Betrachtung über Hebräer (Synopsis)
Kapitel 9
Indem der Brief jetzt einige besondere Umstände aufzählt, die den ersten Bund kennzeichneten, zeigt er, dass mittels dieses Bundes weder Sünden hinweg getan werden konnten noch das Gewissen gereinigt noch den Anbetern der Eingang ins Heiligtum gewährt wurde. Der Vorhang verbarg Gott. Der Hohepriester, und sonst niemand, ging alljährlich einmal in das Allerheiligste, um Sühnung zu tun. Der Weg zu Gott in Heiligkeit war versperrt. Durch das Blut der Stiere und Böcke konnten die Hinzunahenden, was ihr Gewissen betraf, nicht vollkommen gemacht werden. Alle die Zeremonien des Gesetzes waren nur vorläufige und bildliche Verordnungen, bis Gott Sich selbst mit dem wirklichen Werk beschäftigen würde, um es völlig und für immer zu erfüllen.
Dies führt uns zu dem Brennpunkt des Lichtes, das Gott uns durch den Heiligen Geist in diesem Brief gibt. Bevor der inspirierte Verfasser durch die Schriften des Alten Testamentes die Lehre, die er verkündigte, und das Aufhören der gesetzlichen Opfer (eines jeden Opfers für die Sünde) beweist, lehrt er, mit einem von der Wahrheit und von der Wichtigkeit dieser Wahrheit erfüllten Herzen, den Wert und die Tragweite des Opfers Christi, zwar immer noch im Gegensatz zu den früheren Opfern, aber in einem Gegensatz, der auf dem wahren Wert des Opfers Christi beruht. Folgende drei Ergebnisse des Opfers werden vorgestellt: erstens war der geöffnete Weg ins Heiligtum offenbart, d. h. der Zugang zu Gott selbst, da wo Er ist; zweitens die Reinigung des Gewissens, und drittens eine ewige Erlösung und, ich darf hinzufügen, die Verheißung eines ewigen Erbteils.
Man fühlt die unendliche Bedeutung, den unschätzbaren Wert des ersten dieser Ergebnisse. Der Gläubige ist in Gottes eigene Gegenwart zugelassen auf einem neuen und lebendigen Wege, den Er uns eingeweiht hat durch den Vorhang hin, das ist sein Fleisch. Er hat beständigen Zutritt zu Gott, einen unmittelbaren Zutritt zu dem Platz, wo Er ist, im Licht. Welch eine völlige Errettung, welche eine Segnung, welche eine Sicherheit! Denn wie könnten wir Zugang zu Gott im Licht haben, wenn nicht alles, was uns von Ihm trennen würde, gänzlich beseitigt wäre durch Den, der einmal geopfert worden ist, um vieler Sünden zu tragen? Indes handelt es sich hier um das kostbare und vollkommene Ergebnis in diesem Sinn, dass der Zugang zu Gott selbst voll und ganz für uns geöffnet ist. Das wird uns hier offenbart und im 10. Kapitel, als ein uns gehörendes Recht, förmlich festgestellt. Allerdings wird uns an dieser Stelle nicht mitgeteilt, dass wir bereits dorthin versetzt sind, denn der Gegenstand des Hebräerbriefes ist nicht unsere Vereinigung mit Christus, sondern unser Zugang zu Gott im Heiligtum. Es ist wichtig, die letztgenannte Wahrheit wohl zu beachten, sie ist an ihrem Platz eben so kostbar wie die andere. Wir werden hier als solche betrachtet, die auf der Erde sind, aber indem wir das sind, haben wir freien und vollen Zugang zu Gott im Heiligtum. Wir gehen zu Gott in vollkommener Freiheit dahin, wo seine Heiligkeit wohnt, und wo nichts zugelassen werden kann, was im Gegensatz zu Ihm steht. Welch ein Glück! Welch eine vollkommene Gnade! Welch ein herrliches, erhabenes und vollkommenes Ergebnis! Könnten wir noch etwas Besseres wünschen, wenn wir uns zugleich daran erinnern, dass das Heiligtum unsere Wohnstätte ist? Ja, durch das Eingehen Christi ins Heiligtum ist das unsere Stellung in der Gegenwart Gottes.
Das zweite Ergebnis des vollkommenen Werkes Christi zeigt uns den persönlichen Zustand, in den wir gebracht sind, um unsere Stellung genießen und unsererseits freimütig ins Heiligtum eintreten zu können. Unser Heiland hat unser Gewissen vollkommen gemacht so dass wir ins Heiligtum gehen können ohne eine Spur von Furcht, ja, ohne dass irgendeine Frage bezüglich der Sünde in unseren Herzen auftauchte. Ein vollkommenes Gewissen ist nicht ein unschuldiges Gewissen, das, glücklich in seiner Unbefangenheit, das Böse nicht kennt, aber auch den in Heiligkeit geoffenbarten Gott nicht kennt. Ein vollkommenes Gewissen kennt Gott. Es ist gereinigt und indem es die Erkenntnis des Guten und Bösen nach dem Licht Gottes selbst besitzt, weiß es, dass es nach seiner Reinheit von allem Bösen gereinigt ist. Das Blut der Stiere und Böcke sowie die wiederholten Waschungen unter dem Gesetz konnten das Gewissen nie vollkommen machen. Sie konnten dem Fleisch nach heiligen, um den Anbeter zu befähigen, äußerlich Gott zu nahen; aber er blieb stets in einer gewissen Entfernung, und der Vorhang war noch nicht zerrissen. Eine wirkliche Reinigung von Sünde und Sünden, so dass die Seele in Gottes eigener Gegenwart im Licht sein kann, ohne Flecken und sich dieses glücklichen Zustandes völlig bewusst, das konnten die Opfer unter dem Gesetz nie hervorbringen. Sie waren nur Bilder. Aber, Gott sei Dank! Christus hat das Werk vollbracht, und indem Er sich jetzt für uns in dem himmlischen und ewigen Heiligtum befindet, ist Er dort der Zeuge, dass unsere Sünden hinweg getan sind, so dass für uns jedes Bewusstsein von Sünde vor Gott vernichtet ist, weil wir wissen, dass Er, der unsere Sünden trug, in der Gegenwart Gottes weilt, nachdem Er das Werk der Versöhnung vollbracht hat. So haben wir denn das Bewusstsein, dass wir ohne Flecken in dem Licht sind. Wir besitzen nicht nur die Reinigung unserer Sünden, sondern auch die unseres Gewissens, so dass wir von diesem Zugang zu Gott in völliger Freiheit und Freude Gebrauch machen können, indem wir vor Ihm erscheinen, der uns also geliebt hat.
Das dritte Ergebnis des Werkes Christi, das die beiden anderen besiegelt und kennzeichnet, ist, dass Christus, nachdem Er einmal eingegangen ist, im Himmel bleibt. Er ist in das himmlische Heiligtum eingegangen, um kraft einer ewigen Erlösung dort zu bleiben – kraft eines Blutes, das ewige Gültigkeit hat. Das Werk ist völlig getan und kann sich in seinem Wert nie ändern. Wenn unsere Sünden in gültiger Weise hinweg getan sind, wenn Gott verherrlicht und vollkommene Gerechtigkeit in Erscheinung getreten ist, so kann das, was einmal ausreichte, um dies zu bewirken, niemals nicht ausreichend sein. Das ein für allemal vergossene Blut ist immer wirksam.
Unser Hohepriester ist im Heiligtum, nicht mit dem Blut von Opfern, die nur Vorbilder des wahren Opfers sind. Das Werk ist geschehen, das Sünde hinweg nimmt. Diese Erlösung ist weder zeitlich noch vorübergehend. Es ist die Erlösung der Seele, eine Erlösung für die Ewigkeit, entsprechend der Gültigkeit dessen, was geschehen ist.
Das sind also die drei Seiten des Ergebnisses des Werkes Christi: ein unmittelbarer Zugang zu Gott, ein gereinigtes Gewissen und eine ewige Erlösung.
Nun sind noch drei andere Punkte hervorzuheben, bevor wir auf die hier wieder aufgenommene Frage der Bündnisse eingehen. Christus ist ein Hohepriester der zukünftigen Güter (V. 11). Wenn das Wort hier von „zukünftigen Gütern“ spricht, so ist der Ausgangspunkt Israel unter dem Gesetz vor der Ankunft Christi. Wenn aber diese zukünftigen Güter jetzt erlangt waren, wenn gesagt werden konnte: „Wir haben sie“, so dass das Christentum die Erfüllung des Inhaltes jener Worte war, so konnte man schwerlich – nachdem das Christentum einmal errichtet war – noch von „zukünftigen Gütern“ reden. Wenn es dennoch geschieht, so folgt daraus, dass diese Güter immer noch zukünftig sind. Sie bestehen eben in alledem, dessen sich der Messias erfreuen wird, wenn Er regiert. Das ist auch der Grund, weshalb die irdischen Dinge hier einen Platz finden. Aber unsere gegenwärtige Verbindung mit Christus ist ganz und gar himmlisch. Er handelt als Priester in einer Hütte, die nicht von dieser Schöpfung ist. Diese Hütte ist himmlisch, in der Gegenwart Gottes. Sie ist nicht mit Händen gemacht.
Zweitens hat Christus „sich selbst durch den ewigen Geist 1 ohne Flecken Gott geopfert“ (V. 14). Hier wird die kostbare Opferung Christi als eine Handlung betrachtet, die Er als Mensch, obwohl in der Vollkommenheit und dem Werte seiner Person, ausführte. Er opferte Sich selbst Gott, aber Er tat es, angeregt durch die Kraft und entsprechend der Vollkommenheit des ewigen Geistes. Alle Beweggründe, die diese Handlung leiteten, und die Ausführung der Handlung nach diesen Beweggründen waren einzig und völlig diejenigen des Heiligen Geistes, d. h. durchaus göttlich in ihrer Vollkommenheit, aber es waren die Beweggründe des Heiligen Geistes, der in einem Menschen wirkte (in einem Menschen ohne Sünde, der, geboren und immerdar lebend durch die Macht des Heiligen Geistes, die Sünde nie gekannt hatte, und der, frei von der Sünde durch seine Geburt, ihr nie erlaubt hatte, in Ihn einzudringen), so dass es der Mensch Christus ist, der Sich selbst opfert. Das war erforderlich.
So war also das Opfer in sich selbst vollkommen und rein, ohne Flecken, und die Opferhandlung war vollkommen, sowohl in der Liebe und im Gehorsam als auch in dem Wunsch, Gott zu verherrlichen und die Ratschlüsse Gottes zu erfüllen. Nichts vermengte sich mit der Vollkommenheit der Absicht Christi, Sich selbst zu opfern.
Zudem war dieses Opfer kein zeitliches Opfer, das auf eine Sünde, mit der das Gewissen beschwert war, seine Anwendung fand und über diese eine Sünde nicht hinausging. Ein solches Opfer konnte naturgemäß nicht die Vollkommenheit besitzen, von der wir gesprochen haben, weil es nicht eine Person war, die sich selbst opferte, noch gänzlich und unvermischt für Gott sein konnte, da weder die Vollkommenheit des Willens, noch die des Gehorsams in ihm gefunden wurde. Das Opfer Christi aber, indem es vollkommen ist in seiner Natur und in seinen Beweggründen, in sich selbst vollkommen in den Augen Gottes, war notwendigerweise ewig in seinem Wert, denn dieser Wert war so bleibend wie die Natur Gottes, der in ihm verherrlicht wurde. Das Opfer wurde nicht aus Zwang, sondern aus freiem Willen und im Gehorsam vollbracht, und zwar durch einen Menschen, zur Verherrlichung Gottes, aber mittels des ewigen Geistes. Es bleibt in seiner Natur und in seinem Wert stets dasselbe.
Nachdem auf diese Weise alles vollkommen erfüllt ist zur Verherrlichung Gottes, wird das Gewissen eines jeden, der durch dieses Opfer zu Gott kommt, gereinigt. Die toten Werke werden ausgetilgt und beseitigt. Wir stehen vor Gott aufgrund dessen, was Christus getan hat.
Damit gelangen wir zu dem dritten Punkt. Im Gewissen vollkommen gereinigt von allem, was der Mensch in seiner sündhaften Natur hervorbringt, und als solche, die es mit Gott im Licht und in Liebe zu tun haben (ohne dass es noch eine Frage des Gewissens zwischen Ihm und uns gäbe), befinden wir uns in der Stellung, dem lebendigen Gott dienen zu können. Köstliche Freiheit! In ihr können wir, indem wir glücklich und ohne eine Frage vor Gott, Seiner Natur gemäß, im Licht sind, Ihm dienen nach der Tätigkeit seiner Natur in Liebe. Der jüdische Gottesdienst kannte hiervon ebenso wenig wie von einer Vollkommenheit des Gewissens. Verpflichtungen gegen Gott hielt dieses System allerdings aufrecht, und, es traf eine gewisse Vorsorge für das, was für äußerliche Fehltritte nötig war, aber ein vollkommenes Gewissen zu haben und dann Gott in Liebe zu dienen nach seinem Willen – davon kannte das Judentum nichts. Das ist die christliche Stellung. Der Christ hat ein vollkommenes Gewissen durch Christus, Gottes eigener Natur gemäß. Er dient Gott in Freiheit, indem er entsprechend seiner Natur der Liebe tätig ist für andere. Denn in Christus sind wir die Gerechtigkeit Gottes. Sein Blut hat uns von Seiten Gottes gereinigt. Christus hat durch Sich selbst die Reinigung unserer Sünden gemacht und, indem Er das tat, Gott verherrlicht.
Das jüdische System wurde in seinen höchsten Vorzügen durch das Heiligtum gekennzeichnet. Es gab da Pflichten und Verbindlichkeiten zu erfüllen, um nahen zu können – Opfer, um den äußerlich zu reinigen, der äußerlich nahte. Inzwischen blieb Gott immer verborgen. Niemand ging in das „Heiligtum“, woraus hervorgeht, dass das „Allerheiligste“ unzugänglich war. Es war noch kein Opfer dargebracht worden, das freien Zugang und Zugang zu allen Zeiten gewährt hätte. Gott war verborgen, und dass Er es war, kennzeichnete die Stellung der Israeliten. Sie konnten nicht vor Ihm stehen. Gott offenbarte sich auch nicht. Sie dienten Ihm außerhalb seiner Gegenwart, ohne in sie einzugehen.
Zum Verständnis der uns beschäftigenden Stelle ist es wichtig, die Wahrheit zu beachten, dass das ganze alte System in seinem höchsten und nächsten Zugang zu Gott durch das Heiligtum gekennzeichnet wurde. „Die erste Hütte“ (das Judentum als ein System) wird hier als gleichbedeutend mit dem vorderen Teil der Stiftshütte (dem Heiligen) hingestellt, der nur für die Priester zugänglich war, während der zweite Teil, d. i. das Allerheiligste (V. 7+8), durch die mit ihm verbundenen Umstände nur zeigt, dass es keinen Zugang zu Gott gab. Wenn der Schreiber des Briefes zu der gegenwärtigen Stellung des Christen übergeht, so verlässt er die irdische Hütte. Er spricht dann von dem Himmel selbst und führt uns in eine Hütte, die nicht mit Händen gemacht noch von dieser Schöpfung ist.
Der vordere Teil der Stiftshütte gab der Beziehung des Volkes zu Gott ihren Charakter; sie bestand nur vermittels eines Priestertums. Man konnte Gott nicht erreichen. Wenn wir Gott selbst nahen, so ist es im Himmel, und das ganze erste System verschwindet. Alle Opfer in dem ersten System wurden dargebracht als Vorbilder und zeigten sogar als Vorbilder, dass das Gewissen noch nicht freigemacht und die Gegenwart Gottes für den Menschen nicht zugänglich war. Die Erinnerung an die Sünden wurde beständig erneuert (das alljährliche Opfer war ein Erinnern an die Sünden (Heb 10,3), und Gott war nicht offenbart, noch der Weg zu Ihm geöffnet.
Christus kommt, vollbringt das Opfer, macht das Gewissen vollkommen, geht in den Himmel selbst ein, und wir nahen Gott in dem Licht. Den Dienst der ersten Hütte oder des ersten Heiligtums mit dem christlichen Dienst vermengen, heißt den letzteren verleugnen, denn jener bedeutete, dass der Weg zu Gott noch nicht geöffnet war, und dieser bedeutet, dass er geöffnet ist. Gott kann mit der Schwachheit des Menschen Geduld haben. Er hatte Nachsicht mit den Juden bis zur Zerstörung Jerusalems, aber diese beiden Systeme, nämlich ein System, das sagt, dass man Gott nicht nahen könne, und ein anderes, das Zugang zu Ihm gewährt, können unmöglich nebeneinander bestehen. Christus ist gekommen, der Hohepriester eines neuen Systems, von „Gütern“, die unter dem alten System noch „zukünftig“ waren, aber Er trat nicht in das irdische Allerheiligste ein, indem Er so das Heilige ohne wirkliche Bedeutung bestehen ließ. Er ist gekommen in Verbindung mit der (nicht mit einer) größeren und vollkommeneren Hütte (V. 11).
Ich wiederhole also, denn es ist wesentlich hier: das Heilige oder die vordere Hütte ist das Bild der Beziehung des Menschen zu Gott unter der ersten Hütte (als Ganzes genommen), so dass man den Ausdruck: „die erste Hütte“ sowohl auf den ersten Teil der Stiftshütte, d. h. auf das Heilige (die vordere Hütte) anwenden kann, als auch weiterhin auf die erste Hütte, betrachtet als ein Ganzes oder als ein bestimmter Zeitabschnitt, was auf das gleiche hinausläuft. Dies tut der Brief hier. Um aus dieser Stellung herauszukommen, muss man die vorbildlichen Dinge verlassen und in den Himmel, das wahre Heiligtum, eintreten, wo Christus immerdar lebt, und wo kein Vorhang unseren Eintritt verwehrt.
Es wird nun nicht gesagt, dass wir „die zukünftigen Güter“ bereits haben. Christus, der Hohepriester dieser zukünftigen Güter, ist in den Himmel eingegangen und sichert ihren Besitz denen, die auf Ihn vertrauen. Wir haben aber Zugang zu Gott 2 in dem Licht, kraft der Tatsache, dass Christus dort ist. Diese Gegenwart Christi vor Gott ist der Beweis, dass die Gerechtigkeit völlig aufrecht gehalten und befriedigt worden ist, das Blut ein klares Zeugnis dafür, dass unsere Sünden für immer hinweg getan sind, und unser Gewissen ist vollkommen gemacht. Christus im Himmel ist die Bürgschaft für die Erfüllung jeder Verheißung. Er hat uns sogar jetzt schon einen Zugang zu Gott in dem Licht geöffnet, nachdem Er ein für allemal unsere Gewissen gereinigt hat (denn Er wohnt beständig droben), so dass wir dort eintreten und hienieden Gott dienen können.
Alles das ist bereits in Ordnung gebracht und gesichert, aber es gibt noch mehr. Der neue Bund, dessen Mittler Christus ist, ist auf sein Blut gegründet. Die Art und Weise, wie der Apostel es immer vermeidet, eine unmittelbare Anwendung von dem neuen Bund zu machen, ist sehr auffallend.
Die Übertretungen, die unter dem ersten Bund zugerechnet wurden und durch die darin dargebrachten Opfer nicht gesühnt werden konnten, sind durch das Blut des neuen Bundes gänzlich getilgt. Also können die Berufenen – man beachte diesen Ausdruck (V. 15) – die Verheißung des ewigen Erbes empfangen, d. h. der Grund für die Erfüllung der Segnungen des Bundes ist gelegt. Es heißt: „das ewige Erbe“, weil, wie wir gesehen haben, die Versöhnung vollendet, unsere Sünden getragen und beseitigt sind, und das Werk, durch das die Sünde endgültig vor den Augen Gottes hinweg getan wurde, erfüllt ist entsprechend der Natur und dem Charakter Gottes selbst. Das ist der Hauptpunkt dieses ganzen Teiles des Briefes.
Wegen der Notwendigkeit dieses Opfers, wegen der Notwendigkeit der gänzlichen Beseitigung der Sünden und schließlich auch der Sünde 3, um so die ewigen Verheißungen genießen zu können (denn Gott konnte nicht in einer ewigwährenden und endgültigen Weise segnen, solange die Sünde vor seinen Augen war), wurde Christus – der Sohn Gottes, Mensch auf Erden – der Mittler des neuen Bundes, um durch den Tod einen Weg zu dem ununterbrochenen Genuss dessen zu bahnen, was verheißen war. Der neue Bund an und für sich sprach nicht von einem Mittler. Gott wollte das Gesetz auf die Herzen des Volkes schreiben und der Sünden nie mehr gedenken.
Dieser neue Bund ist mit Israel und Juda noch nicht gemacht, aber Gott hat inzwischen den Mittler eingesetzt und offenbar werden lassen, Ihn, der das Werk vollbracht hat aufgrund dessen die Erfüllung der Verheißungen stattfinden kann, und zwar in einer Weise, die dem Grundsatz nach dauernd und ewig ist, weil sie mit der Natur Gottes selbst in Verbindung steht. Dies ist bewirkt worden mittels des Todes, der der Sünde Sold und durch den die Sünde beseitigt ist; und da eine Sühnung für Sünden der Gerechtigkeit Gottes entsprechend geschehen ist, wird eine ganz und gar neue Stellung außerhalb und über der Sünde eingenommen. Der Mittler hat das Lösegeld bezahlt. Die Sünde hat kein Recht mehr über uns.
Die Verse 16 und 17 bilden den Zwischensatz 4, in dem von einem „Testament“ (es ist im Griechischen dasselbe Wort wie „Bund“: eine Verfügung seitens eines Menschen, der das Recht der Verfügung hat) gesprochen wird, um uns verstehen zu lassen, dass der Tod stattgefunden haben muss, ehe die durch das Testament erlangten Rechte genossen werden können. Diese Notwendigkeit, den Bund auf das Blut eines Opfers zu gründen, wurde beim ersten Bund nicht vergessen. Alles wurde mit Blut besprengt. Nur war es in diesem Fall die an die Verpflichtung des Bundes geknüpfte feierliche Bestätigung des Todes. Die Bilder redeten immer wieder von der Notwendigkeit, dass der Tod eintreten musste, ehe Menschen mit Gott in Verbindung treten konnten. Die Sünde hat Tod und Gericht eingeführt, und entweder müssen wir selbst das Gericht erdulden oder unsere Sünden durch das Gericht ausgetilgt sehen, indem ein anderer sich demselben für uns unterworfen hat.
Drei Anwendungen des Blutes werden uns hier vor Augen gestellt: der Bund ist auf das Blut gegründet; die Befleckungen sind durch Blut abgewaschen; die Schuld ist weggenommen durch die Vergebung, die kraft des vergossenen Blutes erlangt ist.
Das sind tatsächlich die drei notwendigen Stücke.
- Die seinen Verheißungen entsprechenden Segenswege Gottes sind mit seiner Gerechtigkeit verknüpft, indem für die Sünden der Gesegneten Sühnung geschehen ist (die notwendige Grundlage des Bundes) und indem Christus, als Er auf dem Kreuz zur Sünde gemacht war, überdies Gott bezüglich der Sünde verherrlicht hat.
- Die Reinigung von der Sünde, durch die wir verunreinigt waren und die selbst alle Dinge, bei denen von Schuld keine Rede sein kann, verunreinigt hat, ist geschehen. Hierbei gab es Fälle, wo vorbildlich Wasser zur Anwendung kam. Die Reinigung durch Wasser ist das Bild einer innerlichen und praktischen Reinigung. Sie hat ihren Ausgangspunkt im Tod. Das reinigende Wasser floss aus der Seite des heiligen, bereits gestorbenen Opfers. Diese Reinigung stellt die Anwendung des Wortes Gottes, das alles Böse richtet und alles Gute offenbart, auf Gewissen und Herz dar.
- In keinem Fall kann Vergebung ohne Blutvergießung erlangt werden. Beachten wir, dass es hier nicht heißt: „ohne Anwendung von Blut“. Es handelt sich hier um die Erfüllung des wahren Sühnungswerkes. Ohne Blutvergießung gibt es keine Vergebung. Eine höchst wichtige Wahrheit! Soll Vergebung eintreten, so müssen Tod und Blutvergießung vorher stattgefunden haben.
Zwei Folgen gehen aus diesen beiden Wahrheiten: Sühnung und Versöhnung mit Gott, wie wir sie soeben betrachtet haben, hervor. Erstens war es notwendig, dass ein besseres Opfer, ein vorzüglicheres Schlachtopfer da war als jene, die unter dem alten Bund dargebracht wurden, weil die himmlischen Dinge selbst, nicht nur ihre Bilder, gereinigt werden mussten. Denn Christus ist in die Gegenwart Gottes im Himmel selbst eingegangen.
Zweitens hatte Christus sich nicht oftmals zu opfern, wie der Hohepriester alljährlich in das Heiligtum hineinging mit fremdem Blut, denn er opferte Sich selbst. Darum, wenn nicht alles, was in dem Opfer Wert für uns hatte, durch eine einzige, einmal geschehene Opferung zur Vollkommenheit gebracht worden wäre, so hätte Er oftmals leiden 5 müssen von Grundlegung der Welt an. Diese Bemerkung leitet zu einer klaren und einfachen Entwicklung der Wege Gottes in dieser Beziehung, zu einer Erklärung von unschätzbarem Wert. Gott hat Zeitalter dahingehen lassen – die verschiedenen, bestimmten Zeitabschnitte, in denen der Mensch auf mancherlei Weise auf die Probe gestellt wurde und in denen er Zeit gehabt hat zu zeigen, was er ist – ohne noch sein Werk der Gnade zu erfüllen. Diese Prüfung des Menschen hat dazu gedient, zu zeigen, dass er von Natur und Willen böse ist. Die Vervielfältigung der angewandten Mittel hat nur um so augenscheinlicher ans Licht gestellt, dass er im Innersten seines Wesens böse ist, denn er machte von keinem einzigen dieser Mittel Gebrauch, um Gott zu nahen. Im Gegenteil, seine Feindschaft gegen Gott wurde völlig offenbart. Nachdem Gott diesen Zustand des Menschen vor dem Gesetz, unter dem Gesetz, durch Verheißungen, durch die Ankunft und Gegenwart seines Sohnes, klar erwiesen hatte, nahm sein Werk zu unserem Heil und zu seiner eigenen Herrlichkeit den Platz der Verantwortlichkeit des Menschen ein, aufgrund deren, wie der Glaube weiß, der Mensch gänzlich verloren ist. Das erklärt den Ausdruck: „In der Vollendung der Zeitalter“ (V. 26).
Dieses Werk ist nun vollkommen und vollkommen erfüllt. Die Sünde hatte Gott verunehrt und den Menschen von Ihm getrennt. Alles, was Gott getan hatte, um dem Menschen die Mittel zur Umkehr zu geben, bot diesem schließlich nur Gelegenheit, das Maß seiner Sünden in der Verwerfung Jesu voll zu machen. Indes wurden in dieser Verwerfung die ewigen Ratschlüsse Gottes erfüllt, oder doch wenigstens der Grund gelegt, und zwar in unendlicher Vollkommenheit, auf dem diese Ratschlüsse in ihren Ergebnissen tatsächlich in Erfüllung gehen können. Alles ruhte fortan in Wirklichkeit (wie von jeher im Vorsatz) auf dem zweiten Adam und auf dem, was Gott getan hatte, nicht aber auf der Verantwortlichkeit des Menschen; dieser Verantwortlichkeit ist zur Verherrlichung Gottes völlig entsprochen worden (vgl. 2. Tim 1,9+10; Tit 1,1+2). Der Christus, den der Mensch verwarf, war erschienen zur Abschaffung der Sünde durch sein Opfer. So war denn in sittlichem Sinn „die Vollendung der Zeitalter“ gekommen.
Die Ergebnisse des Werkes und der Macht Gottes sind noch nicht offenbart. Eine neue Schöpfung wird sie enthüllen, aber der Mensch, als das Kind Adams, hat seine ganze Laufbahn in seiner Beziehung zu Gott beendet: er ist in Feindschaft gegen Gott. Christus ist, indem Er den Willen Gottes erfüllte, in der Vollendung der Zeitalter gekommen zur Abschaffung der Sünde durch sein Opfer, und sein Werk zu diesem Zweck ist erfüllt. Das ist die sittliche Wirkung seiner Tat 6, Seines Opfers vor Gott, das Ergebnis wird in der gänzlichen Austilgung der Sünde aus den Himmeln und von der Erde gesehen werden. Für den Glauben ist dieses Ergebnis, die Abschaffung der Sünde nämlich, im Gewissen schon verwirklicht 7, weil Christus, der für uns zur Sünde gemacht war, gestorben, und zwar der Sünde gestorben ist, und jetzt als der Auferstandene und Verherrlichte die Sünde (gerade indem Er für uns dazu gemacht war) hinter sich zurückgelassen hat.
Zudem wird dieses Ergebnis den Gläubigen, denen, die die Rückkehr des Herrn erwarten, verkündigt. Tod und Gericht sind das Los der Menschen als Kinder Adams. Christus aber ist einmal geopfert worden, um vieler Sünden zu tragen, und wird nun „zum zweiten Male denen, die ihn erwarten, ohne Sünde erscheinen zur Seligkeit“, nicht zum Gericht (V. 27+28). Für sie ist, was ihre Stellung vor Gott betrifft, die Sünde jetzt schon hinweg getan: wie Christus ist, so sind sie. Ihre Sünden sind alle ausgetilgt. Christus ist zum ersten Male erschienen, um für uns zur Sünde gemacht zu werden und um unsere Sünden zu tragen: sie sind am Kreuz auf Ihn gelegt worden, und im Blick auf diejenigen, die Ihn erwarten, sind diese Sünden gänzlich hinweg getan. Wenn Christus wiederkommt, so hat Er, soweit sie in Betracht kommen, nichts mehr mit der Sünde zu tun. Mit ihr ist bei seinem ersten Kommen völlig gehandelt worden. Er erscheint zum zweiten Male, um die Seinigen von allen Folgen der Sünde, von aller Knechtschaft zu befreien Er wird nicht zum Gericht, sondern zur Seligkeit erscheinen. Die Hinwegnahme der Sünde vor Gott zu ihren Gunsten ist so völlig geschehen, die Sünden der Gläubigen sind so gänzlich ausgetilgt worden, dass Er, wenn Er zum zweiten Male erscheint, betreffs ihrer nichts mehr mit der Sünde zu tun hat. Er erscheint abgesondert von der Sünde, nicht nur ohne Sünde in seiner gesegneten Person (das war schon so bei seinem ersten Kommen), sondern hinsichtlich derer, die Ihn erwarten. Er erscheint, außerhalb jeder Frage von Sünde, zu ihrer endgültigen Befreiung.
„Ohne Sünde“ steht im Gegensatz zu den Worten: „um vieler Sünden zu tragen.“ Es ist von Wichtigkeit, den Unterschied zwischen den Versen 26 und 28 zu erkennen. Die Sünde an und für sich musste vor Gottes Augen hinweg getan werden, und darum musste Er im Blick auf sie völlig verherrlicht werden an der Stätte, wo die Sünde vor Ihm war. Christus wurde zur Sünde gemacht. Er kam, um sie aus den Augen Gottes zu entfernen, „zur Abschaffung der Sünde“. Außerdem aber handelte es sich um unsere Sünden (unsere Schuld), und Christus trug sie „an seinem Leib auf dem Holz“. Die Sünden sind getragen worden, und Christus hat sie nicht mehr auf sich. Sie sind als Schuld für immer vor Gott beseitigt. Das Werk zum Hinweg tun der Sünde aus Gottes Augen ist geschehen, und Gott erkennt es als geschehen an, indem Er Jesum verherrlicht hat, der Ihn, als Er zur Sünde gemacht war, betreffs ihrer verherrlichte. Vor Gott ist also die Sache geordnet, und der Glaube erkennt das an. Aber das schließliche Ergebnis ist noch nicht da. Das Werk Ist vor Gott in seinem ganzen Wert, aber die Sünde besteht noch in dem Gläubigen und in der Welt.
Der Glaube erkennt beides an. Er weiß, dass in den Augen Gottes alles in Ordnung ist, und ruht darin, wie Gott es tut. Der Gläubige weiß aber auch, dass die Sünde tatsächlich noch da und in ihm ist. Indes hat er ein Recht, sich ihr für tot zu halten. Er darf im Glauben festhalten, dass die Sünde im Fleisch verurteilt ist, und zwar in dem Opfer für die Sünde, so dass es für ihn keine mehr gibt. Die Abschaffung selbst ist noch nicht ausgeführt, wohl aber ist das Werk, das die Sünde abschafft, vollbracht, so dass Gott es anerkennen kann. Und der Gläubige tut dasselbe und steht nun völlig rein da vor Gott hinsichtlich der Sünde und der Sünden. Wer gestorben ist (und wir sind es, indem wir mit Christus gestorben sind), ist freigesprochen von der Sünde. Unsere Sünden sind alle getragen worden.
Die Schwierigkeit kommt zum Teil daher, dass das Wort „Sünde“ gebraucht wird, um sowohl eine besondere Tatsünde als auch die Sünde an sich zu bezeichnen. In dem Ausdruck „Sünden“ liegt ein solcher Doppelsinn nicht. „Ein Opfer für die Sünde“ kann auf einen bestimmten Fehltritt angewandt werden. Dagegen liegt in dem Wort: „Die Sünde kam in die Welt“, ein ganz anderer Gedanke.
Indem wir jetzt zu unserer Stelle zurückkehren, wird der Leser bemerken, dass die Aufnahme der Versammlung hier nicht erwähnt wird. Man muss die Ausdrücke wohl beachten. Es handelt sich um den Charakter der zweiten Ankunft des Herrn. Er ist einmal offenbart worden und wird nun von denen gesehen werden, die Ihn erwarten. Der Ausdruck ist so gewählt, dass er auch auf die Befreiung der Juden, die Ihn in den letzten Tagen erwarten werden, angewandt werden kann. Er wird erscheinen zu ihrer Befreiung. Wir aber erwarten den Herrn zu dieser Befreiung, und wir werden Ihn sehen, wenn Er sie für uns herbeiführt. Der Apostel berührt nicht den Unterschied zwischen unserer Aufnahme und dem Kommen des Herrn zur Befreiung der gläubigen Juden, noch gebraucht er hier das Wort, das im griechischen Text gewöhnlich dazu dient, seine öffentliche Offenbarung anzukündigen. Er wird denen erscheinen, die Ihn erwarten. Er wird nicht von aller Welt gesehen werden. Auch wird nicht gesagt, dass die Folge seines Erscheinens das Gericht sein wird, obgleich dieses folgen mag. Der Heilige Geist spricht nur von denen, die den Herrn erwarten. Ihnen wird Er erscheinen. Von ihnen wird Er gesehen werden, und es wird die Zeit ihrer Befreiung sein. Das hier Gesagte ist also wahr für uns und ist auch anwendbar auf den jüdischen Überrest in den letzten Tagen. So wird hier sowohl die christliche Stellung vorgestellt als auch die Hoffnung der zukünftigen Welt, die sich auf das Blut und auf den Mittler des neuen Bundes gründet. Die eine ist das gegenwärtige Teil des Gläubigen, die andere ist als die Hoffnung Israels gesichert.
Wie wunderbar ist die Gnade, die wir hier betrachten! Es gibt zwei Dinge, die uns in Christus entgegentreten: die Anziehung, die seine Gnade und seine Güte auf unser Herz ausübt, und sein Werk, das unsere Seelen in die Gegenwart Gottes bringt. Mit dem letzten beschäftigt uns der Heilige Geist hier. Neben der Frömmigkeit welche die Gnade hervorbringt, gibt es die Wirkung des Werkes selbst. Und worin besteht diese Wirkung? Was ist das Ergebnis seines Werkes für uns? Zugang zu Gott in dem Licht ohne einen Vorhang, wir selbst vor Ihm völlig rein von jeder Sünde, so weiß wie Schnee in einem Licht, das diese Reinheit nur hervortreten lässt. Wunderbare Stellung für uns! Wir haben nicht einen Tag des Gerichts zu erwarten, so sicher er auch kommen wird, noch nach Mitteln zu suchen, um Gott zu nahen. Wir sind in seiner Gegenwart. Christus erscheint in der Gegenwart Gottes für uns. Und nicht allein das: Er bleibt dort für immer. Unsere Stellung verändert sich daher nie. Wohl ist es wahr, dass wir berufen sind, dieser Stellung gemäß zu wandeln, aber das berührt nicht die Tatsache, dass unsere Stellung so ist. Und wie sind wir in dieselbe gekommen? und unter welchen Bedingungen? Unsere Sünden sind gänzlich hinweg getan, ein für allemal vollkommen hinweg getan, und die ganze Frage der Sünde ist für immer vor Gott in Ordnung gebracht; wir sind dort, weil Christus das Werk vollbracht hat, durch das die Sünde abgeschafft wurde, wir stehen ohne Sünde vor den Augen Gottes. Wir haben also hier zweierlei: dieses wunderbare Werk ist vollbracht, und diese Stellung ist unser in der Gegenwart Gottes.
Der große Gegensatz zwischen diesem und dem Judentum ist augenscheinlich. In dem letzteren wurde der Gottesdienst, wie wir gesehen haben, außerhalb des Vorhangs ausgeübt. Die Anbeter erreichten nie die Gegenwart Gottes. Sie hatten also immer wieder von neuem zu beginnen. Das Sühnopfer wurde von Jahr zu Jahr erneuert – ein beständig sich wiederholendes Zeugnis, dass die Sünde noch vorhanden war. Persönlich erlangte man eine zeitweilige Vergebung für besondere Tatsünden, aber, auch das musste immer wieder erneuert werden. Das Gewissen wurde nie vollkommen gemacht, die Seele kam nie in die Gegenwart Gottes. Diese große Frage wurde nie in Ordnung gebracht. (Wie viele Seelen befinden sich heute noch in diesem Zustand!) Das Eingehen des Hohenpriesters ins Heiligtum, einmal im Jahr, lieferte nur den Beweis, dass der Weg noch versperrt war, dass man Gott nicht nahen konnte, sondern dass der Sünde noch gedacht wurde. Jetzt aber ist die Schuld der Gläubigen hinweg getan, ihre Sünden sind abgewaschen durch ein Werk, das ein für allemal geschehen ist. Auch gibt es für sie keine Verdammnis mehr. Die Sünde im Fleisch ist in Christus verurteilt worden, als Er zum Sündopfer gemacht war, und Christus erscheint für immer in der Gegenwart Gottes für uns. Der Hohepriester bleibt dort. Also, anstatt ein alljährlich wiederholtes Erinnern an die Sünden zu haben, besteht für uns allezeit eine vollkommene Gerechtigkeit in der Gegenwart Gottes. Die Stellung des Anbeters ist ganz und gar verändert.
Das Los des Menschen (denn dieses vollkommene Werk nimmt uns aus dem Judentum heraus) ist Tod und Gericht, aber jetzt hängt unser Los von Christus und nicht von Adam ab. Christus ist geopfert worden, um vieler Sünden zu tragen 8. Das Werk ist vollständig, die Sünden sind ausgetilgt, und Er wird denen, die Ihn erwarten, erscheinen, ohne irgendetwas mit der Sünde zu tun zu haben, weil diese Frage bei seiner ersten Ankunft gänzlich in Ordnung gebracht worden ist. In dem Tod Jesu war Gott mit den Sünden derer beschäftigt, die Ihn erwarten, und der Herr wird nicht zum Gericht, sondern zur Seligkeit erscheinen, um die Gläubigen endgültig aus der Stellung zu befreien, in die die Sünde sie gebracht hatte. Diese Wahrheit wird zur Zeit des Endes ihre Anwendung auf den jüdischen Überrest finden den Umständen seiner Stellung gemäß, bezieht sich aber in einer unbedingten Weise auf die Christen, die den Himmel als ihr Teil besitzen.
Fußnoten
- 1 Der Leser wird bemerken, wie angelegentlich der Brief hier das Beiwort „ewig“ mit allem verbindet. Die Beziehung zu Gott war keine zeitweilige oder irdische, sondern eine ewige; so die Erlösung und so auch das Erbe. Dementsprechend ist das Werk auf der Erde ein für allemal geschehen. Es ist nicht unwichtig, dies in Bezug auf die Natur des Werkes zu beachten. So wird denn jenes Beiwort selbst mit dem Geist verbunden.
- 2 Es ist sehr wichtig, klar zu verstehen, dass es die Gegenwart Gottes ist, in die wir eintreten, und das zu aller Zeit und kraft eines Opfers und eines Blutes, die nie ihren Wert verlieren. Der Anbeter unter der früheren Hütte kam nicht in die Gegenwart Gottes. Er blieb außerhalb des nicht zerrissenen Vorhangs. Sündigte er, so wurde ein Opfer dargebracht, sündigte er wieder, so geschah das gleiche. Jetzt ist der Vorhang zerrissen. Wir sind allezeit in der Gegenwart Gottes ohne einen Vorhang. Was auch geschehen mag, Er sieht uns immer, sieht uns in seiner Gegenwart, entsprechend der Wirksamkeit des vollkommenen Opfers Christi. Wir sind jetzt dort kraft eines vollkommenen Opfers, das dargebracht worden ist zur Abschaffung der Sünde der göttlichen Herrlichkeit gemäß, und das die Reinigung von Sünden vollkommen ausgeführt hat. Ich würde nicht in der Gegenwart Gottes im Heiligtum sein, wenn ich nicht der Reinheit Gottes gemäß und durch Gott gereinigt worden wäre. Das ist es, was mich dorthin gebracht hat. Und dieses Opfer und dieses Blut können, wie gesagt, nie ihren Wert verlieren. Durch sie bin ich für immer vollkommen in der Gegenwart Gottes. Durch sie bin ich dort eingeführt worden.
- 3 Das Werk, kraft dessen alle Sünde einmal endgültig vor den Augen Gottes hinweg getan, ausgetilgt werden wird, ist vollendet. Die Frage über „gut und böse“ ist auf dem Kreuz zu einem endgültigen Abschluss gekommen, und Gott ist völlig verherrlicht worden, als die Sünde vor Ihm war. Das endgültige Ergebnis davon wird indes nicht eher gesehen werden, bis der neue Himmel und die neue Erde da sind. Aber nachdem Christus unsere Sünden auf dem Kreuz getragen hatte, ist Er wieder auferstanden, da die Sühnung vollbracht war - zum ewigen Zeugnis dafür, dass die Sünden für immer beseitigt sind, und dass wir jetzt durch Glauben gerechtfertigt sind und Frieden haben. Wir dürfen diese beiden Dinge nicht miteinander vermengen: nämlich dass unsere Sünden hinweg getan sind, und dass Gott betreffs der Sünde völlig verherrlicht worden ist, als Christus zur Sünde gemacht war, wovon die Ergebnisse noch nicht erfüllt sind. Was die sündige Natur betrifft, so ist sie noch in uns. Doch als Christus starb, fand ihre Verurteilung statt, und da dies im Tod geschah, halten wir uns der Sünde für tot, und es gibt keine Verdammnis mehr für uns.
- 4 Andere sind der Meinung, dass diese beiden Verse nicht eine Einschaltung seien, die von einem Testament sprechen, sondern eine Fortsetzung der Beweisführung über den Bund, indem sie das Wort diathemenos nicht als Testator oder Erblasser, sondern als Opfer fassen, das ein Siegel, feierlicher als ein Eid, auf die Verpflichtung gesetzt habe, den Bund zu beobachten. Es ist eine schwierige griechische Frage, auf die ich hier nicht näher eingehe, aber ich kann nicht sagen, dass man mich überzeugt habe.
- 5 Denn in dem Wegtun der Sünde muss Wirklichkeit sein.
- 6 Je näher wir das Kreuz von der Seite Gottes aus betrachten, desto mehr werden wir folgendes sehen: Die Feindschaft des Menschen gegen Gott, und zwar gegen den Gott, der in Güte erschienen war, wurde völlig ans Licht gestellt, ebenso die Macht, die Satan im Bösen über den Menschen ausübte, ferner die Vollkommenheit des Menschen in Liebe und Gehorsam dem Vater gegenüber, dann Gottes Majestät und Gerechtigkeit gegenüber der Sünde und seine Liebe zu Sündern, kurz alles, was Er ist. Und schließlich ist alles Gute und Böse völlig zum Austrag gebracht worden, und zwar an der Stätte der Sünde, d. h. in Christo, der für uns zur Sünde gemacht war. Als die Sünde als solche in dem einen Sündlosen vor den Augen Gottes stand, da wo sie sein musste, und als Gott, ja, auch der Sohn des Menschen völlig verherrlicht wurde, da wurde in sittlichem Sinn alles in Ordnung gebracht, und wir wissen das; die tatsächlichen Ergebnisse sind aber noch nicht herbeigeführt.
- 7 Noch weit mehr als das Gesagte ist in dem Werk und der Stellung Christi eingeschlossen, sogar himmlische Herrlichkeit bei Gott. Doch das ist nicht unser Gegenstand hier.
- 8 Das Wörtchen „vieler“ hat hier einen doppelten Sinn, einen negativen und einen positiven. Es konnte nicht gesagt werden „aller“, denn dann würden alle Menschen errettet sein. Andererseits verallgemeinert das Wörtchen „vieler“ das Werk, so dass es nicht für die Juden allein da ist, sondern auch für andere Menschen.