Betrachtung über den Propheten Hesekiel (Synopsis)
Kapitel 38-39
Gog, der Jehova nicht fürchtet, sucht das Land in Besitz zu nehmen. Er ahnt nicht, daß Jehova da ist. Sein Stolz verblendet ihn.
Wir müssen uns immer wieder daran erinnern, daß Hesekiel weder von dem ersten, noch von dem zweiten Kommen Christi redet, auch nicht davon, wie es den Juden unter dem Reiche der Nationen ergehen würde. Letztere treten nur als Werkzeuge auf, die den Willen Gottes ausführen. Der Gegenstand des Propheten ist stets: Jehova und Israel. Er erwähnt allerdings auch Christum, aber er führt Ihn ein als bereits anwesend, und zwar in dem Charakter Davids. Jehova erweckt ihnen eine Pflanzung zum Ruhme. Von Seinem Kommen ist nicht die Rede. Es sind die Gerichte Jehovas auf der Erde, durch welche Er Sich den Nationen und Israel bekannt macht (letzterem auch durch Seine Segnungen). Durch dieselben lernen die Nationen, daß Israel um seiner Sünden willen in die Gefangenschaft gehen mußte, nicht aber weil sein Gott den Götzen der Nationen gleich gewesen wäre. Aber in all den Wegen Gottes, wie sie uns hier vorgeführt werden, geschieht, wie gesagt, des Kommens Christi keinerlei Erwähnung; es ist hier gar nicht am Platze. Es gehört zu einer anderen Reihe von Gedanken und Offenbarungen des Geistes Gottes, zu einer anderen Folge von Ereignissen.
Es mag noch darauf hingewiesen werden, daß man sich die Kapitel 36 und 37 und wiederum die zwei folgenden Kapitel zusammengenommen nicht als zeitlich aufeinander folgend denken darf. Vielmehr behandelt jedes der beiden erstgenannten für sich, und die beiden letzteren als ein Ganzes zusammengenommen, einen bestimmten Gegenstand. Jeder Gegenstand ist vollständig; es wird jedesmal in Verbindung mit dem betreffenden Gegenstand gezeigt, wie Israel zu seiner Segnung gelangt, und mit der Versicherung geschlossen, daß der Segen endgültig und bleibend sein werde. Alle diese Weissagungen reden von dem Lande Israel und von den Segnungen, welche Gott über dasselbe bringen will. Dieses Land gehörte Jehova, und Er wollte es nicht verunreinigt sehen. Darum treibt Er Israel in richterlicher Weise hinaus; hat Er alsdann Sein Volk wiederum gereinigt, so läßt Er sowohl die Nationen als auch Israel erkennen, warum Er so handeln mußte. Er handelt in völliger Gnade gegen Sein Volk. Er läßt es kund werden, daß sie Sein Volk sind, daß Er in ihrer Mitte geheiligt werden will und tatsächlich geheiligt wird.
Ich glaube daher, daß das Gericht über Gog das Letzte ist, was von seiten Gottes im Blick auf Israel geschieht. Er läßt jene hochmütige Macht heranziehen, um die ganze Erde an einem entscheidenden Gericht Seine Wege mit Israel und den Nationen erkennen zu lassen und um das Volk Israel (aus welchem dann kein einziger mehr fern von seinem Lande in der Verbannung weilen wird) zu einer Wohnstätte Seines Segens, Seines Heiligtums und Seiner Herrlichkeit zu machen.
Außer den zahlreichen Versen, in welchen es heißt: „Und sie werden wissen, daß ich Jehova bin“, mögen noch nachstehend angeführte Stellen in Betracht gezogen werden, aus denen wir entnehmen können, was Gott bei diesen Gerichten, die Er ankündigen und ausführen läßt, vor allem im Auge hat, nämlich die Offenbarung Seiner Regierung auf der Erde. Diese Regierung läßt den eigentlichen Charakter Gottes als Herrscher erkennen und dient dazu, daß Er denselben sowohl in Gnade als in Heiligkeit, trotz der Untreue Seines Volkes, in der Welt entfalten kann. Die Stellen, welche ich meine, sind: Hes 36, 19 - 23. 36; 39, 7. 23. 24. 28 ; ferner, was Israel betrifft: Hes 34, 30; betreffs des Feindes: Hes 35,12; 37, 28 .
Die Bemerkung, die ich oben hinsichtlich Gogs machte, hat zur Voraussetzung, daß alle Ereignisse, die mit dem Kommen des Sohnes des Menschen in Verbindung stehen, in den Schriften Hesekiels ausgelassen sind - was, wie ich glaube, der Fall ist. Das Buch behandelt nur die Regierungswege Gottes auf Erden und Jehovas in Israel. Die Macht, welche als „Gog“ bezeichnet wird, hat ihren Sitz im Norden, außerhalb des Gebietes, welches die bei Daniel erwähnten Tiere innehaben. Die richtige Übersetzung lautet ohne Zweifel: „Fürst von Rosch, Mesech und Tubal“; das ist auch das Urteil von Gelehrten. Kusch und Put sind ebensowohl am Euphrat als am Nil zu suchen. Persien ist bekannt. Togarma ist der nordöstlichste Teil von Kleinasien. Die Verwegenheit dieses Königs wird die Veranlassung, daß der Zorn Jehovas losbricht.
Damit der Leser die vorliegenden Stellen leichter mit anderen in Verbindung bringen kann, möchte ich noch bemerken, daß, wie ich bestimmt glaube, Jesus zuerst in dem Charakter Davids und dann erst in demjenigen Salomos regieren wird. In Seinen Leiden entsprach Er dem durch die Eifersucht Sauls verfolgten David. Auch der Überrest wird dem Grundsatz nach durch ähnliche Leiden gehen. Wenn wir dies verstehen, so haben wir den Schlüssel zu dem Buche der Psalmen gefunden. Jesus wird also zuerst wie David regieren, indem Israel angenommen und gesegnet ist, ohne daß jedoch alle seine Feinde bereits vernichtet wären. Zum Schluß wird Er wie Salomo, das heißt als Friedefürst, regieren. Von jener Zeit reden viele Stellen, wie z. B Micha 5; verschiedene Kapitel in Sacharja; Jeremia 51, 20. 21; Hesekiel 25, 14 . Israel, das bereits mit Gott . versöhnt, von Ihm anerkannt und innerhalb seiner Grenzen zur Ruhe gekommen ist, wird dann das Werkzeug Jehovas sein, um Seine Gerichte nach außen hin zur Ausübung zu bringen (vgl. Jes. 11, 10 - 14).
Was sich daher auf die Zerstörung der Reiche bezieht, mit denen sich die Weissagungen Daniels beschäftigen, ferner, was geschehen muß, um die Beziehungen Israels zu Gott wiederherzustellen, endlich die Folgen, welche die Verwerfung Christi für die Juden hat - alle diese Gegenstände haben in den Weissagungen Hesekiels keinen Platz. Sie finden sich anderswo, wie bei Daniel, Sacharja, und in noch ausgedehnterem Maße bei Jesaja. Hier bei Hesekiel sehen wir, wie Gott Sich in Israel kundtut. Gog, der Fürst von Rosch, Mesech und Tubal, fällt auf den Bergen Israels, und Jehova tut Sich kund vor den Augen vieler Nationen (Kap. 38, 21-23). Das Gericht wird selbst das Land Gogs und die Inseln erreichen (Kap. 39, 6). Der Name Jehovas wird in Israel kundwerden, und die Heiden werden wissen, daß Jehova, der Heilige, in Israel ist (V. 7). Und wenn dann die Herrlichkeit Jehovas so inmitten der Nationen geoffenbart sein wird, dann wird Israel von dem Tage an und weiterhin wissen, daß Jehova Selbst ihr Gott ist; und die Nationen werden wissen, daß es die Ungerechtigkeit Israels war, um welcher willen das Gericht über sie kam, nicht aber weil es auf seiten Jehovas an Macht gefehlt hätte, oder weil Seine Beschlüsse wankend geworden wären (V. 22 - 24). Mit einem Wort: Jehova und Seine Regierung sollen in Israel völlig kundwerden und vermittels dieses Volkes auch in der Welt; und von der Zeit an will Gott Sein Angesicht nicht mehr vor ihnen verbergen. Sein Geist soll über Sein Volk ausgegossen werden. In den Versen 25 - 29 wird noch einmal ein Rückblick auf alles das geworfen, was Gott an Israel getan hatte, um Seine Regierung aufzurichten und Sich unter ihnen kundzutun.