. Da die meisten der Christen in Korinth arme Heiden ohne Unterscheidungsgabe gewesen waren und sich durch die trügerischen Vorspiegelungen des Feindes gedankenlos hatten leiten lassen, so waren sie um so mehr in Gefahr, wiederum auf dieselbe Weise getäuscht zu werden. Wenn ein Mensch nicht von dem Geist Gottes erfüllt ist, welcher der Wahrheit in seinem Herzen Kraft und seinem inneren Blick Klarheit verleiht, so betört die verführerische Macht des Feindes seine Einbildungskraft. Der Mensch liebt das Wunderbare, so ungläubig er auch hinsichtlich der Wahrheit sein mag. Es fehlt ihm ein heiliges Unterscheidungsvermögen, weil er mit der Heiligkeit und dem Charakter Gottes nicht bekannt ist und nicht die Festigkeit einer Seele hat, die die Erkenntnis Gottes (ja, man kann sagen Gott selbst) als ihren Schatz besitzt – die Festigkeit einer Seele, die weiß, dass sie alles in Ihm hat, so dass sie keiner anderen Wunder bedarf. Wenn ein Mensch nicht so durch die Erkenntnis Gottes gegründet ist, so setzt ihn die Macht des Feindes in Erstaunen und erfüllt ihn mit Vorurteil; er kann sie nicht abschütteln noch sich Rechenschaft darüber geben. Er ist eine Beute des Einflusses, den diese Macht auf seinen Geist ausübt: das Fleisch hat Gefallen daran, denn in der einen oder anderen Form ist das Ergebnis immer Freiheit für das Fleisch. Lange Zeit blindlings geleitet durch die Macht böser Geister, waren die bekehrten Heiden kaum in der Lage, sie zu unterscheiden und zu beurteilen. Es ist erstaunlich, dass diese dämonische Macht einen solchen Einfluss ausüben konnte, dass die Korinther sogar die Wichtigkeit des Namens Jesu vergaßen oder wenigstens nicht beachteten, dass sein Name von jener Macht nicht bekannt wurde. Der Feind verwandelt sich vielleicht in einen Engel des Lichts, aber er erkennt niemals Jesum Christus wirklich als Herrn an; er mag wohl von Paulus und Silvanus reden und sein Teil mit den Christen haben wollen, aber Christus wird nicht anerkannt, und das führt schließlich zur Auflösung und zum Verderben derer, die ihm folgen. Ein unreiner Geist wird nicht sagen: „Herr Jesus!“ und der Geist Gottes kann nicht sagen: „Fluch über Jesum!“ Doch beachten wir, dass es sich hier um Geister handelt und nicht um Bekehrung noch um die Notwendigkeit, dass die Gnade im Herzen wirksam ist zu einem wahren Bekenntnis des Namens Jesu. Dies letztere ist eine Wahrheit, wie wir wissen, aber es handelt sich hier nicht darum.

Wir kommen jetzt zu positiven Unterweisungen. Nichts ist wichtiger, bezeichnender und wunderbarer als die Gegenwart des Heiligen Geistes hienieden in der Mitte der Christen. Sie ist für uns die Frucht des vollendeten Werkes Christi, aber in sich selbst die Offenbarung der Gegenwart Gottes unter den Menschen auf der Erde. Die Vorsehung Gottes offenbart seine Macht in den Werken der Schöpfung sowie seine Regierung, die alle Dinge leitet; aber der Heilige Geist ist seine Gegenwart in dieser Welt, das Zeugnis, das Gott von Sich selbst, von seinem Charakter gibt 1. Gott ist unter den Menschen, um sich zu offenbaren, zwar noch nicht in Herrlichkeit, wohl aber in Kraft und im Zeugnis von dem, was Er ist. Nachdem Christus die Erlösung vollbracht und die Wirkung seines Werkes Gott, dem Herrn und Richter, dargestellt hatte, wurde die Versammlung, die erlöst, durch sein Blut gereinigt und mit Ihm als sein Leib vereinigt ist, auch das Gefäß dieser Kraft, die in seinen Gliedern wirkt. Sie sollte daher diese Kraft in Heiligkeit entfalten: sie ist dafür verantwortlich. Aber auf diese Weise wird, was ihre Ausübung betrifft, der Mensch tatsächlich und persönlich das Gefäß dieser geistlichen Kraft: sie ist ein ihm anvertrauter Schatz. Nun ist der Geist vor allen Dingen das Band zwischen der Versammlung und Christus, wie zwischen dem Christen und Christus. Durch den Geist wird die Gemeinschaft verwirklicht und aufrecht gehalten. Dies ist die hauptsächlichste Tätigkeit des Geistes, und der Mensch muss sich in dieser Gemeinschaft befinden, um den Charakter Gottes zu erfassen und seinen Willen zu unterscheiden, und zwar dem Zeugnis gemäß, dessen Träger der auf die Erde hernieder gekommene Geist sein sollte.

Wenn aber die Versammlung diese Gemeinschaft nicht bewahrt, so verliert sie ihre Kraft als verantwortliche Zeugin Gottes auf Erden, und tatsächlich auch ihre Freude und ihr geistliches Verständnis. Gott ist zwar immer unumschränkt, zu handeln wie Er will, und Christus kann es an seiner Treue gegen seinen Leib nie fehlen lassen; aber das der Versammlung anvertraute Zeugnis wird dann nicht mehr so abgelegt, dass die Gegenwart Gottes auf Erden fühlbar wird. Die Versammlung nimmt vielleicht ihre Entfremdung von dem Herrn nicht wahr, da sie eine Zeitlang viel von dem bewahrt, was Gott ihr gegeben hat und was weit über alles das, was der Natur entspricht, hinausgeht; und indem sie die Kraft verliert, geht sie auch des Unterscheidungsvermögens bezüglich dessen, was sie sein sollte, verlustig. Aber Gott täuscht sich niemals über den Zustand der Versammlung. Er sagt: „Du hast deine erste Liebe verlassen, ... tue Buße und tue die ersten Werke; wenn aber nicht, so werde ich deinen Leuchter wegtun!“ – ein ernster Gedanke für die Versammlung im Blick auf ihre Verantwortlichkeit, wenn man sich der Gnade Gottes erinnert, die ihr zuteil geworden ist sowie der Früchte, welche gebracht worden sind oder hätten gebracht werden sollen, und endlich der Kraft, die ihr gegeben ist, um diese Früchte hervorzubringen.

Die Ratschlüsse Gottes betreffs der Versammlung haben ihren Endzweck und ihr Ziel im Himmel; sie werden erfüllt werden, ohne dass auch nur das Geringste daran fehlen könnte. Alles was nötig ist, um ihre Glieder den Ratschlüssen Gottes gemäß dorthin zu bringen, wird Christus tun; sie sind durch sein Blut erkauft, um Ihm anzugehören. Die Wege Gottes erfüllen und entfalten sich auf Erden zu unserer Unterweisung, sowohl in der Versammlung wie an einzelnen.

Die Gegenwart des Geistes Gottes hienieden offenbart sich indessen nicht bloß in seinen Gaben. Es gab Prophezeiungen und Wunder, vom Heiligen Geist getriebene Männer, schon vor dem Pfingsttag. Was in Hebräer 11 dem Glauben beigemessen wird, wird im Alten Testament oft dem Geist zugeschrieben. Aber der Geist war im Alten Testament in einer besonderen Weise verheißen. Er war in jenem Zeitabschnitt niemals die Gegenwart Gottes in der Mitte des Volkes in der Weise, wie Er in der Versammlung wohnt. Die Herrlichkeit kam, um von der Stiftshütte oder von dem Tempel Besitz zu nehmen; der Geist Gottes wirkte unumschränkt außerhalb der Ordnung seines Hauses und konnte bei Israel sein, als jene Herrlichkeit verschwunden war. Aber der Heilige Geist, vom Himmel hernieder gesandt, um in den Jüngern und in der Versammlung auf der Erde zu wohnen, war die Offenbarung der Gegenwart Gottes in seinem Haus, die Offenbarung Gottes, der durch den Geist dort war. Und diese Gegenwart des Geistes ist so bestimmt und so klar gekennzeichnet als eine durch die ersten Christen gekannte und verwirklichte Sache, die sich offenbarte, anstatt offenbart zu werden, dass das Wort von ihr als von dem Heiligen Geiste selbst spricht. In Johannes 7 heißt es: „Der Geist war noch nicht“; und in Apostelgeschichte 19 sagen die zwölf Männer zu Paulus: „Wir haben nicht einmal gehört, ob der Heilige Geist ist.“ Es war ja nicht die Frage, ob es einen Heiligen Geist gab (jeder rechtgläubige Jude glaubte das), sondern ob jene Gegenwart des Heiligen Geistes selbst, als hienieden wohnend, als der neue Tröster und Führer der Jünger, wovon Johannes der Täufer gesprochen hatte, bereits eine Tatsache geworden war. War Er herabgekommen, so war das die Gegenwart Gottes in seinem geistlichen Tempel auf der Erde. Die Stätte, wo die Jünger versammelt waren, bewegte sich, um zu zeigen, dass Gott gegenwärtig war. Ananias und Sapphira fielen tot vor den Aposteln nieder, weil sie Gott belogen hatten. Philippus wurde durch die Kraft des Geistes aus der Gegenwart des Mannes, der durch ihn mit Jesus bekannt gemacht worden war, weggeführt. Derart war die Gegenwart des Geistes.

In unserem Kapitel spricht der Apostel von den Offenbarungen seiner Gegenwart in den Gaben, die vermittels der Glieder des Leibes ausgeübt wurden, sei es zur Berufung und Auferbauung der Kirche oder zum Zeugnis für die, welche draußen waren. Bevor Paulus auf diesen Gegenstand eingeht, gibt er den Korinthern (welche der Feind vollständig getäuscht haben würde) Anweisungen, um sie in den Stand zu setzen, zwischen der Offenbarung des Heiligen Geistes und den Handlungen eines bösen Geistes zu unterscheiden. Dann spricht er von den Gaben. Nun gab es nicht verschiedene Geister, wie in dem Fall der Dämonen: es gab nur einen und denselben Geist, aber Verschiedenheiten von Gaben.

Dies gibt dem Apostel Gelegenheit, die verschiedenen Beziehungen zu erörtern, in welche die von dem Heiligen Geist getriebenen Männer zu Gott und zu Christus gebracht sind; denn er spricht von der Ordnung der Beziehungen des Menschen zu Gott, deren praktische Kraft im Heiligen Geist ist. Der Geist also, ein und derselbe Geist, wirkt in ihnen durch mancherlei Offenbarungen; aber in der Ausübung dieser verschiedenen Gaben waren sie Verwalter, und es gab einen Herrn, nämlich Christus. Es war also nicht eine unabhängige und eigenwillige Macht in ihnen; wie groß auch die Kraft des Geistes in ihnen sein mochte, sie hörten nicht auf, Diener und Verwalter Christi zu sein, und sie hatten in diesem Charakter zu handeln, indem sie in ihrem Dienst die Herrschaft Christi anerkannten. Doch obwohl Kraft in einem Menschen vorhanden und somit der Mensch es war, der handelte und auf diese Weise zu einem Diener wurde, und obgleich ein Mensch, Christus (obwohl zugleich Sohn Gottes und Herr über alles), es war, der das Haupt ausmachte und dem man mit der Gabe diente, so war es doch Gott, der wirkte, ein und derselbe Gott, der alles in allen wirkte. Es ist daher nicht die Dreieinheit im eigentlichen Sinn, die hier in ihrem Charakter dargestellt wird, sondern es ist ein einziger in den Christen wirkender Geist, Jesus als Herr, und Gott, der in den Gaben wirkt.

Die Gaben sind Offenbarungen der Macht des Geistes, die den Menschen auf diese Weise, und zwar unter Christus als Haupt und Herr, anvertraut sind. Die Menschen hatten dieselben im Dienst des Herrn zu gebrauchen. Nun, Christus dachte an das, was seinem Volk, den Seinigen, nützlich war, und die Offenbarungen des Geistes waren zum Nutzen der Seelen, der Versammlung im Allgemeinen, gegeben. Der Apostel bezeichnet mehrere dieser Gaben; aber er erinnert uns wiederum daran, dass es derselbe Geist ist, der in jedem Fall wirkt, indem Er einem jeden austeilt, wie Er will. Der Leser wolle diese Stelle beachten! Der Apostel hatte gesagt, dass Gott alles dieses wirke, und hatte von den Gaben als Offenbarungen des Geistes gesprochen. Nun hätte man vermuten können, dass der Geist irgendein unbestimmter Einfluss sei, und dass man alles Gott zuschreiben müsse, ohne einen persönlichen Geist anzuerkennen; aber die in Vers 6 Gott zugeschriebenen Wirkungen werden hier in Vers 11 dem Geist zugeschrieben, und es wird hinzugefügt, dass Er, der Geist, einem jeden austeilt, wie Er will. Es ist also nicht ein untergeordneter Geist. Wo Er wirkt, da ist es Gott, der wirkt; aber diese Wirkungen in den Menschen sind Gaben, die nach dem Willen des Geistes ausgeteilt sind. Der Geist wird uns also dargestellt als persönlich und nach seinem Willen in dieser Austeilung wirkend.

Einige der Gaben erfordern eine kurze Bemerkung. Weisheit ist die Anwendung des göttlichen Lichtes auf Recht und Unrecht sowie auf alle die Umstände, durch die wir zu gehen haben – ein Ausdruck von großer Tragweite, da er sich auf alles anwenden lässt, hinsichtlich dessen wir uns ein Urteil zu bilden haben. Der Heilige Geist versieht einige in besonderer Weise mit dieser Weisheit, mit einer Weisheit, die Gott gemäß ist, mit einem Verständnis über die wahre Natur der Dinge und ihre Beziehungen zueinander sowie über das Verhalten, das wir in beiden Hinsichten zu beobachten haben. Und dieses von Gott kommende Verständnis leitet uns durch die Schwierigkeiten des Weges hindurch und befähigt uns, das zu vermeiden, was uns in eine falsche Stellung zu Gott und Menschen bringen würde.

Erkenntnis ist Einsicht in die Gedanken Gottes, so wie sie uns offenbart worden sind. Glaube bezeichnet hier offenbar nicht den einfachen Glauben an das Evangelium; das wäre keine besondere Gabe, die der eine Gläubige besitzen könnte und der andere nicht. Es ist vielmehr ein von Gott gegebener Glaube, eine Kraft, die Schwierigkeiten überwindet, sich über Gefahren erhebt und ihnen die Stirn bietet, ohne davor zu erschrecken. Unterscheidung der Geister ist nicht eine Unterscheidung des Seelenzustandes eines Menschen – damit hat sie nichts zu tun. Nein, es ist die Gabe, durch die mächtige Kraft des Geistes Gottes die Handlungen böser Geister im Gegensatz zu der Wirksamkeit des Geistes Gottes zu erkennen und sie, wenn nötig, ans Licht zu stellen.

Die anderen Gaben erfordern keine nähere Erklärung; wir können deshalb auf die Einheit des Geistes zurückkommen, mit welcher das, was der Apostel nach Besprechung der Gaben sagt, in Verbindung steht. Der Geist war einer, hatte er gesagt, und war in den Gliedern in verschiedener Weise nach seinem Willen wirksam. Die Wichtigkeit der Persönlichkeit des Geistes und die außerordentliche Bedeutung seiner Gottheit (wenn wir bedenken, dass Er es ist, der in dem Menschen und durch den Menschen wirkt) sind einleuchtend, besonders wenn wir beachten, dass Er den Mittelpunkt und die lebendige Kraft der Einheit des ganzen Leibes bildet, so dass die einzelnen in der Ausübung ihrer Gaben nur die Glieder eines und desselben, durch die Kraft und Gegenwart des Geistes auf göttliche Weise gebildeten Leibes sind. Der Apostel entwickelt diesen Punkt ausführlich in Verbindung mit der Einheit des Leibes, der gegenseitigem Abhängigkeit der Glieder und dem Verhältnis eines jeden Gliedes zu dem Leib als einem Ganzen.

Die praktischen Unterweisungen des Apostels sind leicht verständlich, aber es gibt in den allgemeinen Grundsätzen noch einige wichtige Punkte. Die Einheit des Leibes ist hervorgebracht durch die Taufe des Heiligen Geistes, und die Verbindung der Glieder beruht auf derselben: „In einem Geist sind alle zu einem Leib getauft.“ Das Abendmahl ist der Ausdruck dieser Einheit; der Geist ist es, der sie hervorbringt und der ihre Kraft ist. Die unterscheidenden Merkmale eines Juden und Heiden und alle anderen Unterschiede verschwanden in der Kraft des einen Geistes, der allen gemeinsam war und der sie alle als Erlöste zu einem einzigen Leib vereinigte. Der Apostel spricht im dreizehnten Vers von der Taufe des Heiligen Geistes; aber dieses Wort bringt ihm das Abendmahl in Erinnerung, jene zweite von dem Herrn eingesetzte Verordnung. Er spricht von dem Getränktwerden mit einem Geist und spielt damit ohne Zweifel auf das Mahl des Herrn an. Er redet nicht von dem Heiligen Geist: ein Geist war der Zustand der Gläubigen – er gebraucht dieses Wort im Gegensatz zu einem Leib – die durch den Geist zu einem Herz und Sinn vereinigt waren, indem sie an Christus teilhatten.

Nicht der Glaube ist die Einheit, noch selbst das Leben, (obwohl beide das Teil der so Vereinigten sind), sondern der Heilige Geist. Die Taufe des Heiligen Geistes ist es, was die Christen zu einem einzigen Leib vereinigt, und sie sind alle desselben Geistes teilhaftig geworden, sind ein jeder für sich von demselben Geiste beseelt. So gibt es also viele Glieder, aber nur einen einzigen Leib, zusammengesetzt aus diesen Gliedern, die voneinander abhängig sind und einander bedürfen. Und selbst jene Gaben, die am meisten hervortraten, hatten verhältnismäßig den geringsten Wert, gerade so wie ein Mensch die unehrbarsten Teile seines Leibes bekleidet und schmückt, während er die schöneren unbedeckt lässt.

Ein anderer Punkt, den der Apostel hervorhebt, ist das gemeinsame Interesse, das unter den Gläubigen dadurch besteht, dass sie Glieder eines und desselben Leibes sind. Wenn einer leidet, so leiden alle mit, weil es nur einen Leib gibt, der von einem Geist beseelt wird. Wenn einer verherrlicht wird, so freuen sich alle mit. Auch das beruht auf der Tatsache, dass es ein und derselbe Geist ist, der sie vereinigt und beseelt. Überdies ist dieser Leib der Leib Christi: „Ihr seid“, sagt der Apostel, „Christi Leib und Glieder im Einzelnen.“

Beachten wir hier auch, dass der Apostel, obwohl die Versammlung zu Korinth nur einen Teil des Leibes Christi ausmachte, doch von dem ganzen Leib spricht; denn die dortige Versammlung war, entsprechend dem Grundsatz, nach dem sie sich versammelte, der Leib Christi, versammelt in Korinth. Allerdings redet der Apostel im Anfang des Briefes von allen denen, die den Namen des Herrn Jesu anrufen; aber tatsächlich wendet er sich an die Versammlung zu Korinth, und der allgemeine Ausdruck, dessen er sich bedient, zeigt, dass in dem Wandel der Versammlung und in ihren allgemeinen Interessen eine örtliche Versammlung nicht von dem ganzen Leib der Christen auf der Erde getrennt werden kann. Die Redeweise des Apostels beweist, dass, hinsichtlich ihrer Stellung vor Gott, die Christen einer Stadt als die Darsteller der ganzen Versammlung betrachtet wurden, soweit jener Ort in Betracht kam: nicht als unabhängig von den übrigen, sondern im Gegenteil als mit ihnen unzertrennlich verbunden, lebend und handelnd im Blick auf diesen Ort als Glieder des Leibes Christi, und als solcher an dem Ort betrachtet, weil jeder Christ einen Teil jenes Leibes ausmachte und sie gleicherweise einen Teil desselben bildeten.

In den folgenden Versen sehen wir, dass der Apostel, indem er die Christen zu Korinth als den Leib Christi, dessen Glieder sie waren, betrachtet, die ganze Versammlung als die Versammlung Gottes im Sinn hat. Im Neuen Testament gibt es keine andere Gliedschaft als diejenige Christi, außer dass wir untereinander Glieder sind, als den ganzen Leib bildend; aber nie ist die Rede von Gliedern einer Kirche – das ist ein ganz anderer Gedanke. Das Wort spricht in bildlicher Weise von den Gliedern eines Leibes, gleich dem Leib eines Menschen, nie aber von den Gliedern einer Versammlung in dem heutigen Sinn des Wortes. Wir sind Glieder Christi und folglich des Leibes Christi; das waren auch die Korinther, soweit jener Leib in Korinth dargestellt war.

Überdies wird der Leib Christi, die Versammlung, hier als ein Ganzes auf der Erde betrachtet. Gott hat in der Versammlung gesetzt Apostel, Propheten, Lehrer, Wunderkräfte, Heilungen, Sprachen. Es ist völlig klar, dass dies auf der Erde ist, wo ja die Korinther waren, und dass es sich um die Versammlung als ein Ganzes handelt. Die Heilungen und Sprachen waren nicht im Himmel, und die Apostel waren nicht Apostel einer besonderen Versammlung. Mit einem Wort, der vom Himmel herabgekommene Heilige Geist war es, der die Einheit des Leibes auf der Erde gebildet hatte und der durch die besonderen Gaben, welche die Glieder unterschieden, in demselben wirkte.

Hierauf bezeichnet der Apostel diese Gaben näher, nicht um ein förmliches und vollständiges Verzeichnis derselben zu geben, sondern um die Ordnung und Wichtigkeit derjenigen, die er erwähnt, zu kennzeichnen. Die Sprachen, auf die die Korinther so stolz waren, finden in der Aufzählung den letzten Platz. Einige Gaben standen also höher, waren ausgezeichneter als andere; sie mussten nach dem Maß geschätzt werden, in dem sie zur Erbauung der Versammlung dienten, und diejenigen, welche am meisten diesem Zweck entsprachen, waren die begehrenswertesten.

Es ist wichtig, den Unterschied zwischen diesem Kapitel und Epheser 4 zu beachten. Hier handelt es sich einfach um Macht, und den Menschen wird gesagt, dass sie in gewissen Fällen schweigen sollten, wenn die Macht vorhanden war; es war der Heilige Geist, als Macht wirkend. In Epheser 4 finden wir die Fürsorge Christi als Haupt des Leibes. Dort werden keine Gaben erwähnt, die Zeichen der Macht anderen gegenüber sind, sondern nur das, was zur Gründung und zum Aufbau der Versammlung und zur Erbauung der Heiligen dient, und dann wird die Verheißung gegeben, dass dies fortdauern solle, bis wir alle hingelangen zu der Einheit des Glaubens usw. Denn Christus kann niemals aufhören, für seinen Leib zu sorgen. Gaben aber, die als Zeichen gegeben sind, können verschwinden und sind verschwunden. Apostel und Propheten bildeten die Grundlage, und in diesem Sinn traten sie, nachdem der Grund gelegt war, außer Tätigkeit.

Indessen gab es noch etwas weit Köstlicheres als alle Gaben. Diese waren die Offenbarung der Macht Gottes und der Geheimnisse seiner Weisheit; die Liebe dagegen war die Offenbarung der Natur Gottes selbst.

Fußnoten

  • 1 Es ist eine sehr beachtenswerte Wahrheit, dass das Wohnen Gottes bei den Menschen die Frucht der Erlösung ist. Gott wohnte nicht bei Adam in seiner Unschuld, Er konnte wohl in dem Garten wandeln, aber er wohnte nicht dort. Er wohnte auch nicht bei Abraham.
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