Betrachtung über das Evangelium nach Johannes
Kapitel 15
Dann stellt Er sich ihnen sofort in Auferstehung, als ihr Leben, die Quelle lebendig machender Kraft, vor, indem Er sagt: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.”
Diese ganze Szene ist von wunderbarer Bedeutung. Er sitzt an der Tafel des Passahs, bis Er Frieden verkündet hat, denn die Pfänder des Friedens waren gerade auf dem Tisch ausgebreitet. Aber indem Er sich von der Tafel erhebt, spricht Er zu ihnen von ihrem Auferstehungsleben, einem Leben, das sie in Ihm, dem über die Macht des Todes Erhöhten, dem wahren Weinstock, kennen lernen sollten. Er sagt ihnen, dass es kein anderes Leben als dieses gebe: „Wenn jemand nicht in mir bleibt, wird er hinausgeworfen wie die Rebe und verdorrt.” Nachdem Er ihnen so die einzige Wurzel des Lebens kundgetan hat, zeigt Er ihnen die Freuden und heiligen Vorrechte dieses Lebens und belehrt sie, dass sie Seine eigene Freude, die Freude des Sohnes, völlig in sich haben und in die Würde und Gnade der Freundschaft mit ihrem Herrn eintreten sollten. Er versichert ihnen, dass Seine Herrlichkeit und ihre Segnung jetzt eine Sache waren, ja noch mehr, dass es der große Vorsatz des Vaters war, den Sohn als den Weinstock, das Haupt des Lebens, zu verherrlichen. Der Vater, der Ihn als den einzigen Zeugen des Lebens auf der Erde, dem Schauplatz des Todes, gepflanzt hatte, wollte mit der Liebe und Sorgfalt eines Weingärtners über Ihn wachen. Er war die gegenwärtige Sorge des Vaters, um den Weinstock in Schönheit und Fruchtbarkeit zu besitzen und Jesus als das Haupt des Lebens zu verherrlichen, wie Er Ihn bald auf dem Thron der Herrlichkeit als Erben aller Dinge verherrlichen wird. In alten Zeiten ruhte das Auge Gottes, das Auge des Weingärtners, auf dem Land Israel (5. Mo 11,12), aber jetzt wacht es über Seinen Weinstock, den Seine eigene Hand gepflanzt hat.
Dieses alles offenbarte den Jüngern die überaus großen Reichtümer der Gnade. Aber gleichzeitig macht Er sie darauf aufmerksam, dass die Vereinigung mit Ihm sie von der Welt trennen und diese Freundschaft sie dem Hass der Welt aussetzen würde. Die Welt sollte bald ihre ganze Feindschaft gegen Gott und damit auch gegen sie zum Ausdruck bringen. Die Offenbarung Gottes in Liebe, die Offenbarung des Vaters im Sohn und durch den Sohn, sollte bald von der Welt völlig verworfen werden. Das war in der Tat Hass „ohne Ursache”, Hass für Liebe. Am Kreuz Christi sollte bald des Menschen größter Hass der völligen Liebe Gottes begegnen. Der Mensch, der den Vater nicht kannte, mochte in seinem Eifer für Gott meinen, Ihm einen Dienst zu erweisen, wenn er die Kinder des Vaters umbrächte. Aber das war ein Eifer für die Synagoge oder für den Gott der Synagoge ohne irgendeine Beziehung zu dem Geist jener Haushaltung, welche die Reichtümer der Gnade enthüllte und den Vater im Sohn offenbarte.