Countdown zum großen Finale
Was bringt die Zukunft?
Die handelden Personen bzw. Völker der zukünftigen Ereignisse
Wer sich mit biblischer Prophetie beschäftigt, wird auf viele Völker und Personen stoßen, die an den zukünftigen Ereignissen aktiv beteiligt sein werden. Die meisten Auslegungen über die Prophetie behandeln entweder ein komplettes Bibelbuch (z. B. die Offenbarung oder das Buch Daniel), oder sie geben einen mehr oder weniger ausführlichen Überblick über das, was bald passieren wird. Parallel dazu erklären sie in Verbindung mit den zukünftigen Ereignissen die handelnden Personen und/oder Völker. So vorzugehen ist durchaus vorteilhaft. Dennoch möchte ich versuchen, es anders zu machen. Wir wollen zunächst einen Blick auf die „Hauptakteure“ der zukünftigen Ereignisse werfen und dann die Ereignisse selbst besehen. Sicher ist es manchmal schwierig, zukünftige Ereignisse und handelnde Personen bzw. Völker zunächst zu trennen. Es wird auch nicht ganz gelingen. Trotzdem möchte ich versuchen, diesen Weg zu gehen. Wir werden uns deshalb in Teil 2 zunächst einen groben Überblick verschaffen, wer bei den zukünftigen Ereignissen besonders aktiv sein wird. Erst danach werden wir uns in Teil 3 mit dem beschäftigen, was tatsächlich passiert. Diese Vorgehensweise soll helfen, die Ereignisse besser zu verstehen.
1. Christus, das von Gott bestimmte Haupt über alles
Die Hauptperson biblischer Prophetie ist selbstverständlich unser Herr Jesus Christus. Das haben wir bereits gesehen. Jeder wiedergeborene Christ kennt Ihn als seinen Heiland (Retter) und – hoffentlich – als seinen Herrn. Er ist der ewige Sohn Gottes, der Sohn seiner Liebe. Er kam als Mensch auf die Erde. Er hat sein Erlösungswerk am Kreuz vollbracht. Jetzt sitzt Er zur Rechten Gottes auf seinem Thron. So kennen wir Ihn. So lieben wir Ihn. So erwarten wir Ihn.
Wenn wir uns jedoch mit biblischer Prophetie beschäftigen, die es ja mit der geschaffenen Welt (der Schöpfung) zu tun hat, dann haben wir es mit Christus in einem ganz besonderen Charakter zu tun. Wir lesen in Epheser 1,9-10: „… indem er uns kundgetan hat das Geheimnis seines Willens, nach seinem Wohlgefallen, das er sich vorgesetzt hat in sich selbst für die Verwaltung der Fülle der Zeiten: alles unter ein Haupt zusammenzubringen in dem Christus, das, was in den Himmeln, und das, was auf der Erde ist, in ihm.“ Christus ist das Haupt, von dem alles ausgeht. Als Haupt über alles, was Gott geschaffen hat, wird Er unter verschiedenen Titeln gesehen:
■ Erstens ist Er der König. Davon spricht Psalm 2,6:
„Habe ich doch meinen König eingesetzt auf Zion, meinem heiligen Berg!“ An anderer Stelle sagt er:
„Wer ist er, dieser König der Herrlichkeit? Der Herr der Heerscharen, er ist der König der Herrlichkeit!“ (Ps 24,10). Als König wird Er in der Stadt des großen Königs – das ist Jerusalem – über sein Volk Israel und über die Nationen herrschen und regieren. In Jesaja 49,6 lesen wir: „Ja, er spricht: Es ist zu gering, dass du mein Knecht seist, um die Stämme Jakobs aufzurichten und die Bewahrten von Israel zurückzubringen. Ich habe dich auch zum Licht der Nationen gesetzt, um meine Rettung zu sein bis an das Ende der Erde.“ „Und der Herr wird König sein über die ganze Erde; an jenem Tag wird der Herr einer sein und sein Name einer“ (Sach 14,9).
■ Zweitens ist Er der Sohn des Menschen. Diesen Titel des Herrn Jesus finden wir häufig im Neuen Testament, jedoch nur dreimal im Alten Testament und dort ist er jedes Mal untrennbar mit dem Tausendjährigen Reich verbunden:
■ Psalm 8,5-7: „Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Sohn, dass du auf ihn achthast? Denn ein wenig hast du ihn unter die Engel erniedrigt; und mit Herrlichkeit und Pracht hast du ihn gekrönt. Du hast ihn zum Herrscher gemacht über die Werke deiner Hände; alles hast du unter seine Füße gestellt.“ Hier sehen wir den Sohn des Menschen, der über alle Werke der Hände Gottes gestellt ist. Alles in dieser Schöpfung – im Himmel und auf der Erde – wird Ihm unterworfen sein. Dieser Vers wird in Hebräer 2,7 zitiert.
■ Psalm 80,18: „Deine Hand sei auf dem Mann deiner Rechten, auf dem Sohn des Menschen, den du dir gestärkt hast!“ Der Zusammenhang des Verses macht klar, dass es darum geht, dass Er berechtigt ist, über das wiederhergestellte Volk Israel zu regieren, dessen König der Herr Jesus sein wird.
■ Daniel 7,13-14: „Ich schaute in Gesichten der Nacht: Und siehe, mit den Wolken des Himmels kam einer wie eines Menschen Sohn; und er kam zu dem Alten an Tagen und wurde vor ihn gebracht. Und ihm wurde Herrschaft und Herrlichkeit und Königtum gegeben, und alle Völker, Völkerschaften und Sprachen dienten ihm; seine Herrschaft ist eine ewige Herrschaft, die nicht vergehen wird, und sein Königtum ein solches, das nie zerstört werden wird“. Hier wird deutlich, dass Er einen besonderen Herrschaftsanspruch über die Nationen hat. Die Regenten dieser Völker haben völlig versagt und haben den Anforderungen Gottes nicht entsprochen. Der Herr Jesus als Sohn des Menschen wird das vollkommen tun.
■ Drittens ist Er der von Gott bestimmte Richter. Der Herr Jesus hat selbst gesagt: „Denn der Vater richtet auch niemand, sondern das ganze Gericht hat er dem Sohn gegeben, … Denn wie der Vater Leben in sich selbst hat, so hat er auch dem Sohn gegeben, Leben zu haben in sich selbst; und er hat ihm Gewalt gegeben, Gericht zu halten, weil er des Menschen Sohn ist“ (Joh 5,22.26.27). Paulus sagt auf dem Areopag in Athen: „… weil er einen Tag festgesetzt hat, an dem er den Erdkreis richten wird in Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und er hat allen den Beweis davon gegeben, indem er ihn aus den Toten auferweckt hat“ (Apg 17,31). Zu Beginn der Offenbarung sieht der Jünger Johannes Jesus in seiner richterlichen Herrlichkeit. Er ist derjenige, der die Schlüssel des Todes und des Hades hat (Off 1,18). Seine Erscheinung beeindruckte den Jünger, der zu Lebzeiten Jesu im Schoß seines Meisters lag, so sehr, dass er wie tot vor Ihm niederfiel und durch den Herrn aufgerichtet werden musste (Off 1,17-18). Ähnlich ergeht es Daniel in seinem letzten Gesicht, von dem wir in Daniel 10,4-9 lesen.
Gott hat es so vorgesehen, dass Christus im Tausendjährigen Reich (das ist die Verwaltung der Fülle der Zeiten) auf der Erde über alles regiert, was von Gott geschaffen worden ist. Er kam als Sohn Davids mit einem Recht an sein irdisches Volk Israel. Er kam als Sohn Abrahams, in dem alle Nationen der Erde gesegnet werden sollten (Mt 1,1; 1. Mo 22,18). In der Person des Königs war das Reich Gottes mitten unter den Menschen (Lk 17,21). Doch der König wurde abgelehnt. Man wollte nicht, dass Er herrschte und regierte (Lk 19,14; Joh 19,15). Stattdessen nagelte man den König an ein Kreuz (Mt 27,35), an dem Er starb. Doch Er blieb nicht im Tod. Er ist siegreich auferstanden und in den Himmel zurückgekehrt (Lk 19,12; Apg 1,9; Eph 1,20; 1. Pet 1,21). Das Reich konnte damals nicht in Macht und Herrlichkeit auf der Erde gegründet werden. Es besteht zwar, doch es besteht in einer geheimnisvollen Form. Deshalb spricht z. B. Matthäus 13 von den Geheimnissen des Reiches der Himmel. Die Welt sieht davon jetzt nichts. Der Herr Jesus ist im Himmel. Ihm ist bereits jetzt alle Macht im Himmel und auf der Erde gegeben (Mt 28,18). Allerdings ist das noch nicht sichtbar. Hebräer 2,8 sagt: „Du hast alles seinen Füßen unterworfen. Denn indem er ihm alles unterworfen hat, hat er nichts gelassen, was ihm nicht unterworfen wäre; jetzt aber sehen wir ihm noch nicht alles unterworfen.“
Der Augenblick kommt, wo der Herr Jesus sichtbar, d. h. machtvoll und herrlich erscheint. Er kommt als Sohn Davids und König für Israel. Er wird über sein Volk und über alle Nationen regieren. Er kommt als Sohn des Menschen und wird über alles im Himmel und auf der Erde herrschen. Der entscheidende Moment wird dann sein, wenn Er sichtbar auf die Erde zurückkommt (Off 19,11 ff.) – und wir mit Ihm. Dann ist Er nicht mehr der niedrige Knecht, der kam, um zu dienen (Mk 10,45). Nein, dann ist Er der König der Könige und Herr der Herren (Off 19,16). Durch die Gerichte des Tages des Herrn wird Er sein Reich etablieren.
2. Satan als der große Gegenspieler Gottes
Satan ist von Anfang an der große Gegenspieler Gottes. Kaum war alles von Gott geschaffen, wurde der Teufel aktiv (1. Mo 3,1). Er verführte Adam und Eva, die daraufhin in Sünde fielen. Seitdem ist jeder Mensch, der geboren wird, ein Sünder (Röm 5,12). Kaum begann der Herr Jesus seinen öffentlichen Dienst auf der Erde, kam der Teufel, um Ihn zu versuchen (Lk 4,2). Sein Ziel war es immer, das zu zerstören, was Gott geschaffen hatte, und Christus zu schaden. Selbst seine Angriffe gegen die Kinder Gottes heute haben letztlich immer zum Ziel, Christus die Ehre zu rauben.
Über den Ursprung Satans wissen wir wenig. Er wurde von Gott geschaffen und war ein großer Engelfürst. In Hesekiel 28,12-18 wird der König von Tyrus vorgestellt, der dort zweifellos auf den Teufel hinweist. Er wird dort beschrieben als ein gesalbter und schirmender Cherub. Er hatte einen Platz in dem Garten Gottes und war auf Gottes heiligem Berg. Er war vollkommen in seinen Wegen von dem Tag an, an dem er geschaffen wurde, bis Unrecht an ihm gefunden wurde. Offensichtlich hat er sich hochmütig gegen Gott erhoben. So wurde er sein großer Widersacher. Davon spricht Jesaja: „Wie bist du vom Himmel gefallen, du Glanzstern, Sohn der Morgenröte; zur Erde gefällt, Überwältiger der Nationen!“ (Jes 14,12).
Dessen ungeachtet hat Satan bis heute Zutritt zu den himmlischen Örtern. Im Buch Hiob sehen wir ihn, wie er sich mit den Söhnen Gottes vor den Herrn stellt (Hiob 1,6; 2,1). Im Propheten Sacharja steht er ebenfalls vor dem Herrn, um den Hohenpriester Josua zu verklagen (Sach 3,1). Der Epheserbrief spricht von einem Kampf gegen Satan und seine Helfer in den himmlischen Örtern (Eph 6,10 ff.). Es handelt sich dabei um den geschaffenen Himmel, nicht um das Vaterhaus. Dort wird der Teufel niemals hineinkommen.
Der Teufel wirkt bis heute vom Himmel aus. Seine beiden großen Taktiken sind List und Verführung einerseits (Eph 6,11; 2. Kor 11,3) und Macht bzw. Gewaltandrohung andererseits (1. Pet 5,8). Im ersten Fall tritt der Teufel wie eine Schlange auf. Im zweiten Fall tritt er wie ein brüllender Löwe auf. Doch der Tag wird kommen, wo dem Teufel der Zutritt in den Himmel verwehrt wird. Zur Mitte der letzten Jahrwoche Daniels (das ist in der Hälfte der kommenden siebenjährigen Gerichtsperiode, über die wir noch hören werden) wird der Teufel aus dem Himmel geworfen. Das lesen wir in Offenbarung 12,7-9:
Und es entstand ein Kampf in dem Himmel: Michael und seine Engel kämpften mit dem Drachen. Und der Drache kämpfte und seine Engel; und er gewann nicht die Oberhand, auch wurde ihre Stätte nicht mehr in dem Himmel gefunden. Und es wurde geworfen der große Drache, die alte Schlange, welcher Teufel und Satan genannt wird, der den ganzen Erdkreis verführt, geworfen wurde er auf die Erde, und seine Engel wurden mit ihm hinabgeworfen.
Diese Verse erwähnen nicht nur ein ganz entscheidendes zukünftiges Ereignis (wir werden darauf zurückkommen), sondern sie beschreiben uns gleichzeitig erschütternd den Teufel (vgl. Off 20,2). Er wird genannt:
■ Der große Drache: Als solcher verkörpert der Teufel furchtbare Grausamkeit und Gewalt (Off 12,13). Er ist ein despotischer Herrscher und Verderber.
■ Die alte Schlange: Das zeigt, wie listig, verführerisch und heimtückisch er ist. Dass er die „alte“ Schlange ist, weist auf seinen ersten Angriff auf Eva hin, der genau diesen Charakter trug. Der Teufel sündigt von Anfang an (1. Joh 3,8), d. h., seitdem er sich gegen Gott erhoben hat.
■ Der Teufel: Unter diesem Namen ist er ausschließlich im Neuen Testament bekannt. Wörtlich übersetzt bedeutet das dem Wort „Teufel“ zugrundeliegende griechische Wort: „Verleumder, Verwirrer, Anschuldiger, Schmäher, Hasser, Verdächtiger“. Er betrügt und lügt (Joh 8,44). Der lateinische Name ist
„Diabolus“. Der griechische Name ist „Diabolos“. Beides kann mit „Durcheinanderwerfer“ im Sinn von „Faktenverdreher und Verleumder“ übersetzt werden. Als solcher hat sich der Teufel immer erwiesen. Als er die ersten Menschen verführte, hat er tatsächlich die Fakten verdreht und die Menschen an Gottes Liebe und Güte zweifeln lassen (1. Mo 3,1). Der Teufel wirkt immer zerstörerisch und will jede bestehende Ordnung umstoßen. Das tut er heute und das wird er in den zukünftigen Ereignissen tun.
■ Der Satan: Das ist sein persönlicher Name. Im Alten und im Neuen Testament wird er so genannt. Wörtlich übersetzt bedeutet Satan: „Anfeinder oder Widersacher“. Er feindet Gott an und ist gegen Ihn. Er feindet Christus an und ist gegen Ihn. Er feindet diejenigen an, die auf Gottes und Christi Seite stehen. Was immer Gott tut – Satan versucht, dagegenzuhalten. Er wird auch zukünftig die Menschen verführen und sie gewaltsam bedrohen. Die ungläubigen Menschen befinden sich ohnehin in seiner Gewalt. Den Gläubigen aller Zeiten versucht er zu schaden, wo immer es geht. Das ist heute so. Das wird in der Zukunft nicht anders sein. Satan wird alles daransetzen, dem gläubigen Überrest aus dem Volk Israel kommender Tage das Leben schwer zu machen.
Es ist einerseits gefährlich, Satan zu unterschätzen. Er ist in der Tat überaus listig. Er ist hochintelligent und verfügt über eine jahrtausendelange Erfahrung. Andererseits sollten wir ihn keineswegs überschätzen. Er ist weder allwissend noch allmächtig oder allgegenwärtig. Diese Attribute gehören allein Gott. Das Studium der Prophetie zeigt uns sehr deutlich, dass Satan mit seinen Engeln keinen Schritt weitergehen kann, als es ihm von Gott erlaubt wird.
Das Ende Satans wird ebenfalls in der Offenbarung beschrieben. Während der tausend Jahre Friedensherrschaft wird er gebunden im Abgrund sein (Off 20,3). In der Ewigkeit nach der Zeit ist er in der ewigen Verdammnis, der Hölle (Off 20,10). Das ist „das ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist” (Mt 25,41).
3. Israel bzw. die Juden und ihr Führer, der Antichrist
Wir kommen jetzt zu einer sehr wichtigen Personengruppe und ihrem religiösen und politischen Anführer. Es geht um das Volk Israel bzw. die Juden und den Antichristen.
Israel bzw. die Juden
Israel ist das irdische Volk Gottes. In 2. Mose 3,7 nennt Gott dieses Volk zum ersten Mal „mein Volk“. Im weiteren Verlauf finden wir Israel weit über 200 Mal so genannt. Israel war Gottes Eigentumsvolk (5. Mo 14,2). Gott bezeichnet dieses Volk unter anderem als seinen erstgeborenen Sohn (2. Mo 4,22), als sein Erbteil (Jes 19,25), als seinen Knecht (Jes 41,8), als seinen Berufenen (Jes 48,12), als die Herde seiner Weide (Hes 34,31). Das alles zeigt uns, wie sehr Gott sein irdisches Volk liebt.
Die Geschichte dieses Volkes wird den meisten Bibellesern gut bekannt sein. Sie soll hier nicht wiederholt werden. Es ist eine lange und traurige Geschichte. Oft hat sich das Volk gegen seinen Gott versündigt. Immer wieder hat Gott in Liebe versucht, das Volk zu sich zurückzubringen. Dazu schickte er ihnen seine Propheten (2. Chr 36,15). Zweimal hat dieses Volk sich besonders versündigt und ist deshalb von Gott schwer gerichtet worden.
■ Erstens durch ihren furchtbaren Götzendienst unter den Königen von Israel und Juda (Ps 106,36; Jer 8,19; 22,9). Das wird im Alten Testament ausführlich beschrieben. Gott gab daraufhin zuerst die 10 Stämme in die Hand seiner Feinde, der Assyrer (722 v. Chr.; 2. Kön 17,3-18). Gut 100 Jahre später traf es die zwei verbliebenen Stämme Juda und Benjamin. Jerusalem wurde durch die Babylonier besiegt und zerstört (605 v. Chr.; 2. Chr 36,17-21). Die Herrlichkeit Gottes verließ den Tempel in Jerusalem. Hesekiel 9-11 beschreibt das ausführlich. Das Volk wurde nach Babylon deportiert und war dort 70 Jahre im Exil. Dieses Ereignis ist ein wichtiger Wendepunkt in der Geschichte und dem Handeln Gottes mit seinem Volk. Bis dahin hatte Gott von Jerusalem aus regiert. Jetzt wurde die Regierung heidnischen Regenten übergeben. Die „Zeiten der Nationen“ begannen (Lk 21,24). Obwohl die Nationen im Auftrag Gottes regierten und herrschten, sind sie Ihm für ihr Tun und Lassen voll verantwortlich. Dieser Verantwortung sind sie nicht nachgekommen (z. B. Dan 4,16-24).
Mit diesem Zeitpunkt beginnt die Geschichte der vier Weltreiche, über die der Prophet Daniel ausführlich schreibt. Die Zeiten der Nationen dauern an, bis Christus sein Reich auf der Erde gründen wird. Gott bezeichnet das Volk Israel in dieser Zeitperiode nicht mehr offiziell als sein Volk (in Hosea 1,9 wird es „Lo-Ammi“ genannt, das bedeutet „Nicht-mein-Volk“). Israel ist seitdem – und bis heute – direkt oder indirekt von der Macht und dem Wohlwollen anderer Nationen abhängig.
■ Zweitens durch die Tatsache, dass die Juden den von Gott gesandten Messias abgelehnt und gekreuzigt haben. Obwohl Er in großer Liebe zu seinem Volk kam, um sie von ihren Sünden zu retten (Mt 1,21) und dann das Reich zu etablieren (Mt 4,17), hat sein Volk Ihn nicht angenommen (Joh 1,11). Gott hat darauf geantwortet und das Volk für eine Zeit ganz an die Seite gestellt, d. h., sie hörten auf, als Nation überhaupt zu existieren. Der Herr Jesus selbst hatte angekündigt, dass Jerusalem erneut zerstört werden würde (Mt 24,2). Im Jahr 70 n. Chr. kamen die Römer unter Titus, dem Sohn Kaiser Vespasians, nach Jerusalem. Sie eroberten und zerstörten in schweren Straßenkämpfen die aufständische Stadt. Israel war schon vorher „Lo-Ammi“, doch weil sie den Messias gekreuzigt hatten, wurde die Stadt zerstört und Israel hörte als Nation schlichtweg auf zu existieren. Nahezu 1.900 Jahre gab es keinen Staat Israel mehr.
Das Land der Juden (Palästina) wurde nach der Tempelzerstörung durch Titus im Lauf der Zeit von unterschiedlichen Nationen besetzt. Vor der Staatsneugründung Israels 1948 war Palästina von 1516 bis zum Ende des ersten Weltkriegs der südliche Teil des Osmanischen Reiches. Arabische Beduinen und Bauern prägten das Gesicht des Landes. Um 1900 gab es in dem Land, das Gott Israel als Besitz versprochen hatte, etwa 500.000 Araber und nur ca. 60.000 Menschen jüdischer Abstammung. Die Sprache war überwiegend arabisch, die Kultur orientalisch und die Religion islamisch. Das Land war die Heimat der palästinensischen Araber.1
Dennoch hat Israel eine Zukunft (Röm 11,1-29). Gott hat das Volk nie aus den Augen verloren. In der Zukunft spielt es wieder eine entscheidende Rolle. Viele Völker haben im Lauf der Jahrhunderte versucht, das Volk Israel bzw. die Juden zu vernichten. Es ist ihnen nicht gelungen. Die Existenz des Volkes und des Staates Israels beweist nachdrücklich, wie wahr die Bibel ist. Gott sagt lange vorher, was passieren wird und es geschieht tatsächlich.
1896 weckte der Österreicher Theodor Herzl2 die Sehnsucht der Juden nach einem jüdischen Staat in ihrem Land. Jüdische Siedler kamen scharenweise nach Palästina. Anfang des 20. Jahrhunderts gab es erste jüdische Siedlungszentren. 1909 wurde die Stadt Tel Aviv gegründet. Weil die Juden in verschiedenen Ländern der Welt nicht gerne gesehen oder gar verfolgt wurden, sahen sie sich zunehmend veranlasst, in „ihr“ Land zurückzukommen und dort einzuwandern. 1936 gab es in Palästina etwa 950.000 Araber und bereits etwa 400.000 Juden.
Am 14. Mai 1948, kurz bevor die Sabbatruhe begann, wurde in einem Museum in Tel Aviv von eingewanderten jüdischen Siedlern der Staat Israel ausgerufen. Der Vorsitzende der Zionistischen Weltorganisation, David Ben Gurion 3 (1886–1973), verlas die Unabhängigkeitserklärung des neuen Staates Israel. Israel begann wieder zu existieren. Trotz größter Feindschaft von Seiten vieler islamischer Länder existiert der Staat Israel bis heute und wird bei der Erfüllung der biblischen Prophetie eine große Rolle spielen. Die Geschichte des Staates Israel seit 1948 ist eine sehr bewegte und von politischen und militärischen Auseinandersetzungen einerseits und von Friedensbemühungen andererseits gekennzeichnet4. Noch in der Gründungsnacht des Staates Israel erklärten die arabischen Nachbarn Israel den Krieg. Israel gewann diesen 15 Monate andauernden Unabhängigkeitskrieg gegen eine scheinbare Übermacht.
Es folgten jedoch weitere militärische Auseinandersetzungen. Dabei ging es fast immer um die zentrale Frage, wem das Land gehört. Israel erhob seinen Anspruch ebenso wie die arabischen Nachbarn. Zu den
weiteren Kriegen und militärischen Auseinandersetzungen zählen insbesondere:
a) Die Suezkrise im Jahr 1956
b) Der Sechstagekrieg im Jahr 1967
c) Der Jom-Kippur-Krieg im Jahr 1973
d) Der Libanonkrieg im Jahr 1982
e) Die erste Intifada (Aufstand) der arabischen Bevölkerung im Jahr 1987–1993
f) Die zweite Intifada im Jahr 2000–2007
g) Ein weiterer Libanonkrieg im Jahr 2006
h) Die Operation „Gegossenes Blei“ im Jahr 2008
Wenn wir heute von den prophetischen Ereignissen von „Israel“ sprechen, müssen wir – um es besser zu verstehen – drei Gruppen unterscheiden:
a) Die Juden, die bis jetzt in ihre Heimat gezogen sind und dort leben: Was sie getan haben, hat Gott zweifellos zugelassen und vorgesehen. Dennoch ist es weitgehend im Unglauben geschehen. Die Masse des jüdischen Volkes lehnt es ab, dass der historische Jesus ihr Messias sein soll. Was wir in den vergangenen Jahrzehnten erlebt haben und noch erleben, ist nichts anderes, als dass der „Feigenbaum“ ausschlägt, von dem der Herr Jesus gesprochen hat (Lk 21,29-31). Hier werfen zukünftige Ereignisse ihre Schatten deutlich voraus. Die ersten Verse von Jesaja 18 machen klar, dass andere Nationen außerhalb des Nahen Ostens geholfen haben, damit die Juden wieder in ihrem Land wohnen können.5 Gott wird jedoch bei alledem nicht erwähnt – obwohl Er natürlich hinter der Szene steht.
„Denn so hat der Herr zu mir gesprochen: Ich will still sein und will zuschauen in meiner Wohnstätte, wie heitere Wärme bei Sonnenschein, wie Taugewölk in der Ernteglut“ (Jes 18,4).
Hesekiel 37 zeigt sehr deutlich, dass es ein äußeres Werk ist – zunächst ohne echtes Leben. In Vers 4 lesen wir von verdorrten Gebeinen. Die toten Gebeine sind zusammengerückt. Sie sind mit Sehnen und Fleisch überzogen. Dennoch ist noch kein Leben darin. Das Volk an sich befindet sich im Unglauben. Über dieses Volk im Unglauben wird der Antichrist einmal seine Herrschaft ausüben. Wir können also mit Recht davon sprechen, dass Israel national wiederhergestellt ist. Das ist heute klar erkennbar. Der Feigenbaum ist ausgeschlagen. Es wird jedoch noch dauern, bis Israel auch geistlich wiederhergestellt ist. Dann wird der Feigenbaum nicht nur ausschlagen, sondern dann wird er zur Freude Gottes herrliche Früchte tragen. Davon spricht der Prophet Hesekiel ebenfalls. Die Totengebeine werden nicht nur zusammenrücken und mit Sehnen, Fleisch und Haut überzogen werden, sondern der Odem Gottes wird in sie gehaucht. So werden sie zum Leben erweckt (Hes 37,9-14). Das ist nichts anderes als die noch zukünftige geistliche Neugeburt.6
b) Der zum Glauben kommende Überrest der Juden: Es wird in der Zeit des Endes, das heißt nach der Entrückung, unter den Juden einige wenige geben, die wahrhaftig und innerlich überzeugt zu Gott umkehren. Jesaja 10,20-22 macht klar, dass dieser Überrest Gott vertrauen, umkehren und gerettet werden wird. Diejenigen, die diesen Überrest bilden, bekennen ihre Sünden und warten darauf, dass der Messias kommt, um sie zu befreien und das Reich zu gründen (Obad 1,17–21; Sach 9,10.11; 12,10). Sie werden unter dem Antichrist sehr zu leiden haben. Ihre inneren Nöte finden wir besonders in einigen Psalmen vorgestellt.
Es wird also in der Endzeit – nachdem die Gläubigen der Gnadenzeit entrückt worden sind – wiedergeborene Gläubige in Juda und an anderen Orten geben, die jedoch keine wiedergeborenen Christen sind. Das müssen wir gut auseinanderhalten. Alle wiedergeborenen Christen sind zu diesem Zeitpunkt bei ihrem Herrn im Himmel.7 Die Gläubigen, die dann auf der Erde leben, sind zunächst solche aus den Juden, die das Evangelium des Reiches angenommen haben. Dieses Evangelium beinhaltet, dass der König bald kommen wird, um die Feinde zu besiegen, den bedrängten Überrest zu befreien und sein Reich auf der Erde zu gründen. Um in dieses Reich eingehen zu können, muss man Buße tun (Mt 3,2; 4,17; Mk 1,15) und von neuem geboren sein (Joh 3,3).
Dieser glaubende Überrest geht nun in die Welt und verkündigt überall dieses Evangelium des Reiches (Mt 24,14). Dieses Evangelium ist deutlich von dem Evangelium der Gnade zu unterscheiden, das heute verkündet wird. Das Evangelium der Gnade vermittelt eine himmlische Hoffnung und Berufung. Das Evangelium des Reiches ist mit einem König auf der Erde verbunden. Es appelliert, Buße zu tun und umzukehren, weil der König sehr bald kommen wird (Mt 24,14). Die Menschen, die es hören, sollen ihre Sünden bekennen und sich von Herzen zu Gott bekehren. Nur so sind sie bereit, Christus als König anzunehmen, wenn Er die Herrschaft antreten wird.8 Dieses Evangelium wird sowohl den Juden als auch den Nationen verkündigt werden (Off 7,9-17). Viele werden es annehmen. Viele werden es jedoch ablehnen. Die Verkündiger dieses Evangeliums – manchmal als jüdische „Sendeboten“ bezeichnet – bringen in kurzer Zeit das zustande, was wir Christen nicht geschafft haben. Trotz – oder vielleicht gerade wegen – großer Drangsal erreichen sie in kurzer Zeit die ganze Welt (Mt 24,14). Wir können davon ausgehen, dass viele Menschen, die das Evangelium der Gnade heute nicht gehört haben, sich dann bekehren werden.9
Dieser gläubige Überrest wird in dieser ganzen letzten Zeit – besonders in der zweiten Hälfte der letzten Jahrwoche Daniels – enorm verfolgt werden (Off 12,17). In dieser Zeit gibt es viele Märtyrer, die getötet werden, weil sie glauben. Dadurch nehmen sie an der ersten Auferstehung teil. Darüber werden wir später mehr hören. Gott sorgt jedoch dafür, dass ein kleiner Teil dieses Überrests bewahrt bleibt. Er wird später in das Reich auf der Erde eingehen.
c) Das geeinte Volk Israel im kommenden Reich: Bisher haben wir ausschließlich von Juden gesprochen. In Zukunft wird es allerdings wieder ein geeintes Israel geben. Die zehn Stämme sind völlig von der Bildfläche verschwunden, seit sie in assyrische Gefangenschaft geraten sind (2. Kön 17,23-24). Doch Gott wird sie finden und am Ende der Zeit – wenn das Tausendjährige Reich gegründet wird – ebenfalls in ihr Land und in ihre Heimat zurückbringen. Die zerstreuten Israeliten aus den zehn Stämmen werden erst mit Beginn des Reiches von Gott gesucht, gefunden und zurückgebracht. So wird das Volk Israel endgültig gesammelt. Davon spricht Gott wiederholt im Alten Testament (z. B. Jes 14,1; Hes 20,34-38; 34,13; 37,21; Sach 10,6-12) und darauf warten die gläubigen Juden.
Der Antichrist
Das Haupt der Juden, die ohne zu glauben nach Palästina zurückgekehrt sind, wird zu einem gegebenen zukünftigen Zeitpunkt der Antichrist sein. Er ist eine schillernde – und zugleich vom Teufel besessene – Persönlichkeit. Über diesen Mann ist viel spekuliert worden. Manches ist über ihn geschrieben worden, das biblisch nicht begründbar ist. Viele Diktatoren der Welt sind zu Unrecht als „der Antichrist“ bezeichnet worden (wenngleich sie durchaus den einen oder anderen Charakterzug – oder sogar mehrere – dieses Menschen offenbart haben). Fakt ist jedenfalls, dass dieser Mann bisher nicht öffentlich erschienen ist und auch nicht erscheinen wird, bevor die Gläubigen durch Christus entrückt worden sind.
Was berichtet die Bibel über diesen Mann? Der Name Antichrist bezeichnet zunächst einmal einen Widersacher von Christus – und das in zweifacher Weise:
a) „Anti“ bedeutet erstens „gegen“. Der religiöse und politische Führer der Juden ist also gegen Christus. Er ist neben dem Teufel einer der besonderen Gegenspieler des Herrn Jesus.
b) „Anti“ kann zweitens „anstelle von“ bedeuten. In Johannes 5,43 sagt der Herr Jesus, dass man Ihn, der im Namen des Vaters gekommen war, ablehnte. Den, der in seinem eigenen Namen kommen würde – das ist der Antichrist –, wird man hingegen annehmen. Er ist ein falscher Christus.
Obwohl der Name „Antichrist“ in der Bibel nur fünfmal vorkommt (lediglich Johannes benutzt diesen Ausdruck in seinem ersten und zweiten Brief), ist diese relativ griffige Bezeichnung gut bekannt. Die Person an und für sich finden wir – unter anderen Bezeichnungen10 – allerdings sowohl im Alten wie im Neuen Testament häufiger. Es gibt keinen Zweifel, dass der Antichrist ein gebürtiger Jude ist. In Offenbarung 13,11 wird er vorgestellt als ein Tier, das aus der Erde kommt. Er steht damit im Gegensatz zu dem Tier aus dem Meer (Off 13,1). Das Meer weist auf das Völkermeer hin (z. B. Jes 17,12). Das Tier aus dem Meer – das werden wir später sehen – ist der kommende europäische (römische) Führer und Regent.11 Die Erde weist an dieser Stelle auf Israel hin. Noch deutlicher geht das aus Daniel 11,36.37 hervor. Dort wird gesagt, dass „der König“ nicht auf den Gott seiner Väter und auf die Sehnsucht der Frauen achten wird. Das weist ihn eindeutig als einen Juden aus12. Darauf deuten ebenso andere Namen hin, die dieser Mann trägt (z. B. der Prophet und Hirte).
Wir wollen den vollen Wortlaut aus Offenbarung 13,11-17 zitieren:
Und ich sah ein anderes Tier aus der Erde heraufsteigen: Und es hatte zwei Hörner gleich einem Lamm, und es redete wie ein Drache. Und die ganze Gewalt des ersten Tieres übt es vor ihm aus, und es bewirkt, dass die Erde und die, die auf ihr wohnen, das erste Tier anbeten, dessen Todeswunde geheilt wurde. Und es tut große Zeichen, so dass es sogar Feuer vom Himmel auf die Erde herabkommen lässt vor den Menschen; und es verführt die, die auf der Erde wohnen, wegen der Zeichen, die vor dem Tier zu tun ihm gegeben wurde, indem es die, die auf der Erde wohnen, auffordert, ein Bild dem Tier zu machen, das die Wunde des Schwertes hat und wieder lebendig wurde. Und es wurde ihm gegeben, dem Bild des Tieres Odem zu geben, damit das Bild des Tieres sogar redete und bewirkte, dass alle getötet wurden, die das Bild des Tieres nicht anbeteten. Und es bringt alle dahin, die Kleinen und die Großen, und die Reichen und die Armen, und die Freien und die Knechte, dass sie ein Malzeichen annehmen an ihre rechte Hand oder an ihre Stirn; und dass niemand kaufen oder verkaufen kann als nur der, der das Malzeichen hat, den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens.
Dieser Mann wird sehr mächtig sein. Die Hörner weisen auf Kraft und Stärke hin (Jer 48,25) und zeigen zugleich, wie arrogant er sein wird (Ps 75,4-5). Er ist ein Meister der Verführung und man wird ihm glauben. Wer ihm nicht folgt, muss damit rechnen, getötet zu werden. Wenn wir die verschiedenen Stellen vergleichen, in denen er vorgestellt wird, und die Namen, unter denen er auftritt, erkennen wir, dass er einen zweifachen Charakter hat:
a) Sein religiöser Charakter: Der Antichrist leugnet erstens, dass Jesus der Christus (der Messias, der Gesalbte13) ist (1. Joh 2,22a), wie es alle ungläubigen Juden tun. Er leugnet zweitens den Vater und den Sohn und damit ein wesentliches Fundament des christlichen Glaubens: die Offenbarung des Vaters im Sohn und durch den Sohn (1. Joh 2,22b). Stattdessen wird er in seinem Herrschaftsbereich eine okkulte Religion etablieren. Er wird sich in den Tempel Gottes setzen und sich und den europäischen Herrscher als Gott verehren lassen. Er wird ein Götzenbild aufstellen, das man anbeten muss (Dan 12,11; Mt 24,15; Off 13,13 ff.). An anderer Stelle wird er der „falsche Prophet“ genannt (Off 16,13). Er redet nicht die Worte Gottes, sondern kommt mit einer eigenen und satanischen Botschaft. Er ist gleichzeitig der törichte und nichtige Hirte (Sach 11,15.17). Er gleicht äußerlich einem Lamm, aber redet wie ein Drache (Off 13,11). Das zeigt, dass er Christus imitiert (das Lamm) und gleichzeitig mit dem Drachen (dem Teufel) verbunden ist.
b) Sein politischer Charakter: Der religiöse Einfluss des Antichristen wird dominant sein. Dennoch tritt er ebenso politisch auf – und zwar eng mit dem europäischen Herrscher verbunden. Er ist der Regent (König) der Juden (Jes 30,33; 57,9; Dan 11,36) und bindet sich dabei ganz eng an den Führer in Europa. Beide werden einen Vertrag (Bund) miteinander schließen (Dan 9,27; Jes 28,15). Dieser Vertrag soll die Juden und ihren Führer (den Antichristen) vor den Feinden Israels im Nahen Osten schützen (besonders vor dem König des Nordens, über den wir noch nachdenken werden).
Daniel 11,36-39 gibt uns ebenfalls eine relativ ausführliche Beschreibung dieses Mannes. Sie deckt sich in vielen Einzelheiten auf erstaunliche Weise mit dem, was uns Offenbarung 13,11-17 sagt. Er ist extrem arrogant und überheblich. „Er wird sich erheben … über jeden Gott“ (Dan 11,36).
In 2. Thessalonicher 2,3-8 wird er ebenfalls beschrieben. Dort lernen wir weitere Einzelheiten über seinen wahren Charakter kennen. Er offenbart sich besonders dann, wenn der Satan aus dem Himmel geworfen worden ist (Off 12,9). Er wird genannt:
■ der Mensch der Sünde: Er ist wie eine „Inkarnation des Bösen“. In ihm zeigt sich, wie sich das Böse vollkommen offenbart.
■ der Sohn des Verderbens: Er ist völlig von Sünde und vom Verderben gekennzeichnet und wird die Ewigkeit in der Hölle zubringen (Off 19,20; 20,10).
■ der Gesetzlose: Er ist so böse, dass er sich nichts und niemand unterwirft. Er erkennt keinerlei Autorität über sich an.
Wann wird dieser Mann auftreten? Darüber ist viel spekuliert worden. Niemand weiß es genau. Es ist müßig, darüber nachzudenken, ob diese Person heute schon lebt oder nicht. Tatsache ist erstens, dass der Antichrist noch nicht offenbart ist (2. Thes 2,3).14 Tatsache ist zweitens, dass er erst offenbart werden wird, wenn die Gläubigen der Gnadenzeit (in der wir jetzt leben) von der Erde in den Himmel entrückt sind. 2. Thessalonicher 2,6-7 spricht von etwas, das zurückhält, und von jemand, der zurückhält, bevor der Antichrist offenbart wird und sich so zeigt, wie er wirklich ist. Das, was zurückhält, sind die Gläubigen der Gnadenzeit, die jetzt noch auf der Erde sind. Der, welcher zurückhält, ist der Heilige Geist, der solange auf der Erde bleibt, wie sich die Gläubigen der Gnadenzeit noch hier auf der Erde befinden.
Es wird immer wieder gemutmaßt, dass der Antichrist einmal die ganze Welt beherrschen wird. Doch wenn wir das prophetische Wort aufmerksam lesen, stellen wir fest, dass das nicht stimmen kann. Sein politischer Herrschaftsbereich ist auf das Volk Israel und auf das Land Palästina beschränkt. Dort übt er die Macht des europäischen Tieres aus. Sein religiöser Einflussbereich geht allerdings weiter. Durch die Macht des Teufels wirkt er große Wunder und zwingt die Menschen in Europa (und vielleicht zum Teil darüber hinaus), den europäischen (römischen) Herrscher und Diktator anzubeten. Dieser Mann wird uns nun als Nächstes beschäftigen.
4. Das wieder erstandene Römische Reich und sein Haupt (Europa)
Mit der Wegführung Judas wegen seines Götzendienstes nach Babel begannen die „Zeiten der Nationen“ (Lk 21,24). Gott hat sich – was seine Regierung und seinen Thron betrifft – sozusagen in den Himmel zurückgezogen. Die Bücher Daniel, Esra und Nehemia nennen Ihn wiederholt den „Gott des Himmels“ (zum ersten Mal in Daniel 2,18).15 In seiner Vorsehung lenkt Er vom Himmel aus die Geschehnisse auf der Erde indirekt, während Er die unmittelbare Verantwortung den Königen der Weltreiche übergeben hat. Sie sind Ihm für das, was sie tun und lassen, verantwortlich. Es handelt sich bei diesen Weltreichen in ihrer zeitlichen Reihenfolge um:
1. das Babylonische Reich (609–538 v. Chr.)
2. das Medo-Persische Reich (538–333 v. Chr.)
3. das Griechische Reich (333–168 v. Chr.)
4. das Weströmische Reich (168 v. Chr.–476 n. Chr.)16
In Daniel 2 träumt Nebukadnezar. Er sieht die vier Reiche in der Gestalt eines Menschen. In Daniel 7 hat Daniel einen Traum, in dem er dieselben vier Reiche wie Nebukadnezar sieht, allerdings wie Tiere – d. h. so, wie sie wirklich innerlich sind. Die Weltreiche haben entweder die Juden in der Zeit der Nationen beherrscht – als Israel nicht mehr offiziell das von Gott anerkannte Volk war – oder waren ihnen feindlich gesonnen. Das letzte dieser vier Weltreiche aus der Zeit der Nationen ist das Römische Reich. Es bestand, als der Herr Jesus auf der Erde lebte, also vor ca. 2000 Jahren. Er wurde von einem römischen Richter zum Tod verurteilt und es waren Römer, die das Urteil letztlich vollstreckten, wiewohl die Juden natürlich die Drahtzieher im Hintergrund waren (Apg 4,27).
Über das Römische Reich teilt uns Offenbarung 17,8 etwas mit, das auf den ersten Blick seltsam erscheint. Wir lesen, dass es war (Vergangenheit), nicht ist (Gegenwart) und wieder sein wird (Zukunft). Wir lesen weiter von einer geheilten Todeswunde (Off 13,3.12). Tatsächlich hat das Weströmische Reich im Jahr 476 n. Chr. aufgehört zu existieren17. Der letzte römische Kaiser war Romulus Augustulus, der im Jahr 476 n. Chr. entthront wurde. Dieses Reich wird jedoch in dem prophetischen Kalender Gottes in der Zukunft eine nicht unerhebliche Rolle spielen. Aus Daniel 2,32-45 erkennen wir, dass es in der Zukunft anders erscheinen wird als in der Vergangenheit. Es wird ein „Zehn-Mächte-Reich“ sein (vgl. auch Off 12,3; 13,1; 17,3.7.12.16). Das ist es vorher so nie gewesen und lässt sich – allen Versuchen zum Trotz – historisch auch nicht belegen.
Die vier Weltreiche haben also mit Nebukadnezar und dem Babylonischen Reich begonnen. Obwohl sie als politische Mächte lange nicht mehr existieren, ist ihre Geschichte noch nicht zu Ende gekommen. Am Ende wird das Römische Weltreich wiederhergestellt werden. Die Zeiten der Nationen enden erst mit Beginn des Tausendjährigen Reiches. In Daniel 2,34-35 wird ausdrücklich von dem Ende der Zeiten gesprochen. Dann wird sich ein Stein losreißen und das Bild, das Nebukadnezar sah (die Weltreiche), zerstören. Dieser Stein weist typologisch auf Christus hin. Sein Kommen beendet jede Regierung und Herrschaft der Nationen auf der Erde, denn Er wird sein eigenes Reich aufrichten. Viele Aussagen der Prophetie machen klar, dass am Ende der Zeiten das Römische Reich wieder da sein muss. Das ist keine spekulative Schlussfolgerung, sondern folgt dem, was die Bibel darüber sagt.
Da, wo einmal das Weströmische Reich war, wird wieder ein Reich entstehen. Was ist das für ein Reich? Es gibt keinen Zweifel, dass es sich um das vereinte Europa18 handelt. Hier erkennen wir erneut bereits heute deutlich die Schatten der zukünftigen Ereignisse. Wir lassen es offen, um welche Länder Europas es sich genau handelt. Während der Zeit des Kalten Krieges (1945–1990) haben fast alle Ausleger die osteuropäischen Länder eindeutig auf der Seite Russlands (damals der Sowjetunion) gesehen. Heute sind sie zu einem nicht unerheblichen Teil Mitglieder der EU. Das mahnt uns dazu, vorsichtig zu sein und keine schnellen Rückschlüsse zu ziehen. Wie sich die EU weiter entwickeln wird, ist völlig offen. Jedenfalls wird in Europa eine Macht und Einheit existieren, die im Kern aus den alten Nationen besteht, die früher das Römische Reich bildeten. Am 25. März 1957 wurden die römischen (!) Verträge von den Ländern Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden in Rom (!) unterzeichnet. Damit begann Europa endgültig zusammenzuwachsen. Diese Verträge waren die Grundlage dafür, dass wenig später die Europäische Gemeinschaft (1965) und einige Jahrzehnte später die Europäische Union gegründet wurde (1992).
In der Endzeit werden sich jedenfalls die Staaten Europas freiwillig zu einer Allianz zusammengeschlossen haben. Sie geben ihre Macht in die Hände eines einzigen Mannes, der die politische Führung übernimmt. Das ist „das Tier aus dem Meer“, von dem wir in Offenbarung 13,1 lesen19. Wir wollen den Text aus Offenbarung 13,1-8 in vollem Umfang zitieren:
Und ich sah aus dem Meer ein Tier heraufsteigen, das zehn Hörner und sieben Köpfe hatte, und auf seinen Hörnern zehn Diademe, und auf seinen Köpfen Namen der Lästerung. Und das Tier, das ich sah, war gleich einem Leoparden, und seine Füße waren wie die eines Bären, und sein Maul war wie das Maul eines Löwen. Und der Drache gab ihm seine Macht und seinen Thron und große Gewalt. Und ich sah einen von seinen Köpfen wie zum Tod geschlachtet. Und seine Todeswunde wurde geheilt, und die ganze Erde verwunderte sich über das Tier. Und sie beteten den Drachen an, weil er dem Tier die Gewalt gab, und sie beteten das Tier an und sagten: Wer ist dem Tier gleich? Und wer vermag mit ihm zu kämpfen? Und ihm wurde ein Mund gegeben, der große Dinge und Lästerungen redete; und ihm wurde Gewalt gegeben, 42 Monate zu wirken. Und es öffnete seinen Mund zu Lästerungen gegen Gott, seinen Namen zu lästern und seine Hütte und die, die ihre Hütte in dem Himmel haben. Und ihm wurde gegeben, mit den Heiligen Krieg zu führen und sie zu überwinden; und ihm wurde Gewalt gegeben über jeden Stamm und jedes Volk und jede Sprache und jede Nation. Und alle, die auf der Erde wohnen, werden es anbeten, jeder, dessen Name nicht geschrieben ist in dem Buch des Lebens des geschlachteten Lammes von Grundlegung der Welt an.
Das Tier, das hier beschrieben wird, symbolisiert einerseits ein Reich und zugleich den Herrscher dieses Reiches. Reich und Person sind untrennbar miteinander verbunden.20
Aus diesem Text lernen wir Folgendes über das kommende europäische Reich und über seinen Führer:
■ Das Reich bestand früher schon einmal in ähnlicher Form und ist untergegangen. Deshalb heißt es: „Wie zum Tod geschlachtet“. Seine Todeswunde wird allerdings geheilt. Das römische Reich hat eine Vergangenheit, zugleich wird es eine Zukunft haben. Die Zukunft des römischen Reiches ist identisch mit der Zukunft Europas.
■ Das kommende europäische Reich entsteht aus aufgewühlten und schwierigen politischen Verhältnissen (vielleicht aus der Gefahr vor Anarchie und Revolution). Es kommt aus dem Meer, ein Symbol für aufgewühlte Völker. Es ist ein Staatenbund aus verschiedenen Ländern (politischen Einheiten). Davon sprechen die zehn Hörner.21 Die sieben Köpfe hingegen könnten darauf hinweisen, dass der Herrscher dieses Staatenbundes überaus intelligent ist22.
■ Das Reich und sein Herrscher vereinigen in sich alle Grausamkeiten früherer Weltherrscher. Deshalb wird von der Gestalt des Leoparden, den Füßen des Löwen und dem Maul des Bären gesprochen (vgl. Dan 7,3-8). Der Leopard symbolisiert das Griechische Reich. Die Bärentatzen erinnern an das Persische Reich und der Löwenrachen an das Babylonische Reich. Von einem solchen Reich und einem solchen Herrscher können wir nichts anderes erwarten, als dass das Böse uneingeschränkt begünstigt wird.
■ Der Ursprung der Macht ist satanisch. Das römische Reich in seiner letzten Form ist das direkte Werk Satans. Es steigt aus dem Abgrund herauf
(Off 17,8). Der europäische Weltherrscher wird direkt satanisch inspiriert sein. Gemeinsam mit dem Antichristen bilden sie eine satanische Dreiheit23. Gemeinsam lästern sie Gott und die Himmelsbewohner. Sie werden ihre geistigen Fähigkeiten und okkulten Kräfte dazu einsetzen, Gott zu lästern und den Abfall voranzutreiben. Alles, was sich ihnen dabei entgegenstellt, wird brutal beseitigt.
■ Der kommende europäische Führer wird besonders in den letzten 3½ Jahren seiner Regierungszeit aktiv sein (42 Monate). Das ist die zweite Hälfte der „Stunde der Versuchung“, die über den ganzen Erdkreis kommen wird (Off 3,10). In dieser Zeit werden die Gläubigen – also diejenigen, die das Evangelium des Reiches angenommen haben – grausam verfolgt werden. Es ist völlig klar, dass dieser Mann jeden bekämpfen wird, der es noch irgendwie wagen wird, den Gott des Himmels zu ehren.
■ Das Reich selbst ist in Europa. Der Einfluss des Reiches und seines Herrschers erstreckt sich jedoch darüber hinaus. Schon heute erkennen wir die wachsende Bedeutung Europas – sowohl wirtschaftlich wie politisch. Das ist ein weiterer Schatten, der sichtbar wird. Die militärische Dominanz wird zweifellos noch zunehmen. Der Führer dieses Reiches begegnet uns noch an anderen Stellen der Bibel. Es fällt nicht schwer, Parallelen zu dem zu finden, was in Offenbarung 13 beschrieben wird. Bemerkenswert ist der bereits angeführte Text aus Daniel 7,7-8:
Nach diesem schaute ich in Gesichten der Nacht: Und siehe, ein viertes Tier, schrecklich und furchtbar und sehr stark, und es hatte große, eiserne Zähne; es fraß und zermalmte, und das Übriggebliebene zertrat es mit seinen Füßen; und es war verschieden von allen Tieren, die vor ihm gewesen waren, und es hatte zehn Hörner. Während ich auf die Hörner achtgab, siehe, da stieg ein anderes, kleines Horn zwischen ihnen empor, und drei von den ersten Hörnern wurden vor ihm ausgerissen; und siehe, an diesem Horn waren Augen wie Menschenaugen und ein Mund, der große Dinge redete.
Hier sehen wir sehr deutlich, wie das kommende römische Reich (Europa) endgültig aussehen wird. Es besteht aus zehn Königen, dargestellt in den zehn Hörnern. Dann kommt ein weiteres Horn dazu. Das ist der römische Herrscher. Es wird zunächst ein kleines Horn genannt. Das könnte andeuten, dass seine Macht anfangs unterschätzt werden wird. Dieses kleine Horn wird jedoch drei Herrscher unterdrücken und dann selbst die höchste Instanz und der letzte Diktator Europas sein. Dieser Herrscher vereinigt und kontrolliert in seiner Person die gesamte Regierung Europas. Seine Macht ist nicht nur politisch und militärisch, sondern auch religiös (Dan 9,27) und wirtschaftlich (Off 13,16.17). Er übt die vollständige Kontrolle über das Leben und den Handel aller in seinem Herrschaftsgebiet lebenden Menschen aus.
Die Macht dieses Herrschers ist allerdings ebenso begrenzt wie die aller seiner Vorgänger. Die Bibel lässt keinen Zweifel an dem ewigen Schicksal dieses grausamen Despoten. Gemeinsam mit dem Antichristen wird er lebendig in den Feuersee geworfen werden (Off 19,20).
5. Die abgefallene Christenheit
Die abgefallene Christenheit wird in der Endzeit ebenso eine gewisse – allerdings zeitlich begrenzte – Rolle spielen. Wir sahen schon, dass Gott in der Zeit der Gnade – das ist die Zeit, in der wir jetzt leben – seine Versammlung (Gemeinde) gebildet hat. Sie besteht aus ehemaligen Heiden und Juden. Ihre Hoffnung ist himmlisch. Wenn wir sie nach dem ewigen Ratschluss Gottes besehen, hat sie mit der Prophetie im engeren Sinn nicht direkt etwas zu tun. Wenn wir die Offenbarung lesen, erkennen wir deshalb unmittelbar, dass uns die Versammlung (Gemeinde) hier ganz anders vorgestellt wird als in den Briefen des Apostels Paulus. Sie ist in der Offenbarung ein Zeugnis auf der Erde. Deshalb finden wir in Kapitel 2 und 3 das Bild eines Leuchters. Unter diesem Blickwinkel können wir die Versammlung (Gemeinde) in etwa mit der
Christenheit gleichsetzen. Darin gibt es heute Echtes und Unechtes – Menschen, die Leben aus Gott haben, und solche, die kein Leben aus Gott haben. Paulus nennt die Christenheit in 2. Timotheus 2,20 ein großes Haus und spricht im nächsten Kapitel von Menschen, die nur noch eine „Form der Gottseligkeit“ haben (2. Tim 3,5). Von der letzten Versammlung (Gemeinde), die in Offenbarung 3 erwähnt wird – es handelt sich um Laodizea – sagt der Herr selbst, dass sie weder warm noch kalt, sondern lau ist und er sie deshalb aus seinem Mund ausspeien wird (Off 3,15.16). Das kann unmöglich von echten Gläubigen gesagt werden.
Das Christentum hat hier auf der Erde in der Geschichte der Welt eine wichtige Rolle gespielt. Es hat über viele Jahrhunderte das Leben der Menschen in Europa und darüber hinaus geprägt.24 Deshalb hat die Christenheit als verantwortliches Zeugnis für Gott durchaus einen Platz in der biblischen Weissagung. Das finden wir z.B. in Offenbarung 2 und 3. Dieses Zeugnis war nur für eine Zeitlang wirklich und echt. Es kommt der Zeitpunkt, wo die wahren Gläubigen der Gnadenzeit in den Himmel aufgenommen werden. Eine falsche Namenschristenheit, in der es kein wirkliches Leben aus Gott mehr gibt, wird dann hier auf der Erde zurückbleiben.
Nachdem die wahren Gläubigen entrückt sind, gibt es zunächst noch Menschen auf der Erde, die sich sehr wahrscheinlich weiterhin Christen nennen. Sie besitzen aber kein Leben aus Gott. Sie werden uns in der Offenbarung im Bild einer Stadt gezeigt. Es ist Babylon, das gleichzeitig als Hure bezeichnet wird (Off 14,8; 16,19; 17,5; 18,2.10.21). Babylon deutet nicht nur auf Verwirrung hin (1. Mo 11,9), sondern steht besonders für die Einführung des Götzendienstes, der geistlichen Hurerei (Off 17,5). In dem, was Babylon symbolisiert, finden sich die Charakterzüge der in Offenbarung 2 und 3 genannten Versammlungen (Gemeinden) von Thyatira, Sardes und Laodizea wieder.25 Diese „Kirche“ ist offensichtlich eine (ökumenische) Einheitskirche mit Sitz in Rom, der Stadt mit den sieben Hügeln (Off 17,9.18). Ihre Macht wird größer sein, als es je die Macht einer großen Kirche vorher gewesen ist. Doch ihr Einfluss – so groß er sein wird – wird nicht dauerhaft bestehen.
Der Charakter und das Schicksal von Babylon werden in Offenbarung 17 und 18 ausführlich beschrieben. Wir zitieren Kapitel 17,1–7.16:
Und es kam einer von den sieben Engeln, die die sieben Schalen hatten, und redete mit mir und sprach: Komm her, ich will dir das Urteil über die große Hure zeigen, die auf den vielen Wassern sitzt, mit der die Könige der Erde Hurerei getrieben haben; und die, die auf der Erde wohnen, sind trunken geworden von dem Wein ihrer Hurerei. Und er führte mich im Geist weg in eine Wüste; und ich sah eine Frau auf einem scharlachroten Tier sitzen, voller Namen der Lästerung, das sieben Köpfe und zehn Hörner hatte. Und die Frau war bekleidet mit Purpur und Scharlach und übergoldet mit Gold und wertvollem Stein und Perlen, und sie hatte einen goldenen Becher in ihrer Hand, voll von Gräueln und den Unreinheiten ihrer Hurerei; und an ihrer Stirn hatte sie einen Namen geschrieben: Geheimnis, Babylon, die große, die Mutter der Huren und der Gräuel der Erde. Und ich sah die Frau trunken von dem Blut der Heiligen und von dem Blut der Zeugen Jesu. Und ich verwunderte mich, als ich sie sah, mit großer Verwunderung. Und der Engel sprach zu mir: Warum verwundertest du dich? Ich will dir das Geheimnis der Frau sagen und des Tieres, das sie trägt, das die sieben Köpfe und die zehn Hörner hat … Und die zehn Hörner, die du sahst, und das Tier, diese werden die Hure hassen und werden sie öde und nackt machen und werden ihr Fleisch fressen und sie mit Feuer verbrennen.
Zweifellos haben wir hier die falsche Braut vor uns. Deshalb wird sie eine Hure genannt. Sie ist sogar die „Mutter aller Huren“. Sie ist irdisch und verdorben in ihrem Ursprung, ihren Verbindungen und ihrem Charakter. Sie steht völlig konträr zu der wahren Braut Christi (seiner Versammlung/Gemeinde), die himmlisch ist. Hier ist keine Rede von feiner Leinwand, glänzend und rein (Off 19,8). Diese Kirche der Endzeit ist sozusagen das satanische Gegenstück zur Braut Christi. Sie versucht diese Welt zu beeinflussen und zu dominieren – völlig konträr zu der Versammlung (Gemeinde) Gottes, die dem Christus unterworfen ist (Eph 5,24). Sie ist trunken von dem Blut der Heiligen und Zeugen Jesu. Anstatt in der Welt zu leuchten und von der Gerechtigkeit und Liebe Gottes zu reden, hat sie diejenigen verfolgt, die das getan haben. Sie ist eng mit der Welt verbunden und verwoben. Weltlichkeit und Prunk kennzeichnen diese falsche Kirche. Durch ihren Reichtum und Luxus werden Nationen und Könige berauscht.
Die enge Verbindung dieser falschen Kirche zu dem politischen Rom (Europa) ist nicht zu leugnen. In Vers 3 sehen wir die Hure auf einem scharlachroten Tier sitzen, voll Namen der Lästerung, das sieben Köpfe und zehn Hörner hatte. Wir erkennen darin unschwer das vereinte Europa, das von dem Tier aus dem Meer (dem europäischen Herrscher) angeführt wird. Offensichtlich wird die falsche Kirche anfangs die politischen Machthaber und besonders den römischen Herrscher stark beeinflussen. Schließlich wird sie jedoch eben durch diese politischen Mächte zu einem furchtbaren Ende kommen. Die scheinbare „Liebe“ verwandelt sich plötzlich in tödlichen Hass. Die politischen Mächte in Europa, mit denen sie kollaboriert hat, und besonders das politische Oberhaupt, werden sich auf einmal gegen sie wenden. Das wird ausführlich in Offenbarung 18 beschrieben. Doch letztlich ist es Gott, der hinter diesem Gericht steht. „Darum werden ihre Plagen an einem Tag kommen: Tod und Trauer und Hungersnot, und mit Feuer wird sie verbrannt werden; denn stark ist der Herr, Gott, der sie gerichtet hat“ (Off 18,8). Der Himmel wird sich über dieses Gericht freuen (Off 19,1-3).
6. Assyrien und der König des Nordens
Wir kommen nun zu einem ganz anderen „Akteur“ der Endzeit – zu einem der alten Erzfeinde des Volkes Israel. Schon in der Zeit, in der Israel noch das anerkannte Volk Gottes war und der Thron Gottes in Jerusalem stand, waren die Assyrer (oder: Assur) dem Volk feindlich gesonnen. Wenn Israel in der Endzeit gesehen wird, wird dieser alte Feind wieder aktiv werden. Viele Stellen in den prophetischen Büchern sprechen davon, besonders im ersten Teil des Propheten Jesaja (z. B. Jes 7,18; 8,7; 10,5.24; 30,31; 31,8).
In den ersten Büchern der Bibel begegnen wir den Assyrern nur relativ selten. Als Landbezeichnung finden wir sie zweimal in 1. Mose erwähnt (Kap. 2,14; 25,18). Die alte Hauptstadt Babel wird ebenfalls erwähnt (1. Mo 10,10; 11,9). Assur wird in 4. Mose 24,22.24 prophetisch erwähnt. Sehr häufig werden die Assyrer dann in der Geschichte der Könige Israels erwähnt. Gott benutzte dieses Volk, um sein abtrünniges Volk zu züchtigen und zu strafen (Jes 10,5). In 2. Könige 17 lesen wir, wie Salmaneser (oder Salmanassar), der König von Assyrien, im Jahr 727 v. Chr. gegen die zehn Stämme und ihre Hauptstadt Samaria zog und das Volk gefangen nahm. Dieses Ereignis war in den prophetischen Schriften als Gericht vorausgesagt worden. Besonders Jesaja, aber auch andere Propheten, wie z. B. Nahum, sprechen häufig von dem Assyrer als Feind Israels. Ihre Prophezeiungen haben sich teilweise bereits (vor)erfüllt. In der Endzeit werden sie sich vollständig erfüllen. Dann werden besonders Juda und Benjamin – die damals vor der Eroberung durch die Assyrer von Gott bewahrt blieben – die Macht und Gewalt dieses Feindes besonders zu spüren bekommen.26
Das ursprüngliche Assyrische Reich existierte über einen Zeitraum von ca. 1000 Jahren, vom 17. Jahrhundert v. Chr. bis zu seiner Vernichtung etwa 612 v. Chr.
Man unterscheidet in der Geschichte drei Zeitperioden: das Altassyrische Reich, das Mittelassyrische Reich und das Neuassyrische Reich. Das Neuassyrische Reich (von ca. 750–612 v. Chr.) gilt allgemein als das erste Großreich der Weltgeschichte. Es umfasste in seiner größten Ausdehnung u. a. die heute bekannten Länder Syrien, Irak, Iran, Jordanien, Libanon sowie Teile von Israel, Ägypten und der Türkei. Eine der Hauptstädte des Reiches war Ninive, die Stadt, in die der Prophet Jona gesandt wurde. In die Zeit des Neuassyrischen Reiches fällt der Sieg über die zehn Stämme durch König Salmanassar V.
Doch dieses Reich fand sein Ende. Im Jahr 612 v. Chr. besiegte ein Heer aus Medern und Babyloniern Ninive und zerstörte die Stadt komplett. König der Babylonier war zu diesem Zeitpunkt Nabopolassar, der Vater von Nebukadnezar. Der letzte Assyrerkönig starb 609 v. Chr. Damit war das ursprüngliche Assyrische Reich zu einem endgültigen Ende gekommen. Nabopolassar und vor allem sein Sohn Nebukadnezar errichteten das Neubabylonische Großreich, das erste der vier Weltreiche aus dem Buch Daniel.
Im Buch Daniel finden wir das Assyrische Reich nicht als eines der vier Weltreiche. Das mag zunächst verwundern, denn faktisch war es natürlich ein Weltreich. Die Ursache dafür ist jedoch schnell gefunden. Es handelt sich nicht um einen historischen Fehler in der Bibel. Gott schreibt die Geschichte anders, als wir Menschen es tun. Assyrien wird deshalb im Buch Daniel nicht als eines der Weltreiche erwähnt, weil Daniel die „Zeiten der Nationen“ beschreibt. Das ist die Zeit, in der Israel nicht mehr das anerkannte Volk Gottes ist und der Thron Gottes nicht mehr in Jerusalem steht. Diese Zeit begann erst mit Nebukadnezar und nicht schon vorher mit Assyrien.
Im Buch Daniel finden wir den Assyrer als Feind Israels dennoch wieder, allerdings unter einer anderen Bezeichnung. Es wird dort mehrfach vom „König des Nordens“ gesprochen (Dan 11,6.8.11.13.15.40). In Daniel 11 lernen wir, dass der König des Nordens bei Daniel aus einem der vier Diadochenreiche Alexanders des Großen (das ist das griechische Weltreich) hervorgegangen ist.27 Das Gebiet dieses Reiches beinhaltete Teile des ehemaligen Assyrischen Reiches, war allerdings deutlich kleiner. Es umfasste u. a. in etwa das Gebiet des heutigen Syriens, während das ursprüngliche Assyrische Reich deutlich größer war. Daniel 11 berichtet im ersten Teil über die permanenten Konflikte zwischen dem König des Nordens (Syrien) und dem König des Südens (Ägypten), die schlussendlich beide von den Römern besiegt wurden. Der letzte Herrscher des historischen Syrischen Reiches war Philipp II. Er regierte von 69. v. Chr. bis 63 v. Chr., und zwar nur deshalb, weil die Römer es gestatteten. Dabei müssen wir bedenken, dass Daniel und die Offenbarung (sowie der erste Teil von Sacharja) die wesentlichen prophetischen Bücher sind, in denen die Zeit behandelt wird, in der Israel nicht mehr das anerkannte Volk Gottes ist – also die Zeit der Nationen und der Weltreiche. Wenn wir in diesen Büchern über den „König des Nordens“ lesen, so ist diese Macht nicht identisch mit dem ursprünglichen und historischen assyrischen Reich, das im Jahr 612 v. Chr. endgültig und für immer aufhörte zu existieren. Dennoch wird sich in dem Ableger aus dem griechischen Reich prophetisch endgültig das erfüllen, was in den Weissagungen anderer Propheten – vor allem Jesaja – über das ursprüngliche Assyrien vorausgesagt war. Es ist der alte Feind Israels aus dem Norden. In Joel 2,20 wird dieser Feind ausdrücklich „der von Norden Kommende“ genannt. Ganz deutlich wird diese Parallelität zwischen dem, was prophetisch über den Assyrer und den König des Nordens gesagt wird, wenn wir die Stellen vergleichen, die über den Angriff der Assyrer bzw. des Königs des Nordens (vgl. Daniel 11,40 mit Jesaja 28) und die über das Ende dieser Macht sprechen (vgl. Dan 11,45 mit Jes 14,25).28 Wir kommen darauf später zurück. Hinzu kommt, dass die Feindschaft des Königs des Nordens gegen die Juden in der Endzeit einen ähnlichen Charakter haben wird wie die Feindschaft des alten Assyrien gegen Israel. Daniel 8 beschreibt uns den König des Nordens relativ ausführlich. Er wird dort als ein kleines Horn vorgestellt (V. 9), das ausnehmend groß wurde. Dort lernen wir zugleich etwas darüber, wie der politische Führer dieser Nation geartet ist. Er wird vorgestellt als ein König frechen Angesichts und ränkekundig. Dieser Mann wird also sehr schlau sein und politisch klug agieren. Dadurch wird er viele verführen.29
Doch Daniel 8 macht noch etwas deutlich. In Vers 24 lesen wir: „Und seine Macht wird stark sein, aber nicht durch seine eigene Macht; und er wird erstaunliches Verderben anrichten und Gelingen haben und handeln; und er wird Starke und das Volk der Heiligen verderben.“ Der König des Nordens wird also sehr mächtig sein, und doch wird seine Macht nicht aus ihm selbst kommen. Es gibt eine Macht von außen, auf die er sich stützen wird. Wer ist diese Macht? Die Frage ist einerseits nicht ganz einfach zu beantworten. Andererseits hilft uns die Bibel selbst dabei, die Lösung zu finden. Bibelausleger haben richtigerweise darauf hingewiesen, dass es im äußersten Norden (also noch nördlich des Königs des Nordens) eine Macht geben wird, der wir in Hesekiel 38 und 39 begegnen. Von dieser Macht – es handelt sich um Gog und Magog – lesen wir in Hesekiel 38,15 ausdrücklich, dass sie vom äußersten Norden kommt (also sozusagen nördlich vom Norden).30 Die Schlussfolgerung liegt nahe, dass es sich um die russische Macht handelt. Eine Landkarte zeigt, dass der äußerste Norden – über Syrien und das alte Assyrische Reich hinaus – das riesige Russische Reich ist. In Hesekiel 38,2 ist von dem Fürsten von Rosch die Rede. Es ist sehr gut möglich, dass damit Russland gemeint ist.
Dieser Gedanke wird dadurch unterstützt, dass in Hesekiel 38,17 von Gog – dem Haupt dieses Reiches – gesagt wird, Gott habe schon früher durch die Propheten geweissagt, dass Er ihn gegen Israel schicken würde. In den prophetischen Büchern lesen wir jedoch weder etwas über Gog noch über Russland, wohl aber über Assyrien, die Zuchtrute Gottes für sein Volk. Dieses Problem löst sich, wenn wir schlussfolgern, dass dieser Gog der Endzeit ebenfalls mit dem alten Assyrischen Reich identifiziert wird. Die Weissagungen über Assyrien erfüllen sich also einerseits in dem König des Nordens (Syrien plus Alliierte) und andererseits in der Macht im äußersten Norden, Gog und Magog (also Russland). Beide werden tatsächlich in der Endzeit Palästina und vor allem Jerusalem angreifen.
Wir schlussfolgern, dass wir die assyrische Macht in der Endzeit in zwei Formen finden. Zuerst ist es ein Feind in unmittelbarer Nähe von Israel. Das ist der König des Nordens. Es handelt sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Syrien und die mit ihm verbündet sind (Ps 83,1-9)31. Dahinter steckt die große Macht Russlands, die ebenfalls mit dem Assyrer identifiziert werden kann. Beide Feinde tragen die Charakterzüge des Assyrers, des alten Feindes des Volkes Israel.
Ein Blick in die aktuelle politische Lage lässt uns drei Dinge schnell erkennen:
■ Erstens: Syrien und Russland sind traditionell gut miteinander vernetzt, wobei Russland in dieser Beziehung eindeutig dominant ist. Russland ist bereits heute Waffenlieferant an Syrien und andere Staaten im Nahen Osten, die Israel kritisch gegenüberstehen. Die Kraft Syriens liegt bereits heute mehr oder weniger in der Kraft Russlands.
■ Zweitens: Die Spannungen zwischen Israel und Syrien waren seit der Staatsgründung Israels vom ersten Tag an immer vorhanden und groß. Wir nennen nur den Unabhängigkeitskrieg 1948, den Sechstagekrieg 1967 und den Jom-Kippur-Krieg 1973.
■ Drittens: Syrien operiert schon seit vielen Jahren politisch sehr geschickt und versucht dabei, eine Vorrangstellung im Nahen Osten zu erreichen.
Dabei wollen wir vorsichtig sein und die heutigen Ereignisse nicht ohne Weiteres mit den Weissagungen der Bibel verbinden. Es mag sich politisch noch einiges verändern, bis die Zeit des Endes beginnt. Es sind dennoch Schatten, die wir zur Kenntnis nehmen.
7. Weitere Nachbarstaaten und Feinde Israels
Es gibt eine Reihe von weiteren Nachbarstaaten Israels, die in der vergangenen Geschichte Israel feindlich gegenüberstanden. Sie werden teilweise in den prophetischen Schriften genannt und in dem großen Finale ebenfalls aktiv sein. Ohne auf Einzelheiten einzugehen, seien einige von ihnen nur kurz genannt:
■ In Daniel 11 wird neben dem König des Nordens der König des Südens genannt. Es handelt sich dabei zweifellos um Ägypten. Diese beiden Könige (der des Nordens und der des Südens) stehen in einer besonderen historischen Konfrontation zueinander, die in der Endzeit erneut deutlich sichtbar werden wird.
Zwischen beiden Staaten (Syrien und Ägypten) hat es historisch gesehen häufig Zwistigkeiten gegeben (man spricht allein von sechs syrischen Kriegen im Altertum zwischen 274 v. Chr. und 168 v. Chr.). Ägypten spielt in den Weissagungen vieler Propheten (Jesaja, Jeremia, Hesekiel, Hosea, Amos) eine nicht zu unterschätzende Rolle. Jesaja 19 und Jeremia 46 sind zwei lange Kapitel, die sich ausschließlich mit dieser Nation beschäftigen, aus deren Knechtschaft Gott einst sein irdisches Volk Israel befreit hatte (2. Mose 1-15). In der zukünftigen Geschichte Israels wird Ägypten wieder eine gewisse Rolle spielen. Obwohl die aktuelle politische Lage zwischen Israel und Ägypten eher entspannt ist, muss und wird das nicht so bleiben. Daniel 11 berichtet davon, wie Ägypten schließlich von dem König des Nordens geschlagen werden wird – und zwar im Land Palästina (Dan 11,40).
■ In Psalm 83 werden verschiedene arabische Nachbarvölker mit ihren historischen Namen genannt. Es sind Edom, die Ismaeliter, Moab, die Hageriter, Gebal, Ammon, Amalek, Philistäa, Tyrus, Assur und die Söhne Lots. Diese Nationen kommen in den prophetischen Schriften ebenfalls vor und werden zum Teil wiederholt genannt. Wir erkennen darin teilweise aktuelle Nachbarstaaten Israels, wie z.B. Jordanien, (Ammon, Moab, Edom) und den Libanon (Tyrus und Gebal). Andere Staaten des Nahen Ostens wie z. B. Saudi-Arabien, Iran und Irak lassen sich schwieriger identifizieren, was auch nicht unbedingt nötig ist. Das Ziel dieser Nachbarstaaten wird jedenfalls die Vernichtung Israels sein: „Kommt und lasst uns sie vertilgen, damit sie keine Nation mehr seien, damit nicht mehr gedacht werde des Namens Israels!“ (Ps 83,5) Die Absicht erkennen wir heute schon teilweise sehr deutlich.32 Verschiedene Propheten sprechen ausführlich über diese Feinde Israels, wie z. B. Hesekiel (Kap. 25–32) und Jeremia (Kap. 49).
■ Schließlich wollen wir noch die Philister (Philistäa) erwähnen. Diesen Feind kennen wir besonders aus der Zeit der Richter und der ersten Könige (Saul und David). Sie werden in den prophetischen Büchern ebenfalls einige Male genannt. Das gerechte Gericht Gottes wird sie treffen. Sie gehören – im Gegensatz zu den übrigen Nationen um Israel herum – traditionell zu den Feinden im Land Israel. Der uns heute gebräuchliche Ausdruck „Palästinenser“ hängt sprachlich und geschichtlich eng mit dem Ausdruck „Philister“ zusammen (im Arabischen heißt „Palästina“ „Philastin“). Die aktuelle Feindschaft zwischen Israel und den Palästinensern ist einerseits historisch belegt. Sie wird andererseits in der Zukunft zu weiteren Konflikten führen. Der Prophet Hesekiel spricht von einer „ewigen Feindschaft“ und kündigt gleichzeitig das Gericht Gottes an (Kap. 25,15–16). Der Prophet Zephanja beschreibt in seiner Weissagung, wie dieses Gericht ausgeübt wird (Kap. 2,4–7).
Mit diesem „Rüstzeug“ in der Hand können wir uns nun im dritten Teil den eigentlichen zukünftigen Ereignissen zuwenden.
Fußnoten
- 1 Das sind diejenigen, die im Alten Testament „Philister“ genannt werden. Heute sind es die „Palästinenser“, mit denen Israel in dauerhaftem Konflikt liegt. Die Ursache für diesen Konflikt ist historisch eindeutig begründet. Beide beanspruchen das Land für sich.
- 2 Theodor Herzl (1860–1904) war österreichischer Schriftsteller und Begründer des so genannten politischen Zionismus. 1896 schrieb er anlässlich antisemitischer Tendenzen in Frankreich sein damals bekanntes Buch „Der Judenstaat“. Seine politischen Aktivitäten sowie das Buch stießen eine Entwicklung an, die wesentlich dazu beitrug, dass der moderne Staat Israel im Jahr 1948 gegründet wurde.
- 3 David Ben Gurion wurde 1886 als David Grün in Polen geboren. 1906 wanderte er nach Palästina aus. Dort beteiligte er sich am Aufbau der jüdischen Untergrundorganisation Haschomer. Er arbeitete als Journalist. Als Politiker nahm er den Namen „Ben Gurion“ an. Schon bald war er Führer der jüdischen Arbeiterbewegung. Später wurde er israelischer Staatsmann und war einer der Gründer der sozialdemokratischen Arbeitspartei Israels. Von 1948 bis 1963 war er Parteivorsitzender. Am 14.05.1948 verlas er die israelische Unabhängigkeitserklärung. Unmittelbar danach führte er Israel im folgenden Unabhängigkeitskrieg. 1949 wurde er zum ersten Premierminister des Staates Israel ernannt. Mit Unterbrechungen hatte er dieses Amt bis 1963 inne. In seine Amtszeit fielen unter anderem Projekte, um das Land urbar zu machen und so zu entwickeln, dass viele Juden aus der ganzen Welt sich dort nach und nach ansiedeln konnten.
- 4 Vgl. dazu ausführlicher die Abhandlung „Prophetische Zeitzeichen“, in: Bibelkommentare.de
- 5 Es ist denkbar, dass diese Verse verborgen auf weiter weg liegende Länder hinweisen (in der ersten Phase besonders England, später vor allem die USA und andere Nationen).
- 6 Darauf spielt der Herr Jesus in seinem Gespräch mit dem Theologen Nikodemus an, als Er mit ihm darüber spricht, dass es notwendig ist, von neuem geboren zu werden. Die neue Geburt ist die Voraussetzung, um in das Reich Gottes eingehen zu können (Joh 3,1 ff.).
- 7 Darin sind selbstverständlich die Juden inbegriffen, die heute das Evangelium der Gnade hören und annehmen. Sie gehören nicht zu dem jüdischen Überrest, sondern zur Versammlung (Gemeinde) Gottes. Bei der Entrückung werden sie auferweckt bzw. verwandelt werden. Sie gehören zum Vaterhaus.
- 8 Dieses Evangelium wurde bereits rund 2000 Jahre vorher durch Johannes den Täufer verkündigt (Mt 3,1-12). Ihm erging es damals nicht anders, als es vielen Sendboten in der Zukunft ergehen wird: Er wurde getötet. Der Herr Jesus selbst hat dieses Evangelium des Reiches ebenso verkündigt, als Er zu seinem Volk kam (Mt 4,23).
- 9 Es ist völlig klar, dass niemand, der heute das Evangelium der Gnade Gottes ablehnt, eine erneute Chance bekommen wird. Das Evangelium des Reiches ist nicht für Menschen, die das Evangelium der Gnade gehört haben. Es richtet sich ausnahmslos an solche, die in der Gnadenzeit nie etwas von der Liebe Gottes in Jesus Christus gehört haben. Solche, die sich Christen nennen, aber kein Leben aus Gott haben, bekommen keine zweite Chance, sich zu bekehren. Sie sind für ewig verloren (vgl. 2. Thes 2,10).
- 10 Der Antichrist wird in der Bibel wie folgt genannt: Der König (Dan 11,36; Jes 30,33; Jer 4,9), der nichtige Hirte (Sach 11,16.17), der andere Messias („ein anderer“, Joh 5,43), der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens, der Gesetzlose (2. Thes 2,3-10), das Tier mit zwei Hörnern (Off 13,11), der falsche Prophet (Off 19,20).
- 11 Der Antichrist ist eindeutig von dem römischen (oder europäischen) Weltherrscher zu unterscheiden. Es handelt sich um zwei verschiedene Personen, die allerdings sehr eng zusammenarbeiten werden. Manche Ausleger haben den Unterschied zwischen diesen beiden Personen nicht beachtet und damit beträchtliche Verwirrung gestiftet. Offenbarung 13 spricht eindeutig von zwei verschiedenen Tieren. Es sind zwei Personen. Es ist wichtig, das klar zu erkennen und zu unterscheiden.
- 12 Beide Ausdrücke „Gott seiner Väter“ und „Sehnsucht der Frauen“ weisen ihn als Juden aus. Nur von einem Juden kann man von dem „Gott seiner Väter“ reden, und die „Sehnsucht der Frauen“ in Israel war die Hoffnung, dass sie den Messias gebären würden.
- 13 Beide Worte (Messias und Christus) bedeuten übersetzt: „Der Gesalbte“. Messias ist hebräisch, Christus ist griechisch (vgl. Joh 1,41; 4,25). Das Wort Messias kommt im Neuen Testament nur an den beiden genannten Stellen im Johannesevangelium vor. Im Alten Testament finden wir es häufiger. Zweimal wird es nicht übersetzt (Dan 9,25.26), an anderen Stellen steht das deutsche Wort „Gesalbter“. Einen ersten deutlichen Hinweis finden wir in dem bemerkenswerten Gebet der Mutter Samuels: „Der Herr wird richten die Enden der Erde und Macht verleihen seinem König und erhöhen das Horn seines Gesalbten“ (1. Sam 2,10). Die Psalmen sprechen wiederholt von „seinem Gesalbten“ (z. B. Ps 2,2).
- 14 Der Geist des Antichristen (1. Joh 4,3) ist nicht mit dem Antichristen selbst zu verwechseln. Dieser Geist ist bereits heute in der Welt wirksam. Das erleben wir sehr deutlich.
- 15 Der Ausdruck kommt vor der Zeit der babylonischen Gefangenschaft nur zweimal vor – und zwar im ersten Buch Mose (vgl. 1. Mo 24,3.7). Er beschreibt dort, dass Gott eben nicht ein irdisches Wesen oder Machwerk ist, sondern über allem steht. In der Zeit, als Israel das anerkannte Volk Gottes war, nennt Gott sich allerdings nicht so.
- 16 Andere mächtige Reiche wie Ägypten oder das mächtige Assyrische Reich sind im biblischen Sinn keine „Weltreiche“, weil sie nicht wäh rend der „Zeiten der Nationen“ ihre Macht ausgeübt haben, sondern vorher. Im säkularen Sinn sind es natürlich „Weltreiche“. Wir müssen bedenken, dass Gott die Weltgeschichte aus einer anderen Perspektive beschreibt, als ein Historiker es tut. Ihm geht es vor allem um sein Volk Israel.
- 17 Das Oströmische (Byzantinische) Reich existierte noch viele Jahrhunderte, bevor es 1453 durch die Türken unterging. Seitdem gibt es das Römische Reich endgültig nicht mehr.
- 18 Über die Rolle der USA ist viel spekuliert worden. Wir können sie aus der Bibel definitiv nicht klar erkennen. Es ist denkbar, dass die USA als Erbe der westlichen Kultur möglicherweise in dem Römischen Reich eingeschlossen sind. Eine Reihe von Auslegern interpretiert das so. Persönlich scheint mir das allerdings etwas weit hergeholt zu sein. Andere Ausleger denken, dass die USA in der Zukunft überhaupt keine dominante Rolle mehr spielen werden. Als Grund geben sie an, dass in den USA so viele wiedergeborene Christen leben, dass dieses Land, nachdem die Gläubigen entrückt sind, keine dominante Rolle in der Weltgeschichte mehr spielen kann. Darüber zu spekulieren ist müßig und führt nicht weiter, auch wenn die Argumentation m. E. nicht sehr stichhaltig ist. Die Bibel jedenfalls erwähnt die USA nicht unmittelbar als handelnde Nation in der Endzeit.
- 19 Dieser Mann wird in der Bibel wie folgt bezeichnet: kleines Horn (Dan 7,8.24.25), kommender Fürst (Dan 9,26), Tier aus dem Meer (Off 13,1), achtes (Haupt) (Off 17,11). Die Zahl seines Namens lautet 666 (Off 13,18).
- 20 Wir finden das wiederholt in der Bibel, z. B. wenn die Tiere im Buch Daniel beschrieben werden. Man muss aus dem jeweiligen Zusammenhang erkennen, ob es sich um das Reich, um den Herrscher oder um beides handelt.
- 21 Es ist schwierig, die Zahl zehn mit den heute existierenden Staaten in Europa bzw. der Europäischen Union zu harmonisieren. Als im Jahr 1981 Griechenland als zehnter Staat der EU beitrat, dachten viele Bibelleser, die Entwicklung Europas sei nun abgeschlossen. Umso größer war das Erstaunen mancher, als 1986 mit Portugal und Spanien die Zahl zehn überschritten wurde. Allerdings muss uns das weder verwundern noch irritieren. Es ist durchaus denkbar, dass sich bis zur Zeit des großen Finales weitere politische Veränderungen in Europa ergeben, die wir heute noch nicht absehen können. Deshalb muss es uns nicht „beunruhigen“, dass die EU aktuell aus 27 Staaten besteht. Es mag (weitere) Austritte aus der EU geben (oder auch Eintritte) oder es mag innerhalb der Staaten eine weitere Gruppenbildung erfolgen. Man kann darüber hinaus nicht vollständig ausschließen, dass die Zahl zehn, ähnlich wie die Zahl sieben, symbolisch aufzufassen ist. Zehn ist in der Bibel häufig die Zahl der Verantwortung des Menschen, während die Sieben von etwas spricht, dass vollkommen ist (im Guten wie im Bösen).
- 22 Es sei darauf hingewiesen, dass die sieben Köpfe in Offenbarung 17,9 zugleich mit sieben Bergen (Rom) und mit sieben Königen verbunden werden. Die Aussagen in beiden Abschnitten widersprechen einander nicht, sondern ergänzen sich.
- 23 Manche Ausleger sprechen hier von einer satanischen Trinität, die versucht, die göttliche Dreieinheit zu imitieren. Es ist jedenfalls keine „Dreieinheit“ wie bei Gott, sondern eher eine „Dreiheit“.
- 24 Dabei vergessen wir nicht, dass das Christentum nicht in Europa begonnen hat, sondern in den Ländern des Nahen Ostens, wo heute zum großen Teil der Islam dominiert. Es ist jedoch – wie wir in Apostelgeschichte 16 lesen – sehr früh nach Europa gekommen und hat sich dort nicht nur ausgebreitet, sondern ist bis heute das dominierende Religionsbekenntnis.
- 25 Es gibt Ausleger, die das etwas anders sehen. Sie glauben nicht, dass sich alle Namenschristen in der Endzeit zu einer mächtigen Einheit zusammenschließen werden. Sie weisen darauf hin, dass die vier Versammlungen (Gemeinden) Thyatira, Sardes, Philadelphia und Laodizea bis zum Ende bleiben. Die Gläubigen aus Philadelphia sowie der gläubige Überrest aus den drei anderen genannten Versammlungen (Gemeinden) werden entrückt und verlassen die Erde. Was zurückbleibt, ist das falsche Thyatira, Sardes und Laodizea – und zwar unterschieden voneinander. Allen dreien wird ein unterschiedliches Gericht angekündigt. Für Sardes kommt der Tag wie ein Dieb. Laodizea wird aus dem Mund des Herrn gespieen werden. Diese Ausleger sehen in Babylon den Endzustand von Thyatira (die römische Kirche). Das Gericht für Thyatira besteht darin, dass die Kinder getötet und jedem nach seinem Werk gegeben werden wird. Diese Sichtweise kann zwar nicht ganz von der Hand gewiesen werden, viele bibeltreue Ausleger sehen es so, wie oben ausgeführt wurde.
- 26 Es ist bezeichnend, dass Gott den Assyrern nie erlaubt hat, Jerusalem einzunehmen und zu besetzen. Die Assyrer standen wohl vor den Toren der Stadt, haben sie aber nie erfolgreich angegriffen. Das wird erst in der Endzeit der Fall sein, wenn der König des Nordens (Assyrer) in Israel einfällt und Jerusalem einnimmt.
- 27 Alexander der Große starb im Jahr 323 v. Chr. Danach zerfiel sein Reich in vier Teile (Diadochenreiche). Es waren Syrien, Ägypten, Mazedonien und Kleinasien. Die Teilung war ca. 281 v. Chr. abgeschlossen.
- 28 Eine weitere interessante Parallele findet sich, wenn wir die Weissagung in 4. Mose 24,24 mit Daniel 11,30 vergleichen. Beide Verse sprechen von Schiffen aus Kittim, die in einem Fall Assur und im anderen Fall den König des Nordens besiegen werden. Es sind die einzigen Stellen in der Bibel, die von Schiffen aus Kittim sprechen. Was in 4. Mose 24 über den Assyrer angekündigt wird, erfüllt sich in Daniel 11 an dem König des Nordens (dem historischen Syrien). Kittim ist hier ein verborgener Hinweis auf das historische Römische Reich. Die Septuaginta (griechische Übersetzung des Alten Testaments) übersetzte „Kittim“ deshalb mit „Romaioi“ (die Römer).
- 29 Wer genau das sein wird, können wir nicht sicher sagen. Einige Ausleger gehen davon aus, dass es diesem König durch kluges politisches Taktieren sogar gelingen wird, im Volk der Juden Anhänger zu finden, die dann wie „Kollaborateure“ hinter ihm stehen werden. Umso mehr werden sie überrascht sein, wenn dieser Feind dann plötzlich ihr Land überschwemmen wird, um es zu besetzen.
- 30 Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Gog und Magog, die in Hesekiel 38 und 39 erwähnt werden, nicht zu verwechseln sind mit Gog und Magog, wie sie in Offenbarung 20 zu finden sind. In Offenbarung 20 geht es um einen Feind am Ende des Tausendjährigen Reiches, der mit dem Assyrer nichts zu tun hat.
- 31 Es ist müßig, darüber zu spekulieren, ob die Türkei einer der Alliierten Syriens sein wird. Es ist nicht ganz auszuschließen, aber die Bibel sagt dazu nichts Konkretes. Syrien unterhält bereits heute gute Kontakte zu Russland und es ist denkbar, dass das Verhältnis zwischen der Türkei und Russland sich ebenfalls nachhaltig verbessern wird.
- 32 Als Beispiel sei der politische und religiöse Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei genannt, der 2015 ein Buch mit dem Titel „Palästina“ veröffentlichte. Dort spricht er offen davon, dass das „Krebsgeschwür Israel“ zerstört und Jerusalem von den Juden befreit werden müsse.