Betrachtung über 2. Korinther (Synopsis)
Kapitel 2
Nachdem der Apostel aufs neue von seiner Besorgnis gesprochen hat, die seine Liebe zu ihnen offenbarte, gibt er seiner Überzeugung Ausdruck, dass das, was ihn betrübt hatte, auch die Korinther betrübt habe, und dies hatte sich in der Art und Weise gezeigt, wie sie den Übertreter behandelt hatten. Paulus ermahnt sie, den armen Schuldigen, der in Gefahr war, durch die von der Masse der Christen gegen ihn geübte Zucht ganz überwältigt zu werden, wieder aufzunehmen und zu ermuntern, indem er hinzufügt, dass, wenn die Christen ihm seine Sünde verziehen, er sie ebenso verzeihe. Er wollte nicht, dass Satan durch diesen Fall Gelegenheit fände, Zwietracht zwischen ihm und den Korinthern zu säen, denn er kannte wohl den Zweck des Feindes, zu dem er diese Angelegenheit benutzen wollte.
Dies gibt dem Apostel Gelegenheit zu zeigen, wie er die Heiligen in Korinth stets im Herzen hatte. Als er des Evangeliums wegen nach Troas kam und ihm in dieser Stadt eine weite Tür aufgetan wurde, vermochte er doch nicht dort zu bleiben, weil er Titus nicht fand, und so verließ er Troas und setzte seine Reise nach Mazedonien fort. Man wird sich erinnern, dass der Apostel, anstatt der Ostküste Griechenlands entlang nach Mazedonien zu fahren und auf diesem Weg Korinth zu besuchen (um später auf demselben Wege zurückzukommen), den Titus mit seinem ersten Brief nach Korinth geschickt hatte und selbst den Weg durch Kleinasien, oder vielmehr an der Westküste Kleinasiens entlang, einschlug. Dieser Weg führte ihn nach Troas, wo Titus mit ihm zusammentreffen sollte. Als er aber Titus in Troas nicht fand und er im Blick auf die Korinther sehr beschwert war, konnte er sich nicht mit ruhigem Herzen der Arbeit, die es dort gab, hingeben. Er reiste deshalb weiter, Titus entgegen, und begab sich nach Mazedonien. Dort fand er ihn endlich, wie wir gleich sehen werden. Aber dieser Gedanke, Troas verlassen zu haben, beschäftigte den Apostel sehr; denn es ist in der Tat eine ernste und betrübende Sache für das Herz, eine Gelegenheit, Christus verkündigen zu können, nicht benutzt zu haben, um so mehr, wenn die Menschen geneigt sind, Christus aufzunehmen oder wenigstens von Ihm zu hören. Troas verlassen zu haben war allerdings ein Beweis der Liebe Pauli zu den Korinthern, und der Apostel erinnert sie an diesen Umstand als einen starken Beweis jener Liebe. Er tröstet sich über dieses Versäumnis einer Gelegenheit zur Verkündigung des Evangeliums mit dem Gedanken, dass Gott ihn schließlich doch wie in einem Triumphzuge umherführte (nicht wie man übersetzt hat: „ihn triumphieren ließ“). Das Evangelium, das der Apostel mit sich brachte, das Zeugnis von Christus, war wie der Wohlgeruch, den man bei Siegesaufzügen durch das Verbrennen wohlriechender Spezereien zu verbreiten pflegte und der für einige der mitgeführten Gefangenen ein Zeichen des Todes, für andere ein Zeichen des Lebens war. Und dieser Wohlgeruch des Evangeliums war in den Händen des Apostels rein. Er war nicht wie etliche, die den Wein, den sie darreichten, verfälschten, er arbeitete in christlicher Lauterkeit vor Gott.