Aus dem Wort der Wahrheit (Band 2)
gesammelte Vorträge
Ein vollständiger Rückblick auf die Wüstenreise
(4. Mose 33)
Dieses Kapitel zeigt uns alle Stationen der Reise der Kinder Israel durch die Wüste, von ihrem Anfang in Ägypten bis zum Ziel, dem Jordan, der sie noch von dem verheißenen Land trennte. Doch ihre Geschichte dieser vierzig Jahre wird hier nicht in der Weise beschrieben wie in den vorhergehenden Kapiteln im 4. Buch Mose und in 2. Mose 12. Ab 2. Mose 12 finden wir nach dem Passah die Geschichte des Auszugs aus Ägypten und den Durchzug durch das Rote Meer und danach die Reise durch die Wüste bis zum Berg Sinai (Kap. 19). Die Kapitel 4. Mose 10 bis 22,1 berichten uns, wie sie weiter durch die Wüste reisten bis zum Ufer des Jordan. Alle diese Kapitel geben uns jedoch eine völlig andere Beschreibung als unser gelesenes Kapitel, sie zeigen uns, was der Mensch praktisch ist, aber auch, was Gott für den Menschen ist.
Denken wir nur an 2. Mose 12, wo das geschlachtete Lamm die Erstgeborenen Israels sicherstellte vor dem Gericht, das an Ägypten ausgeübt wurde. Dort, wo das Blut an die beiden Pfosten und die Oberschwelle der Häuser gestrichen war, ging der Engel des Gerichts vorüber. Nachdem sie dann auf Befehl Gottes aus Ägypten ausgezogen waren, verzweifeln sie, als sie in Pi-Hachiroth angekommen sind, das Schilfmeer vor sich, die Berge zu beiden Seiten und die Ägypter hinter sich. Sie denken, dass sie verloren sind, und vergessen Gott. Dann sehen sie erneut die Treue Gottes, der sie trotz scheinbarer Unmöglichkeit durch das Rote Meer hindurchbringt, während Pharao und seine Streitmacht darin ertrinken. Daraufhin singen sie in Kapitel 15 das Lied des Glaubens und der Erlösung. Am Ende desselben Kapitels murren und klagen sie, weil es kein gutes Wasser gibt. In Kapitel 16 murren sie, weil sie kein Brot haben, und sagen: „Wären wir doch im Lande Ägypten durch die Hand Jehovas gestorben“ (Vers 3). In Kapitel 17 klagen sie erneut, weil sie wiederum kein Wasser haben. Doch jedes Mal gibt Gott in Überfluss, was sie nötig haben.
In 4. Mose 10 verlassen sie den wunderbaren Platz, wo Gott Seinen Bund mit ihnen schloss, sie als Sein Volk annahm und in ihre Mitte kam, um dort in dem herrlichen Zelt zu wohnen, das sie nach Seinen Anweisungen für Ihn gebaut hatten. Dieses Zelt offenbarte durch sein Gold und Silber und die köstlichen Stoffe Seine Herrlichkeit. Danach hatten sie all die herrlichen Begegnungen mit Ihm, wobei Er Sein Herz offenbarte und ihnen die herrlichen Dinge gab, die wir im zweiten Teil des 2. Buches und in dem ganzen 3. Buch Mose finden: zuerst die Stiftshütte und dann den Priesterdienst; danach die Opfer, die alle auf das wunderbare Werk hinweisen, das der Herr Jesus in Seinem Leben und Sterben auf der Erde vollbringen sollte; und alle die Herrlichkeiten, die uns in 3. Mose und in den ersten neun Kapiteln des 4. Buches Mose beschrieben werden!
Dann finden wir in 4. Mose 10,33, dass sie zur Reise zu dem ihnen von Gott verheißenen Land aufbrechen. Doch bevor sie aufbrechen, sehen wir, dass sogar Mose die Leitung des Heiligen Geistes (die Wolke) und die Posaunen (das Wort Gottes) für nicht ausreichend hält. Er bittet seinen Schwager um Hilfe, der nicht einmal zu dem Volke Gottes gehörte. Danach treten Mirjam und Aaron, Moses eigene Schwester und eigener Bruder, die beide einen bedeutenden Platz in der Mitte des Volkes einnahmen, gegen ihn auf.
In Kapitel 11 murrt das Volk aufs neue. In den ersten Versen wird uns der Grund dazu nicht genannt. Später finden wir jedoch den Grund: weil sie das kostbare Manna, das ihnen von Gott gegebene Brot, verachteten und nach dem Essen Ägyptens zurückverlangten. In Kapitel 13 weigert das Volk sich, das ihnen von Gott verheißene Land zu betreten. Obwohl Gott verheißen hatte, bei ihnen zu sein und ihnen das Land zu geben, sind sie ängstlich und wollen nach Ägypten zurückkehren. Nachdem Gott ihnen dann in Kapitel 14 sagt, dass sie nicht in das Land hineingehen sollen, tun sie es trotzdem. So fährt die Geschichte fort. In Kapitel 16 wird der Aufstand Korahs, Dathans und Abirams beschrieben, eine Auflehnung gegen Moses und Aaron. In Kapitel 19 finden wir die Vorschriften über die junge rote Kuh: die Hilfe, die Gott für die Verunreinigungen in der Wüste gab. Anschließend befinden wir uns in Kapitel 20 bereits im letzten Jahr der Reise, wo sowohl der Tod Mirjams als auch Aarons erwähnt werden. Über 38 Jahre wird nahezu nichts gesagt. Doch diese wenigen Kapitel zeichnen uns ein genaues Bild dessen, was das Volk war: nur Untreue, Unglauben, Auflehnung usw., und das Gericht Gottes in Seiner Regierung.
In Kapitel 33 nun finden wir Gottes Seite dieser Reise. Nichts wird erwähnt über das Versagen des Volkes. Dieses Kapitel ist eine Verwirklichung dessen, was die Israeliten in 2. Mose 15 in dem Lied des Glaubens sangen: „Meine Stärke und mein Gesang ist Jah, denn er ist mir zur Rettung geworden ... Du hast durch deine Güte geleitet das Volk, das du erlöst, hast es durch deine Stärke geführt zu deiner heiligen Wohnung“ (V. 2.13). Die ganze Reise wird in diesem Kapitel beschrieben, wenn uns auch lediglich die Namen der Orte mitgeteilt werden, wo sie sich aufgehalten haben. Die Reise beginnt in Ägypten und endet vor dem Jordan. Ich kann nun nicht über die Bedeutung all der Namen sprechen. Ohne Zweifel würden wir darin kostbare Belehrungen finden. Ich werde mich auf einige Orte beschränken, wo das Volk sich zu Beginn und am Ende der Reise aufhielt. Ich betone noch einmal, dass es so besonders auffallend ist, dass in diesem Kapitel nichts von dem Versagen des Volkes erwähnt wird.
Es ist wahr, dass wir die Seite unserer Verantwortlichkeit nicht leugnen können. Wir finden sie in Hebräer 3 und 4 sehr deutlich beschrieben, gerade in Verbindung mit unserem Thema. Was die Seite der Verantwortlichkeit betrifft, so mussten alle Männer über 20 Jahren, mit Ausnahme von Josua und Kaleb, unter dem Gericht Gottes in der Wüste sterben. Sogar Mose, der große Knecht Jehovas, starb, weil er Jehova nicht geglaubt und Ihn nicht geheiligt hatte (4. Mo 20,8-12). Alle Männer außer Kaleb und Josua haben versagt! Jeder Gläubige, der sich selbst und seine Schwachheit in der praktischen Verwirklichung seiner Stellung als Christ kennengelernt hat, wird das gut verstehen. Und doch bringt Gott das Volk in das Land! Es ist wahr, dass es sich um die Söhne, also ein neues Geschlecht, handelt. Die Väter kamen in der Regierung Gottes um. Gott vollbringt Sein Werk und die Ratschlüsse Seiner Gnade und Liebe. Er bringt Sein Volk in das herrliche Erbteil, das Er für sie bereitet hat. Wir sehen das deutlich in diesem Vorbild, wenn wir 4. Mose 1,45.47 mit 26, 51 vergleichen. In 4. Mose 1 wird uns die Anzahl der Männer genannt (derer, die im Vorbild ihre Stellung praktisch verwirklichen wollten und deshalb in das Heer aufgenommen wurden), die zu Beginn der Wüstenreise auszogen, nämlich 603.550 Männer. Und am Ende der Reise, in dem Augenblick, als sie durch den Jordan zogen, waren es 601.730 Männer. Das sind also 1.820 Männer weniger als 38 Jahre zuvor, obwohl von diesen ersten nur zwei Männer übriggeblieben waren! In den beiden Summen sind die männlichen Leviten nicht mitgezählt, also diejenigen, die in der Stiftshütte täglich dienten. Welch ein Wunder der Gnade Gottes!
Das nimmt nichts weg von der Verantwortlichkeit der Gläubigen in ihrer Gesamtheit und der jedes einzelnen. Wenn wir auf die praktische Verwirklichung unserer himmlischen Stellung sehen, sowohl persönlich als auch in der Gesamtheit derer, die sich Christen nennen, dann seufzen wir nur noch: Alles ist durch uns verdorben, alles ist verloren. Wie soll Gott Seine Ratschlüsse noch erfüllen, wie wir z. B. in Epheser 5,25-27 lesen, dass Christus Seine Braut, die Versammlung, Sich Selbst verherrlicht darstellen wird ohne Flecken oder Runzel? In Römer 8,29 heißt es, dass Sein Ratschluss darin besteht, dass wir dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig sein sollen. Die Christenheit in ihrer Gesamtheit ist völlig verweltlicht und dem Herrn untreu. Und was sehen wir bei uns selbst, die wir bekennen, uns von der Welt und der verweltlichten Christenheit abgesondert zu haben, und nur zu dem Namen des Herrn Jesus zusammenkommen möchten?
Sehen wir die Verflachung und den Verfall nicht auch in unserer Mitte? Wo ist die Verwirklichung der schriftgemäßen Grundsätze, die die Grundlage unseres Zusammenkommens sind? Ich meine damit nicht so sehr die äußere Form, wie mangelhaft sie häufig auch sein mag, sondern den Gehorsam und die Liebe zu unserem Herrn und Heiland, der hier auf Erden nur ein Kreuz und ein Grab bekam. Wir haben in der Taufe öffentlich den Platz mit Ihm eingenommen. Verwirklichen wir das in unserem täglichen Leben? Wir haben Ihn als unseren Herrn angenommen (Phil 2,11; Röm 10,9). Verwirklichen wir das in unserem täglichen Leben? Wenn wir so auf uns selbst und unsere bekennenden Mitgläubigen sehen, können wir dann anders als trauern und ausrufen: Herr, wir begreifen nicht, dass Du uns nicht schon lange beiseite gesetzt und andere genommen hast, die treuer sind als wir!?
Und doch bleibt es wahr, dass Seine Liebe das zustandebringen wird, was Er Sich vorgesetzt hat. Er wird Sich die Versammlung verherrlicht darstellen ohne Flecken oder Runzel, auch wenn wir das mit unserem menschlichen Verstand und unseren menschlichen Gefühlen nicht verstehen können. Die Heilige Schrift sagt es uns. Wenn wir Ihn besser kennengelernt haben, wissen wir, dass Er es tun wird.
Es gibt bestimmte Dinge, die hiermit in Verbindung stehen. Das wichtigste ist, womit wir uns auch heute morgen beschäftigt haben: der Tod des Herrn Jesus. Das ist die Grundlage aller Segnungen, sowohl für uns als Gläubige als auch für die gesamte Schöpfung (Kol 1,19-21). Sein Tod ist auch die Grundlage für das Gericht über die Menschen, die ihre Knie nicht vor Ihm beugen und Ihn um Gnade anflehen. In Galater 1,3-5 finden wir in einem einzigen Vers den gesamten Inhalt unseres Kapitels, ja, unseres ganzen Themas: „…unsere[n] Herrn Jesus Christus, der sich selbst für unsere Sünden hingegeben hat, damit er uns herausnehme aus der gegenwärtigen bösen Welt, nach dem Willen unseres Gottes und Vaters, welchem die Herrlichkeit sei von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“ Er hat uns grundsätzlich aus der Welt herausgenommen, und Er wird uns auch zu dem Platz bringen, wo wir vollständig, auch leiblich, außerhalb der Welt sind (Joh 17,11.14.24). Wir sind also nicht nur aus dem bösen System herausgenommen, von dem Ägypten ein Bild ist – Ägypten stellt uns die Welt vor, die glaubt, Gott nicht nötig zu haben Gott muss uns nach Seinen Ratschlüssen aus der gesamten Schöpfung herausbringen, aus dem Weltall, das von Gott geschaffen ist und Seine Herrlichkeit widerspiegelt, doch von dem Menschen und Satan und seinen Dämonen durch die Sünde besudelt ist. Das ist das endgültige Ziel Gottes. In den Vorbildern des Alten Testamentes finden wir das in Schatten vorgebildet.
Allerdings finden wir darin nicht die ganze Wahrheit Gottes. Die konnte in der Geschichte des irdischen Volkes Gottes nicht geoffenbart werden. Der Sohn Gottes war noch nicht in unendlicher Gnade auf die Erde gekommen. Das Werk am Kreuz, das die einzige Grundlage der Verwirklichung der Ratschlüsse Gottes sein konnte, war noch nicht vollbracht. Gott ist erst vollkommen in dem Leben und Sterben des Herrn Jesus geoffenbart worden (Joh,18), „Gott, geoffenbart im Fleisch“ (1. Tim 3,16), und daher konnte die volle Wahrheit damals noch nicht geoffenbart werden. Doch in den Bildern des Alten Testamentes ist das Land ein Bild der himmlischen Örter, in die wir mit Christus bereits jetzt versetzt sind (Eph 2,6). Wir finden das in 5. Mose und vor allem auch im Buch Josua.
4. Mose 33 zeigt uns das Volk Gottes, das von Gott aus Ägypten erlöst und durch die Wüste geführt wurde, um schließlich die verheißenen Segnungen zu empfangen. Für uns bedeutet das, dass wir all die Folgen des Sterbens und der Auferstehung des Herrn Jesus mit Ihm teilen. Und da hier die göttliche Seite beschrieben wird, finden wir keinen einzigen Hinweis auf die so mangelhafte Verwirklichung seitens des Volkes, sondern lediglich den Weg, auf dem Jehova sie zum Ufer des Jordan bringt. So wird es bei uns sein, wenn wir vor dem Richterstuhl Christi geoffenbart werden, unmittelbar nach dem Wiederkommen des Herrn. Dann wird jeder von uns persönlich sehen, wie der Herr unser Leben geführt hat und dass die Umstände, durch die wir gehen mussten, alle von Ihm gebraucht wurden, um uns wachsen zu lassen in der Erkenntnis Seiner Selbst und Seiner Gedanken. So lernten wir, dass in uns, in unserer alten Natur, nichts Gutes ist. Wir lernten die Wahrheit zu verwirklichen, dass wir mit Christus gestorben sind und also nichts mehr mit dieser alten Natur zu tun haben. Das ist der freiwillige Durchzug durch den Jordan, damit wir auf der anderen Seite verwirklichen können, dass wir in den himmlischen Örtern leben, obwohl unsere Leiber noch auf der Erde sind. Das bedeutet also, dass wir unser Gestorben-Sein mit Christus nicht nur annehmen im Blick auf das Gericht Gottes über unsere Sünden und unsere sündige Natur, so dass es kein Gericht mehr für uns gibt, sondern dass wir auch in unserem täglichen Leben verwirklichen, dass wir gestorben und auferstanden sind.
In Vers 1 finden wir den Beginn der Reise: „Dies sind die Züge der Kinder Israel, welche aus dem Lande Ägypten ausgezogen sind nach ihren Heeren, unter der Hand Moses und Aarons.“ Der hebräische Name für Ägypten ist Mizraim, was so viel wie „doppelte Einengung“ bedeutet. Wie spiegelt dieser Name doch den Charakter Ägyptens wider. Ägypten ist größtenteils eine Wüste, weil dort kaum Niederschlag fällt. Doch der Nil fließt durch die Länge des Landes und gewährt durch eine jährliche Überflutung einem schmalen Landstrich zu beiden Seiten eine gewisse Fruchtbarkeit. So fühlen sich die Ägypter nicht von dem Regen des Himmels abhängig, wie das bei dem Land Israel der Fall ist (5. Mo 11,8-15). Pharao hören wir dementsprechend auch sagen: „Mein Strom gehört mir, und ich habe ihn mir gemacht“ (Hes 29,3). Doch Gott antwortet: „Weil der Pharao spricht: Der Strom ist mein, und ich habe ihn mir gemacht, darum, siehe, will ich an dich und an deine Ströme; und ich werde das Land Ägypten zu öden, wüsten Einöden machen (Hes 29,9.10). Er will nicht anerkennen, dass das Wasser des Nils letztlich vom Regen des Himmels kommt, allerdings weit im Süden Ägyptens herniedergefallen.
Welch ein deutliches Bild der von Gott abgewandten Welt! Sie kann eine Industrie aufbauen, Erz und Eisen bearbeiten, Häuser bauen und Musikinstrumente herstellen (1. Mo 4,20-22). Doch können sie das alles nur dadurch tun, dass Gott die Grundstoffe in der Schöpfung niedergelegt hat, und dadurch, dass Er Regen und fruchtbare Zeiten gibt (Apg 14,17). Wenn Gott den Regen an der Quelle des Nils zurückhielte, würde ganz Ägypten eine unbewohnbare Wüste. Nun, aus dieser Welt erlöst Gott Sein Volk, um sie in Sein Land zu bringen.
Wir finden noch eine wichtige Zufügung in Vers 1. Das Volk zog aus „unter der Hand Moses und Aarons“. Moses ist ein Bild von dem Herrn Jesus als dem Propheten, dem Lehrer, der das Wort Gottes mit Autorität spricht (5. Mo 18,15-19; Apg 3,21-23). Und Aaron ist ein Bild von Ihm als dem Priester, der das Volk Gottes beständig vor Gott vertritt, auf dass es Barmherzigkeit und Gnade zur rechtzeitigen Hilfe empfängt (Heb 3,1; 4,14-16; 7,24-28 usw.).
„Die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesum Christum geworden“ (Joh 1,17). Die Wahrheit ist die Wirklichkeit aller Dinge. In Seinem Leben auf der Erde kann man sehen, wie ein Mensch leben und Gott dienen muss (Joh 8,28). Und in Ihm ist Gott geoffenbart (Joh 1,18; 14,9). Als Er auf der Erde war, wurde jeder Mensch erleuchtet (Joh 1,9). Wir haben den Herrn Jesus und Seine Worte in dem Wort Gottes. Dadurch gibt es keine Entschuldigung für einen Menschen, der sagt, dass er kein Sünder sei und die Gnade nicht nötig habe, und sich daher nicht bekehrt.
Doch selbst wir, die wir wirklich unsere Sünden und unsere Schuld vor Gott bekannt und in dem Augenblick durch die neue Geburt das ewige Leben empfangen haben, sind zu schwach – obwohl unser neues Leben nur den einen Wunsch hat, dem Herrn Jesus und dem Vater zu dienen –, um dem Teufel und seinen Dämonen und den Verführungen der Welt und der Wirksamkeit unseres Fleisches zu begegnen. Wir sind so schwach in uns selbst, dass wir ohne die Hilfe des Herrn abfallen würden. Und dieser Abfall ist die einzige Sünde, für die es keine Vergebung gibt. Das ist die Lehre des Hebräerbriefes (Kap. 6, 4–8; 10, 26–31). Doch auch hierfür hat die Gnade Gottes Vorsorge getroffen durch den Dienst unseres Herrn Jesus als Hoherpriester. Hebräer 7,24.25 sagt uns, dass Er ein unveränderliches Priestertum hat, und „daher vermag er auch völlig zu erretten, die durch ihn Gott nahen, indem er immerdar lebt, um sich für sie zu verwenden“. Durch Sein Werk auf dem Kreuz „hat er auf immerdar vollkommen gemacht, die geheiligt werden“ (Hebrr 10, 14). Und so ruft uns Hebräer 4,14-16 zu: „Da wir nun einen großen Hohenpriester haben, der durch die Himmel gegangen ist, Jesum, den Sohn Gottes, so lasst uns das Bekenntnis festhalten; denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht Mitleid zu haben vermag mit unseren Schwachheiten, sondern der in allem versucht worden ist in gleicher Weise wie wir, ausgenommen die Sünde. Lasst uns nun mit Freimütigkeit hinzutreten zu dem Thron der Gnade, auf dass wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe.“
So sehen wir im 2. Buch Mose die Zubereitung für die Reise zu dem von Gott gegebenen Erbteil. Der Ausgangspunkt zu allem ist der Schutz hinter dem Blut des geschlachteten Lammes. Der Auszug findet statt unter der Führung Moses und Aarons, im Vorbild also Christi, der uns in alle Wahrheit einführen will und uns am Regierungsthron Gottes (der für uns ein Gnadenthron geworden ist durch das darauf gesprengte Blut des Sünd- und Schuldopfers) als Priester die Kraft gibt, so dass wir niemals abfallen werden (vgl. 4. Mose 16,44-50). Petrus schreibt, dass der Gerechte mit Not errettet wird (1. Pet 4,18). Die ganze Macht Gottes ist dafür nötig. Sie ist in den Händen unseres Heilandes. So ist es sicher, dass wir in dem Erbteil ankommen werden. Das wird uns in unserem Kapitel vorgestellt.
Diese Welt hatte für Christus lediglich eine Futterkrippe, als Er geboren wurde. Und am Ende Seines Lebens gab sie Ihm nur ein Kreuz und ein Grab. Das ist die Welt, aus der wir kommen, jeder von uns! Oh, es ist wahr, viele von uns hatten das große Vorrecht, christliche Eltern zu haben und in einer Familie von Gläubigen aufzuwachsen. Das ist ein besonderer Platz, den Kinder gläubiger Eltern auf dieser Erde einnehmen. Sie gehören ihrer Stellung nach nicht zu dieser Welt. Sie sind, wie 1. Korinther 7,14 sagt, heilig, das bedeutet: abgesondert. Gott sieht sie nicht als zu dieser Welt, sondern als zu Seinem Haus und Seinem Reich der Himmel hier auf Erden gehörend. Doch in sich selbst haben sie die Natur der Welt, der Ungläubigen. Deshalb müssen sie sich bekehren. Dazu führt der Herr sie, wie wir hier sehen, wenn die Zeit kommt, heraus. Allerdings müssen sie sich dessen selbst bewusst werden und eine Wahl für sich selbst treffen.
„Und Mose schrieb ihre Auszüge auf, nach ihren Zügen, nach dem Befehle Jehovas; und dies sind ihre Züge, nach ihren Auszügen“ (Vers 2). Dies ist die Geschichte des Volkes, wie der Herr sie geschrieben hat. Wie werden wir einmal erstaunt sein, wenn wir unser ganzes Leben vor dem Richterstuhl mit Seinen Augen sehen werden. Wir werden sehen, wie Er uns geführt hat, als wir geboren wurden. Er bestimmte, wer unsere Eltern sein sollten, in welcher Familie wir aufwachsen sollten (Ps 139,13-16). Dann führte Er uns zur Bekehrung, wo wir Ihn als Heiland annehmen durften. Wir werden dann sehen, wie Er uns in allen Umständen unseres Lebens geführt hat, ja, auch in den Schwierigkeiten, in die wir durch unsere eigene Schuld hineinkamen. Wir werden sehen, dass Er Prüfungen in unser Leben schickte, die nötig waren im Blick auf unser Versagen und unsere Torheit und unsere eigenen Wege. Wir werden sehen, welche eigenen Wege wir gegangen sind, ohne umzukehren und sie zu bekennen. Doch wir werden dann auch sehen, dass die Wege, die Er uns führte und die notwendig waren durch unsere Untreue und Schwachheit, ausschließlich zu unserem Segen waren. Es war Sein Weg, durch den Er uns unterwies, um uns näher zu Sich zu bringen, damit wir Ihn besser kennenlernten und uns ernährten in der Erkenntnis Seiner Selbst, unseres Heilandes, und auch in der Erkenntnis des Vaters und Seiner Gedanken. Wenn wir bald dort ankommen, werden wir eine Erkenntnis des Vaters und des Sohnes empfangen haben, die wir nur auf diesem Wege empfangen konnten, den Er uns geführt hat.
„Sie brachen auf von Raemses im ersten Monat, am fünfzehnten Tage des ersten Monats“ (V. 3). Raemses war der Ort der Gefangenschaft. Die Kinder Israel mussten diese Stadt in Ägypten bauen. Sie war eine Festung für die Heere Pharaos, die das Volk Israel bewachten und unterdrückten. Sie hatten selbst das Bollwerk des Feindes bauen müssen, und das ist es, was Satan auch heute noch mit den Gläubigen tut: Er wünscht die Gläubigen zu gebrauchen, um seine Bollwerke hier auf Erden zu errichten, mit denen er uns in dieser Welt in Gefangenschaft halten will.
Doch dann lesen wir weiter in Vers 3: „Am anderen Tage nach dem Passah zogen die Kinder Israel aus mit erhobener Hand, vor den Augen aller Ägypter.“ Das geschlachtete Passah erinnert uns an das Gericht, das über diese Welt kommt. So wie Gott damals die Erstgeburt im ganzen Land schlug, wird Er das Gericht an dieser Welt vollziehen. In 1. Johannes 5,19 lesen wir, dass die ganze Welt in dem Bösen liegt. Das einzige Mittel, vor dem Gericht verschont zu werden, liegt in dem Schutz hinter dem Blut des Lammes.
Es ist bemerkenswert, dass das Blut nicht an die Stirn oder die Hand gestrichen werden musste, wie wir das bei dem Aussätzigen in 3. Mose 14 finden, sondern an die beiden Türpfosten und die Schwelle, also an den Eingang des Haues. Darin liegt für uns eine wichtige Belehrung. Das ganze Haus sollte vor dem Gericht Gottes sicher sein. Natürlich ging es in erster Linie um den Erstgeborenen, der sich in diesem Haus aufhielt. Doch wurde nicht nur der Erstgeborene, sondern auch seine Umgebung, seine Familie, sein ganzes Leben, das sich in der Familie abspielte, durch das Blut vor dem Gericht Gottes geschützt. Dadurch wurde Israel von Ägypten abgesondert. Um Mitternacht ging Gott aus und schlug alle Erstgeburt. Nur dort, wo das Blut an die Pfosten gestrichen war, ging das Gericht vorüber, aber es traf jedes Haus der Ägypter. Das Gericht Gottes, als Bild des gesamten Gerichtes über die Welt, war eingetroffen. Das Blut war die Trennung zwischen der Welt und dem Volk Gottes. Wie wurde diese Trennung gesehen? Innerlich dadurch, dass keiner der Erstgeborenen Israels starb. Äußerlich war diese Trennung dadurch sichtbar, dass das Blut an die Türpfosten gestrichen war. Das ist die Trennung, durch die wir hier auf der Erde äußerlich von der Welt geschieden sind, wie Römer 6 sagt, indem wir mit dem gestorbenen Christus vereinigt und mit Ihm begraben sind. Wir sind für die Welt mit dem gestorbenen Christus vereinigt, den sie ermordet hat. So sind wir nicht nur innerlich und persönlich von der Welt getrennt, sondern Gott sieht uns auch äußerlich mit unseren Häusern von der Welt getrennt. Das Blut beschützte alles, was in den Häusern ein- und ausging.
„…mit erhobener Hand, vor den Augen aller Ägypter ...“(V. 3). Auch hierin liegt für uns eine tiefe praktische Belehrung. Ich möchte uns allen, die wir den Herrn Jesus kennen, die Frage vorlegen: Haben alle Ägypter gesehen, dass wir nicht mehr zu dieser Welt gehören? Wissen sie, dass wir ihr System verlassen haben und dem Herrn Jesus angehören? Dass wir zu der Familie Gottes gehören? Dass wir nicht mehr zu dieser Welt gehören, sondern zu einer neuen Schöpfung, der Auferstehungswelt, in die wir mit dem Herrn Jesus versetzt sind, der von der Welt verworfen wurde?! All das haben wir in der Taufe zum Ausdruck gebracht. Die Taufe hat nichts mit dem Himmel zu tun, sondern mit unserem Platz auf dieser Erde. Wir sind auf Seinen Tod getauft und mit Ihm begraben (Röm 6,3.4). Die Taufe errettet uns, wie 1. Petrus 3,21 uns sagt. Natürlich nicht für den Himmel, sondern für diese Erde, d. h., wir kommen durch die Taufe auf einen Platz der Vorrechte hier auf der Erde. Sie ist zugleich das deutliche Zeichen der Trennung von der Welt. Gott wollte, dass diese sieht, dass wir von ihr getrennt sind und nicht mehr zu ihr gehören, sondern auf der Seite des von ihr verworfenen Heilandes stehen. Das Volk zog nicht im geheimen aus, sondern vor den Augen aller Ägypter.
Dieser Auszug fand mit erhobener Hand statt. Das war die Hand des Allmächtigen, der sie führte. Pharao wollte sie durchaus nicht ziehen lassen, sondern bei sich behalten. Doch nachdem Gott die Erstgeburt aller Ägypter geschlagen hatte, bat Pharao Mose und Aaron, dass sie sich aufmachten und auszogen (2. Mo 12,31). Und nicht nur das, die Kinder Israel forderten von den Ägyptern sogar goldene und silberne Geräte und Kleider. Sie bekamen all das mit, wofür sie so schrecklich hart gearbeitet hatten und was die Ägypter durch ihren Dienst aufgehäuft hatten. Doch als Pharao sah, dass das Volk endlich aufgebrochen war, zog er ihnen mit seinen Heeren nach, um sie bei Pi-Hachiroth zu schlagen. Das war der Augenblick, wo Gott eingriff. Er trocknete das Rote Meer, so dass das Volk Israel sicher hindurchziehen konnte. Als Pharao mit seinen Heeren versuchte, dem Volk nachzueilen, kam er in den zurückströmenden Wassermengen des Roten Meeres um. Da sahen die Ägypter die erhobene Hand Gottes zugunsten Seines Volkes. Ich frage uns noch einmal: Haben alle Ägypter bei uns gesehen, dass unser Leben sich grundlegend geändert hat, nachdem wir den Herrn Jesus kennenlernten? Sehen alle Ägypter an uns, dass wir nicht mehr zu ihnen gehören, sondern dass wir und unser Haus dem auf dieser Erde verworfenen Herrn gehören? Wir finden hier in diesem Vers den Grundsatz, wie der Herr Jesus gewirkt hat und wirken wird. Auch wenn wir versuchen würden, unsere Bekehrung geheimzuhalten, so würde der Herr Jesus doch dafür sorgen, dass sie gesehen wird. Auch wenn ich versuchen würde, der Welt gleichförmig zu sein, so dass kein Unterschied sichtbar wäre, selbst wenn ich mich in allem so verhielte wie sie, so dass ich nicht auffiele, so würde der Herr doch dafür sorgen, dass die Welt feststellt, dass ich anders bin als sie. Er hat uns aus der gegenwärtigen bösen Welt herausgenommen, und zwar „nach dem Willen unseres Gottes und Vaters, welchem die Herrlichkeit sei von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen“ (Gal 1,4.5).
„Und sie brachen auf von Hachiroth und zogen mitten durchs Meer nach der Wüste hin“ (V. 8). Nun hat das Volk nach dem Durchzug durch das Rote Meer Ägypten verlassen und kommt in die Wüste, in ein völlig unfruchtbares Land. Ja, Ägypten war ein fruchtbares Land mit zwei bis drei Ernten im Jahr. Wie wir jedoch sahen, ist Ägypten das Land des von Gott unabhängigen Menschen, der nicht nach Ihm fragt und Ihn nicht nötig hat. Dieses Land verlässt Gottes Volk, um die Wüste zu betreten. Ist die Welt auch für uns der Ort, wo unser Herr verworfen wurde und man Ihm lediglich ein Kreuz und ein Grab gab? Als wir uns taufen ließen, bekannten wir: Wir können mit dieser Welt nicht mehr zusammengehen. Über ihr hängt das Gericht Gottes, das bald ausgeführt werden wird. Die einzigen zwei Orte auf dieser Erde, wo es kein Gericht Gottes mehr geben kann, weil dort das Gericht bereits vollzogen wurde, sind das Kreuz und das Grab Christi, das Kreuz, wo Gott die Sünden all derer, die Ihn im Glauben annehmen würden, gerichtet hat, und Sein Grab. Wenn wir mit Ihm begraben sind, gibt es kein Gericht mehr. Das Grab spricht von dem Tod, der der Lohn der Sünde ist, von dem Gericht Gottes über die Sünde. Es ist der Wunsch des Herrn Jesus für jeden von uns, der Ihn wirklich kennt, dass wir hier auf der Erde mit Ihm verbunden sind, und das bedeutet für uns, dass wir einen Platz der Verwerfung außerhalb der Welt einnehmen, unter dem Kreuz und in Seinem Grab.
So sehen wir hier, dass das Volk von Ägypten getrennt wurde, indem es mitten durch das Meer zog. Das Rote Meer ist ein Bild des Todes des Herrn Jesus. Wenn wir die Stellen in der Schrift lesen, die von Seinem Sterben oder Seinem Tod handeln, ist es auffallend, dass sie normalerweise nicht mit unseren Sünden, sondern mit unserer Sünde, unserer sündigen Natur, in Verbindung stehen. Unsere Sünden sind durch das Blut des Herrn Jesus abgewaschen. Für die sündige Natur gibt es keine Vergebung, sondern diese muss im Tod ihr Ende finden. Wir sind mit Christus gekreuzigt; wir sind mit Ihm gestorben. Wozu? Weil die böse Natur, die wir hatten und die jeder Mensch von Natur aus hat, nicht mit Gott in Verbindung kommen kann. Gott kann diese Natur nur richten.
Das Rote Meer ist also ein Bild von dem Tod und der Auferstehung des Herrn Jesus. Was für die Kinder Israel das Mittel zur Errettung war, war für die Ägypter das Gericht. Auf der anderen Seite des Roten Meeres befanden sich die Kinder Israel nicht mehr in Ägypten, sondern in der Wüste. Dort beginnt die Erprobung des Volkes Gottes. Die Wüste ist das passende Bild dessen, was die Welt für den Gläubigen geworden ist. Der Gläubige findet in der Wüste keine Nahrung mehr. Früher dachten wir, dass die Welt unsere Bedürfnisse stillen könnte, und im Blick auf unsere alte Natur ist das auch so. Jetzt können wir sie nur noch als den Ort betrachten, wo unser Herr allein dem Hass der Menschen begegnete und schließlich ein Kreuz und ein Grab fand. Es ist der Ort, wo sie Ihn verwarfen, verspotteten, geißelten und kreuzigten. In dieser Welt gibt es nichts für den Glauben und für das neue Leben, das wir empfangen haben.
„Und sie zogen drei Tagereisen in der Wüste Etham und lagerten sich in Mara“ (V. 8b). Die Zahl 3 ist in Gottes Wort immer die Zahl der völligen Offenbarung. Wir kennen Gott als drei Personen, Vater und Sohn und Heiliger Geist, nachdem Er Sich in Jesus Christus geoffenbart hat. Auch fand die Auferstehung am dritten Tag statt, wodurch die ganze göttliche Macht über den Tod offenbar wurde. So lernte das Volk Israel in diesen drei Tagen Wüstenreise den Charakter der Wüste kennen. In 2. Mose 15 sehen wir die Ergebnisse dieses Kennenlernens: Sie fanden kein Wasser und murrten. Mara bedeutet „Bitterkeit“, und wenn auch der Ort hier erwähnt wird, so doch nicht ihr Unglaube. Hier sehen wir lediglich, dass der Herr sie in ihrer Reise durch die Wüste weiterführte: „Und sie brachen auf von Mara und kamen nach Elim; und in Elim waren zwölf Wasserquellen und siebenzig Palmbäume; und sie lagerten sich daselbst. Und sie brachen auf von Elim und lagerten sich am Schilfmeer“ (V. 9.10). Der Herr führte sie wieder zum Schilfmeer zurück. Es hatte den Anschein, als würden sie nach Ägypten zurückkehren. Sie mussten aufs neue lernen, was es bedeutet, aus Ägypten erlöst zu sein, um sich wieder des Todes und der Auferstehung des Herrn Jesus bewusst zu werden, wodurch sie aus Ägypten erlöst waren. Allein die Erinnerung an Seinen Tod am Kreuz konnte ihnen dieses Bewusstsein zurückgeben, nachdem sie diese erste Wüstenerfahrung gemacht hatten.
Wir kommen nun noch zu Vers 38: „Und Aaron, der Priester, stieg auf den Berg Hör nach dem Befehle Jehovas; und er starb daselbst im vierzigsten Jahre nach dem Auszuge der Kinder Israel aus dem Lande Ägypten, im fünften Monat, am ersten des Monats.“ Das geschah im vierzigsten Jahr, also im letzten Jahr der Wüstenreise, im fünften Monat. Aaron starb demnach einige Monate, bevor das Volk die Wüste verließ und das Land betrat. Aaron war der Hohepriester in der Wüste. Er begleitete sie bei dem Auszug aus Ägypten und war in allen Umständen der Wüste bei ihnen, half ihnen, übte Priesterdienst aus und ist darin, wie wir gesehen haben, ein Vorbild von dem Herrn Jesus, wie Er uns im Hebräerbrief beschrieben wird (siehe bes. 4, 14–16).
Warum konnte Aaron das Land nicht betreten? Die Antwort finden wir in 4. Mose 20,12: weil er ein Bild von dem Herrn Jesus ist und weil er, ebenso wie Mose, den Namen Jehovas vor dem Volk nicht geheiligt hatte. Die Untreue Aarons wird in unserem Kapitel nicht erwähnt. Sein Sohn Eleasar wurde Hoherpriester (was zwar hier auch nicht erwähnt wird). Aarons Priesterdienst kam zu Ende, weil dieser sich auf die Wüste bezieht. Solange wir auf dieser Erde leben, brauchen wir den Dienst des Herrn Jesus, den Er jetzt im Himmel als unser Hoherpriester ausübt. Wenn wir im Himmel sind, haben wir diesen Dienst nicht mehr nötig.
Wenn es um den Eintritt in das Land geht, wie ihn das Buch Josua im Vorbild beschreibt, und wir den Jordan dann durchzogen haben, d. h. in unseren Herzen verwirklichen, dass wir mit Christus gestorben sind und in Ihm in himmlische Örter versetzt sind und uns im Glauben dort aufhalten, indem unsere Herzen mit den Dingen dort erfüllt sind, haben wir einen anderen Priesterdienst nötig, nämlich den Priesterdienst Eleasars, der ein Bild ist von dem Herrn Jesus in Seiner Auferstehungskraft (vgl. den Vortrag über 4. Mose 4). Der Herr Jesus wird diesen Priesterdienst im Tausendjährigen Reich ausüben, wenn Er auch uns mit Seinen Segnungen überschütten wird. Doch Er wird auch Sein Volk Israel segnen, so wie Melchisedek einmal nach der Schlacht zu Abraham kam und ihm Brot und Wein gab, Nahrung und Freude. Im Himmel gibt es keine Wüste mehr. Dort werden keine tierischen Opfer mehr dargebracht. Dort gibt es kein Zelt der Zusammenkunft mehr. Dort gibt es keine Auflehnung mehr wie in 4. Mose 16. Dort ist kein Priesterdienst in Verbindung mit der roten jungen Kuh nötig, denn es gibt keine Verunreinigungen mehr. Dort sind wir vollkommen und spricht alles von der Herrlichkeit des Vaters und des Sohnes. Dort gibt es keine Sünde mehr. Satan ist nicht mehr da noch seine Dämonen. Dort werden wir diesen Priesterdienst Aarons nicht mehr nötig haben. Ich spreche jetzt natürlich über das, was der Himmel für uns ist, wenn wir diese Erde verlassen und der Herr uns ins Vaterhaus bringt.
Abschließend möchte ich noch kurz auf Vers 49 eingehen: „Und sie lagerten sich am Jordan, von Beth-Jesimoth bis Abel-Sittim in den Ebenen Moabs.“ Beth-Jesimoth bedeutet „Haus der Verwüstungen“ und Abel-Sittim „Aue der Akazien“. Bekanntlich war alles Holz, das beim Bau der Stiftshütte und ihrer Gegenstände verwendet wurde, Akazienholz. Dort ist das Volk nun nach vierzig Wüstenjahren angekommen, Beth-Jesimoth erinnert das Volk beim Rückblick auf die Wüstenreise daran, dass diese Welt wirklich eine Wüste ist. Sie haben nun aus Erfahrung ihren wirklichen Zustand kennengelernt. Niemand, der den Herrn Jesus im Glauben kennenlernt, weiß in dem Augenblick, was der wahre Charakter der Welt ist. Das lernen wir erst aus Erfahrung. Wir könnten es wissen, wenn wir dem Wort Gottes völlig glaubten. Dann wüssten wir von dem Augenblick, wo wir den Herrn Jesus angenommen haben, was diese Welt wirklich ist. Diese Welt hat den Herrn Jesus verworfen, und zwar die religiöse Welt, die politische Welt und die wissenschaftliche und philosophische Welt. Das kommt auch in den Sprachen, in denen die Überschrift auf dem Kreuz geschrieben war, zum Ausdruck: „Jesus, der Nazaräer, der König der Juden“. Hebräisch sprach die religiöse Welt, lateinisch die politische und griechisch die wissenschaftliche Welt. Das ganze Weltsystem in all seinen Schattierungen hat den Sohn Gottes gekreuzigt. Das ist der wahre Charakter dieser Welt! Wären wir uns dessen immer bewusst, würden wir uns völlig von dieser Welt trennen und sie nur noch als eine Wüste betrachten, in der nichts zu finden ist, wie wir singen: „Diese Welt ist eine Wüste, wo ich nichts zu wählen wüsste.“ Das ist das Ergebnis der Wüstenerfahrung.
Es ist möglich, dass wir das erst auf unserem Sterbebett lernen. Ich habe Gläubige gekannt, die sich erst da bewusst wurden, was die Welt ist, als sie sahen, dass sie nichts mitnehmen konnten. Ich erinnere mich eines Bruders, der, als er wusste, dass er heimgehen würde – es dauerte ein halbes Jahr –, seinen Sohn über die geschäftlichen Dinge informieren wollte. Er bat mich, dabei zu sein, weil ich durch meinen Beruf Erfahrungen in diesen Dingen habe. Als alles besprochen war, sagte er zu mir: Um ehrlich zu sein, alle diese Dinge sind mir erst jetzt gleichgültig. Früher galt diesen Dingen seine ganze Aufmerksamkeit. Doch es kommt ein Augenblick, wo wir alles hier verlassen, und dann sehen wir den wahren Wert dieser Dinge. Gott gebe, dass Er Sein Ziel mit uns früher erreicht, wie wir es im Bild sehen, als das Volk hier am Jordan ankommt.
Der Jordan ist ebenfalls ein Bild von dem Tod des Herrn Jesus, doch nicht in derselben Bedeutung wie das Rote Meer. Das Rote Meer stellt uns das Gericht über die Sünde vor. Der Jordan ist nicht ein Bild des Todes des Herrn Jesus unter dem Gericht Gottes, sondern des Endes des natürlichen Menschen. Wir sind mit Christus nicht nur hinsichtlich der Sünde gestorben (Rotes Meer), sondern auch hinsichtlich all unserer natürlichen Interessen. Der Herr gab bei Seinem Tode Sein Blut. Als Er auferstand, hatte Er noch denselben Leib, und doch war es nicht derselbe Leib, denn in diesem Leib war kein Blut mehr. Er hatte nun einen Auferstehungsleib, und jetzt hat Er im Himmel einen Herrlichkeitsleib, den auch wir bald empfangen werden (Phil 3,21).
Das Rote Meer zeigt uns das Ende des Menschen in seiner Verantwortlichkeit gegenüber Gott. Dort lernen wir, dass Gott uns in dem Herrn Jesus gerichtet hat. Wir können auch sagen: das Rote Meer in Verbindung mit dem Passahlamm. Das Passahlamm erinnert an das Gericht über unsere Sünden und das Rote Meer an das Gericht über unsere sündige Natur. Gott sieht uns nicht mehr in unserem natürlichen Zustand. Er sieht uns in Christus, und es ist eine erstaunliche Entdeckung, nachdem wir bekehrt sind, dass Gott uns nicht mehr in dem sieht, was wir in uns selbst sind, sondern nur in dem Herrn Jesus. Dann haben wir einen gefestigten Frieden mit Gott und sind glücklich. Dann können wir sagen: „Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus“ (Röm 5,1).
Wir wissen dann auch, dass wir Zugang zu der Gnade haben, in welcher wir stehen, und rühmen uns in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes. Das geht noch weiter. Dies ist das Ende des natürlichen Menschen. Dann können wir mit Paulus sagen: „Ich bin mit Christo gekreuzigt, und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir; was ich aber jetzt lebe im Fleische, lebe ich durch Glauben, durch den an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat“ (Gal 2,20). Das Ende des natürlichen Menschen wird uns im Jordan vorgebildet. Dann ist es Wirklichkeit in unserem Leben, dass wir jeden Gedanken gefangen nehmen unter den Gehorsam des Christus (2. Kor 10,5). Dann sehen wir, dass selbst auf das Beste und Höchste des natürlichen Menschen Gott den Stempel des Todes gesetzt hat. Dann lernen wir, dass sogar ein guter Verstand, was an sich nichts Verkehrtes ist, unter dem Urteil des Todes steht. Alle natürlichen Gaben, die wir haben, sind ein Teil des natürlichen Menschen. Über allem steht das Urteil des Todes. Der Durchzug durch den Jordan beutet, dass wir das Ende des natürlichen Menschen erkannt und verwirklicht haben. Alles, was durch die Sünde besudelt ist, hat in dem Tode Christi sein Ende gefunden. Und wenn wir die Erfahrungen der Wüste gemacht haben, sind wir auch glücklich, dass wir uns als Gestorbene betrachten dürfen. Das kommt auch in Josua 1 und 3 in den drei Tagen zum Ausdruck, wo das Volk vor dem Jordan rasten musste. Diese drei Tage weisen auf den Tod und die Auferstehung des Herrn Jesus hin. Er war ja drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde (Mt 12,40). Für uns bedeuten diese drei Tage der Ruhe ein vollkommenes Zeugnis des Todes des Herrn und unseres Gestorben-Seins mit Ihm. Wenn wir das verstanden haben, gehen wir freiwillig durch den Jordan und können wir das Land in Besitz nehmen.
Alles ist für uns mit dem Tod Christi verbunden, alle unsere Segnungen. Er führt uns durch die Wüste. Er erfüllt die Ratschlüsse Seiner Liebe. Hatte Er Abraham nicht verheißen: „Gewisslich sollst du wissen, dass dein Same ein Fremdling sein wird in einem Lande, das nicht das ihre ist; und sie werden ihnen dienen, und sie werden sie bedrücken vierhundert Jahre. Aber ich werde die Nation auch richten, welcher sie dienen werden; und danach werden sie ausziehen mit großer Habe... Deinem Samen gebe ich dieses Land vom Strome Ägyptens bis an den großen Strom, den Strom Phrath“ (1. Mose 15,13.14.18). Im Glauben hatte das Volk nach dem Durchzug durch das Rote Meer gesungen: „Du hast durch deine Güte geleitet das Volk, das du erlöst, hast es durch deine Stärke geführt zu deiner heiligen Wohnung“ (V. 13). Hier ist es soweit und sehen wir auch den Weg dorthin. Die Fehler des Volkes und ihre Untreue werden nicht erwähnt. Er weiß aus allen Fehlern in Seinen Wegen noch Segen für Sein Volk hervorkommen zu lassen, wie wir es in 5. Mose 8 und 9 finden. Wir lesen in Kapitel 9, 24: „Widerspenstige seid ihr gegen Jehova gewesen von dem Tage an, da ich euch gekannt habe“, und vorher in Vers 7: „Gedenke, vergiss nicht, wie du Jehova, deinen Gott, in der Wüste erzürnt hast! Von dem Tage an, da du aus dem Lande Ägypten herausgezogen bist, bis ihr an diesen Ort kamet, seid ihr widerspenstig gegen Jehova gewesen.“ Andererseits finden wir die Fürsorge Gottes für Sein Volk so ausdrücklich in Kapitel 8, 2–8 beschrieben und auch in Vers 16: „Der dich in der Wüste mit Man speiste, welches deine Väter nicht kannten, um dich zu demütigen und um dich zu versuchen, damit er dir wohltue an deinem Ende.“ Diese Fürsorge Gottes lernen wir in 4. Mose 33 kennen. Gott stellt Israel seinen ganzen Weg in den vierzig Jahren der Wüstenreise noch einmal vor. Diese Lektion werden auch wir empfangen, wenn wir am Ende der Wüstenreise angekommen sind. Ich meine damit jetzt die endgültige Vollkommenheit für jeden Gläubigen und uns alle zusammen, wenn wir vor dem Richterstuhl Christi geoffenbart werden. Gott gebe, dass wir persönlich und auch gemeinschaftlich schon hier mehr in die Gedanken Gottes eingehen können, so dass wir den Jordan durchziehen und schon jetzt das Land in Besitz nehmen, weil wir den Weg kennengelernt haben, den Er uns geführt hat. Alle Umstände in der Wüste sollen uns so weit bringen, dass wir mit unseren Herzen danach verlangen, zu verwirklichen, dass wir aus Ägypten erlöst sind und dass diese Welt eine Wüste ist, wo wir nichts zu suchen haben. Aber wo wir auch gelernt haben durch die Erfahrungen der Wüste, wer Er in Seiner Gnade, Treue und Liebe für uns ist.