Haschen nach Wind
Der Tod und das Jenseits
Was sagt der Prediger über den Tod?
Lies Prediger 2, 14-16; 3, 18-21; 9, 1-6; 9, 10
Aus den gelesenen Stellen geht hervor, daß Tod und Gericht für den „Prediger“ das Ende von allem bedeuten. Es sind dies Ereignisse, die den Weisen wie den Toren, den Reinen wie den Unreinen, den, der das Gute tut, wie auch den Sünder erreichen.
„Und ich sprach in meinem Herzen: Gleich dem Geschick des Toren wird auch mir widerfahren, und wozu bin ich dann überaus weise gewesen?“ (2, 15). Wozu das Leben, seine Anstrengungen und Mühen, wenn zum Schluß alles „an einen Ort“ geht? „Alles ist aus dem Staube geworden; und alles kehrt zum Staube zurück“, Mensch und Tier.
Solche Texte zeigen deutlich, daß in dem Rahmen „unter der Sonne“, den sich der „Prediger“ in diesem Buch vorgezeichnet hat, über Tod und Jenseits ein undurchdringlicher Schleier ausgebreitet liegt. Ist es für die Ungläubigen und die Unwissenden unserer Tage nicht auch so? Und dabei ist die Bibel in der Welt noch nie so weit verbreitet gewesen wie heute. Aber, es ist so, wie der Apostel sagt: „Wenn aber auch unser Evangelium verdeckt ist, so ist es in denen verdeckt, die verloren gehen, in welchen der Gott dieser Welt den Sinn der Ungläubigen verblendet hat, damit ihnen nicht ausstrahle der Lichtglanz des Evangeliums der Herrlichkeit des Christus, welcher das Bild Gottes ist“ (2. Kor. 4, 3-4). Für den, der die göttliche Offenbarung weder glauben noch annehmen will, bleibt das Evangelium ein verschlossenes Buch, das er mit seinem eigenen Verstand nicht erfassen kann.
Der „Prediger“, dessen Erkenntnis tatsächlich über den Rahmen seines Buches hinausgeht, ermahnt im letzten Kapitel: „Gedenke deines Schöpfers in den Tagen deiner Jugendzeit, ehe ... die Jahre herannahen, von welchen du sagen wirst: Ich habe kein Gefallen an ihnen“ (12, 1). Auch heute noch wendet man sich besonders in der Jugend zum Herrn. Gewiß, Gott ruft das ganze Leben lang, und es gibt Bekehrungen in jedem Alter; aber vor dem zwanzigsten, ja sogar vor dem sechzehnten Lebensjahr sind sie viel häufiger, als später.
In der Tat, wenn der Mensch sich abwendet, nachdem Gottes Geist an ihm gewirkt hat, so verhärtet sich sein Herz. Kommt ein neuer Ruf, den er wiederum verwirft, so verhärtet sich das Herz noch mehr. Dann nahen die Jahre heran, an denen man „kein Gefallen“ hat. Die Fähigkeiten nehmen ab, die Sinne verlieren ihre Schärfe, die physische Kraft schwindet immer mehr, bis daß „der Staub zur Erde zurückkehrt, so wie er gewesen und der Geist zu Gott zurückkehrt, der ihn gegeben hat“. Der vom Leibe getrennte Geist hat dann nur noch mit Gott zu tun, mit Gott, dem Richter. Innerhalb des vom „Prediger“ gezeichneten Rahmens ist weder von einem Heiland noch von einer Hoffnung die Rede.
Das Gericht
Nachdem der „Prediger“ seine Blicke über die Dinge, die „unter der Sonne“ geschehen, umherschweifen ließ, stellte er fest: „An der Stätte des Rechts, da war die Gesetzlosigkeit, und an der Stätte der Gerechtigkeit, da war die Gesetzlosigkeit. Ich sprach in meinem Herzen: Gott wird den Gerechten und den Gesetzlosen richten“ (3, 16-17). Dann wendet er sich und sieht „alle die Bedrückungen, welche unter der Sonne geschehen: und siehe, da waren Tränen der Bedrückten, und sie hatten keinen Tröster“ (4, 1). Er erkennt wohl die sozialen Ungerechtigkeiten, vermag ihnen jedoch nicht abzuhelfen: „Wenn du die Bedrückung des Armen und den Raub des Rechts und der Gerechtigkeit in der Landschaft siehst, so verwundere dich nicht über die Sache; denn ein Hoher lauert über dem Hohen“ (5, 8).
Gott wird richten! Das ist das Endergebnis des Buches: „Gott wird jedes Werk, es sei gut oder böse, in das Gericht über alles Verborgene bringen“ (12, 14). Der Ausblick auf dieses Gericht ist für den Menschen keine Hilfe; er macht im Gegenteil das Geheimnis des Todes nur noch ernster.
Das Jenseits
Die Zukunft ist in der Blickrichtung, die der „Prediger“ sich festgesetzt hat, ein völlig verschlossenes Buch: „Die Toten aber wissen gar nichts... Sowohl ihre Liebe als auch ihr Haß und ihr Eifern sind längst verschwunden; und sie haben ewiglich kein Teil mehr an allem, was unter der Sonne geschieht... Es gibt weder Tun noch Überlegung noch Kenntnis noch Weisheit im Scheol, wohin du gehst“ (9, 5.6.10). Jedesmal, wenn er vom Tod und vom Jenseits spricht, wiederholt der „Prediger“; „Ich sprach in meinem Herzen“, oder einen ähnlichen Ausdruck. Keinerlei Offenbarung besitzend, teilt er uns nur die Frucht seiner eigenen Gedanken und Beobachtungen mit. Deshalb geht es keineswegs an, diese Verse aus ihrem Zusammenhang zu reißen, um so die Bibel als kategorische und wahre Behauptung sagen zu lassen: „Die Toten aber wissen gar nichts.“ Hier haben wir ein neues Beispiel von dem Schaden, den man anrichten kann, wenn man dem Worte Gottes einen vereinzelten Satz entnimmt. Wir dürfen uns über keinen biblischen Gegenstand eine Meinung bilden, ohne daß wir die Gesamtheit der Stellen, die davon reden, untersucht haben, besonders im Neuen Testament. Es ist also nicht zulässig, sich auf den „Prediger“ zu berufen, um Argumente gegen die Existenz der Seele im Jenseits oder gegen die Auferstehung zu haben. Es gilt, sich stets den genauen Rahmen vor Augen zu halten, in welchem sich die Gedanken des „Predigers“ bewegen.
Was sagt uns das Neue Testament?
Durch das Herabkommen des Herrn Jesus auf die Erde, durch die Offenbarung, die Gott uns in Ihm und durch Sein Wort gegeben hat, hat sich alles verändert: Das Licht hat die Finsternis ersetzt; an den Platz der Schrecken des Gerichtes ist die glückselige Hoffnung getreten; das Jenseits ist nicht mehr gähnende Leere, die die Seele mit Angst erfüllt, sondern das Vaterhaus.
Der Tod
Für den Gläubigen ist der Tod nicht mehr „der König der Schrecken“, sondern der Übergang von dieser Welt zu Gott. Lesen wir 2. Korinther 5, 4-8. Wir erwarten die Auferstehung oder die Verwandlung, „damit das Sterbliche verschlungen werde von dem Leben“ und „möchten lieber ausheimisch von dem Leibe und einheimisch bei dem Herrn sein“. Ohne Zweifel behält der Tod für jeden Menschen, wegen seines physischen Zustandes, eine unerwünschte Seite: „Wiewohl wir nicht entkleidet, sondern überkleidet werden möchten.“ Aber für den Christen, für seinen Geist und für sein Herz, hat er sowohl sein Geheimnis als auch seinen Schrecken verloren; er kann sogar der schönste Tag seines Lebens sein! Der Apostel sagt es deutlich: „Bei Christo zu sein ... ist weit besser“ (Phil. 1, 23). Der „Prediger“ konnte mit Recht daran erinnern, daß alles Staub ist und zum Staub zurückkehrt. Der Apostel hingegen, geleitet durch den Geist Gottes, offenbart uns: „Wie wir das Bild dessen von Staub getragen haben, so werden wir auch das Bild des Himmlischen tragen“ (1. Kor. 15, 49). Dankbar sprechen wir ihm nach: „Unser Gott und Vater, der uns geliebt und uns ewigen Trost und gute Hoffnung gegeben hat durch die Gnade“ (2. Thess. 2, 16).
Tatsächlich erwartet der Gläubige heute nicht den Tod, sondern die Wiederkunft des Herrn. Welch wunderbares Ereignis, wenn die auferweckten Toten und die verwandelten Lebenden, in Wolken entrückt, zusammen enteilen werden, dem Herrn entgegen in die Luft, um allezeit bei dem Herrn zu sein! (1. Thess. 4, 15-18).
Das Gericht
In Hebräer 9, 27 wird mit aller Deutlichkeit erklärt: „Wie es den Menschen gesetzt ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht.“ Das Wort Gottes weiß nichts von Seelenwanderung, Seelenschlaf und dergleichen Dingen. Die Menschen sterben einmal und kehren keineswegs in einer anderen Gestalt zum Leben zurück. Im Gegenteil, auf den Tod folgt das Gericht. Wann dieses Gericht stattfindet, wird uns in Offenbarung 20, 11-15, mitgeteilt.
Was aber die Gläubigen betrifft, ist der Herr Jesus ebenso deutlich, indem Er erklärt: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tode in das Leben hinübergegangen“ (Joh. 5, 24). Der Herr Jesus hat sich an unserer Stelle selbst unter das Gericht Gottes gestellt; Er hat „selbst unsere Sünden an seinem Leibe auf dem Holze getragen“; „die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm“. Gott kann somit die, welche im Glauben durch Jesu Blut gerechtfertigt sind, nicht ins Gericht bringen. Im Brief an die Römer wird nach der vollständigen Darstellung der Erlösung die triumphierende Schlußfolgerung daraus gezogen: „Also ist jetzt keine Verdammnis für die, welche in Christo Jesu sind“ (Röm. 8, 1).
Wenn es für den Gläubigen weder Gericht noch Verdammnis gibt, könnte der eine oder andere versucht sein, zu denken, dann müsse er es in seinem Wandel ja nicht so genau nehmen. Laßt uns aber zu 2. Korinther 5,9-10 zurückkehren. Dort lesen wir:
„Deshalb beeifern wir uns auch, ob einheimisch oder ausheimisch, ihm wohlgefällig zu sein. Denn wir müssen alle vor dem Richterstuhl des Christus offenbar werden, auf daß ein jeder empfange, was er in dem Leibe getan, nachdem er gehandelt hat, es sei Gutes oder Böses.“ Vor dem Richterstuhl des Christus werden alle Gläubigen erscheinen, nicht um gerichtet, sondern um geoffenbart zu werden. Unser ganzes Leben, das Gute wie auch das Böse, wird ans Licht gebracht werden. Wie könnte es in der Ewigkeit eine wolkenlose Gemeinschaft mit dem Herrn geben, wenn auf dem Gewissen oder auf dem Herzen noch verborgene Sünden blieben, die nicht gerichtet worden sind?
Alles Böse unseres Lebens wird sichtbar gemacht werden, nicht damit uns Strafe treffe, sondern auf daß wir, unendlich tiefer als wir es hienieden je hätten tun können, die Größe der Gnade Gottes und die Tiefe der Leiden des Herrn Jesus erfassen. Wir singen jetzt vielleicht allzu oberflächlich:
O Tag der Schmach, der Schande und der Schmerzen,
O Tag, erfüllt mit unfaßbarer Not,
Als du am Leib, Herr Jesu, und im Herzen
Für uns erduldet hast den Zorn von Gott!
Dann aber, wenn wir gründlich erkennen werden, wie wir erkannt worden sind, werden wir völlig begreifen, was es den Herrn Jesus gekostet hat, uns zu Gott zu führen. Mit welcher Wirklichkeit wird dann das neue Lied gesungen werden: „Du bist würdig... denn du bist geschlachtet worden und hast für Gott erkauft, durch dein Blut ...“
Aber auch das Gute wird offenbar werden, d. h. alles, was das göttliche Leben in dem Erlösten hervorgebracht haben wird, gleich der Frucht, die aus der Rebe am Weinstock hervorkommt. Der Saft kommt von dem Weinstock, die Rebe ist nur des Saftes Kanal; aller Verdienst des Fruchtbringens steht dem Weinstock zu. Am Tage Seiner Herrlichkeit wird der Herr Jesus kommen, um „verherrlicht zu werden in seinen Heiligen und bewundert in allen denen, die geglaubt haben“ (2. Thess. 1, 10). Nicht etwa die Heiligen, sondern der Herr Jesus selbst wird bewundert und verherrlicht werden. Belohnungen, Kronen, Vergeltung — in der Form und Weise, die Gott für angemessen halten wird — werden dem treuen Gläubigen zur Freude, vor allem aber zur Verherrlichung Dessen sein, der in den Seinen gewirkt hat, solange sie auf Erdenpfaden wanderten.
Die Gesetzlosen wird das Gericht treffen. Offenbarung 20, 12-15 zeigt uns dieses in einem feierlich ernsten Bild: „Und ich sah die Toten, die Großen und die Kleinen, vor dem Throne stehen, und Bücher wurden auf getan; und ein anderes Buch wurde aufgetan, welches das des Lebens ist. Und die Toten wurden gerichtet nach dem, was in den Büchern geschrieben war, nach ihren Werken. Und das Meer gab die Toten, die in ihm waren, und der Tod und der Hades gaben ihre Toten, die in ihnen waren, und sie wurden gerichtet, ein jeder nach seinen Werken. Und der Tod und der Hades wurden in den Feuersee geworfen. Dies ist der zweite Tod, der Feuersee. Und wenn jemand nicht geschrieben gefunden wurde in dem Buche des Lebens, so wurde er in den Feuersee geworfen.“ Es erübrigt sich, dieser schrecklichen Szene noch menschliche Worte hinzuzufügen.
Das Jenseits
In der gleichnisartigen Geschichte des Reichen Mannes und des Armen Lazarus (Luk. 16, 19-31) hebt der Herr Jesus den Schleier über den Zustand der Seelen nach dem Tode. Lazarus wird von den Engeln in den Schoß Abrahams getragen — in der Sprechweise der Juden ein Ausdruck für die Seligkeit der Gläubigen. Der Reiche wird gequält; er befindet sich noch nicht im Feuersee, sondern im Hades, dem Aufenthaltsort der Seelen nach dem Tode. Wenn es den Erlösten betrifft, umschreibt Paulus diesen Aufenthaltsort mit den Worten: „Bei Christo sein“ (Phil. 1, 23); handelt es sich aber um einen Verlorenen, so bezeichnet Petrus diesen Ort als ein „Gefängnis“ (1. Petr. 3, 19).
Es ist unmöglich, von einem Zustand in den anderen hinüberzuwechseln. „Und zu diesem allen ist zwischen uns und euch eine große Kluft befestigt, damit die, welche von hier zu euch hinübergehen wollen, nicht können, noch die, welche von dort zu uns herüberkommen wollen“ (Luk. 16, 26). Es ist also nach dem Tode nicht mehr möglich, errettet zu werden.
Dieser zeitweilige Zustand der Seelen ändert sich durch die Auferstehung. Der Herr Jesus äußerte sich sehr deutlich darüber: „Es kommt die Stunde, in welcher alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören und hervorkommen werden: die das Gute getan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber das Böse verübt haben, zur Auferstehung des Gerichts“ (Joh. 5, 28-29). Auch der Apostel Paulus redete von den beiden Seiten dieser Tatsache, als er sagte, daß es eine Auferstehung geben werde, „sowohl der Gerechten als der Ungerechten“ (Apg. 24, 15).
In 1.Korinther 15 werden wir insbesondere über die Auferstehung des Lebens unterwiesen, die in verschiedenen Etappen vor sich gehen wird (Verse 23-24). Die Gläubigen, die durch die Verwesung hindurchgegangen sind, werden dann Unverweslichkeit anziehen; die übrigen Erlösten aber, die bis zur Ankunft des Herrn auf der Erde leben, werden verwandelt: Dieses Sterbliche wird Unsterblichkeit anziehen.
Das Wort offenbart uns sehr wenig von dem ewigen Zustand, in den die Erlösten eintreten werden. Etwas Wesentliches, überaus Kostbares kennzeichnet ihn:
Wir werden „allezeit bei dem Herrn sein“ (1.Thess. 4, 17). Diese Gegenwart Gottes bei den Menschen wird auch in Offenbarung 21, 3 hervorgehoben, mit dem Zusatz, daß dann alles Leiden vorüber ist:
Tränen, Tod, Trauer, Geschrei und Schmerz werden nicht mehr sein. Das Glück des Genusses der göttlichen Gegenwart ging beim Sündenfall verloren;
vor Gott sein ist für den natürlichen Menschen ein Gegenstand der Furcht. Der Gläubige aber kennt heute schon die Lieblichkeit dieser Gegenwart, und in der Herrlichkeit wird er, weit besser als jetzt, deren ewige Wirklichkeit genießen:
Der Tag ist angebrochen, Die Schatten fliehen fort! Umflutet von dem Lichte Des Vaterhauses dort, Genießen wir mit Wonne, Vom Leid der Erde fern, Die Ruhe Seiner Liebe Für immer bei dem Herrn.