Was sagen uns die Psalmen?
Psalm 139
Psalm 139
Vers 1-6
Dieser Psalm zeigt uns einen Menschen, welcher sich der Allgegenwart Gottes bewusst ist. Doch obschon er weiss, dass dieser Gott ihn ganz und immer durchschaut, versucht er nicht, sich Ihm zu entziehen. Wie ganz anders ist es bei den Menschen, die Gott nicht kennen! Sie können das Licht nicht ertragen. sie „haben die Finsternis mehr geliebt als das Licht, denn ihre Werke waren böse“ (Joh. 3, 19). Sie weisen den Gedanken an einen gerechten Gott von sich, weil sie sich von Ihm verurteilt wissen. Sie können sich nicht vorstellen, dass man in Seiner Nähe glücklich sein kann, und bemitleiden diejenigen, die sich von den weltlichen Vergnügungen absondern.
Wie kommt es nun, dass David mit glücklichem Herzen sagen konnte: „Jehova! Du hast mich erforscht und erkannt“? Durch Gottes Gnade angezogen, war er zur seligen Gewissheit gekommen, dass dieser Gott nicht als Feind des Sünders auftritt, sondern ihm vielmehr in Barmherzigkeit begegnen will. Und in dieser Erkenntnis freute er sich in Seinem Licht. Wohl wurde er eingeengt, aber es geschah durch einen Gott, der Liebe ist.
Die Anfangsverse dieses Psalmes sind wohl dazu angetan, uns in Bezug auf uns selbst zu prüfen. „Du kennst mein Sitzen und mein Aufstehen, du verstehst meine Gedanken von ferne.“ All unser Beginnen ist vor Gott offenbar. Wir denken wohl zu wenig daran, wenn wir am Morgen aufstehen. Der Herr sieht, wie wir den Tag anfangen; ob es in Hast und mit flüchtigem Gebet geschieht, oder indem wir uns genügend Zeit nehmen, um die Gemeinschaft mit Ihm zu pflegen. Er nimmt die Gedanken wahr, mit welchen wir an die Arbeit gehen, und ist zum voraus vertraut mit allen unsern Wegen. Nichts entgeht Ihm. Ist uns diese Tatsache kostbar, oder beunruhigt es uns, dass Er um Dinge weiss, die wir sorgfältig vor den Menschen verbergen möchten? Für David war diese Kenntnis seines Gottes wertvoll, lebte er doch in dem glücklichen Verhältnis des Vertrauens zu Ihm. Dasselbe steht auch uns zur Verfügung, und zwar in einem noch innigeren und höheren Mass, denn wir kennen Gott als unsern Vater durch Jesus Christus.
Vers 7-12
Das erste Kapitel des Buches Jona gibt uns eine sprechende Illustration des gelesenen Abschnittes. Der Prophet stand nicht im richtigen Verhältnis zu seinem Gott während der Ereignisse, die uns dort erzählt werden; sonst wäre er nicht auf den Gedanken gekommen, „von dem Angesicht Jehovas hinweg nach Tarsis zu fliehen“. Ob er in Wahrheit glaubte, ein solcher Plan lasse sich verwirklichen, so dass Jehova ihn nicht finden könnte, wissen wir nicht; aber eines ist sicher: Die Gemeinschaft zwischen ihm und Gott war unterbrochen. in einem solchen Zustand kann der Gläubige auf törichte Gedanken kommen und sogar meinen, er könne sich mitsamt seinen verkehrten Wegen vor Gott verbergen. Jona musste einsehen, dass Gott sein Vorhaben zum voraus kannte, und dass Er es war, der ihn wieder ans Land zurückbrachte. Diese Geschichte, in Verbindung mit den gelesenen Versen, enthält eine wertvolle Belehrung. Unser Gott ist allwissend und allgegenwärtig. Aber wie gut, dass diese Wesenszüge verbunden sind mit Seiner Liebe und Güte gegen uns!
Vers 13-16
David war ein Mann, der nicht gedankenlos an den Wundern in Gottes Schöpfung vorbeiging; einige seiner Psalmen zeugen davon. Wir brauchen nicht weit zu gehen, um solche Wunder zu finden, es gibt deren in unserer nächsten Nähe. Denken wir z. B. an die Zusammensetzung unseres Leibes, an die Funktionen der einzelnen Körperteile, an die Zusammenarbeit der zahlreichen Drüsen untereinander usw. Ein Professor der Medizin, der seinen Studenten das Auge, beschrieb, sagte einmal: „Es ist so wunderbar, dass wir annehmen könnten, es gebe einen Gott“. Er war aber ein Gottesleugner. Ein anderer Professor hatte jahrelang den menschlichen Fuss studiert, musste aber bekennen, dass er noch nicht auf den Grund der Zusammenhänge in demselben gekommen sei, ja, im Gedanken an diese Wunder können wir mit dem Psalmisten sagen: „Ich preise dich darüber, dass ich auf eine erstaunliche, ausgezeichnete Weise gemacht bin.“ Sicher erfreuen wir das Herz unseres Gottes, wenn wir mit Bewunderung vor den Werken Seiner Weisheit und Macht stehen bleiben, Ihm dafür danken und Ihm huldigen.
Vers 17-18
David geht hier einen Schritt weiter. Es sind nicht nur die Wunder Gottes in Seinen Beziehungen zu ihm und die erstaunliche Art, wie er gemacht ist, die seine Aufmerksamkeit fesseln, sondern auch die Gedanken Gottes, siehe Psalm 40, 5. David nahm sich die Mühe, über die Wundertaten Gottes nachzusinnen und die Beweise Seiner Güte aufzuzählen, doch sah er bald ein, dass sie zu zahlreich sind.
Welch ein nachahmenswertes Beispiel gibt er uns! Inwiefern nehmen wir uns Zeit, die Gedanken des Herrn vor uns auszubreiten? Es sind lauter Gedanken der Güte. Dabei machen wir die interessante Wahrnehmung, wie viele es sind, wenn wir nur anfangen, davor stehen zu bleiben. Ihre Zahl nimmt noch zu, wenn wir aufhören, uns zu vergleichen mit solchen, die es vermeintlich besser haben als wir. Und wenn wir erst über die Ratschlüsse Gottes nachsinnen, wie sie uns in Seinem Wort mitgeteilt sind, dann müssen wir mit David ausrufen: „Und wie köstlich sind mir deine Gedanken, o Gott! Wie gewaltig sind ihre Summen!“
Vers 19-24
Nach den Versen 19-22, welche dem Geiste des Gesetzes entsprechen, dem Israel unterstand, gibt David einer wichtigen Bitte Ausdruck: „Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne meine Gedanken!“ Ein solches Verlangen kann nur ein Mensch empfinden, der sich vor Gott nicht mehr zu fürchten braucht, weil er in Sein Licht geführt worden ist.
Dass den Menschen in ihrem natürlichen Zustand eine solche Freimütigkeit vor Gott fehlt, ist selbstverständlich; sie fürchten sich vor einem heiligen und gerechten Gott.
Wie steht es aber mit uns Gläubigen? Begehren wir zu aller Zeit, dass Gott uns prüfe und unsere Gedanken erkenne? Ein Christ mit belastetem Gewissen meidet das Licht; er fühlt sich nicht wohl im Gedanken an Gottes Heiligkeit. Die Sünde, die er nicht bekannt hat, drückt ihn wie eine schwere Last. Ein solcher Zustand ist für einen Erlösten des Herrn nicht normal, denn der Herr hat ihm alles Nötige in die Hand gegeben, damit er sich in Seiner Gegenwart glücklich und frei bewegen kann.
Wir haben allen Grund, dem Herrn zu danken, dass Er uns in die Lage versetzt, in Freimütigkeit sagen zu dürfen: „Prüfe mich und erkenne meine Gedanken!-, Wenn schon David, der nicht so viel Licht besass wie wir, diesen Wunsch hegen konnte, wie viel mehr diejenigen, die auf das vollbrachte Werk der Erlösung auf Golgatha zurückschauen können. Durch das für uns vergossene Sühnungsblut und den Glauben an den Herrn Jesus sind wir nicht mehr arme Sünder, sondern Heilige und Geliebte (vergl. Röm. 1, 7), die vor dem heiligen Gott ohne Gewissen von Sünden stehen dürfen. Das entspricht unserer Stellung vor Ihm. Wir sind Kinder des Lichts, und unser grösstes Glück hienieden liegt darin, dass wir Seine Gemeinschaft geniessen können. Dieselbe kann aber leicht getrübt werden, und ein lauteres, gottesfürchtiges Herz merkt das sehr bald. Wer diese Gemeinschaft geschmeckt hat, ist ängstlich besorgt, sie aufrecht zu erhalten; daher die Bitte: „Und sieh, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist, und leite mich auf dem ewigen Wege!“