Betrachtung über den Propheten Jesaja (Synopsis)
Kapitel 40
Bisher hat uns vornehmlich die äußere Geschichte Israels beschäftigt; hier jedoch beginnt die innere oder moralische Geschichte des Volkes in seiner Stellung des Zeugnisses gegenüber der Abgötterei und in seinem Verhältnis zu Christo sowie die Absonderung eines Überrestes 1. Der erste Teil dessen, was man wohl das zweite Buch Jesaja nennen könnte, reicht vom 40. bis zum Schlusse des 48. Kapitels. Der Messias tritt hier verhältnismäßig nur wenig auf den Schauplatz. Es handelt sich vielmehr um die große Frage zwischen Jehova und den Götzen, welche durch die Erfolge des Cyrus und die Einnahme Babylons ihre erste Lösung erhielt. (Denn wiewohl ihre Herrlichkeit nicht getrennt werden kann, so finden wir doch Jehova und Seinen Gesalbten.) Die Gnade bringt jenes Ereignis deutlich in Verbindung mit der Errettung Israels, des Zeugen Gottes auf der Erde, wie unwürdig dieses Volk auch war, ein Zeuge Gottes zu sein. Zugleich zeigen diese Wege Gottes, daß es für die Gesetzlosen in Israel durchaus keinen Frieden gab. Diese große Wahrheit wird zweimal wiederholt mit Bezug auf die zwei Hauptpunkte, über welche Gott mit Israel rechtet. Um dies zu verdeutlichen, möchte ich einige Einzelheiten hervorheben.
Kapitel 40
Die ersten acht Verse des 40. Kapitels drücken in sehr bemerkenswerter Weise die Grundsätze aus, nach welchen Gott handelt: nachdem Er Seine Züchtigungen voll und ganz zu Ende geführt hat, strömt die Gnade aus Seinem Herzen hervor. Gott will Sein Volk trösten; Er redet zum Herzen Jerusalems und sagt ihr, daß ihre Mühsal vollendet sei; der Herold verkündigt die Ankunft Jehovas. Hier handelt es sich um die Tatsache der Errettung; die Verwerfung Jehovas wird nicht erwähnt, davon wird später in Kapitel 51 und 53 gesprochen. Was aber muß der Prophet in bezug auf das Volk ausrufen? „Alles Fleisch ist Gras.“ Soll aber alles Fleisch die Herrlichkeit Jehovas sehen, wenn Er an allem Fleische Rache übt, so muß hier das göttliche, tröstende Zeugnis beginnen. Alles Fleisch ist Gras; der Hauch Jehovas weht es an. Ist das nur so im Blick auf die Nationen? Keineswegs; „das Volk ist Gras“. Das Gras aber verdorrt; auf wen kann man dann noch sein Vertrauen setzen? Damit muß die Tröstung beginnen. Gott hat gesprochen, und „das Wort unseres Gottes (sagt der gläubige Überrest – sagt der Geist der Prophezeiung) besteht in Ewigkeit“. Dann wird die prophetische Versicherung der Segnung des erlösten Zion gegeben, welches den Städten Judas die Gegenwart Jehovas, des Erlösers, verkündet, dessen zarte Fürsorge in rührender Weise beschrieben wird. Von Vers 12 bis 26 wird die Herrlichkeit Seiner göttlichen Majestät mit den Götzen in Gegensatz gebracht. Alsdann fordert Er Rechenschaft von Israel wegen seines Unglaubens: der ewige Gott, Jehova, ermüdet nicht und ermattet nicht. Die Tiefen Seines Verstandes sind unergründlich; aber die auf Jehova harren, gewinnen neue Kraft und ermatten nicht.
Fußnoten
- 1 An dieser Stelle wird auf die Anmerkung zu Kapitel 41 verwiesen, die wie folgt lautet: Man möge beachten, daß, obgleich die Sünde Israels völlig bloßgestellt wird, diese Kapitel trotzdem die Gnade und die unumschränkte Güte Gottes, nicht aber die Verantwortlichkeit und das Gericht des Volkes aussprechen, weshalb auch ein Überrest bewahrt wird.