Betrachtung über 2. Korinther (Synopsis)
Kapitel 11
In diesem Kapitel setzt der Apostel, indem er mit göttlicher Eifersucht um seine geliebten Korinther eifert, seine Abhandlung bezüglich der falschen Lehrer fort. Er bittet die Gläubigen in Korinth, ihn ein wenig zu ertragen, da er durch sein Reden von sich selbst wie ein Tor handle. Er hatte sie als eine keusche Jungfrau Christus verlobt, und er fürchtete, es möchte irgendjemand ihre Herzen verderben und sie von der Einfalt, die in Ihm ist, abwenden. Wenn die Korinther von den Lehrern, die kürzlich zu ihnen gekommen waren, einen anderen Christus, einen anderen Geist oder ein anderes Evangelium bekommen hätten, so hätten sie wohl ertragen können, was diese Lehrer taten, aber der Apostel stand sicherlich in seinen Unterweisungen nicht um ein Tüpfelchen hinter anderen zurück, selbst wenn sie ihn mit den ausgezeichnetsten Aposteln verglichen. Hatte er ihnen nun dadurch ein Unrecht zugefügt, dass er nichts aus ihren Händen angenommen hatte (wie diese neuen Lehrer sich rühmten zu tun) und dass er von anderen Versammlungen Geld genommen hatte und ihnen niemals zur Last gefallen war? (Es war dies ein Gegenstand des Ruhmes für ihn, dessen ihn niemand in den Gegenden von Achaja berauben sollte.) Hatte er sich geweigert, etwas von ihnen zu nehmen, weil er sie nicht liebte? Gott wusste es – nein, er hatte es getan, um den falschen Lehrern die Gelegenheit abzuschneiden, sich bei den Korinthern zu empfehlen als solche, die umsonst unter ihnen arbeiteten, während der Apostel Geld nahm. Er wollte ihnen diesen Ruhm nehmen, denn sie waren falsche Apostel. Wie Satan sich in einen Engel des Lichts verwandelte, so machten sich seine Werkzeuge zu Dienern der Gerechtigkeit. Doch nochmals bittet er die Korinther, ihn zu ertragen, wenn er wie ein Tor von sich selbst rede. Wenn diese Diener Satans sich als Juden, als von der alten Religion Gottes, die durch ihr Alter und ihre Überlieferungen geweiht war, in Ansehen bringen wollten, so konnte Paulus dasselbe tun: er war ein Hebräer, geboren von Hebräern, der all die Ansprüche auf Ehrung besaß, deren jene sich rühmten, und wenn es sich um den christlichen Dienst handelte – „ich rede als von Sinnen“, sagt der Apostel –, so konnte ein Vergleich nur klar ans Licht stellen, auf welcher Seite wahre Hingebung gewesen war.
In der Tat, Gott hat es zugelassen, dass dieser Eingriff in das Werk des Apostels von Seiten jener elenden judaisierenden Lehrer, die sich Christen nannten, gemacht wurde, um uns ein wenig mit den unermüdlichen Arbeiten des Apostels bekannt zu machen, die unter tausenderlei Umständen geschahen, von denen wir keinen Bericht besitzen. In der Apostelgeschichte hat uns Gott die Geschichte der Gründung der Kirche mitgeteilt, und zwar in den Hauptgrundsätzen, auf die sie gegründet wurde, nebst den Wandlungen, durch die sie beim Ausgehen aus dem Judentum gegangen ist. Der Apostel wird seine Vergeltung im Reich der Herrlichkeit empfangen, nicht aber darin, dass er unter den Menschen von diesen Dingen redet. Dennoch ist es für unseren Glauben nützlich, die christliche Hingebung, wie sie sich in dem Leben des Paulus offenbart hat, kennen zu lernen, und die Torheit der Korinther ist das Mittel geworden, um uns einen kleinen Einblick in dieses Leben zu verschaffen. Mühen und Gefahren von außen, unaufhörliche Angst von innen, ein Mut, der vor keiner Gefahr zurückschreckte, eine Liebe zu armen, verlorenen Sündern und zu der Kirche, die durch nichts in ihrer Glut gedämpft werden konnte – diese wenigen Striche zeichnen uns das Bild eines Lebens von so vollkommener Hingebung, dass es das kälteste Herz rühren muss. Es lässt uns unsere ganze Selbstsucht fühlen und treibt uns an, die Knie vor Dem zu beugen, der die lebendige Quelle der Hingebung dieses gesegneten Mannes war und dessen Herrlichkeit diese Hingebung einflößte. Allein obwohl der Apostel genötigt ist, von sich selber zu reden, will er sich doch nur seiner Schwachheiten rühmen, aber er befindet sich sozusagen außerhalb seiner gewöhnlichen, naturgemäßen Tätigkeit: sein vergangenes Leben rollt sich vor seinen Blicken ab, die Korinther hatten ihn genötigt, an Dinge zu denken, die er als „dahinten“ betrachtet hatte. Nachdem er so seinen Bericht geschlossen und erklärt hat, dass er sich nur seiner Schwachheiten rühmen wolle, kommt ihm noch ein Umstand ins Gedächtnis. Nichts ist natürlicher und einfacher als alle diese Mitteilungen.