Aus dem Wort der Wahrheit (Band 3)
gesammelte Vorträge
Die Herrlichkeit Gottes in der Schöpfung
(Psalm 19)
Wenn wir daran denken, dass Gott Sich geoffenbart hat, so denken wir unmittelbar an den Herrn Jesus, der in Seinem Leben hier auf Erden und durch das Werk auf Golgatha Gott vollkommen geoffenbart hat. Wir alle kennen gut den 18. Vers aus Johannes 1: „Niemand hat Gott jemals gesehen; der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn kundgemacht.“ Und dasselbe Kapitel beginnt mit den Worten: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott. Alles ward durch dasselbe, und ohne dasselbe ward auch nicht eines, das geworden ist“ (V. 1–3). Und weiter lesen wir in Vers 14: „Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns.“ Wir alle wissen, wer hier gemeint ist: der Herr Jesus, der Sohn Gottes, der Gott vollkommen geoffenbart hat. Das ist auch die Bedeutung des Ausdrucks „Wort Gottes“. Der hier gebrauchte griechische Ausdruck (Logos) ist nicht so sehr das gesprochene Wort, sondern der Ausdruck einer Person ihrem innersten Wesen nach. Nur der Herr Jesus konnte Gott vollkommen offenbaren, weil Er Selbst Gott war. Alles, was Er tat und sprach, war der vollkommene Ausdruck Gottes. Er konnte sagen: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.“ Als die Menschen den Herrn fragten, wer Er sei, antwortete Er: „Durchaus das, was ich auch zu euch rede“ (Joh 8,25). So war wiederum jedes Wort, das Er sprach, die völlige Offenbarung dessen, was Er in Sich Selbst war.
Doch wo Johannes hier davon spricht, dass der Herr Jesus als das Wort Gottes Gott vollkommen geoffenbart hat, sagt Er gleich dazu, dass Er auch der Schöpfer aller Dinge ist: „Alles ward durch dasselbe, und ohne dasselbe ward auch nicht eines, das geworden ist“ (V. 3). So ist auch diese Schöpfung eine Offenbarung Gottes, weil der Herr Jesus alles ins Dasein gerufen hat. Wir finden das deutlich bestätigt in Kolosser 1, wo es von dem Herrn Jesus heißt: „Denn durch ihn sind alle Dinge geschaffen worden...: alle Dinge sind durch ihn und für ihn geschaffen“ (V. 16). Hier sehen wir, dass Er persönlich der Schöpfer ist und dass in allem, was Er getan hat, auch als Schöpfer, die Herrlichkeit Gottes zum Ausdruck kommt. Diese beiden Seiten, dass Gott Sich einerseits in der Schöpfung und andererseits in Seinem Wort (nun dem geschriebenen Wort) geoffenbart hat, finden wir auch in diesem Psalm. Wir werden sehen, wie die ersten sechs Verse die Herrlichkeit Gottes in der Natur beschreiben und dass der Psalmdichter danach auf das geschriebene Wort Gottes eingeht, wohn Gott Sich in viel weiter gehender Weise geoffenbart hat. Ist es nicht immer wieder erstaunlich für uns zu sehen, welche wunderbaren Dinge wir in Gottes Wort finden? In gewissem Maße kommt auch in der Schöpfung die Gnade und Liebe Gottes zum Ausdruck. Doch wenn wir anfangen, Gottes Wort zu untersuchen, und besonders das Neue Testament, wozu uns der Heilige Geist Kraft und Einsicht geben möchte, finden wir die höchsten Segnungen, die uns bereits in diesem Psalm angedeutet werden.
„Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes, und die Ausdehnung verkündet seiner Hände Werk“ (V. 1). Dieser Vers weist uns sogleich auf die Majestät und Kraft des Schöpfers hin, die in der Schöpfung zum Ausdruck kommt. So heißt es in Römer 1,20, dass Seine ewige Kraft und Göttlichkeit in dem Geschaffenen gesehen werden. Wer könnte sich wohl auch nur etwas mit der Schöpfung beschäftigen in dem Bewusstsein, dass der Herr Jesus alles erschaffen hat, ohne unter den Eindruck Seiner Größe und Majestät zu kommen? Natürlich enthüllt sich diese Majestät nur den Augen des Glaubens, denn aus Hebräer 11,3 wissen wir, dass wir nur durch den Glauben verstehen können, dass die Welten durch Gottes Wort bereitet worden sind. Und nicht nur das, es ist der Herr Jesus, der alle Dinge durch das Wort Seiner Macht trägt (Heb 1,3). Durch nur ein Wort entstand das riesige Weltall mit all den vielen Sternen, Sternsystemen und Milchstraßen1. Dabei ist die Schöpfung kein perpetuum mobile, das von selbst läuft, sondern trägt Er in jeder Sekunde alles durch das Wort Seiner Macht.
Nicht nur sind all die Milliarden von Sternen in Seiner Hand, sondern auch alle die Abermilliarden kleiner und großer Tiere, selbst die, die wir mit bloßem Auge nicht sehen können. Er regelt alles, Er trägt alles, Er bestimmt alles, Er gibt allem die Kraft zu existieren. Und dasselbe gilt für jeden einzelnen der 4, 5 Milliarden Menschen, die augenblicklich auf dieser Erde leben. Jeder einzelne ist in Seiner Hand. Er kennt das Geschick jedes Menschen. Und als Er, der Schöpfer, auf diese Erde kam, wusste Er schon im voraus von jedem Menschen, was sein Leben bis in die kleinste Einzelheit sein würde. Ja, als Er am Kreuz das Gericht Gottes trug, bekannte Er jede einzelne unserer Sünden vor Gott, und zwar nicht nur die Sünden, die wir bis heute getan haben, sondern auch alle die Sünden, die wir in Zukunft tun werden, wenn wir noch länger auf dieser Erde bleiben. Er wusste schon damals alles, ja, Er wusste schon alles vor Grundlegung der Welt.
Das ist der Sohn Gottes, der auf diese Erde kam, um für mich zu sterben und um mich vor dem ewigen Gericht zu retten. Ja, um mich zu einem Kind Gottes zu machen und alles zu tun, was notwendig war, um die Ratschlüsse Gottes zu erfüllen. Und worin bestanden Seine Ratschlüsse? Gott wollte viele Söhne zur Herrlichkeit führen und sie dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig machen, damit Er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern (Heb 2,10; Röm 8,29). Gott wollte uns mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christo segnen, hat uns dazu auserwählt vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und tadellos seien vor Ihm in Liebe, und hat uns zur Sohnschaft für Sich Selbst zuvorbestimmt (Eph 1,3-6). Und um diese Ratschlüsse ausführen zu können, hat der Vater alles in die Hände des Sohnes übergeben, wie wir in Johannes 13,3 lesen. Dazu musste der Sohn auch überhaupt erst die Schöpfung ins Dasein rufen. Ja, wir sind auserwählt vor Grundlegung der Welt. Darum musste Er Himmel und Erde erschaffen. Und diese kleine Erde hat Er zum Mittelpunkt des ganzen Universums gemacht. Das ist in den Augen der Menschen angesichts der unendlichen Größe des Weltalls und der riesigen Anzahl von Sternen eine Torheit. Und doch ist es so. Wir lesen im Alten Testament, dass die Wonne des Schöpfers bei den Menschenkindern war (Spr 8,31).
Ja, der Schöpfer des Himmels und der Erde ist Mensch geworden und hat auf dieser Erde gelebt. Indem Er hier gestorben ist, hat Er das Werk auf Golgatha vollbracht, aufgrund dessen alle Menschen, die an Ihn glauben, versöhnt werden, und aufgrund dessen einmal die ganze Schöpfung wieder in Harmonie zu Gott zurückgebracht wird. Daran erkennen wir, wer Gott ist und wie Er von Anfang an die Ausführung Seiner Ratschlüsse im Auge hatte. Ja, in allem, was Gott gemacht hat, offenbart Er etwas von der Herrlichkeit Seiner Person. Auch bei uns Menschen ist es so, dass wir uns durch das, was wir tun, zu erkennen geben. Wie erhaben ist es dann, hier zu lesen: „Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes, und die Ausdehnung verkündet seiner Hände Werk. Ein Tag berichtet es dem anderen, und eine Nacht meldet der anderen die Kunde davon. Keine Rede und keine Worte, doch gehört wird ihre Stimme.“ Die Fußnote zu Gott in Vers 1 besagt, dass hier der hebräische Ausdruck „El“ gebraucht ist, was so viel bedeutet wie „der Starke, der Mächtige“. Und Er ist Derselbe, der in Seine eigene Schöpfung eintrat. Dieser große Schöpfer ist unser Heiland, der uns so geliebt hat, dass Er für uns an das Kreuz ging. Er ist der „Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat“ (Gal 2,20).
„Ihre Messschnur geht aus über die ganze Erde, und bis an das Ende des Erdkreises ihre Sprache; er hat der Sonne in ihnen ein Zelt gesetzt. Und sie ist wie ein Bräutigam, der hervortritt aus seinem Gemach; sie freut sich wie ein Held, zu durchlaufen die Bahn. Vom Ende der Himmel ist ihr Ausgang, und ihr Umlauf bis zu ihren Enden; und nichts ist vor ihrer Glut verborgen“ (V. 4–6). Nun sehen wir etwas Wunderbares in diesem Psalm. Hier ist die Rede von der Sonne, die in der Bibel immer ein Abbild der höchsten Autorität und Macht ist. Nun, es ist klar, wer hier damit gemeint sein muss: Er Selbst, der Schöpfer, denn Er hat alle Macht in der ganzen Schöpfung. Hier heißt es, dass die Sonne wie ein Bräutigam hervortritt aus seinem Gemach. Sie freut sich wie ein Held, die Bahn zu durchlaufen. So wie die Sonne hervortritt, so ist Christus in diese Schöpfung eingetreten, um Sich als ein Bräutigam zu offenbaren, als Derjenige, der Seine Versammlung geliebt und Sich Selbst für sie hingegeben hat. Hier sehen wir, dass die Versammlung der Mittelpunkt der Gedanken Gottes ist.
Das sind nicht die Gläubigen des Alten Testamentes und auch nicht die Gläubigen, die nach der Entrückung auf dieser Erde leben werden. Welche Segnungen auch immer im ewigen Zustand ihr Teil sein werden, sie sind nicht zu vergleichen mit dem Teil der Versammlung, die die Braut dieses Bräutigams ist. Er kam in Seine eigene Schöpfung und wurde Mensch, als wäre Er Selbst ein Geschöpf. Er nahm die Gestalt eines Menschen an, um Sich so als ein Bräutigam zu offenbaren. Ist das nicht ein wunderbarer Gedanke? Wir hören Ihn im Hebräerbrief sagen: „Siehe, ich komme, ... um deinen Willen, o Gott, zu tun“ (10, 7). Und dieser Wille Gottes bestand in der Ausführung Seiner Ratschlüsse, nämlich dass wir, die Gläubigen der Versammlung, einmal die Herrlichkeit des Herrn Jesus teilen sollten als Seine Brüder. Wir sind vollkommen einsgemacht mit Ihm, wie es in dem Bild des Leibes zum Ausdruck kommt. Es war der Wunsch Seiner Liebe, dass wir all das empfangen sollten, was Er als Mensch empfangen hat und empfangen wird.
„Sie ist wie ein Bräutigam, der hervortritt aus seinem Gemach; sie freut sich wie ein Held, zu durchlaufen die Bahn.“ Hier dürfen wir einen Blick in das Herz des Herrn Jesus tun, weshalb Er auf diese Erde kam, auch wenn das für Ihn diese schrecklichen Leiden am Kreuz bedeutete, wo Er für uns zur Sünde gemacht werden sollte. Ja, Er trug alle unsere Sünden an Seinem Leibe und wurde von Gott dafür gerichtet. In diesen drei Stunden der Finsternis hören wir Ihn ausrufen: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Ps 22,1). Und weiter hören wir Ihn in Vers 15 ausrufen: „Und in den Staub des Todes legst du mich!“ Doch wir wissen auch aus Hebräer 12,2, dass Er um der vor Ihm liegenden Freude willen das Kreuz erduldet und der Schande nicht geachtet hat. Er freute Sich wie ein Held, die Bahn zu durchlaufen. Er sah von Anfang Seines Weges an das Ende, nämlich dass Er die Versammlung besitzen würde, wie wir es in Epheser 5 lesen: „Christus hat die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben, auf dass er sie heiligte, sie reinigend durch die Waschung mit Wasser durch das Wort, auf dass er die Versammlung sich selbst verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe.“ Das erinnert uns an den Kaufmann in Matthäus 13, der schöne Perlen suchte, und als er die eine, sehr kostbare Perle gefunden hatte, hinging und alles verkaufte, was er hatte, um sie zu besitzen (V. 45.46). So hat der Herr Jesus alles verkauft, was Er hatte, um die Versammlung zu besitzen. Wir kennen die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, dass Er, da Er reich war, um unseretwillen arm wurde, damit wir durch Seine Armut reich würden. So sah Er von Anfang Seines Weges an die Braut vor Sich, wie sie einmal in der Zukunft sein wird, wenn Er sie aufgenommen haben wird in Seine Herrlichkeit. Ja, ein jeder von uns, der dazugehört, wird teilhaben an dieser Herrlichkeit. Sein Herz freut Sich schon jetzt bei dem Gedanken, dass Er uns dann besitzen wird, um uns all Seine Liebe zu zeigen, und auch, dass unsere Herzen Ihn dann völlig lieben. Er Selbst hat uns in dieser Schöpfung ein Abbild dieser Liebe in der Liebe zwischen Bräutigam und Braut gezeigt, als Er den Menschen als Mann und Frau erschuf. Durch diese innige Beziehung dürfen wir kennenlernen, was Liebe ist. Auch wissen wir, was Vater- und Mutterliebe zu Kindern ist und was die Liebe der Kinder zu ihren Eltern ist. All das hat der Schöpfer in diese Schöpfung gelegt, damit wir Menschen fähig sein würden, Seine ewigen Gedanken zu verstehen. So dürfen wir eindringen in die Empfindungen des Herzens des Vaters, der Kinder für Sich haben wollte, und in die Empfindungen des Herzens des Sohnes, der eine Braut für Sich verlangte, die Er lieben konnte und die Ihn wiederlieben würde. All das wird bereits in diesem Psalm vorgebildet.
Wir dürfen mit dem Liederdichter betend singen:
Herr, das Wort aus Deinem Munde ist so lieblich, süß und hold!
Gute Botschaft, frohe Kunde, besser als das reinste Gold!
Deine ew'gen Heilsgedanken, Deine Liebe ohne Schranken,
Dein Herz, das sich zu uns neigt, hast Du völlig uns gezeigt.
Woher wissen wir, dass der Herr Jesus der Schöpfer Himmels und der Erde ist? Woher, dass Er Mensch geworden und auf diese Erde gekommen ist? Woher, dass Er am Kreuz für uns gestorben ist? Woher, dass Er jetzt im Himmel ist, um Sich dort für uns zu verwenden? Woher, dass Er wiederkommen wird, um uns aufzunehmen in die Herrlichkeit? Woher kennen wir unsere ewige Bestimmung im Hause des Vaters? Woher wissen wir, dass wir Ihm gleich sein werden? Wir wissen alles aus Seinem Wort! Darin hat Er uns Seine Gedanken offenbart und lässt uns einen Blick in Sein Herz tun. „Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben“ (1. Kor 2,9). All das hat Gott uns in Seinem Wort offenbart.
Das erinnert mich kurz an Psalm 119, der ja bekanntlich 176 Verse hat (22 Gruppen von je 8 Versen). Alle zweiundzwanzig Gruppen, d. h. jeweils acht Verse, beginnen mit einem anderen Buchstaben des hebräischen Alphabets. Die ersten acht Verse also mit Aleph, die zweiten acht Verse mit Beth usw. Diese beiden Buchstaben zusammen (AB) bedeuten im Hebräischen „Vater“. Wir werden also als erstes auf den Namen des Vaters hingewiesen, doch nicht nur das. „Beth“ bedeutet im Hebräischen „Haus“, vergleiche 1. Mose 28,19, wo Jakob dem Ort, wo er gelegen hatte, den Namen „Beth- El“, d. h. Haus Gottes, gibt. So weist uns dieser Psalm schon hin auf das Vaterhaus und beschreibt uns dann im weiteren Verlauf den Weg, auf dem Gott uns erzieht und uns praktisch zubereitet für das Ende dieses Weges, nämlich in Ewigkeit bei Ihm im Vaterhaus zu sein.
Doch nun zurück zu Psalm 19: „Vom Ende der Himmel ist ihr Ausgang, und ihr Umlauf bis zu ihren Enden; und nichts ist vor ihrer Glut verborgen“ (V. 6). Die Sonne geht aus vom Ende der Himmel. Weist uns dieses Ende der Himmel nicht wieder hin auf das Vaterhaus, den ewigen, ungeschaffenen Himmel? Dort ist der Anfang aller Dinge, die der Herr Jesus ins Dasein rief. Von dort ist Er ausgegangen und in diese Schöpfung eingetreten. Er kam auf diese Erde, um all das zu vollbringen, was notwendig war, dass wir einmal dorthin in das Vaterhaus kommen könnten. Er ist jetzt schon zurückgekehrt in das Haus des Vaters, doch Er wird wiederkommen, wie Er den Jüngern in Johannes 14 gesagt hat, um auch sie und mit ihnen auch uns in dieses Haus des Vaters heimzuholen. Wenn das geschehen ist, wird Er, wenn ich so sagen darf, diesen Kreislauf vollbracht haben. Dann wird der Ratschluss Gottes im Blick auf uns vollkommen erfüllt sein.
„Und nichts ist vor ihrer Glut verborgen.“ Alles ist in Seiner Hand. Er vergisst niemanden von uns. Er weiß, was wir brauchen. Wie sollte Er jemals vergessen, was Gott Ihm aufgetragen hat, nämlich uns in die Herrlichkeit zu bringen, wo wir dem Bilde Seiner Herrlichkeit gleichförmig sein werden. Er kam auf diese Erde, damit wir Ihn sehen könnten und in Ihm auch den Vater (Joh 14,9). Dazu musste Er Mensch werden, denn Er konnte nicht in Seiner äußeren Herrlichkeit als Gott kommen. Gott, den keiner der Menschen gesehen hat noch sehen kann, bewohnt ein unzugängliches Licht (1. Tim 6,16). Der Vater hat Sich in Ihm vollkommen geoffenbart, ja, Gott hat Sich in Ihm geoffenbart. Und alles, was wir von dieser Offenbarung Gottes wissen, hat Gott in Seinem Wort niedergelegt. Darin können wir nachlesen, daß der Herr Jesus dreiunddreißig Jahre auf dieser Erde gelebt hat, daß Er ein Säugling war, dann ein kleiner Junge, zu einem Jüngling heranwuchs und zunahm an Weisheit und Größe und an Gunst bei Gott und den Menschen. Er war vollständig Mensch und auch zugleich der ewige Gott, der Schöpfer. Als kleines Kind war Er völlig abhängig von der Sorge Seiner Mutter Maria, doch musste Er ihr zur gleichen Zeit die Kraft geben, Ihn zu versorgen. Wir können das nicht verstehen, und doch ist es wahr.
Ja, Er kann die Gefühle kleiner Kinder verstehen, weil Er Selbst ein kleines Kind war. Er weiß um die Gefühle kleiner Jungen, weil Er Selbst ein kleiner Junge war. Er empfindet mit Jungen und Mädchen, weil Er Selbst dieses Alter durchlebt hat. Er kennt die Gefühle von Erwachsenen, denn Er hat Selbst als Erwachsener auf dieser Erde gelebt. Ja, Er kennt alle Umstände, in die wir kommen können. Und wer von uns hätte je die Umstände mitgemacht, die Er durchlebt hat? Er war in allem der Vollkommene, der die Sünde nicht kannte und daher im Blick auf die Sünde auch nicht abgestumpft war, wie wir es sind. Wie hat Er gelitten. Wie war Er einsam. Er hatte Hunger und Durst. Er erlitt Schmerzen bei der Kreuzigung. Er wurde gefoltert, angespien, geschlagen. Satan versuchte Ihn auf alle Weise. Er ist „in allem versucht worden in gleicher Weise wie wir, ausgenommen die Sünde“ (Heb 4,15). Dazu wurde Er Mensch. Diesen Weg ging Er, um uns in die Herrlichkeit zu führen. Er kam nicht nur, um zu sterben, sondern um auch alle unsere Umstände zu durchleben, damit Er uns helfen könnte. „Denn worin er selbst gelitten hat, als er versucht wurde, vermag er denen zu helfen, die versucht werden“ (Heb 2,18). Darum hat Er dreiunddreißig Jahre auf dieser Erde gelebt. In allen Umständen, in die wir kommen können, vermag Er uns völlig zu helfen. Und wenn wir gesündigt haben, so ist Er unser Sachwalter, der uns zum Bekenntnis unserer Sünde bringt und beim Vater vertritt.
Ja, so lebte Er die Jahre auf dieser Erde und ging schließlich am Ende Seines Lebens ans Kreuz. Und auch da hatte Er nur dieses eine Ziel vor Augen: die Ratschlüsse Gottes zu erfüllen. Aber Er ging auch aus Uebe zu uns zum Kreuz und hat Sich Selbst für uns hingegeben (Eph 5,2). Als Er zum Kreuz ging, sah Er uns in Seinem Geiste, so wie Er uns auch gesehen hat, als Er auf diese Erde kam, und wie Er uns auch vor Grundlegung der Welt gesehen hat. Als Er am Kreuz ausrief: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“, da dachte Er an mich. Und Er dachte an einen jeden von uns, der Ihn als Heiland annehmen würde. Dort auf dem Kreuz bekannte Er alle meine Sünden. So dachte Er beständig während Seines Erdenlebens und besonders auf dem Kreuz an das. was notwendig war, um die Ratschlüsse Gottes auszuführen, nämlich uns einmal in das ewige Haus Gottes, das Vaterhaus, einführen zu können.
Nun wissen wir nach vollbrachtem Werk des Herrn Jesus und dadurch, dass Gott Ihn aus den Toten auferweckt hat, dass alles geordnet ist, was unsere ewige Errettung betrifft. Gott ist vollkommen befriedigt durch das Werk des Herrn Jesus, das Er für uns vollbracht hat. Danach ist Er aufgefahren in die Herrlichkeit und verwendet Sich nun ununterbrochen für uns als Hoherpriester und Sachwalter. Er hat den Heiligen Geist auf diese Erde gesandt, damit Er in uns wohne und die göttliche Kraft wäre, wodurch wir uns jetzt schon an allem erfreuen können, was unser zukünftiges Teil ist. Der Heilige Geist wird bei uns bleiben in Ewigkeit (Joh 14,16.17).
„Und nichts ist vor ihrer Glut verborgen.“ Ist das nicht eine wunderbare Tatsache für uns? Wenn wir auf uns selbst sehen, sehen wir nur Schwachheit. Wir sehen die Folgen der Ungerechtigkeit und der Sünde auf dieser Erde. Doch vor Ihm, vor der Glut Seiner Liebe, ist nichts verborgen. Er vermag Selbst aus Fehlern, die wir begehen, aus unserem Abweichen, in Seiner Erziehung einen Segen für uns hervorkommen zu lassen. Er ist Derselbe, der uns auch dann noch liebhat. Wenn wir in Umständen waren, wo wir uns selbst nicht helfen konnten, so tröstete Er uns durch Seine Gegenwart und ließ uns wissen, dass Er alle unsere Umstände kannte, ja, dass Er Selbst diese Umstände durchlebt hatte. Haben wir nicht in den bittersten Umständen erfahren dürfen, dass Er uns nahe war und unsere Herzen glücklich wurden, wie sie es kaum in anderen Umständen waren? Nichts ist vor Seiner Glut verborgen. Er kennt die Umstände eines jeden einzelnen von uns. Wir wissen oft nicht die Nöte der Herzen anderer, oft kennen wir unsere eigenen Nöte nicht einmal. Er weiß alles, Er beschäftigt Sich mit uns, Er hilft uns und tut alles, um uns passend zu machen für das Ziel unseres Weges. Er bringt uns in moralische Übereinstimmung mit dem Haus des Vaters, wo der ewige Gott, unser Vater, ist, wo der Schöpfer des Himmels und der Erde uns Seine Brüder nennen wird. Dort werden wir all die Segnungen vollkommen genießen, die schon jetzt unser Teil sind (Eph 1,3-6).
Nun sehen wir in den folgenden Versen, was das Wort Gottes praktisch für uns bedeutet: „Das Gesetz Jehovas ist vollkommen, erquickend die Seele; das Zeugnis Jehovas ist zuverlässig, macht weise den Einfältigen“ (V. 7). Der Ausdruck „erquickend“ kann auch übersetzt werden mit „Leben bringend“. Das war das Erste, was Gott durch Sein Wort bei uns bewirkt hat. Er hat uns zur Buße geleitet und uns durch das Wort von neuem gezeugt. So sagte der Herr Jesus zu Nikodemus: „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, dass jemand aus Wasser und Geist geboren werde, so kann er nicht in das Reich Gottes eingehen.“ (Joh 3,5). So schreibt auch Petrus, dass wir wiedergeboren sind durch das lebendige und bleibende Wort Gottes (1. Pet 1,23). Der Heilige Geist hat bei unserer Bekehrung das Wort Gottes auf unsere Gewissen angewandt, so dass wir zu dem Bewusstsein kamen, dass wir verlorene Sünder waren. Er führte uns zur Buße und wirkte in uns ein neues Leben, das ewige Leben, das Leben des Sohnes Gottes, des Schöpfers der Himmel und der Erde. Dieses Wort erquickt uns und belebt uns in allen unseren irdischen Umständen und erfüllt uns mit einer tiefen Freude. Dieses Wort ist es auch, das uns weise macht, so daß wir mit Einsicht unseren Weg gehen können. Was bedeutet uns das Wort Gottes? Leben wir darin? Hat das Wort Gottes einen festen Platz in unseren Herzen? Es gibt so viele Dinge, die uns die Zeit stehlen wollen, in der wir uns eingehend mit dem Wort Gottes beschäftigen möchten. Da können wir nicht erwarten, dass wir Weisheit für unseren Weg haben.
„Die Vorschriften Jehovas sind richtig, erfreuend das Herz; das Gebot Jehovas ist lauter, erleuchtend die Augen“ (V. 8). Kennen wir alle etwas von dieser Freude des Herzens beim Lesen des Wortes Gottes und im Aufnehmen all Seiner wunderbaren Gedanken? Ich entsinne mich noch gut, wie ich als junger Mann Frieden mit Gott gefunden hatte und anfing, jeden Tag eine Stunde das Wort Gottes zu lesen. Bald reichte die Stunde nicht mehr und brauchte ich mehr Zeit für das Studium. Wie glücklich war ich in dieser Zeit. Oft konnte ich nicht weiterlesen, sondern musste erst auf meine Knie gehen und dem Herrn danken, weil mein Herz voll war von all den Kostbarkeiten Seiner Gedanken. Unsere Herzen werden mit Freude erfüllt, wenn wir das Wort Gottes betend lesen und Ihn darin suchen. Er ist doch das Wort Gottes. Die ganze Bibel ist die Offenbarung Seiner Herrlichkeit. Wir sehen dann auch den wahren Charakter alles Irdischen und Vergänglichen.
„Die Furcht Jehovas ist rein, bestehend in Ewigkeit. Die Rechte Jehovas sind Wahrheit, sie sind gerecht allesamt; sie, die köstlicher sind als Gold und viel gediegenes Gold, und süßer als Honig und Honigseim. Auch wird dein Knecht durch sie belehrt; im Beobachten derselben ist großer Lohn“ (V. 9–11). David war ein Mann, der das Wort Gottes kannte, wenn er auch bei weitem nicht so viel wusste, wie wir heute wissen dürfen. Wahrscheinlich hatte er nur die fünf Bücher Mose. Doch wenn er schon mit solcher Freude über das Wort Gottes sprechen konnte, wieviel mehr sollte das bei uns der Fall sein.
„Verirrungen, wer sieht sie ein? Von verborgenen Sünden reinige mich! Auch von übermütigen halte deinen Knecht zurück; lass sie mich nicht beherrschen! Dann bin ich tadellos und bin rein von großer Übertretung. Lass die Reden meines Mundes und das Sinnen meines Herzens wohlgefällig vor dir sein, Jehova, mein Fels und mein Erlöser!“ (V. 12–14). Ich möchte die Jüngeren unter uns fragen: Ist das der Wunsch auch deines Herzens? Und uns Ältere: War es nicht oft der Wunsch unserer Herzen, und ist es auch jetzt noch der Wunsch unserer Herzen? Wir können freudig bekennen, dass der Herr unser Fels und unser Erlöser ist. So durften wir Ihn kennenlernen. Er, der mich geliebt und Sich Selbst für mich hingegeben hat, der jetzt lebt, um Sich für mich zu verwenden, sollte Er mich nicht ans Ziel bringen? Welchen Einfluss hat die Aussicht, dass wir bald bei dem Herrn und bei dem Vater im Vaterhaus sein werden, auf unser praktisches Leben jetzt?
Ist es auch unser Wunsch, dass wir von allen verborgenen Sünden gereinigt werden? Dass Gott übermütige Sünden von uns zurückhalten möge? Wie oft werden wir durch unüberlegte Handlungen beherrscht, deren Auswirkungen wir kürzere oder längere Zeit zu spüren bekommen! Auf der einen Seite ist es das Wort Gottes, das unsere Herzen erfreut und mit einem tiefen Frieden erfüllt, doch andererseits muss es auch unser beständiges Gebet sein, dass alles das, was wir erkennen, uns in eine tiefere praktische Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn führt. Das Wort Gottes stellt uns in Sein Licht. Wir lernen uns hier zu beurteilen in allem, was wir reden und sinnen. Wie oft sind es die kleinen Dinge, die die Gemeinschaft unterbrechen und uns die Freude rauben. Lasst uns daran denken, dass Er alles hört und auch das Sinnen unserer Herzen kennt, und lasst uns alles vor Ihm bekennen, was nicht in Übereinstimmung mit Ihm ist. Welch eine Freude ist es für Ihn, wenn unser praktisches Leben so in Übereinstimmung mit Ihm ist, der doch alles getan hat, um uns von der Sünde freizukaufen, und der durch Sein Werk die Grundlage gelegt hat zu all den Segnungen, uns zu Kindern Gottes gemacht hat und uns bald in das Vaterhaus einführen wird. Gepriesen sei unser Fels und unser Erlöser!
Fußnoten
- 1 Zu der Anzahl der Sterne vergleiche Band II, Seite 207.